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Vasenlauf
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  Vasenlauf
Zusammen mit dem --> Ruderlauf des Königs kommt der Vasenlauf ungleich häufiger vor als z.B. der --> Vogellauf. Dabei sind Vasenlauf und Ruderlauf so häufig als gegenüberliegende Darstellungen in den Tempeln anzutreffen, dass man vermutet hat, dass beide sich ergänzende Kulthandlungen darstellen.

Aus dem Mittleren Reich (MR) sind keine Darstellungen des Vasenlaufes bekannt. Wie Vergleiche bei Darstellungen des Ruderlaufes aus dem NR mit denen aus dem MR jedoch gezeigt haben, darf man auch beim Vasen- und beim Vogellauf vermuten, dass für die Laufdarstellungen aus dem NR ältere Vorlagen bis ins Detail benutzt wurden.


Eine der ersten Darstellungen aus dem Neuen Reich (NR) zeigt Amenhotep I. beim Vasenlauf vor Amun, eine befindet sich auf der - heute nördlichen - Außenwand der Alabaster-Kapelle des Amenhotep I., die heute im Open-Air-Museum (= OAM) von Karnak steht. Ein weiteres Relief im Tempel des Month, Karnak, zeigt einen König ebenfalls beim Vasenlauf vor Amun, die Darstellung wird ebenfalls in die frühe 18. Dynastie datiert und Amenhotep I. zugewiesen.
Die folgende, leicht beschädigte Darstellung eines Vasenlaufes der Hatschepsut vor dem ithyphallischen Amun-Re, dargestellt auf der Außenseite des Osttores (Block Nr. 25, Ausgang) der Roten Kapelle, die heute im OAM steht, veranschaulicht den Darstellungstypus.





Wie bei den anderen Laufritualen liegt eine einfache Komposition mit zwei Figuren vor: der König eilt in schnellen Schritten, wobei der hintere Fuß nur noch mit den Zehen den Boden berührt, auf eine stehende Gottheit zu (hier der ithyphallische Amun). Die Darstellung des Königs unterscheidet sich vor allem durch die Kronen (hier die unterägyptische Krone, auf einer identischen Darstellung am Westtor trägt Hatschepsut die Krone Oberägyptens), während Kleidung und Zeremonialbart identisch sind. Die Wahl der Krone scheint, wie beim Ruderlauf eine Frage der Zuordnung der jeweiligen Darstellung zu den beiden Landesteilen zu sein. Das oben gezeigte Relief befindet sich auf einem Block des Osttores, der nördlich der Ost-West-Achse der Roten Kapelle verbaut worden war - entsprechend trägt die Königin hier die Rote Krone der nördlichen, unterägyptischen Landeshälfte. Auf dem korrespondierenden Block des Westtores trägt sie die Weiße Krone, denn dieser Block wurde südlich der Ost-West-Achse verbaut.
Die relevanten Unterschiede sind jedoch die Attribute, die der König trägt. Beim Vasenlauf trägt der König in beiden Händen ein Gefäß, das als Hst-Vase oder -Krug (Hannig, a.a.O., S. 557) bezeichnet wird, hier dargestellt durch das Gardiner-Zeichen
.
Die Beischrift, die die Szene erläutert (vertikal untergebracht zwischen vorgestreckter Hand und vorgestrecktem Fuss), ist hier relativ kurz gehalten: xnp qbHw "Das Darbringen der (kühlen) Wasserspende". Auf der südlichen Innenwand des Vestibüls der Roten Kapelle findet sich aber auch schon ein längerer Text: "xnp qbHw n Jmn-Ra jr=s dj-anx - "Das Darbringen der (kühlen) Wasserspende für Amun-Ra-, sie (die Königin) handelte, indem ihr Leben gegeben ist" (zur Übersetzung siehe auch Forumsbeitrag von M. Tilgner -> Apislauf). Amun heißt sie willkommen mit den Worten (vertikale Inschrift von Amun):

Dd mdw jj.wj n=jj jj.wj n=j [m] Htpw zAt njt Xt=j HAt-Spswt-Xnmt Jmn = Worte zu sprechen: Sei mir willkommen! Sei mir willkommen! In Frieden, Tochter meines Leibes, Hatschepsut, mit Amun vereinigt.


In den frühen Darstellungen des Vasenlaufes, die erhalten sind, ist stets Amun (als Amun-Re[-Kamutef] oder als ithyphallischer Amun) das Ziel des Laufes. Bei Thutmosis III. findet sich in dem südlichen Tempelbereich (Raum XI bei PM) neben dem Festtempel des Königs in Karnak erstmals ein anderer Gott, hier zusammen mit Amun, als Ziel des Laufes: Seth.
Bis in die Spätzeit ist Amun (als Amun-Re, ithyphallischer Amun, Amun-Re-Kamutef) allein wohl das häufigste Ziel, nach Amenhotep III. werden jedoch zahlreiche Götter zum "Ziel" des Vasenlaufes.
Dargestellt sind u. a. Amun gemeinsam mit Mut und Khons, gelegentlich auch mit Hathor und Amaunet, weiterhin einzeln oder zusammen mit anderen Gottheiten - Re-Harakhte, Horus, Harsomtus, Min, Month, Sobek, Thot, Osiris, Sokar, Ptah, Ptah-Tatenen, Haroeris; an Göttinnen treten auf Hathor, Isis, Nekhbet, Mut, Amaunet, Bastet (?), Pakhet,. Ab Sethos I. und Ramses II. nimmt die Zahl der dargestellten Götter inflationär zu. Als Besonderheit dürfen außerdem die Darstellungen von Vasenläufen von Ramses II. vor Osiris und dem vergöttlichten Sethos I. sowie vor Amun und Ahmes-Nefertari (beide im "Haus der Millionen von Jahren" des Sethos I. in Qurna) gelten.


In den frühen Darstellungen aus der 19. Dynastie fällt eine Erweiterung des Vasenlaufes auf, die ursprünglich nicht zur Komposition gehörte: der König wird von einen galoppierenden Stier begleitet (siehe folg. Abbildung aus: Schwaller de Lubicz, The Temples of Karnak, 1999). Auch hier erläutert die zweizeilige Beischrift klar, was primär dargestellt wurde: xnp qbHw n | Jmn jr=f dj anx "Kühles Wasser spenden für | Amun, er handelte, indem ihm Leben gegeben ist". Es handelt sich also nicht um einen Apis-Lauf.



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Neben dem mitlaufenden Stier tauchen ab dieser Zeit noch weitere Zutaten auf: Opfertische und -gefäße, Blumen, etc.. Auch die Hst-Vase wird gelegentlich vermehrt, so dass der König bis zu 3 Stück, die blütenartig aus einem gemeinsamen Fuss zu wachsen scheinen, in den Händen hält. Allerdings hält Kees fest, dass die Form des Gefäßes beim Vasenlauf, von kleinen Änderungen in der Form (Ausguss) und der Vervielfachung abgesehen, durchgehend die Hst-Vase ist.
Außerdem bereichert ab dieser Zeit gelegentlich auch die Göttin Mrt die Komposition. Vor dem eigentlich "Zielgott" stehend begrüßt sie den ankommenden König mit dem --> njnj-Gestus und dem Ruf "Komm und bringe, komm und bringe".



Wie auch beim Vogel- und beim Ruderlauf erfahren wir aus den Beischriften wenig über die Kulthandlung und die eilende Bewegung des Königs. Offensichtlich haben den alten Ägyptern zu allen Zeiten die wenigen Worte "xnp qbHw n X jr=s dj-anx" ausgereicht, um die recht einfache Kulthandlung zu erklären:
Der König eilt mit dem (kühlen) Wasser zum Gott - dies ist vermutlich noch nicht die eigentliche Opferhandlung (der Libation), aber der König sichert sich wohl schon in symbolischer Weise durch das Bringen der Hst-Vasen die alleinige Rolle des Opfergebers. Das "Bringen" ist die notwendige Voraussetzung für die folgende Kulthandlung, das "Geben". Das die Handlung dem Gotte selbst gilt, zeigt der häufige Zusatz: " n X jr=s dj-anx - ".... für Gott X, er handelte, indem ihm Leben gegeben ist".
Kees vermutet, dass durch den Vasenlauf ein ursprüngliches Nahrungsopfer symbolisch angedeutet wurde, zumal solche Spenden in Form von Milch, Wein oder anderen Nahrungsmitteln ja bekannt sind. Von der vermuteten ursprünglichen Bedeutung eines Wasseropfers zur Ernährung zieht Kees noch eine Verbindung zu Szenen aus dem Totenkult, wo dem Verstorbenen ganze Reihen von Wasserkrügen gebracht werden, damit er im Jenseits keinen Durst erleide.
Im Laufe der Zeit hat sich nach Ansicht von Kees die Betrachtung jedoch sekundär verschoben, hin zu einer rituellen Reinigung für den Gott und seine Opfer (wobei sich Kees u. a. auf Reinigungsszenen im Tempel des Sethos I. in Abydos bezieht) - die ursprüngliche Bedeutung einer Opfergabe (Wasserspende)verschwindet jedoch nicht ganz.





Quelle:
Decker, W., Herb, M., Bildatlas zum Sport im Alten Ägypten. Leiden, New York, Köln 1994
Hannig, R., Grosses Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch. Mainz 1995
Kees, H., Der Opfertanz des ägyptischen Königs. Leipzig 1912
Kees, H., Nachlese zum Opfertanz des ägyptischen Königs, Zeitschrift f. Ägypten, Bd. 52, 1914


Eingestellt durch: Iufaa (10.08.2005)
Bearbeitet durch: -
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