Königreich Kerma ( --> Nubien) Über die Geschichte des Königreiches Kerma gibt es keine Aufzeichnungen, so dass die Namen der Herrscher bis auf drei verloren sind. Die moderne geografische Bezeichnung "Kerma" gab diesem Reich im Lande Kusch seinen Namen. Kerma liegt in einem Becken, das mit landwirtschaftlicher Bassinwasserwirtschaft bearbeitet wurde. Bereits Mitte des 2. Jahrtausends v.u.Z. erwirtschaftete es Nahrungsmittelüberschüsse, mit deren Hilfe es zu einigem Wohlstand gelangte. Nach einer Prä-Kerma-Kultur bildete sich Alt-Kerma zur Zeit des ägyptischen Alten Reiches und der 1. Zwischenzeit sowie Mittel-Kerma zur Zeit des Mittleren Reiches. Aus dieser Zeit gibt es Zeugnisse ägyptischer Importe (Keramik, Gefäße) und äyptischen Einflusses. Klassik-Kerma ist zeitlich mit der ägyptischen Zweiten Zwischenzeit gleichzusetzen. Es war zugleich die Blütezeit Kermas. Kerma-Keramik wurde noch in Auaris gefunden, mehr als 1.500 km stromaufwärts. Spät-Kerma liegt am Beginn des ägyptischen Neuen Reiches, das der Kerma-Kultur den Niedergang brachte. Schon im Alten Reich gab es Handel zwischen Ägypten und Nubien und in der 12. Dynastie unterhielt Ägypten dort Grenz-Festungen auf Leuchtfeuer-Distanz. Über einen Feldzug Sesostris' I gibt es Stelen-Aufzeichnungen, danach findet Kusch erst wieder bei Sesostris III Erwähnung (Semna-Stele). Ausserdem berichten Stelen-Texte, dass auch Ägypter in den Diensten von Kusch standen. Gegen Ende des Mittleren Reiches nimmt Kerma Unternubien ein und hat nachweislich Beziehungen zu den Hyksos. Der Hyksos-König Apophis suchte in Kusch um Hilfe nach, als seine Hauptstadt Auaris durch Kamose belagert wurde. Die Botschaft wurde jedoch von den Ägyptern abgefangen und eine Vereinigung der Mächte der Hyksos und der Kuschiten verhindert. Ahmose war es dann, der Kerma aus Unternubien zurücktrieb. Thutmosis I gelangte schließlich auf seinen Feldzügen bis nach Kerma und setzte dem Reich ein Ende. Ein Teilnehmer der Kerma-Feldzüge berichtet in seinem Grab über die Siege unter anderem, dass "der nubische Nomade" mit dem Kopf nach unten als Kriegsbeute (oder Abschreckung) am Bug des königlich-ägyptischen Schiffes mitgeführt wurde. Der amerikanische Archäologe George A. Reisner, als Ausgräber von Giza bekannt, arbeitete zwischen 1913 und 1916 in Kerma. Die kulturellen Überreste, die er fand, hielt er für ägyptischen Ursprungs. Er kam noch nicht auf die Idee, dass es sich herbei um eine eigene ethnische Gruppe handeln könnte. Seit 1977 führt der Schweizer Charles Bonnet die Ausgrabungen an diesem Ort. Dank seiner hervorragenden sozialen Kontakte zur einheimischen Bevölkerung gelingt es ihm immer wieder, Ausgrabungen auch innerhalb bewohnter Bezirke durchzuführen. Ursprünglich bestand die Stadt Kerma aus runden Gebäuden. Erst später, unter ägyptischem Einfluss, entstanden erste rechteckige Gebäude. Als Reisner die beiden Defufas (nubisch = großes Gebäude aus Lehmziegeln), die westliche und östliche, erblickte, glaubte er, es handele sich um ägyptische Festungen, zumal die Fundstücke von dort, ägyptische Gefäße, Pfropfen aus der Hyksos-Zeit, dazu verleiteten. Später wurde festgestellt, dass es sich um religiöse Bauten handelt. Innen befindet sich eine Opferstelle mit Schafknochenresten, auf dem Dach vermutet man eine Kapelle für die Götter des Kosmos. Innerhalb der Mauern finden sich die Wohnplätze der Priester. Die östliche Defufa, am Friedhof von Kerma, beherbergt einen Raum mit Säulenreihen, ursprünglich auch mit Wandmalereien. Man nimmt an, dass es sich hierbei um eine Kapelle für mehrere Gräber handelt, auch wenn keine Opferstelle vorhanden ist. Eine große Bahre mit Baldachin diente als Bett für den Verstorbenen oder auch zum Sammeln der Grabbeigaben. Bei den Gräbern handelt es sich um Tumuli (Hügelgräber), die von Steinen, Opferschalen, Stelen mit oder ohne Gravur und Bukranien (Tier-Gehörn mit Schädeldecke) umgeben waren. Zur Bestattung wurde am ersten Tag eine Grube ausgehoben, am zweiten Tag wurde der Tote ins Grab gelegt und mit Sand bedeckt. Danach wurden dann als letztes Opfer Wassergefäße um das Grab herum gestellt. Die Toten lagen seitlich auf Tierhaut. Die Menschen waren von dunkler Hautfarbe, hatten krause Haare und starben früh. Es wurden auffallend viele Männer mit Knochenbrüchen gefunden. Ab Mittel-Kerma wurden Menschenopfer festgestellt. Das heisst, Frauen, manchmal auch Kinder, aber auch Haustiere wie Hunde lagen zu Füßen des Toten und wurden lebendig mit begraben. Der Tod wurde in dieser Kultur mit dem Schlaf verglichen. So fand man ein großes Grab mit 322 Menschenopfern, das heisst, der ganze Hofstaat und die Familie wurden zusammen mit dem Verstorbenen begraben und erstickten. Unklar ist, ob möglicherweise Drogen verabreicht wurden und ob der Gang in den Tod freiwillig geschah. Es gibt jedenfalls keine Anzeichen von Gewalt. Umgeben war dieses große Grab von etwa 1.000 Rinder-Bukranien. Ein solches Begräbnis muss ein wirtschaftlich einschneidendes Ereignis gewesen sein. Auf den Tumuli fanden später weitere Bestattungen statt. Ob Kerma seine Toten mumifizierte, ist bisher nicht bekannt und konnte auch noch nicht nachgewiesen werden. Auch ägyptische Statuen, teilweise zerstört, befanden sich in Kerma-Gräbern. Weitere Grabbeigaben waren typische rot-schwarze Kerma-Keramik, noch ohne Töpferscheibe hergestellt, Dolche und Kurzschwerter aus Kupfer, die jedoch wegen ihrer dünnen Klinge eher als Kultgegenstände berachtet werden, Kleidung aus Ziegenfell mit Perlmutt, später auch aus Leinen, Spiegel, Kugelketten wie man sie auch in Naga gefunden hat, benutzte Betten zur Bestattung der Toten mit Schnitzereien und Intarsien aus Elfenbein mit Darstellungen geflügelter Giraffen, der Thoeris, mit Blumen und geometrischen Formen, kleine Figuren aus Ton, die jedoch nicht aus den Gräbern, sondern aus dem Stadtgebiet Kermas stammen. Ein besonders eindrucksvolles Artefakt ist eine Geierhaube aus Silber. An einem Architrav findet sich die bekannte Flügelsonne, und es wurden Darstellungen des Widders mit Sonnenscheibe gefunden, so dass die Vermutung nahe liegt, dass Amun in Widdergestalt seinen Ursprung in Nubien hat.
Quelle: Bericht von Gitta Warnemünde über den Dienstagsvortrag am 13. Juni 2000 von Dr. Angelika Lohwasser in der Remise des Ägyptischen Museums Berlin.
Eingestellt durch: | Apedemak (07.12.2002) |
Bearbeitet durch: | - |
|