Ägyptologie-Blatt

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Ägyptisches "Mumienpech" am Golf von Suez
Studie zeigt: die Ägypter bevorzugten weite, aber unbeschwerliche Wege zur Gewinnung von Bitumen
Von Gitta am 24.11.2002 um 17:47:21 

Bis anhin hat man geglaubt, die Ägypter hätten für das Einbalsamieren ihrer Toten Bitumen vom Toten Meer importiert. Neue petrochemische Analysen zeigen jedoch, dass auch eine näher gelegene Lagerstätte ausgebeutet wurde.

Die raffinierten Konservierungstechniken, mit denen im alten Ägypten die Verstorbenen behandelt wurden, haben Forscher wie auch Laien schon immer interessiert. Sowohl das Prozedere wie die verwendeten Substanzen sind allerdings bis heute nicht genau bekannt, weil die mit der Einbalsamierung betrauten Priester ihre Kenntnisse als Berufsgeheimnis hüteten und keine ihrer Rezepturen verraten haben. Antike Historiker wie beispielsweise Herodot (um 450 v. Chr.) konnten daher bezüglich der Konservierungsmittel nur ungenaue Angaben machen: In ihren Schriften ist nur allgemein von Harzen, Ölen und Duftstoffen die Rede.
Aufschlüsselung antiker Geheimnisse

Mit modernsten Methoden hat man nun begonnen, die Inhaltsstoffe der antiken Rezeptur genauer zu analysieren, und ist zum Schluss gekommen, dass hauptsächlich Harz von Nadelbäumen, Bienenwachs und Bitumen - je nach Epoche in unterschiedlicher Zusammensetzung - für die Einbalsamierung verwendet worden sind. Pflanzliche Duftstoffe konnten noch nicht näher bestimmt werden. Zurzeit wird jedoch die Herkunft des Bitumens in einem amerikanischen Forschungsprojekt untersucht. Bitumen, auch Erdpech oder Naturasphalt genannt, ist ein Gemisch aus Kohlenwasserstoffen, das in der Natur in ausgehärteter Form vorkommt, aber auch flüssig aus Felsspalten an die Erdoberfläche quillt und dort abgeschöpft werden kann. In der Antike ist der Abbau von Bitumen in Palästina durch Historiker wie Diodorus Siculus und Strabon bezeugt. Bis heute wurde deswegen angenommen, dass das in Ägypten benötigte Bitumen vom Toten Meer stammt und importiert werden musste.

Die amerikanischen Forscher haben nun aber an der Küste des Golfes von Suez bei Jabel Zeit und Abu Durba zwei Bitumenquellen entdeckt. Es stellte sich daher die Frage, ob diese viel näher gelegenen Vorkommen in antiker Zeit ausgebeutet wurden. Dazu verglichen sie Proben vom Toten Meer sowie von fünf Mumien aus der Zeit vom 9. Jahrhundert v. Chr. bis zum 2. Jahrhundert n. Chr. mit Bitumenproben der neu entdeckten Quellen. Mittels eines mit einem Gaschromatographen kombinierten Massenspektrometers konnten die Forscher nachweisen, dass das Material von Abu Durba und vom Toten Meer zwar aus der gleichen geologischen Schicht stammt, in der Zusammensetzung aber kleine Unterschiede aufweist.

Das Bitumen von Jabel Zeit dagegen hat eine andere geologische Herkunft. In jenem Gelände fanden die Forscher zudem eine antike Schöpfstelle mit herumliegenden Scherben römischer Transportamphoren, aber auch Zeugnisse aus viel jüngeren und viel älteren Epochen. Die Abbaustelle bestand aus zwei mehrere Meter langen Tunneln, die rechtwinklig zum Küstenverlauf knapp unter dem Meeresspiegel angelegt worden waren. Noch heute ist der Tunnelboden mit Bitumenschlamm und Meerwasser bedeckt, was darauf hinweist, dass die Quelle noch immer aktiv ist.

Von den fünf analysierten Mumien konnte tatsächlich bei einer, und zwar der ältesten aus dem 9. Jahrhundert v. Chr., Bitumen aus Jabel Zeit nachgewiesen werden. Die übrigen vier waren hingegen mit Material vom Toten Meer konserviert. Bitumen von Abu Durba kam überhaupt nicht zum Einsatz.
Bessere Handelswege

Trotz ihrer Nähe zu Ägypten war die Bitumenquelle von Abu Durba also überhaupt nicht und diejenige von Jabel Zeit nur selten und in früher Zeit zum Zweck der Gewinnung von Konservierungsmitteln ausgebeutet worden. Den Ausschlag für die Wahl des Materials, so vermuten die Forscher, könnten die besseren Handelsverbindungen Ägyptens zu Palästina gegeben haben. Über eine kurze Landpassage zum Mittelmeer und dann nilaufwärts konnte das Bitumen von Palästina hauptsächlich mit Schiffen transportiert werden. Die Vorkommen am Golf von Suez dagegen waren nur auf einem beschwerlichen Landweg über ein Wüstengebirge erreichbar, was das Transportgut erheblich verteuert haben dürfte.

Quelle
http://www.nzzamsonntag.ch/2002/10/30/ft/page-article8ELSI.html



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