Ägyptologie-Blatt

[ Home | Forum ]

« vorheriger Artikel | nächster Artikel »
Ägypten im Appenzeller Land
130. Jahrbuch der Appenzellischen Gemeinnützigen Gesellschaft befaßt sich mit Ägypten
Von Gitta am 16.11.2003 um 13:56:33 

Trogen. Einer der Schätze in der Ausserrhoder Kantonsbibliothek besteht aus 7000 Textseiten und 900 grossformatigen Kupferstichen. Es ist das monumentale Werk «Description de l'Égypte» um 1829. Es bestimmt das Thema des Jahrbuchs.

Hans Hürlemann

Selbstverständlich liefert das 130. Jahrbuch der Appenzellischen Gemeinnützigen Gesellschaft AGG auch die üblichen Chronikteile und Nekrologe, aber das Hauptthema ist dem grandiosen Werk über Ägypten gewidmet. Die «Description de l'Égypte» sind im Zusammenhang mit Napoleons misslungenem Ägyptenfeldzug von 1798- 1801 entstanden. 1834 erwarb der Trogner Kaufmann und Privatgelehrte Johann Conrad Honnerlag das kostbare Werk und schenkte es der Bibliothek der «Appenzellisch vaterländischen Gesellschaft», der Vorgängerin der Kantonsbibliothek. Und dort schlummerte der Schatz, bis er nun von Kantonsbibliothekar Matthias Weishaupt ans Licht der Öffentlichkeit gebracht wurde. Staunend steht der Besucher in der Ausstellung in der Kantonsbibliothek vor den wunderbaren Stichen und wird sich nicht mehr darüber wundern, dass Ägypten das Jahresthema der AGG geworden ist.

Fünf Autoren
Das geschilderte Werk wird im Jahrbuch von Matthias Weishaupt selber vorgestellt. Carlo Moos schreibt über «Bonaparte in Ägypten», und die Alt-Philologin Renate Frohne befasst sich mit der Wahrnehmung der Antike in der Zeit der Entstehung und mit der Vielschichtigkeit des Werks. Roland Inauen geht der Geschichte des ägyptischen Sarkophags im Museum Appenzell nach, und Thomas Fuchs schildert die Reise des Herisauer Textilunternehmers Emanuel Meyer von 1871 nach Ägypten. Die «Description de L'Égypte» ist in zwei verschiedenen Auflagen erschienen. Die erste davon, eine Prunkausgabe in 1000 Exemplaren, sei für Fürsten und Könige reserviert gewesen und enthielt 60 farbige Stiche, schreibt Matthias Weishaupt im Jahrbuch. Die zweite Auflage enthält alle Texte und Bilder, ist aber in Ausstattung und Aufmachung einfacher, und von den 900 Kupferstichen ist nur noch ein einziger handkoloriert. Die Ausgabe, die nun teilweise in Trogen ausgestellt ist, weist nur wenige Gebrauchsspuren auf, was vermuten lässt, dass nur wenige in den vergangenen 170 Jahren Einblick erhalten haben in das grossartige Werk. Die grossformatigen Stiche sind in den Originalmappen aufbewahrt und sind erstaunlicherweise nie gebunden worden. Das unterscheidet sie von den Exemplaren, die in der Stiftsbibliothek in St. Gallen, in Neuenburg und an der ETH aufbewahrt werden. Die Blätter sind nicht gefaltet, haben keine Fadenlöcher und können so besser präsentiert werden.

Zwei Ägypter in Appenzell
Der Konservator des Museums Appenzell, Roland Inauen, geht den zwei berühmtesten Ägyptern des Landes Appenzell Innerrhoden nach. Der eine davon ist - wenigstens teilweise - bereits seit fast tausend Jahren in Appenzell. Es ist nämlich anzunehmen, dass die Reliquien des Landespatrons, des heiligen Mauritius, bereits bei der Weihe der ersten Pfarrkirche im Jahre 1071 in den Altar gelegt wurden. Mauritius gehörte zur Thebaischen Legion, also zur Legion aus Theben in Ägypten, und erlitt zusammen mit der ganzen Legion gegen Ende des 3. Jahrhunderts in der Gegend des heutigen St-Maurice im Unterwallis den Märtyrertod bei einer Massenexekution während der letzten allgemeinen Christenverfolgung. Bereits 380 wurde dort eine Kirche erbaut, die bald zu einem berühmten Wallfahrtsort wurde. Nach der Gründung der Abtei St-Maurice 515 verbreitete sich der Mauritiuskult rasch nach Frankreich, Deutschland, Italien, England und Spanien und offensichtlich auch nach Appenzell. Der Name des Kirchen- und Landespatrons erscheint allerdings erst 1453 in einer Appenzeller Urkunde. Bis zum heutigen Tag ist aber das Fest des heiligen Mauritius am 22. September ein gebotener Feiertag in Appenzell. Vom zweiten Ägypter erreich- te vor 110 Jahren nur der Sarkophag Appenzell. Die Mumie ist verschwunden, aber der Sarkophag gehört zu den schönsten, die sich in der Schweiz befinden und enthielt ursprünglich den Leichnam eines Mitglieds der höheren Priesterschaft des Gottes Amun von Theben, der vor allem im grossen Tempel von Karnak verehrt wurde. Er muss um 1000 vor Christus geamtet haben. Der Sarkophag stammt aus einem Massengrab, das 1891 in Bab el-Gusus in Ägypten entdeckt wurde. 153 gut erhaltene Särge wurden da entdeckt. Weil das Giza-Museum in Kairo mit Platzproblemen kämpfte, wurde beschlossen, eine Anzahl der Funde an befreundete Nationen zu schenken. Und so gelangte der Appenzeller Sarkophag in die Schweiz und wurde 1894 dem Historisch-antiquarischen Verein Appenzell geschenkt. Und heute ist er im Historischen Museum in Appenzell zu sehen.

Person
Johann Conrad Honnerlag (1777-1838), der 1834 die «Description de l'Égypte» den Ausserrhodern schenkte, stammte aus einer angesehenen und wirtschaftlich sehr erfolgreichen Kaufmannsfamilie aus Trogen. Sein Vater war Teilhaber der Textil- und Handelsfirma «Gebrüder Zellweger», und seine Mutter stammte aus der Familie der berühmten Landammannsfamilie Zellweger, die mit ihren Steinpalästen den Trogner Dorfplatz geprägt hat. Johann Conrad Honnerlag wurde 1777 in Lyon geboren, wo er die ersten sieben Jahre verbrachte. Die Familien Honnerlag und Zellweger hatten zwar in Trogen den Hauptsitz ihrer Firmen, unterhielten aber Niederlassungen im Ausland, etwa in Lyon, Genua und Barcelona. 1784 kam Johann Conrad mit seinen Eltern nach Trogen und wohnte dort in jenem imposanten Haus unterhalb des Krankenhauses, das heute noch «Honnerlagscher Doppelpalast» heisst. Nach Reisen durch Italien und die Schweiz kam er 1795 nach Genua, wo er in der Firma seines Onkels zum Kaufmann ausgebildet wurde. Damals wurde sein Interesse für Kunst und Literatur geweckt, denn schon in den 1790er-Jahren kaufte er die ersten Kupferstiche. Der Kaufmannsberuf scheint ihm nie behagt zu haben. Nach seiner Rückkehr nach Trogen 1803 wandte er sich bald seiner Sammlertätigkeit und gemeinnützigen Ämtern zu. Er starb als Junggeselle und vermachte seine Bibliothek von 4000 Bänden der Gemeinde Trogen. (hn)

Quelle
http://www.tagblatt.ch/appenzellerland.cfm?pass_id=844906&liste=844844,844849,844832,844906,844838,844828,844841,844830,844829,844842,844907,844839,844833



Suchen | Schlagzeilen | RSS



Eigenen Kommentar abgeben
Name:
eMail:   verstecken
SID:
Zeitlich beschränkte Gast-Schreibberechtigung mit eMail-Authentifizierung.
Kommentar: