Ägyptologie-Blatt

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60 Mumien aus römischer Zeit gefunden
Archäologen fanden Massengrab
Von Gitta am 29.09.2002 um 17:14:50 

London - Weder Gold noch Juwelen wurden ihnen mit auf die Reise ins Jenseits gegeben. Wohl deshalb haben Grabräuber sich in den vergangenen 2000 Jahren nie für die Mumien im Felsentempel von Ain el-Labakha interessiert. Bei den in dem 200 Kilometer westlich des Nils liegenden Dorf gefundenen 60 Mumien handelt es sich um arme Leute, meist Bauern.

"Es ist sehr bewegend, von Angesicht zu Angesicht einer Person gegenüberzustehen, die schon seit 2000 Jahren tot ist und nun quasi ihre eigene Geschichte erzählt", sagt Jean-Louis Heim, einer der drei an der Ausgrabung in der Wüste beteiligten französischen Wissenschaftler. Die Menschen müssen zwischen dem dritten Jahrhundert vor Christus und dem ersten Jahrhundert nach Christus gelebt haben. Ain el-Labakha zählte damals tausend Einwohner und war ein eher unbedeutender Grenzposten des römischen Reiches. Ägypten hatte seine Blütezeit längst hinter sich, doch die Menschen in Ain el-Labakha hielten an der überlieferten Religion fest.

Die äußerst gut erhaltenen Mumien liefern neue Erkenntnisse über den Alltag von damals: Die Bauern waren trotz der Nähe zu Nubien von weißer Hautfarbe. Sie waren bis zu 1,65 Meter groß und schlank. "Es gab Hungersnöte, aber meist hatten sie genug Getreide, Weintrauben oder Oliven zu essen", sagt Expeditionsleiterin Françoise Dunan. "Die Kindersterblichkeit war sehr hoch. Oft starben Mütter unmittelbar nach der Geburt ihrer Kinder." Das Durchschnittsalter der Mumien lag bei 38. Wer 50 Jahre alt wurde, war ein Greis.

Röntgenbilder, die der Pariser Arzt Roger Lichtenberg machte, zeigten, dass die Bauern vom Lastentragen gekrümmte Rücken hatten. Sie litten unter Rheuma. Viele der Bauern starben an Bilharziose (Wurmkrankheit). Diese Krankheit wird von Parasiten im stehenden Wasser übertragen und befällt heute noch Menschen.

Vier Mumien waren an Tuberkulose gestorben. Sie hatten sich gegenseitig angesteckt. Wachstumsstörungen an einigen Skeletten deuten auf Dürreperioden hin. Der Schädel eines Jungen war zertrümmert. "Es muss sich um eine Gewalttat gehandelt haben", sagt Heim. "Im Großen und Ganzen war es aber eine friedliche Landgemeinschaft."

Die ägyptischen Behörden wollen Ain el-Labakha nicht für Touristen erschließen. Und die Mumien werden nach der kurzen Störung durch die moderne Wissenschaft wieder in das Totenreich Osiris' zurückkehren. (SAD)

http://www.abendblatt.de/daten/2002/09/25/73560.html



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