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Einige Ergebnisse aus der Untersuchung am KV55-Goldsarg
Zusammenfassung eines Artikels von Alfred Grimm
Gitta am 14.04.2002 um 19:35:40

In aMun Nr. 13 findet sich ein Artikel von Alfred Grimm, in welchem er einige Ergebnisse der Münchener Untersuchungen am Oberteil des Sarges kurz darlegt.

Die konventionellen Untersuchungen haben zu wesentlichen Erkenntnissen geführt. Dies sind u.a.:
  • Das verwendete Gold mit einem Reinheitsgrad von fast 100 % ist das bisher reinste, das im alten Ägypten verwendet wurde, womit der Nachweis für eine hochentwickelte Technik der Goldraffination erbracht wurde.
  • Die verwandten Goldfolien sind mit 50 cm Länge die bisher größten bekannten Folien des Altertums überhaupt, die im Walzverfahren hergestellt wurden.
  • Der bislang umfangreichste Nachweis für die in dieser Epoche einsetzende Herstellung durchscheinenden Glases.
  • Der bislang erste Nachweis für die Verwendung von importiertem Realgar, einem orangeroten arsenhaltigen Auripigment zur farblichen Unterzeichnung der roten bzw. rötlichen Chalzedone des Federmusterdekors.

Weitere Erkenntnisse versprach man sich von einer Untersuchung des Sarges im Computertomographen am 22.01.2002. Der gesamte Sarg wurde in Schnittebenen mit einem Abstand von jeweils 3 mm bei einer Überlappung von 1,5 mm mit einer Bilddatenmenge von ca. 3.000 Einzelaufnahmen erfaßt. Eine von Siemens entwickelte Software (Magic View) ermöglicht neben einem unkomplizierten Navigieren beispielsweise auch Dicke-, Längen und Dichtemessungen sowie Ausschnittsvergrößerungen und unterschiedliche Darstellungsweisen. Die ersten Befunde zeigen folgendes:
  • Unterhalb der Sargoberfläche befindet sich eine Hilfskonstruktion zur Stützung des Sargdeckels, angefertigt von früheren Restauratoren.
  • Bei den beiden seitlichen hieroglyphischen Inschriftbändern der Sargwanne läßt sich ebenso wie am zentralen Inschriftband des Sargdeckels keine nachträglich in der Antike vorgenommene Veränderung nachweisen.
  • Die komplizierte Verdübelung der in zwei separaten Teilen hergestellten bronzenen Uräusschlange am Kopfteil des Sargdeckels zeigt in Verbindung mit der in "patchwork"-Technik angefertigten Sonderform der sogenannten Nubischen Perücke, dass dieses an der Stirn sitzende königliche Herrschaftsemblem nicht erst später hinzugefügt worden ist, sondern zur ursprünglich intendierten und so auch realisierten Ikonographie des Sarges gehört.

Nach der vollständigen Auswertung des umfangreichen CT-Bildmaterials sollen in Zusammenarbeit mit dem Siemens-Forschungslabor dreidimensionale Ansichten des restaurierten Sargdeckels erstellt werden, die - beruhend auf den optischen Befunden in Verbindung mit Dichtemessungen zur genauen Materialdifferenzierung - in getrennten Einzeldarstellungen den noch vorhandenen Originalbestand, die restaurierten Bereiche sowie die technische Unterkonstruktion zeigen. Diese zur Zeit in Vorbereitung befindliche ausführliche Dokumentation wird in Zukunft nicht nur die Basis für jede wissenschaftliche Beschäftigung mit dem Sarg selbst sein, sondern auch die Grundlage bilden für alle weiteren Entscheidungen hinsichtlich einer geplanten, dann in den Restaurierungswerkstätten des Kairener Ägyptischen Museums durchzuführenden Ent- und Neurestaurierung des Sarges.

Quelle
aMun, 4. Jahrgang, Heft Nr. 13, April 2002
aMun ist das vierteljährlich erscheinende Magazin für die Freunde der Ägyptischen Museen Berlin, München und Leipzig
(keine Online-Veröffentlichung, nur Printversion)


http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=newsshow&ntag=020414193540

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