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Album "Die astronomische Decke in Deir el-Hagar" von Haremhab
www.aegyptologie.com

1) Umzeichnung gesamt

Wie ich noch näher beschreiben werde, ist die Decke in vier Register aufgeteilt. Das erste Register ist verbunden mit dem Jahreswechsel, gekennzeichnet durch den Aufgang des Sirius und der beginnenden Flut.

Das zweite Register bringt die Tage des Monats in Verbindung mit den Mondphasen.

Das dritte Register zeigt die Stunden der Nacht mit ihren Gottheiten und die Nachtfahrt der Sonne.

Und schließlich scheint das vierte Register die Monate des Mondkalenders zu reflektieren.

Die Umzeichnung zeigt noch deutlich die Göttin Nut, die die Gestirne umrahmt.





2) Gesamtansicht

Auf dieser Gesamtansicht sind oben links noch sehr gut die Hände und Füße der Nut und die Sonnenscheibe zu sehen. Das Foto habe ich von PMImage GmbH, CH 3360 Herzogenbuchsee erhalten.





3) Geb

Der nördliche Teil der Decke wird beherrscht von einer ungewöhnlichen Darstellung des Gottes Geb. Lt. Kaper gibt es Parallelen zu dieser „akrobatischen Körperhaltung“ u.a. im Hypostyl des Philaetempels. Ich habe einen (leider schlechten) Scan aus der Description de L’Egypte eingefügt.

Schon die früheste bekannte Darstellung des „eingerollten“ Gottes in einem Papyrus aus der 21. Dynastie (Pap. BM 10018) illustriert wohl wie hier die Fruchtbarkeit der Erde. Geb wird gezeigt bei einer oralen Selbstbefruchtung.

Hierzu Bonnet, Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte, Seite 203: "...und so gibt es Bilder, die ihn als den Vater der Götter, den großen Gott, der die Erde schuf und alles, was die Sonne umkreist ithyphallisch im Gestus der Selbstbefruchtung darstellen".

Eine spätere Charakteristik aus griechisch-römischer Zeit, aus der ja der Tempel El-Haggar stammt, ist die androgyne Natur der Figur. Die Figur zeigt hier eine weibliche Haartracht und eine weibliche Brust, aber ein männliches Geschlechtsorgan. Dies ist in der Umzeichnung klar zu erkennen.

Kaper weißt darauf hin, dass die übrigen bekannten Darstellungen dieser Art, kein männliches Geschlechtsorgan ausweisen. Außerdem umschließt Geb eine Darstellung des Sternzeichens Orion. Kaper folgert daraus, dass es sich tatsächlich um Osiris handelt, der oftmals mit Orion gleichgesetzt wird. Die Figur würde somit Osiris in seiner astralen Form zeigen, die sich damit im Einklang mit der himmlischen Umgebung der gesamten Szene befinden würde.





4) Sothis

Links neben Geb folgt zunächst ein Boot, in dem wiederum Orion dargestellt ist. In einem zweiten Boot sieht man dann einen Falken auf einer Standarte und eine Gottheit, die zweifelsfrei als Sothis zu identifizieren ist.





5) Dekaden

Rechts von Geb finden wir 7 Repräsentanten der 16 Dekaden. Es sind 5 in der ersten Reihe und zwei in der zweiten Reihe rechts. Auch Kaper fällt letztlich keine schlüssige Begründung ein, warum nur 7 Dekaden abgebildet sind.
Die verbleibenden drei Figuren zeigen eine Schildkröte auf einem Podest, eine Gottheit und einen Reiher, wiederum auf einem Podest. Die Schildkröte ist bekannt als ein Element von verschiedenen astronomischen Decken. Die Schildkröte repräsentiert eine Sternenkonstellation, die speziell mit der Nilflut in Verbindung gebracht wurde.

Die Göttin bleibt unbenannt, aber der Reiher kann identifiziert werden als der Planet Venus. Es ist die einzige Darstellung eines Planeten auf der Decke.





6) Udjatauge

Im zweiten Register schreiten 16 Gottheiten auf eine Scheibe zu, die das linke Udjatauge enthält. Das linke Udjatauge symbolisiert die Phasen des zunehmenden Mondes. Eine nach der anderen Gottheit schreitet voran, bis der Mond voll ist.

Einige Gottheiten in der Gruppe könnten identifiziert werden als Teil der thebanischen Neunheit, weil sie vom Gott Month angeführt werden, identifiziert durch seine Federkrone.

Hier dann dargestellt sind von rechts nach links Month, Atum, Shuh, Tefnut, Geb, Nut, Osiris, Toth (als „Ersatz“ für Seth in der Neunheit von Heliopolis), Isis, Nephtys, Hathor, Horus und 4 zusätzliche männliche Götter, die man wohl als die 4 Söhne des Horus identifizieren darf.





7) Zwischenband

Ein zentrales Band teilt die Decke in einen nördlichen und einen südlichen Teil. Das Band ist abgeleitet aus dem Buch der Nacht, wo das Band (im Körper der Nut) eine Reihe von Sternen enthält.

In Deir el-Hagar drängen sich einige Gottheiten in das Band. Sie repräsentieren auf verschiedene Weise Sonne und Mond.

Links stehen zwei Figuren, die sich an der Hand halten, in einem Boot. Die linke Figur trägt eine Sonnenscheibe mit Uräus auf ihrem Kopf (die Reste sind noch zu erkennen). Die rechte Figur hat ein menschliches Gesicht und trägt eine Mondscheibe.

Auf der rechten Seite sind ein Boot zu sehen, das eine Sonnenscheibe mit einem Kind zeigt, und daneben ein Boot mit einer Mondscheibe und einem Affen. Der Mond bezieht sich natürlich auf Toth und das Kind stellt die sich täglich verjüngende Sonne dar.





8) Sonnenlauf

Die Szene beschreibt den nächtlichen (!) Kurs der Sonne von West nach Ost und zeigt dabei die drei unterschiedlichen Manifestationen des Sonnengottes. Diese Darstellung entspricht einer fast gleichen Darstellung im Pronaos von Esna, welche im späten 2. Jh. nach Christus entstanden ist.

Ungewöhnlicherweise ist Atum in der zentralen Position des Registers dargestellt. Der Name ist in der Hieroglyphe über seinem Knie zu sehen.

Das Boot rechts, das von drei Schakalen gezogen wird, trägt eine leere Scheibe. Der Halbmond am rechten Ende des Registers scheint zu symbolisieren, dass der Mond am Abendhimmel den Platz der Sonne einnimmt. Ähnliches gilt wohl auch für die weitere Mondscheibe oberhalb des Bootes.

Ganz links ist die Morgensonne in ihrer Gestalt des Skarabäus zu sehen, darüber ein anbetender Pavian.





9) Winde

Im vierten Register ist wieder eine Reihe von Göttern zu sehen. An beiden Enden des Registers finden wir zwei der sonst üblichen vier Winde dargestellt. Dabei ist deutlich zu erkennen, dass die rechte Seite der Decke im Laufe der Jahre erheblich gelitten hat. Welche Winde dargetellt sind bleibt unklar. Kaper geht davon aus, dass die Darstellung von nur zwei Winden auf Platzmangel zurückzuführen ist.

Oberhalb des geflügelten Skarabäus ist ein Bulle zu sehen, das Sternzeichen des Stiers (Taurus). Eine Begründung für diese Darstellung findet auch Kaper nicht.

Eine Deutung der 12 dargestellten Götter ist nicht eindeutig zu finden. Es könnte sich aber zum Teil um die Darstellung der zwölf Mondmonate handeln. Die dargestellten Götter würden dann mit den ihnen zugeordneten Festen korrespondieren.

So würde der erste Monat durch die Göttin Hathor repräsentiert (erste Göttin in der Reihe), weil das zu ihren Ehren gefeierte „Fest der Trunkenheit“ am 20. des ersten Monats begangen wurde. Der letzte Gott in der Reihe ist Re-Harachte, nach dem der letzte Monat Mesore benannt war. Eine Bezeichnung übrigens, die heute noch im koptischen verwendet wird.

Kaper weißt darauf hin, dass sich die Deutung der 12 Götter als Repräsentanten der 12 Mondmonate nicht lückenlos nachweisen lässt.

Auf zwei Götter will ich abschließend noch näher eingehen. Da ist zunächst die Göttin Ipet. Sie erscheint als Sternkreiszeichen und ist dargestellt als Nilpferd; Rücken und Schwanz der Göttin sind die eines Krokodils. Sie steht auf Löwenpfoten und stützt sich auf einen Pfahl. In der Hand hält sie einen Stierschenkel, was die Himmelskonstellation des Großen Bären beschreiben soll.

Hinter Ipet steht auf einem Sockel der Gott Tutu. Dieser Gott ist nicht typisch für astronomische Szenen. Es ist auch nicht eindeutig zu klären, warum dieser Gott hier aufgenommen wurde. Dieser Gott wurde hauptsächlich in Griechisch-Römischer Zeit verehrt. Man glaubte er biete Schutz vor feindseligen Erscheinungsformen von Gottheiten und Dämonen.

Kaper meint, die Position an dritter Stelle weißt darauf hin, dass das Fest für Tutu im dritten Monat Athyr begangen wurde, was im Tempel von Esna belegt sein soll.