Ägyptologie-Blatt

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Installation Nofretete auf der Biennale
Offizielle Pressemitteilung der Staatlichen Museen zu Berlin vom 12.06.2003
Von Gitta am 26.06.2003 um 21:15:39 


Nefertiti's Body - Nofretetes Körper
Der offizielle Beitrag des ungarischen Pavillons zur Biennale in Venedig, 2003


Stellungnahme des Direktors des Ägyptschen Museums
Prof. Dr. Dietrich Wildung
Staatliche Museen zu Berlin

Der offizielle ungarische Beitrag bei der Biennale in Venedig 2003, dem bedeutendsten internationalen Ereignis des Jahres zur Gegenwartskunst, wurde in einem langen Schaffensprozess in Kooperation mit dem Ägyptischen Museum in Berlin entwickelt. Unter der Verantwortung der Präsidentin der Kunsthalle Budapest, Dr. Julia Fabenyi, und kuratiert von Zsolt Petranyi thematisiert die Künstlergruppe Kish Warsaw den Einfluss der Büste von Königin Nofretete auf das Bewusstsein der Kunst im allgemeinen und insbesondere der antiken Kunst.

Im Rahmen der Kunstaktion haben die Künstler einen lebensgroßen weiblichen Torso aus Bronze entworfen, der die Sinnlichkeit einer kleinen Kalkstein-Statue der Berliner Nofretete (Inventarnummer 212633) aufnimmt. Die Statue trägt ein enganliegendes Kleid. Anstelle des Kopfes lässt der Torso lediglich eine rechteckige Form frei, die die Proportionen der berühmten Berliner Büste aufnimmt. Der Körper dieses Gegenwartskunstwerks - Nofretetes Körper - ist die Botschaft des künstlerischen Konzepts. Ohne die Berliner Büste zu zeigen, ruft sie diese zugleich in Erinnerung; der besondere Aspekt der Arbeit ist die materielle Abwesenheit der jedoch virtuell anwesenden Büste. Die kopflose Bronzestatue erhält ihren fehlenden Teil durch die virtuelle Omnipräsenz eines der größten Kunstwerke der Welt - indem sich die Statue selber ohne Kopf zeigt, verweist sie auf die Büste.

Das anspruchsvelle Konzept der ungarischen Künstler, eine weltberühmte Skulptur durch ihre Abwesenheit zu zeigen, motivierte das Ägyptische Museum in Berlin dazu, an diesem ungewöhnlichen Projekt teilzunehmen und es in die Dialogserie zwischen Kunst aus der Zeit der Pharaonen und Gegenwartskunst zu stellen. Damit wird eine konzeptionelle Arbeit fortgesetzt, die während der letzten zwanzig Jahre unter dem Motto "Grenzen abbauen" durchgeführt wurde. Die Präsentation der kopflosen Bronzestatue im ungarischen Pavillon der Biennale in Venedig unterstreicht die Kraft einer Idee - der Idee von zeitloser Schönheit, wie sie durch die Büste Nofretetes dargestellt wird. Die Abwesenheit der originalen Büste verdeutlicht ihre dominante Stellung im kulturellen Gedächtnis der Welt.

Antike Kunst - insbesondere Ägyptische Kunst - wird hiermit integraler Bestandteil des künstlerischen Bewusstseins; die Moderne und die Gegenwartskunst können nicht ohne ihre bewussten oder unbewussten traditionellen Wurzeln existieren. Unter diesem Aspekt passt auch die aktuelle Ausstellung „I Faraoni" im Palazzo Grassi in Venedig, bei der Berlin und Kairo die Hauptleihgeber sind, perfekt in die Biennale. Der offizielle ungarische Beitrag auf der Biennale in Venedig ist die Verkündung der Autonomie antiker Kunst und der Gegenwartskunst und gleichzeitig das Eingeständnis des Zusammenhangs beider Epochen der Kunstgeschichte, wie er zum Bespiel von Giacometti, Klee, Modigilani, Picasso oder Bacon repräsentiert wird.

Die Bronzestatue hat die Berliner Büste nur für einen kurzen Augenblick getroffen: als integraler Bestandteil der Entstehung des Kunstwerks reiste der Torso von Budapest nach Berlin. Am Montag, den 26. Mai 2003, wurde der Torso für einige Stunden mit der Büste vereint. In diesem außergewöhnlichen Moment absoluter Stille - und unter Ausschluss der Öffentlichkeit - nur unter den Augen der Beteiligten (Künstler, Kurator, Direktor des Ägyptischen Museums und Mitarbeiter) - führte das kurze physische Zusammentreffen der beiden Kunstwerke wie erwartet zu der Erfahrung ihrer absoluten Autonomie.

Eine Dokumentation dieses Zusammentreffens von Büste und Körper antiker und moderner Kunst wird in Venedig gezeigt, und die Büste wird in Form einer permanenten Live-Video-Schaltung aus dem Berliner Ausstellungsraum in den ungarischen Pavillon auf der Biennale virtuell präsent sein.


Kopien dieser Pressemitteilung wurden anlässlich des Vortrages von Herrn Professor Dr. Dietrich Wildung am 24.06.2003 zur Verfügung gestellt. Mit der Vorführung eines Videos über die Entstehung der Kunstperformance erhielt das Publikum einen guten Einblick, um sich selbst ein Urteil zu bilden. Herr Professor Wildung war sichtlich betroffen von der in den ägyptischen Medien gegen ihn, seine Familie und nicht zuletzt das Berliner Museum entfachten Schlammschlacht.


Geändert: 27.06.2003 um 11:46:29

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