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Ritual
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  Gründungsritual (Tempel)
Mit den ägyptischen Tempelgründungen ging eine Abfolge von rituellen Handlungen einher, die in zahlreichen Tempeln komplett oder verkürzt dargestellt wurden.

Diese Darstellungen sind zum Teil bereits aus der Frühzeit bekannt. Es gibt sie in einer ober- und einer unterägyptischen Version - je nach Krone des Königs und seiner Blickrichtung. Das Tragen der Atefkrone gibt dem König die Möglichkeit die beiden Versionen zu vollziehen ohne die Krone wechseln zu müssen.

Auf Grund verschiedener textlicher Belege scheint der Startzeitpunkt für Gründungszeremonien der Neumondtag gewesen zu sein (El-Adly, S. 278). Wahrscheinlich wurden die Vorbereitungen zum Tempelbau vor der Überschwemmungszeit getroffen. Mit den Gründungszeremonien konnte dann nach der Überschwemmung sogleich mit dem Bau begonnen werden.

Zum Gründungsritual eines Tempels und dem anschließenden Weiheritual gehören folgende einzelne Abläufe:

Strickespannen
Das Strickespannen ist eine Gemeinschaftsarbeit des Königs mit  der Göttin Seschat. Beide halten je einen Stock in der Hand, beide Stöcke sind mit einer Messschnur verbunden, die zwischen ihnen gespannt ist. König und Gottin halten einen Schlegel in der Hand um die Stöcke in die Erde zu schlagen.
Mit dieser Tätigkeit wurden die Eckpunkte des Tempels abgesteckt.


Karnak, OAM Rote Kapelle
Foto: Iufaa


Man geht davon aus, dass die Rolle der Seschat von einem Hm-Priester übernommen wurde (El-Adly, S. 284). Der König konnte durch den obersten Vorlesepriester vertreten werden. In Texten steht das Strickespannen repräsentativ für die gesamten Gründungszeremonien.

Hier eine Übersetzung der Inschrift aus dem Edfu Tempel (Kurth, D.: Treffpunkt der Götter, Zürich 1994, S. 66)

Zitat:
Den Strick spannen. Worte zu sprechen: <Ich habe den Pflock und den Griff des Schlegels ergriffen, und ich habe [zusammen mit] der Göttin Seschat den Meßstrick zur Hand genommen. (Vorher) habe ich das Voranschreiten beim Gang der Sterne betrachtet und den Großen Bären geschaut. Ich bin der, der die Zeit vorbeiziehen läßt, der mit dem Merechet-Gerät mißt, indem ich die vier Ecken eines Tempels festlege.>


Mit dem Strickespannen wird der Grundriss des Tempels festgelegt. Nach El-Adly fand das Ritual an einer bestimmten Stelle des Bauplatzes statt.


Nur einmal ist die Vorbereitung zur Niederlegung von Gründungsgaben mit in die Szene eingebunden, im Sonnenheiligtum des Niuserre. Die Gründungsbeigaben entsprechen denen der Gräber. Sie gewährleisten den andauernden Bestand des Opferdienstes.


aus: Verner, M.: Die Pyramiden, Hamburg 1999, S.94


Dieses Gründungsopfer bezeichnet man als Hnk.t-Opfer. Hierbei handelt es sich um ein Libationsopfer beim Ausheben der Fundamentgräben. Es bestand aus Wasser- und Räuchergefässen, einem Gans- und Rinderkopf. Eine geköpfte Gans hat den Kopf zumeist bei ihren Füßen liegen.

Nach dem Strickespannen wechselt der Schauplatz, man geht zur ersten Bauhütte. Dort findet das Zeremoniell des Ziegelstreichens statt.

Ziegelstreichen

Karnak, OAM Rote Kapelle Vestibul
Foto: Iufaa


Die auf einer Matte kniende Königin hält mit der rechten Hand einen Ziegelformer in dem sie mit der linken Hand die Ziegel ausstreicht. Die Beischriften berichten vom viermaligen Ziegelausstreichen.
Nach El-Adly (S. 287) weist die Tatsache des Ziegelstreichens auf das Hohe Alter des Rituales hin, wurden spätere Tempel doch aus Stein erbaut. Zudem weist es auf den jahreszeitlichen Beginn des Rituales, da nach der Nilschwemme reichlich Material zur Ziegelproduktion vorhanden war.

Erdaufhaken

Karnak, Hypostyl
Foto: Iufaa


Vor dem Gott für den der Tempel entsteht (auf dem Bild gefolgt von dessen Gemahlin) steht der König und hackt mit der mr-Hacke die Erde des zu weihenden Tempels auf.
Das Erdaufhacken war eine Vorarbeit zum Ausheben der Fundamentgräben, damit auch zur Festlegung der Tempelgrenzen. Mythisch wird damit das Blut der Götterfeinde in die Erde eingearbeitet und diese gedüngt.

Die drei bisher besprochenen Szenen sind bei Darstellungen des Gründungsrituales recht häufig zu finden. Deutlich seltener sieht man die folgenden Szenen.

das Sandschütten
Nach dem Ausheben der Gründungsgruben wurden diese mit Sand ausgestreut.

Edfu
Foto: Mitglied-Haremhab


das Ansetzen der Ziegel
war im Grunde die Zeitspanne des Trocknens der geformten Ziegel.

Eventuell ist dieses Foto aus Edfu eine Darstellung des "Ziegelansetzens".

Edfu
Foto: Mitglied-Haremhab


Der Tempelbau ging in eine neue Phase über.


das Verputzen (gipsen) des Tempels


Abydos, Sethos I.
Foto: naunakhte


Der König steht vor Gott und einer Abbildung des Tempeltores (sH-Kapellenfassade). Diese wird von einem länglichen, kartuschenförmigen Ring umfasst der aus der erhobenen Hand des Königs rinnt. Hierbei handelt es sich nach Aussage von Beischriften um ein viermaliges Herumstreuen des Gipses.
Erst in der 12. Dynastie wurden Tempel regelmäßig und komplett aus Stein errichtet. Zuvor waren es Bauten aus Ziegel. Diese wurden nach Fertigstellung mit Gips verputzt. Dies drückte Reinheit aus. Mythologisch erbleichte Seth aus Furcht vor dem siegreichen Osiris (El-Adly, S. 291), womit dem Tempel auch die Macht der siegreichen Götter Zuteil wird.


- Vollbild -

Et-Tod
Foto: naunakhte

Eine besonders detailreiche Darstellung dieser Szene findet man in einer späten Darstellung in Et-Tod. Wenn man genau hinschaut erkennt man, dass das Gipsband in Form einer Aneinanderreihung einzelner Körner dargestellt wurde. Hierbei handelt es sich um die rohe, unbearbeitete Form des Gipses, dessen körniges, kristallines Material in einer Aneinanderreihung dargestellt wurde. In Abydos wurde es in einer bearbeiteten Form als glattes, fortlaufendes Band dargestellt. Diese Form scheint die übliche Darstellungsweise zu sein.

die Übergabe
Der fertige Tempel wurde dann seiner Bestimmung übergeben.


Karnak, Hypostyl
Foto: Iufaa


Im Unterschied zum Verputzen fehlt hier der den Tempel umgebende Ring, und die Tempeldarstellung steht in der Nähe der Standlinie.

Der Zyklus endet mit dem Einzug der Statuen.

Wie so oft in der Kunst des Alten Ägypten gibt es auch hier Abweichungen und Zusätze in der Darstellung des Rituales. Das eine oder andere Detail kann dem Zyklus noch zugefügt werden. So zum Beispiel das Nivellieren des Geländes, das Lösen des Plannetzes und anderes. Alle Details können hier nicht aufgeführt werden. Das Gesamtritual sollte sich nach der Darstellung dieser Szenen aber erschließen.


Quelle:
El-Adly, Sanaa abd el-Azim: Das Gründungs- und Weiheritual des Ägyptischen Tempels von der frühgeschichtlichen Zeit bis zum Ende des Neuen Reiches, Tübingen 1981

Eingestellt durch: naunakhte (25.06.2007)
Bearbeitet durch: -
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