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Gebel Barkal (Amunkult)
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  Gebel Barkal (Tempel-Stadt)
Gebel Barkal - Tempelstadt und Residenz Napata

Der Gebel Barkal (GB) und die dort im NR gegründete Stadt Napata liegen etwa 40 km stromabwärts vom 4. Katarakt in Nubien, im heutigen Sudan. Die Ägypter nannten Nubien &A-NHsy (Südland) oder &A-sty, &A-stt (Bogenland). Mit dieser Bezeichnung erscheint es auch auf kuschitischen Stelen, die in ägyptisch geschrieben waren. Die Kuschiten selbst bezeichneten in solchen Dokumenten ihr Land als KAz, KAS, KS und IkS, wobei diese Bezeichnung von einem einheimischen Namen für eine Region im mittleren Niltal herrühren könnte (1). Für den GB wird seit Thutmosis III. (47-Jahr-Stele, s.u.) +w wab, Reiner Berg oder ns.wt tA.wj (auch im Singular ns.t tA.wj) = Throne (Thron) beider Länder verwendet, wobei beide Ausdrücke sich synonym auch auf die Stadt Napata - npt - angewendet finden (2). Geographisch wird Unternubien und Obernubien unterschieden, ersteres ist die Region zwischen 1. und 2. Katarakt, das andere das Land vom 2. Katarakt bis etwa zum 5. Katarakt umfassend (1). Abb.1 zeigt den Nil zwischen 1. und 6. Katarakt, den heutigen nördlichen Sudan.


Abb. 1: Der Nil zwischen 1. und 6. Katarakt; Vorlage aus: D. Wildung (Hrsg.): Sudan. Antike Königreiche am Nil. Tübingen 1996; S.118. Die Lage von Napata ist durch "Gebel Barkal" angegeben. Die zwischen 1. Und 3. Katarakt gelegenen Ansiedlungen und Tempel sind Gründungen des Neuen Reiches (NR; 1540 - 1075 v. Chr.)



Von der Spitze der Pyramide des Königs Taharqa (690-664 vor Chr.) in Nuri aus hat man einen weiten Rundblick auf "Nubiens Heilige Landschaft" (3) und erkennt sehr deutlich, was den nur 10 km westlich entfernten GB von den anderen, in ähnlichen Entfernungen nördlich und östlich gelegenen Tafelbergen unterscheidet - das ist der Felsenpfeiler an der Südwestecke des dadurch ausgezeichneten Felsens. Aus größerer Nähe, vom Ortsrand des heutigen Karima aus, sieht dieser Felsenturm (engl. pinnacle), ohne dass man die Fantasie besonders bemühen müsste, wie eine große Königsstatue mit der Weißen Krone Oberägyptens aus (Abb. 2 und 3). So fällt es nicht schwer nachzuvollziehen, dass es diese Naturform und die daran geknüpften Mythen gewesen sein könnten, die den GB für die Ägypter zum Heiligen Berg (dwa- wab) und zur Götterwohnung werden ließen.


Abb. 2: Blick von der Pyramide Taharqas (Pyr. N1) nach Westen. Vorn Häuser von Nuri, dann Palmenhaine am Nil, dahinter auf dem jenseitigen Ufer der Gebel Barkal, ganz hinten erstreckt sich die nubische Wüste bis zum Horizont (eigenes Foto 2009).



Abb. 3: Blick auf den Gebel Barkal von Südosten: Der markante Felsenturm (pinnacle) links, am Südrand des Berges (eigenes Foto 2009). Man erkennt die großen Mengen an herabgefallenen Felsbrocken zu Füßen der Felswände, die immer wieder zu Zerstörungen der weiter links unter dem Felsen liegenden Tempel geführt haben.



Spekulationen, dass diese Form von Menschenhand geschaffen worden sei, wiesen schon Cailliaud (4) und Budge (5) zurück, indem sie ihre Überzeugung ausdrückten, dass der Felsenturm natürlichen Ursprungs sei, wie es Kendall (6) dann am archäologischen Befund bestätigen konnte.
Von Cailliaud und Lepsius stammen die ersten detaillierteren Angaben über eine ganze Tempelstadt unterhalb des GB. Vom Neuen Reich (Thutmosis III.) bis ans Ende der Herrschaft von Meroe im 4. Jh. nach Chr. war hier ein religiöses und politisches Zentrum in Nubien, erkennbar an vielfältigen Tempel- und Palastbauten. Die ganze Bedeutung dieses Kultzentrums am GB wurde dann durch die Ausgrabungen von George Reisner aus Boston (1916-1920), von Sergio Donadoni (Rom) seit 1972 und seit 1986 von Timothy Kendall (Boston) erkannt und publiziert. Darüber soll hier zusammenfassend berichtet werden.
Die Lexikonbeiträge --> Nubien, --> Kuschitische Dynastie, --> Napatanische Dynastie, --> Meroitische Dynastie sowie --> Herrscherliste: Kusch geben Überblicke über den geschichtlichen Hintergrund; der Artikel --> Gebel Barkal (Götterschrein) enthält eine Reihe von Abbildungen, die im vorliegenden Beitrag gelegentlich erwähnt werden.


Die archäologischen Befunde am Gebel Barkal
Die Identifizierung der einzelnen Ruinen auf dem Übersichtsplan (Abb. 4) von Kendall (7) folgt dem von Reisner (8) angegebenen Schema der Zuordnung von Hundertern für jedes Objekt und von Zehnern und Einern für deren einzelne Räume. Die im Folgenden gegebene Übersicht der Ruinen der Tempel- und Palastbauten erfolgt von West nach Ost und zwar der wirklichen Himmelsrichtung entsprechend und nicht der von Reisner (9) verwendeten, die am Lauf des Nils orientiert war, der in diesem Teil Nubiens "verkehrt herum" fließt, nämlich von NO nach SW, Abb. 1. Zur zeitlichen Orientierung angegebene Daten (Generationen, Regierungsdauer) stammen von Wenig (10).


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Abb. 4: Lageplan der Ruinen am Gebel Barkal. Die moderne Stadt Karima befindet sich südöstlich des gezeigten Areals. "River North" ist Reisners an der Flussrichtung des Nils orientierte Richtungsangabe; "True North" die Magnetnadel-Angabe. Die Pyramiden am GB liegen nördlich des Berges, s. Abb. 11. Vorlage Abb. 4: (7)



B200: Von Taharqa erbauter kleiner Tempel, der drei Göttinnen geweiht war: Hathor, Tefnut und einer dritten nicht identifizierten. Es sind nur geringe Reste noch vorhanden.

B300: ebenfalls von Taharqa erbaut, auf der Grundlage eines älteren "B300sub" aus der Zeit von Ramses II. Er war der Göttin Mut geweiht. Teile des in den Felsen getriebenen Sanktuars mit Fresken sind erhalten (s. Abb. 9 im Beitrag "Götterschrein"), nichts blieb von den großen Bes-Statuen, die die kleine Säulenhalle einfassten und die Cailliaud (11) abgebildet hat; er nannte diesen Tempel "Typhonium", weil ihn die Besfiguren an den griechischen Gott Typhon erinnerten. Das Bildprogramm des Muttempels als dem einzigen, von dem größere Anteile der ursprünglichen Ausstattung erhalten geblieben sind, hat Robisek in einer eigenen Studie vorgestellt und ausgewertet (12).

B350: Der Felsenturm an der Westecke des GB trug ehemals auf der dem Nil, nach SW, zugewendeten Seite eine von Taharqa angelegte und 300 Jahre später von Nastasen erneuerte Inschrift, die nach dem Lokalbefund von Kendall (6) vermutlich mit Goldblech beschlagen war, so dass sie dadurch weithin sichtbar das Sonnenlicht reflektierte; direkt davor stand vermutlich noch eine kleine Statue (vielleicht ein aufgerichteter Uräus?). Details hierzu im Beitrag "GB Götterschrein".

B1100: Älteste Relikte deuten auf einen Vorläuferbau, der unter Haremhab erbaut wurde (13), (14). Kendall (14, 15) vermutet, dass hier zwei Schreine standen, die den beiden Uräusgöttinnen Uto und Nechbet geweiht waren, da die Lage und Ausrichtung des Königspalastes B 1200 und eine Inschrift an einer Türlaibung darauf verweisen: pr-wr und pr-nsr waren seit alters her Schreine, die bei der Königskrönung besucht wurden (LÄ III, 932, 934). Diese räumliche Lage von Palast (B1200) und Tempelschrein zueinander entspricht der Beschreibung im Bericht von der Krönung von Haremhab (16) und vor allem den Ermittlungen von O'Connor (17) bezüglich der Lagebeziehungen zwischen Palast und Tempel im NR zueinander. 2009 fand Kendall in diesem Areal einige Mauerreste aus Talatat, die auf pr-wr/pr-nsr hindeuten. Die weiteren Bodenfunde lassen mehrmalige Erneuerungen in napatanischer und meroitischer Zeit erkennen. Reisner (18) hatte in diesem Areal Fragmente von Reliefs sowie Inschriften von Natakamani (Gen. 53) und drei Säulen gefunden, die eine Ausrichtung des(der) Tempel(s) auf B350 erkennen ließen (7).

B1200 war der königliche Palast von Napata, erbaut zuerst von Kashta (Gen. 1), nach Bränden erneuert unter Anlamani und Aspelta (Gen. 9 u. 10), und später wieder unter Harsiotef (Gen. 23) und Amanislo (Gen. 34). Treppenreste im Inneren deuten auf ein Obergeschoss (19). Die Ausrichtung des Palastes rechtwinklig zu den Achsen von B800 und B500 (der zur Bauzeit von Kashta noch alte Ruine war; s.u.) sowie Grabungsergebnisse aus seinem Inneren (15; 19) lassen vermuten, dass von einem Thronsaal (Raum B1233 o. 1234) aus ein Ausgang in Richtung auf B1100 (pr-wr und pr-nsr) hin führte (vorbei an den heute im Britischen Museum aufbewahrten "Prudhoe-Löwen, die allerdings erst im 3. vorchristlichen Jhdt. von Amanislo aus Soleb herbeigeholt wurden), wo Zeremonien bei der Krönung absolviert wurden (ausführlich: 20).

B100 war kein Tempel, sondern ein palastähnlicher Ziegelbau aus meroitischer Zeit, der nach Aufgabe oder Verfall von B1200 kurzzeitig als Residenz diente (vielleicht auch als Unterkunft für Priester), wohl ehe der größere Palast B1500 von Natakamani erbaut worden war. Er war ähnlich wie B1500 auf einer Plattform erhöht aufgebaut, wohl zum Schutz vor dem in manchen Jahren bis hier her reichenden Wasser der Nilflut.

B750 war ein kleiner Tempel, von dem Cailliaud (21) noch Reste vorgefunden hatte (Struktur "r" auf pl. XLIX, vol. II). Ob eine Beziehung zu B700 bestand ist unklar.

B700: Ein kleiner Tempel sehr nahe unter der Felswand gelegen, wohl weil der günstigere Platz etwas weiter abwärts schon durch B800 und B900 besetzt war (22). Der Bau wurde von Atlanersa und Senkamanisken (Gen. 7 und 8) erbaut und dem Amun geweiht. Eine Reihe von Bruchstücken eines großen Monuments oder Schreins von Atlanersa zeigen Widmungen auch für Osiris-Dedwen, sodass Kendall eine besondere Rolle dieses Tempels im Kult für die toten vergöttlichten Könige ableitet (23; ausführlicher: 24).

B600 ist ein kleiner Gebäuderest direkt östlich neben B700, der eher einem königlichen Kiosk entspricht. Da Reliefs völlig fehlen, denkt man, dass die Wände bemalt gewesen sein könnten. In seinem Inneren fand man ein Podium, Pfostenlöcher deuten auf einen Baldachin, und man entwickelte die Vorstellung, dass dort der König bei Zeremonien wie dem Neujahrs- und dem Sedfest Huldigungen empfing; dazu passt auch, dass das Gebäude ca. 3 m höher liegt als der benachbarte B700 (25). Diese Nutzung deutet auf den lebenden König, vielleicht in seinem göttlichen Aspekt als königlicher KA, womit sich eine engere Beziehung zu B700 ergibt, der allen toten Königen gewidmet gewesen sein könnte und vielleicht sogar als Totentempel für Atlanersa geweiht gewesen war.

B800 und B900 sind zwei geradezu miteinander verwachsene ehemalige Tempelanlagen, deren Raumzuordnung auf den Lageplänen Reisners von 1916 (26) sich erst nach völliger Freilegung beider ergab. B 800 wurde wohl bereits von Alara begonnen und von seinem Nachfolger Kashta (Gen. 1) als erster Neubau nach dem NR in Ziegelbauweise errichtet. Damit begann die Restaurationsphase nach der fast 300-jährigen "dunklen Zeit" am GB, als jetzt die Fürsten von el-Kurru begannen, sich Könige zu nennen (nsw-bjtj) und ihre Namen in Kartuschen zu schreiben (27). Gut 100 Jahre später wurde von Anlamani (Gen. 9) eine Erneuerung vorgenommen. B800 war dem Amun von Karnak (nb ns.t tawj; 28) geweiht. Beim Feldzug des Saitenkönigs Psammetich II gegen Nubien im Jahre 593 v. Chr., der endlich auch das Andenken an die 25. Dyn. auslöschen sollte, kam es zu weitgehenden Zerstörungen durch plündernde Truppen in Napata, wobei nach dem archäologischen Befund B800, B1200 und B500 durch Feuer zerstört wurden (zu Psammetich II. s. den Lexikonbeitrag über ihn mit ausführlicher Diskussion). Bald nach Aspeltas Regierung (Gen. 10, 593-568 v. Chr.) erfolgte eine Restaurierung in rotem Sandstein; der Tempel wurde danach zumindest bis in die frühe meroitische Zeit weiter genutzt.

Besonders bemerkenswert waren die Cachettenfunde, die Reisner (29) im Raum B904 (und gleichzeitig auch in B500, trench A, s.u.) ausgrub: 11 zum Teil überlebensgroße Statuen, Bruchstücke oder Köpfe und Rümpfe der Könige Taharqa, Tanutamani, Senkamanisken, Aspelta und der Königin Amanmalenra und dem Vizekönig Djehutimoses wurden in den beiden Verstecken gefunden und konnten sich ergänzend zusammengesetzt werden (s. Abb. 6: Lage der Cachetten). Die Fundumstände und der Erhaltungszustand der Statuen erlauben die Schlussfolgerung, dass sie willentlich zerstört wurden - ähnlich wie die von Charles Bonnet 2003 in einer Cachette des Amuntempels von Kerma/Dukki Gel gefundenen sieben Statuen derselben Könige. Für diese "Cachettierung" in Dukki-Gel nehmen Bonnet und Valbelle (30) eine Kriegsfolge des Psammetich-Feldzuges zweifelsfrei an.

Eine Gottheit, der B900 geweiht war ist nicht bekannt. Reste von Wandschmuck zeigen (ehemals) große Königsfiguren in Begleitung von Göttern (31).

B850: Vor B800 befand sich zur Zeit der ersten Erbauer eine Reihe paariger Widderstandbilder aus Sandstein. In früher napatanischer Zeit wurde vor dem östlichen Pylon von B800 ein anderes Lehmziegelgebäude errichtet, weshalb die Widderstatuen umgesetzt und später ganz überbaut wurden. Die Details zu diesen unvollständigen Ausgrabungen Reisners sind noch nicht publiziert worden (31).

B400: Mit dieser Nummer belegt Kendall (31) den mit Steinen ausgelegten Weg zwischen B900 und B500, der wohl als Zugang zu dem direkt unter dem Felsen gelegenen B700 gedient hat; er ist auf Abb. 4 und 6 zu sehen. Er wurde auch schon von Reisner beschrieben (32).

B1000 war eine runde Brunnenanlage, gut zu sehen auf dem Foto von Reisner (26, pl. XXXVI), bei deren Ausgrabung jedoch Wasser eintrat, so dass die Erkundung unvollständig blieb (33). Der Nil ist ja nicht weit entfernt, und selbst heute erreicht eine hohe Nilflut manchmal das Tempelareal, z.B. 1986 (14).

Die folgende Abb. 5 zeigt eine mit dem Architektenprogramm DATAcad erzeugtes Rekonstruktionsbild der ganzen Tempelstadt am Gebel Barkal.


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Abb. 5: Maßstabgerechte Rekonstruktionsgrafik der Tempel am GB. Das Programm DATAcad erstellt eine Darstellung der Gebäude in ihren an den Grundmauern rekonstruierten Abmessungen in Relation zueinander und auch zur Höhe des Felsens. Die Gebäudehöhen wurden aus den archäologischen Befunden ermittelt. Vergleich mit Abb. 4 erleichtert die Zuordnung der Tempel wie folgt: B200/300 ganz hinten links; ganz vorn unten B100, dahinter B1200 (und die Prudhoe-Löwen); anschließend nach rechts B800/900, dahinter B700/600, man erkennt auch das Rund von B1000. Ganz rechts dann B500, der Große Amuntempel. Der zu den unterschiedlichen Zeiten stark variierende Erhaltungszustand der einzelnen Gebäude ist dabei nicht berücksichtigt - die Abb. bringt also einen so nie gewesenen "Idealzustand". Vorlage: T. Kendall: The Gebel Barkal Temples 1989-90. A progress report on the work of the Museum of Fine Arts, Boston, Sudan Mission. Seventh Intern. Conf. for Nubian Studies, Geneva 3.-8. Sept. 1990.



B500 - der große Amuntempel am Gebel Barkal
War ohne Zweifel der Haupttempel am Gebel Barkal, dem Amun von Napata geweiht, der als kA des Amun von Karnak aufgefasst wird (34). Er war wohl auch der Tempel mit der längsten Bau- und Nutzungszeit: die von Reisner (35) und von Kendall (7, 14, 27) erarbeitete Baugeschichte umspannt die Zeit von Echnaton (1351-1335 v. Chr.) bis Natakamani (Gen. 53, 0-20 nach Chr.), die Nutzung dürfte noch länger in der Zeit des meroitischen Königreiches angedauert haben. Älteste Teile aus dem NR sind die im Übersichtsplan (Abb. 6) links in blau gezeichneten Abschnitte, bestehend aus einer kleinen Säulenhalle (B503), einem Vorraum (B505-507, erst später in drei Räume unterteilt) und dem in 5 Räume unterteilten Sanktuarium in der Fortführung der Längsachse des Tempels, B514-519. Zwei von Reisner (36) gefundene Gründungsdepots deuten in ihrer Zusammensetzung und dem Stil der Metall- und Keramikgegenstände auf die Zeit von Tutanchamun, Haremhab und Sethos I.; die in diesem Bauteil verwendeten talatats eher auf die Zeit Echnatons (37). Die nach NO anschließenden Räume B504-511 werden als "Ramses-Kapelle" bezeichnet, sie sind durch Steininschriften gesichert in der Zeit von Ramses II. gebaut worden. In dieser Form stand der Tempel im NR und dürfte nach dessen Ende in den sogen. "dunklen Jahrhunderten" der nubischen Geschichte vor dem Beginn des napatanischen Königreiches unter Alara, um 760 v. Chr., zunehmend verfallen sein (38).


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Abb. 6: Lageplan der Tempel B500, B600, B700 und B800; Raumnummerierungen für B500. Vorlage: Pharaonen aus dem Schwarzen Afrika. Ch. Bonnet und D. Valbelle, Mainz 2006, S. 67, verändert durch Einfügung der Raumnummern in B500. (Der Band enthält sehr schöne Abbildungen von den in Kerma-Dukki Gel gefundenen Statuen.)



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Abb. 7.: Blick auf den Großen Amuntempel von Napata B500 von der Hochfläche des Berges aus. Auf der Abb. von unten nach oben entspricht der Richtung auf Abb. 6 von links nach rechts. Die stehengebliebenen Säulen stehen vor dem 3. Pylon (P3), also am linken Ende des Hypostyls B502. Am rechten Bildrand Reste von B800/900. (eigenes Foto 2009)



Mit dem Entstehen des napatanischen Königtums und dessen Erstarken in der 25. Dyn. wurde der Tempel wieder instand gesetzt und erheblich erweitert: Kaschta (Gen. 1, 760-747) und vor allem Piye (Gen. 2, 747-716 v. Chr.) restaurierten die alten Bauteile, indem die Ziegelmauern mit Steinen verstärkt wurden (braun auf dem Plan Abb. 6). Piye erweiterte den Tempel um das Hypostyl B502, das mit dem 2. Pylon abschloss, später setzte er davor noch den Säulenhof B501 und den 1. Pylon. Das Hypostyl wurde nach der Eroberung von (Unter)ägypten 726 v. Chr. mit der Einnahme von Hermopolis, Memphis und dem Delta mit Reliefs zu diesem Feldzug ausgeschmückt. Auf der Innenseite des 2. Pylons zum Peristyl B502 befanden sich Reliefs des Feldzuges nach Norden (Abb. 8), im Säulenhof B501 gab es Reliefs, die die Prinzen/Könige von Unterägypten bei der Tributübergabe zeigten, ganz ähnlich wie auf der "Siegesstele" aus dem 21. Herrschaftsjahr (s. Abb. 9). Die Stele wird gezeigt und besprochen im folgenden Artikel: --> GB - Amunkult, Abb. 4.


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Abb. 8: Rekonstruktionszeichnung eines Reliefteilstücks vom 2. Pylon, innen in B502, links vom Durchgang (von innen gesehen). Diese Rekonstruktion bringt ein trauriges Beispiel dafür, wie groß die Verluste an Mauer und Reliefs, die noch Lepsius gesehen hatte, seit seiner Aufnahme im Jahre 1844 sind: Lepsius Zeichnung ist mit a. markiert, es ist das oberste Register und ein kleiner Teil des 2. Reg., b. zeigt Abschnitte eines Fotos von Breasted (1906), die die fehlenden Teile dieses Reg. bringen. Darunter enthält die Abb. 8 die von Kendall 1986 freigelegten Reliefteile (die ehemals darüber gelegenen Mauern sind inzwischen verschwunden): ein Zwischenregister mit Booten, auf denen Soldaten und Pferde waren, und dann zwei weitere Register: eine Pferdeprozession (wohl als Siegestribut von König Nimlot); ganz unten und klein: gefesselte Rinder zur Opferung und jeweils ein kleiner Opfertisch mit zwei Rundbodengefäßen, Blumen und Palmenwedel. Kendalls Interpretation besagt, dass dieses kleine Zwischenregister die Nilfahrt von Theben aus nach Norden und die Eroberung von Hermopolis dargestellt haben dürfte. Das ganze Bildprogramm dürfte dann so zusammengesetzt gewesen sein, dass die Wände von B502 von Nord nach Süd über die Innenseiten des 2. Pylons hinweg die auf der Siegesstele im zeitlichen Ablauf berichteten Feldzugsetappen abbildeten und damit auch dem Volke bildlich lesbar machten: Aufbruch aus Kusch, Opetfest in Theben, Nilfahrt mit Einnahme von Hermopolis, Einnahme von Memphis (Südwand des Pylons), Fortsetzung im Hof B501 mit Tempelopfer in Heliopolis und die Tributszene, die Abb. 9 zeigt. Vorlage der Abb.: aus T. Kendall: Gebel Barkal Epigraphic Survey: 1986. Preliminary Report of first seasons activity. Boston 1986; fig. 9.



Darstellungen von Opferungen vor Amun und des Hebsed-Festes von Piye lassen vermuten, dass in seinem 30. Herrschaftsjahr die Erneuerung und Erweiterung abgeschlossen war. Nur der Kiosk im Hypostyl B502, der auf Tanutamani, den letzten König der 25. Dyn. zurückgeht, ist danach noch eingefügt worden. (Zu der in B501 auf dem Plan eingezeichneten Kioskstruktur gibt es keine Angaben; Reisner bezeichnet sie als "äthiopischen Kiosk", ZÄS 66 (1933)73-78, plan.) Von der Innenausstattung aus dieser Zeit fanden sich neben den erwähnten Königsstatuen und kleineren Plastiken mehrere Stelen, die mit ihren Texten wichtigste historische Quellen darstellen (s. Artikel: --> GB - Stelen und Rundplastiken, mit Abbildungen). Außerdem sind zu nennen der graue Granitaltar-Untersatz von Taharqa in B506 und eine Altarbasis von Piye in B520. In dieser Ausbaustufe war der Tempel mit 170 m Länge einer der größten in ganz Ägypten: nur der Karnaktempel, Echnatons Atontempel in Amarna und Theben sowie der Totentempel von Ramses III. waren größer (39), und man darf vermuten, dass er insgesamt als eine Art kuschitisches Nationalheiligtum auch prächtig ausgestattet und anzusehen war. Ein weiteres Beispiel dafür ist Abb. 9.


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Abb. 9: Nachzeichnung des Reliefs im ersten Hof B501 des Großen Amuntempels, Südseite. König Piye nimmt Tributgaben der Herrscher Ägyptens entgegen, die sich in Unterwürfigkeit nähern. Rekonstruktionszeichnung von T. Kendall. Vorlage: Wildung, D.: Sudan (wie Abb. 1; hier: S. 164, zwischen A und B zur besseren Reproduzierbarkeit geschnitten. Gesamtlänge des gezeigten Ausschnittes ca. 25 m). Die unregelmäßig gewellte Linie zwischen oberem und unterem Register markiert die Höhe der Sandschicht, die die Mauerreste unten bedeckte und die Reliefs dadurch vor dem völligen Verfall durch Winderosion geschützt hatte. Kendall erkannte die engen Übereinstimmungen zwischen den noch erkennbaren Reliefresten und der Lunette der Siegesstele von Piye (s. Abb. 4 im Beitrag "GB - Amunkult") und erarbeitete daraus die Rekonstruktion des oberen Registers. Zu den Tributgaben gehören die herbeigeführten Pferde links sowie die gerade noch erkennbaren Dinge direkt vor dem stehenden König rechts: ein Thronsessel mit Löwenarmlehnen, eine mit Palmzweigen gefüllte Standvase, ein Prunkbett mit vier Beinen, das von drei Männern getragen wird und sicher noch vieles mehr, wie die wenigen Hieroglyphen der drei Textlinien direkt vor dem König - aber auch der Stelentext - ahnen lassen. An den Hieroglyphenresten ganz unten in den drei Textspalten erkennt man noch, dass sie mit der Reliefdarstellung korrespondieren: es werden erwähnt die auf dem Bauch liegenden Überbringer (nämlich die von der Stelenlunette bekannten unterägyptischen Könige und Anführer), ihre Gaben aus Gold und allen Edelsteinen und ihre Ställe (Bezug auf die Pferde). Kuriosität dabei: die Schreibung des Wortes Edelstein (Aat nb" onmouseover="this.style.fontSize='20px';this.style.cursor='default'" onmouseout="this.style.fontSize='16px'">nb Aat nb) enthält denselben Schreibfehler wie auf der Stele. Zum Text s. T. Kendall, in: wie Abb. 8, hier p. 10-11.



Zwei weitere DATAcad-Darstellungen der Rekonstruktion des Großen Amuntempels sind am Ende des Artikels angefügt.
Der Feldzug von Psammetich II 593 vor Chr. (zeitlich gesichert, aber hinsichtlich der Erreichung von Napata widersprüchlich diskutiert, s. 40) stellt einen Wendepunkt in der napatanischen Geschichte dar, erkennbar an der systematischen damnatio memoriae in Inschriften kuschitischer Könige auf ägyptischem und unternubischem Territorium, aber auch an der beginnenden Schwerpunktverlagerung des politischen Machtzentrums von Napata nach Meroe. Unterstützende Hinweise hierzu sind die schon oben erwähnten Cachettenfunde von Reisner in B904 und B500A, die Statuen nur bis König Aspelta umfassen, der 593 vor Chr. die Herrschaft antrat. Unsicher bleibt jedoch die zeitliche Zuordnung der Zerstörung und Auslagerung der Statuen in die Cachetten zum Psammetich-Feldzug und einer von seinen Truppen verursachten Zerstörung des Großen Amuntempels; zumindest werden auf keiner der von Psammetich II. erhaltenen Stelen mit diesbezüglichen Texten (in Karnak, Tanis und Shellal) entsprechende eindeutige Angaben gemacht (40), was vielleicht darauf hindeutet, dass er selbst gar nicht in Napata anwesend war, sondern die Plünderung den Truppen freigegeben hatte. Die Lage der Cachetten zeigt der Übersichtsplan Abb. 6. Dass der Cachettenfund in Kerma von Bonnet und Valbelle, der Statuen derselben Könige enthielt wie am GB gefundenen, mit Psammetichs Feldzug in Zusammenhang gebracht wird, wurde schon bei der Besprechung von B800/900 gesagt. Es werden als Ursache der Statuenzerstörung von Török (40) aber auch dynastische Auseinandersetzungen bei der Thronfolge und mit der Priesterschaft diskutiert, aber ohne Belege dafür zu bringen.

Erwähnungen von Wiederherstellungen am Amuntempel B500 finden sich auf einer Stele von Harsiotef (Gen. 23, 404-369 vor Chr.), die 1862 am Tempel gefunden wurde (s. Artikel "GB - Amunkult", Abb. 3). Größere Erneuerungen wurden von dem (nicht nur in Napata) sehr baufreudigen meroitischen König Natakamani (Gen. 53; 0-20 nach Chr.) und seiner Königin Amanitore durchgeführt. Unter ihm wurden die Reliefs von Piye restauriert und die Außenwände des Vorhofes B501 sowie des 1. Pylons mit Reliefs ähnlich denen am Löwentempel von Musawwarat und Naqa versehen (41).

B551: Der Kiosk vor dem 1. Pylon des Großen Amuntempels wurde vermutlich von der Königin Amanishaketo (Gen 52, 10-0 v. Chr.) errichtet, denn sie ist auf Reliefs im Inneren des kleinen Vorbaus mit Sohn und Tochter vor der thebanischen Triade Amun, Muth und Khons abgebildet gewesen (31).


Alle weiteren Strukturen, die der Übersichtsplan in Abb. 4 angibt, sind nur unvollständig ausgegraben und publiziert worden. Erwähnenswert sind folgende Fund- und Grabungsstellen, die die Ausdehnung der "agglomeration Napata" und die überragende Bedeutung der Ansiedlungen am GB (soweit sie bekannt sind) verdeutlichen sollen.

B1700: unter lockeren Schuttmassen wurde hier ein etwa 25x35 m von Lehmmauerwerk umschlossenes Areal gefunden, in dem sich aufgrund der großen Menge an Backformen im Schutt mit großer Wahrscheinlichkeit die Tempelbäckerei befand. Gleiche Schuttformen und -mengen finden sich auch weiter nach Osten unterhalb des Felsens.

B1800 ist eine unausgegrabene Struktur, vielleicht ebenfalls ein Tempel, der auf einer ca. 20x30 m messenden Plattform stand und Säulenreste ähnlich denen in B1500 aufwies. Südlich anschließend befindet sich ein Haufen Ziegelschutt (gestrichelte Rundlinie in Abb. 4) von einem zugehörigen Gebäude, evtl. eine Priesterunterkunft.

B1900 ist ebenfalls noch nicht ausgegraben, es war vielleicht ein Kiosk vor und zu B1800. Die ca. 12x7 m messende Schuttfläche wurde auf Luftbildern entdeckt (7), ebenso wie B2000, östlich neben dem vorigen. Hier wird ein meroitisches Gebäude vermutet, das z. Zt. von B1500 entstanden sein könnte. Mit B2100 wurde die Bebauung noch ein Stück weiter nach Osten fortgesetzt. Waddington und Hanbury (1822, zit. nach 41) sahen hier eine Kolonnade aus 34 Säulenresten, von denen heute nur noch fünf quadratische Basen vorhanden sein sollen. Weitere Grabungen an dieser Stelle fehlen noch; der Bau dürfte ebenfalls aus meroitischer Zeit stammen, als allgemein die Richtung der Bebauung am GB sich nach Osten verlagerte. B2200 ist ein noch nicht vollständig untersuchter Mauerring, er ähnelt dem Brunnen B1000. Auch B2300 weiter nördlich davon ist noch nicht erforscht. Es dürfte sich um ein meroitisches Gebäude handeln, vermutlich war es ein kleiner rechteckiger Schrein mit ein oder zwei östlich angrenzenden Strukturen (41).

Umfangreiche Grabungen der Arbeitsgruppe von Sergio Donadoni und Alessandro Roccati (Rom), die seit 1972 kontinuierlich fortgesetzt werden, haben das Objekt

B1500 als wichtigen meroitischen Bau erkennen lassen (42; 43; 44). Folgende Ergebnisse dazu werden als gesichert angesehen: der Bau wurde vermutlich unter Natakamani und Amanitore (0-20 nach Chr.) als königliche Residenz gebaut, worauf einige Namensinschriften schließen lassen. Er stand auf einer 1,80 m hohen Plattform (Hochwasserschutz?) und war nahezu quadratisch, wie es auch aus dem Plan Abb. 4 ersichtlich ist (das ist die quadratische Struktur in der rechten unteren Bildecke, deren Baunummer beim scannen nicht mehr erfasst wurde). Die Seitenlänge betrug 60 m. In der Mitte der Seiten gab es repräsentative Zugänge über 20-stufige Treppen, die von Löwenstatuen (sitzend, 1,50 m hoch) flankiert waren (zwei davon stehen am GB im Museum von Karima, s. Abb. 10). Im Inneren zeigte sich eine vielfältige Raumaufteilung mit offenem Innenhof, der von einer wahrscheinlich zweistöckigen Kolonnade umgeben war. Mehrere Säle mit Säulen lassen an repräsentative Herrscherszenen denken; vor B1500 fand man Reste einer Straße; in Richtung auf den Großen Amuntempel, entlang an B2000 - B1700 verlaufend, suggerieren sie Prozessionen des Königs an Festtagen wie dem Neujahrsfest. Funde von gebrannten und glasierten Ziegeln wie auch von Säulen tragen gelbe, blaue und weiße Farbreste, ca. 30 cm große runde Keramikplaketten dienten als Wandverzierungen, sie zeigen Götter- und Menschenköpfe sowie pflanzliche Ornamente. Man muss beim Lesen dieser Befunde unwillkürlich an die heute in der Gegend am dritten Katarakt zu sehenden vielfach bunt bemalten Fassaden, Türen und Innenhöfe nubischer Anwesen denken. Vereinzelt gefundene Inschriften in meroitischer Kursive tragen die Namen von Amanitore und dem Sohn Arikhankharer (Gen 53.2).


Abb. 10: Einer der im Palast von Natakamani (B1500) gefundenen Löwen. Museum von Karima. (eigenes Foto 2009)



Weitere Gebäudereste, an denen von der italienischen Arbeitsgruppe in den 70er Jahren gegraben wurde, liegen in der Nähe, aber außerhalb des Plans Abb. 4. Es handelt sich um zwei kleine Tempel B1300 und B1400, etwa 500 m südöstlich von B500, und ein palastar-tiges Gebäude (noch ohne B-Nummer) in direkter Nachbarschaft zu den beiden Tempeln (45), s. Abb. 11. Die Arbeiten der italienischen Arbeitsgruppe wurden von A. Roccati (Rom, jetzt Turin) fortgesetzt und haben Erkenntnisse zu einem ebenfalls auf einer erhöhten Plattform erbauten Gebäuderest B2400 ergeben. Es liegt noch weiter nordöstlich als B1500, ungefähr an der mit Kreuz markierten Stelle in Abb. 11. Es könnte etwa zur gleichen Zeit wie B100 gebaut worden sein. Man erkannte ein hellenistisch wirkendes Peristyl, es wurden Säulenreste und Architrave aus hellem Sandstein gefunden. Es wird daran weiter gearbeitet (46).


- Vollbild -

Abb. 11: Lage der Tempel B1300 und B1400 südöstlich vom GB, durch Pfeil markiert und die ungefähre Lage von B2400 (Kreuz). Die gepunktete Linie unterhalb des Berges, die sich von links nach rechts (dort geht es nach rechts in den Ort Karima) erstreckt, ist die Sandpiste von Karima Richtung el-Kurru (nach links). In der oberen linken Ecke des Bildes ist das im Nordwesten des Berges liegende Pyramidenfeld am GB zu sehen. Dort wurden einige wenig bekannte Könige und Familienangehörige zwischen 315 und 270 und 90 - 50 v. Chr. begraben (10). (Vorlage von T. Kendall überlassen)



Über die Lage der Wohngebiete der napatanischen und meroitischen Stadt ist ebenso wenig bekannt wie über die Bevölkerungszahlen; ähnliche Unsicherheit besteht im Übrigen auch für die anderen Palast- und Begräbnisstätten von el-Kurru, Nuri und Sanam. Die Gründe hierfür sind mehrfach: schlechter Erhaltungszustand der Lehmziegelbauten und Hochwassereinflüsse; die vor allem auf wertvolle Fundobjekte ausgerichteten Grabungen bis ins 20. Jhdt. sowie das oft noch nicht ausreichend entwickelte Interesse für die Alltagskultur einerseits und heutige bewohnte Siedlungen über den älteren Siedlungsschichten andererseits. Für Napata kann eine Ausdehnung vom GB bis in die Nähe des Nils angenommen werden, aber auch weiter südöstlich des Berges gibt es Hinweise auf meroitische Bauten (z.B. B1600: 45). Die Tempel- und anderen Gebäuderuinen östlich des Amuntempels B500, wo B1700 bis B2100 eine ganze Front bilden, entstammen alle der meroitischen Zeit, ebenso die weiter entfernt in Richtung der vermuteten Wohnviertel liegenden B1300, B1400 B1600. Vielleicht zeigt sich darin auch ein Verblassen der früheren Dominanz des Felsenturms und seiner Mythologie.



Schlussbemerkung
Die Ausführungen haben den Tempel- und Residenzbereich der Stadt Napata am Gebel Barkal vorgestellt. Selbst wenn heute nur noch weniges erhalten ist, erhält man einen Einblick in die Ausdehnung und eine Ahnung von der Bedeutung dieses Zentrums des religiösen und politischen Lebens in den Königreichen von Kusch, d.h. von Napata und Meroe. Der folgende Beitrag --> Gebel Barkal - Amunkult versucht, die wechselseitige Bedingtheit von Königtum und Amunkult am GB bzw. in Nubien und seine Bedeutung für die Herrschaftsübernahme in ganz Ägypten durch die "Pharaonen aus dem schwarzen Afrika", die 25. Dyn., aufzuzeigen.

Die Nekropole von Napata mit den Pyramiden, die jenseits des Berges liegen, muss in einem anderen Beitrag besprochen werden.



Danksagung
Jens Lippoldt danke ich für das scannen von Abbildungen; Timothy Kendall für die Überlassung der Abb. 11 und der beiden nur privat ausgegebenen Fortschrittsberichte der Grabungen von 1986 bzw. 1989/90, aus denen mehrere Abb. entnommen wurden.



Anhang
Es folgen noch zwei DATAcad Rekonstruktionen zum Großen Amuntempel, die dem Report von T. Kendall 1989-90 entnommen wurden.


Abb. 12: DATAcad-Rekonstruktion der möglichen Ansicht von B500. Man blickt auf den Kiosk B551 der Königin Amanishaketo (?), der dem 1. Pylon vorgelagert war. Die Positionen der Flaggenmasten wurden durch entsprechende Einschnitte in den Fundamenten ermittelt. Von der Höhe des 1. Pylon erhält man eine Ahnung, wenn man berücksichtigt, dass unten auf seiner Außenseite ein Fußpaar gefunden werden konnte, das eine Länge von 1,9 m aufwies, die dazu gehörende Figur müsste also etwa 15 m hoch gewesen sein. Kendall schätzt daraus auf die Pylon-Gesamthöhe von bis zu 20 m. (Vorlage: wie Abb. 5; hier Abb. 17)



Abb. 13: DATAcad Rekonstruktion des Säulenhofes B501 mit Blick auf den „äthiopischen Kiosk“ und den hinter dem offenen Hof gelegenen 2. Pylon. Die in Abb. 9 gezeigte Reliefszene der sich huldigend nähernden Deltafürsten ist auf der links hinter der Säulenreihe gelegenen Wand gewesen. Man darf sich diesen „Ehrenhof“ sehr prächtig geschmückt vorstellen. Die von Reisner gefundenen Stelenbasen lassen eine Aufstellung der beiden für das napatanische Königshaus identitätsbildenden Stelen (Thutmosis III. und Piyes Siegesstele) genau hier vermuten, wo sie Besucher nicht übersehen konnten. Weitere Stelen und Statuen waren hier aufgestellt, z.B. einer der schönen Widder aus Soleb, s. Abb. 1 im Beitrag „GB Stelen und Rundplastiken“. Auf den Panels des 2. Pylons rechts und links des Durchgangs nach B502 befanden sich ebenfalls wie auf dem 1. Pylon Kollossalreliefs von Wächterfiguren (vielleicht die nubischen Götter Sebiumeker und Arensnuphis?) mit Fußlängen von 1,35 m, was auf eine Höhe von nahe 10 m schließen lässt. Vorlage wie Abb. 5, hier Abb. 18.



Quelle:
(1) Török, L.: The kingdom of Kusch. Handbook of the Napatan-Meroitic civilization. Handbook of Oriental Studies, vol. 31, Brill, 1977; hier: p. 1-3
(2) ders.: The image of the ordered world in ancient Nubian art. The construction of the kushite mind, 800 BC-300 AD. Brill, 2002; p. 2488
(3) ibidem: p. 7 ff
(4) Cailliaud, MF: Voyage a Meroe, au fleuve blanc; Paris 1826. Vol. III, p. 200
(5) Budge, EAW: The Egyptian Sudan: its history and monuments; London 1907, vol. I, p. 130
(6) Kendall, T.: The monument of Taharqa on Gebel Barkal. Meroitica 21(2004)1-45
(7) ders.: A new map of the Gebel Barkal Temples; in: Ch. Bonnet (ed.) Etudes Nubiennes: Conf. de Geneve, Vol. II. Geneva 1994, p. 139-145
(8) Reisner, GA: The Barkal Temples in 1916. JEA 4(1917)213-227
(9) Ibid., p. 2132
(10) Wenig, S.: Africa in Antiquity, Vol. II. The catalogue, The Brooklyn Museum, 1978, p. 16-1
(11) wie (4), vol. II. Pl. LXVI
(12) Robisek, L.: Das Bildprogramm des Mut-Tempels am Gebel Barkal. Wien, 1989
(13) Kendall, T.: Why did Taharqa build his tomb at Nuri? In: Between the Cataracts. Proc. 11th Conf. for Nubian Studies, Warsaw, 2008, 117-147, hier p. 126
(14) ders.: [i]talatat [/i]Architecture at Jebel Barkal: Report of the NCAM Mission 2008-2009. Sudan&Nubia 13(2009)1-16; hier: p.12
(15) ders.: Excavations at Gebel Barkal, 1996. Report of the Museum of Fine Arts, Boston, Sudan Mission. Kush 17(1997)320-343; hier: p. 337
(16) Gardiner, A.: The coronation of king Horemheb. JEA 19(1953)12-31
(17) O'Connor, D.: City and Palace in New Kingdom Egypt. CRIPEL 11(1989)73-87
(18) Reisner, GA.: Inscribed Monuments from Gebel Barkal. ZÄS 66(1931)76-100; hier: p. 79
(19) Kendall, T.: The Napatan palace at Gebel Barkal. A first look at B1200. In: WV. Davies (ed.): Egypt and Africa. Nubia from prehistory to Islam. London, 1991, 302-313; hier: p. 306
(20) Török, L.: wie (1); p. 215 ff.
(21) wie (4), vol. II, pl. XLIX, structure "r"
(22) Reisner, GA: The Barkal Temples in 1916. JEA 5(1918)99-112, hier: p. 111
(23) Kendall, T.: in wie (13), p. 135
(24) Török, L.: wie (2); hier: p. 157 ff
(25) Kendall, T. in wie (13), p. 134 und 136
(26) Reisner, GA: The Gebel Barkal Temples in 1916. JEA 6(1920)247-264; hier: p. 247
(27) Kendall, T.: The origin of the Napatan State: El-Kurru and the evidence for the royal ancestors. Meroitica 15(1999)3-117; hier: p. 66 ff
(28) Pamminger, P.: Amun und Luxor - der Widder und das Kultbild. Beitr. z. Sudanforsch. 5(1992)93-140; hier: 10893
(29) Reisner, GA: in wie (26), p.251 ff
(30) Bonnet, Ch, and D. Valbelle: Pharaonen aus dem Schwarzen Afrika. Mainz 2006; hier: S. 164 ff
(31) Kendall, T.: wie (7), p. 141
(32) Reisner, GA: wie (8), p. 214
(33) ibidem, p. 215
(34) Kendall, T.: wie (13), p. 126
(35) Reisner, G.: wie (8), p. 215 ff.
(36) ibid.: p. 222
(37) Kendall, T.: wie (14), fig. 2
(38) ders. wie (27), p. 55: nach unpublizierten Grabungsberichten von Reisner
(39) Adams, WY: Nubia. Corridor to Africa. Princeton Univ. Press, 1977; p. 271, FN 106
(40) Törok, L.: wie (1), p. 365-366; 371 ff
(41) Kendall, T.: wie (7), p. 143
(42) Orientalia (Roma) 67(1998)425: Gebel Barkal
(43) Bosticco, S.: Les recentes fouilles du complexe 1500 au Gebel Barkal. Meroitica 10(1988)777-782
(44) Roccati, A.: Excavating the Palace of Natakamani at Napata, the entrances. Kush 17(1997)12-18
(45) Kendall, T.: wie (7), p. 144
(46) Roccati, A.: The Italian archaeological expedition to Jebel Barkal/Napata.In wie (13), p. 249-261

Eingestellt durch: menna (02.04.2010)
Bearbeitet durch:  menna (05.04.2010)
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