Ägyptologie-Blatt

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„Sieben lohnt sich“ in Abydos
Neues aus der ägyptischen Frühzeit
Von Gitta am 06.03.2003 um 22:43:17 

Neues aus der ägyptischen Frühzeit hat Professor Günter Dreyer, Direktor des Archäologischen Instituts in Kairo, zu seinem Vortrag im Rahmen der Archäologischen Vorlesungsreihe der Uni Göttingen mitgebracht. Seit den 1980er Jahren gräbt Dreyer in Abydos, einer Ruinenstätte mit Grabanlagen rund 500 Kilometer südlich von Kairo.

Doch Dreyer ist nicht der erste, der sich durch den Wüstenboden von Abydos wühlt: „2000 v. Chr. haben hier Ägypter das erste Mal gegraben, in der Hoffnung das Osiris-Grab zu finden”, so Dreyer. Kurzerhand galt die Stätte seit dem als Ruhestatt des mumienhaften Gottes mit Krummstab, Herrscher der ägyptischen Unterwelt.

Hügelweise Tonscherben zeugen von der Popularität Osiris', zerbrochene Opferschalen für Opfergaben der Pilger. „Etwa 8 Millionen Scherben sind das, beim Durchsieben dieser Schutthalden findet sich enorm viel”, berichte Dreyer.

Ungewöhnlich seien beispielsweise die mit figürlichen Darstellungen bemalten Gefäße, das Motiv „Vorführung der Gefangenen” seit Anbeginn Ägyptens als Hochkultur bekannt, in Abydos früh datiert auf etwa 3400 v. Chr. Trotz Plünderungen und zweier archäologischer Grabungen vor etwa 100 Jahren, konnte Dreyer eine Reihe oft kleiner Exponate in den umliegenden Gräbern finden: Brote, Fleischstücke und Knoblauchzehen, allesamt aus Ton geformt, Grabbeilagen für das Jenseits.

„Sieben lohnt sich”, freut sich Dreyer und zeigt ein kaum drei Zentimeter großes Fragment mit einem millimeterfein geschnitzten Relief, Elfenbeinfiguren und Fischmesser. Die Schnitzerei eines Drachens im Messergriff verweist auf bestehende Kontakte nach Asien.

Siegelverschlüsse zeigen, dass sich Ägypten als Erfinder der Bürokratie bereits 3400 v. Chr. administrativ zu entwickeln begann „Die wollten damals alles kontrollieren, vor allem Herkunft und Besitz der Güter”, glaubt Dreyer. Und Güter gab es in den Königsgräbern von Abydos reichlich: Ein acht mal zwölf Meter langes und zwei Meter tiefes Grab, nach dem Modell ägyptischer Wohnhäuser in mehrere Kammern geteilt, fasste gar 4500 Liter Wein in Krügen, „Importwein aus Palästina. Aber das Leben im Jenseits dauert ja auch lange”, freut sich Dreyer.

Aufschriften auf den Tonkrügen zeigen jeweils ein Tier und eine Pflanze. Der Baum bezeichnet die Plantage, auf der der Wein oder das Leinöl erzeugt worden ist, „das Tier ist wahrscheinlich das Königzeichen vom Besitzer der Plantage”, so Dreyer. Der Archäologe vermutet hier Beweise für lautliche Schrift, „die Grundprinzipien der späteren Hieroglyphenschrift sind hier bereits entwickelt”, sagt Dreyer, denn: Finden sich vier übereinander ins Elfenbein geschnitzte Fische und daneben Papyrus, Holz oder anderes, stehen die Fische für einen Laut mit dem Wortsinn: ,was gebracht wurde'. „Demnach handelt es sich um eine Lieferbescheinigung, nicht jedoch für die Lieferung von Fisch, sondern von Holz”, erklärt Dreyer.

Doch ist Abydos nicht nur spektakulär weil die Funde den Sumerern das Erfinden der Schrift abzuringen scheinen, sondern auch die Pyramiden-Baukunst der Ägypter findet in diesem Wüstental am Nildelta einen wichtigen Ursprung: Den Tumulus, einen quaderförmigen Grabhügel fand der Forscher schon bei den frühen Gräbern in Abydos. Auf dem mit 80 Metern Länge größten Grab des Chasechemui (um 2600 v. Chr.), dem letzten Herrscher der zweiten Dynastie, war der Tumulus jedoch zu klein um die Außenmauer zu überragen, ein größerer musste her. Hier sieht Dreyer den Ausgangspunkt zur dritten Dynastie, dem Pyramidenzeitalter: „Der Tumulus wurde aufgestockt zur Stufenpyramide”, erklärt Dreyer. Die wiederum ist architektonisches Vorbild für die spätere Cheopspyramide.

Quelle
http://www.goettinger-tageblatt.de/nachrichten/hochschule/131535.html



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