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Die Oxyrhynchus Papyri
Neue Methoden, neue Erkenntnisse
Von Gitta am 02.06.2005 um 22:39:28 

Der Fortschritt in Wissenschaft und Technologie, für manche ein Fluch, für manche ein Segen, lässt sich bekanntlich nicht aufhalten. Für die Forscher der Oxford University in England erweist sich eine neue Technologie zur Zeit weniger als Fluch denn als reiner Segen. Sie sind damit beschäftigt, die Oxyrhynchus Papyri mit Hilfe von Multispektralaufnahmen lesbar zu machen. Die Methode wurde von der NASA entwickelt, um eine Karte der Marsoberfläche anzufertigen. Inzwischen hat sie Einzug in die Welt der Historiker gehalten. Durch den Einsatz verschiedener Lichtwellenlängen werden Texte lesbar, die über Jahrhunderte als verloren galten.

Die Oxyrhynchus Papyri waren im späten 19. Jahrhundert auf einer Müllhalde entdeckt worden. Die darin enthaltenen Texte haben die Wissenschaftler über die Jahrhunderte hinweg fasziniert und frustriert, weil eine Entzifferung unmöglich schien. Sie ahnten, dass sie u.a. literarische Meisterwerke enthielten. Mehr war jedoch nicht herauszubekommen. Bis man sich der Methode der Multispektralaufnahmen zu bedienen wusste. In den vergangenen Wochen arbeiteten die Forscher an der Entzifferung eines 70-Zeilen-Fragments einer Tragödie von Sophokles und eines 30-Zeilen-Fragments eines griechischen Soldatendichters namens Archilochos, einer Aufzeichnung des trojanischen Krieges. Dieses Fragment bestätigt was Wissenschaftler lange ahnten, dass nämlich die Griechen sich bei ihrer Invasion auf Troja verirrten und fälschlicherweise an einem Ort namens Mysia landeten. Dort schlugen sie eine Schlacht, formierten sich neu und es ging erneut gegen Troja. Das Archilochos-Fragment soll noch in diesem Monat publiziert werden und die jüngst entzifferten Zeilen des Sophokles-Textes im August.

Multisprektalaufnahmen werden mit Digitalkameras vorgenommen, die mit einer Art Drehscheibe mit Lichtfiltern ausgestattet sind, die genau den Wellenbereich herausfiltern, in welchem die dunkle Tinte sich in höchstem Kontrast vom Papyrushintergrund abhebt und somit am klarsten zu erkennen ist. Aufeinanderfolgende Aufnahmen mit allen Bereichen des Lichtspektrums werden erstellt und schließlich wieder so zusammengefügt, dass man ein häufig sehr klares Dokument erhält.

Die Oxyrhynchus Papyri in der Sackler Bibliothek der Universität Oxfort umfassen mehr als eine halbe Million Schnipsel, einige in sehr gutem Erhaltungszustand, die meisten jedoch wurmzerfressen und sehr dunkel aufgrund des Alterungsprozesses. Nachdem hier der Einsatz modernster Mittel von Erfolg gekrönt scheint, hat man bereits ein weiteres Betätigungsfeld im Visier: Mumienkartonagen. Die kunstvoll dekorierten Mumienmasken bestehen aus einer Art Pappmaché, das sich häufig aus alten beschrifteten Papyri zusammensetzt. Vor einigen Jahren wurde in Berlin zufällig ein von Kleopatra VII. eigenhändig unterzeichnetes Schriftstück in einer solchen Kartonage gefunden.


Papyrus  
Berolinensis P 25 239


Will man jedoch die Texte der in den Mumienhüllen verborgenen Dokumente entziffern, so ist das bisher nicht ohne Zerstörung der Stücke möglich gewesen. Die Lösung scheint auch hier die Multispektralaufnahme zu sein. Die Wissenschaftler aus Oxford waren mit einem ersten Test jedenfalls bereits erfolgreich.

Aus dem Englischen nach einem Artikel von Newsday.com


Geändert: 02.06.2005 um 22:49:58

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Oxyrhynchus-Papyri sollen lesbar werden - 24.04.2005

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Kommentare zu diesem Artikel
Geistsucher04.06.2005 um 10:49:56
Da bin ich sehr gespannt darauf, was die Zukunft bringen wird ..!



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