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Ägyptologie Forum >> Literatur & Lernen


1) Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 31.01.2024 um 21:47:47

Hallo zusammen,

ich habe derzeit einen alten Schinken auf dem Tisch liegen, die 1877 erschienene, von Heinrich Brugsch verfasste Geschichte Ägyptens unter den Pharaonen. Sie enthält gravierende Fehler und doch weist sie mit ihrer Einteilung in 31. Dynastien einige geradezu modern anmutende Züge auf und handelt die Abfolge der Pharaonen in einer über weite Strecken erstaunlich zuverlässigen Weise ab. Ich halte sie daher für durchaus diskussionswürdig und wäre sehr erfreut, wenn wir die bei Brugsch auf den Seiten 643 - 659 gemachten Ausführungen zur 21. Dynastie einmal gemeinsam auf ihre Inhalte und deren Richtigkeit hin überprüfen würden.


Volltext der Internet Archive: https://archive.org/details/geschichteaegypt00brug/page/n669/mode/2up?view=theater


Quelle : Heinrich Brugsch : Geschichte Ägyptens unter den Pharaonen : nach Denkmälern bearbeitet, Leipzig 1877.

Gruß Lolli


2) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 01.02.2024 um 18:35:13

Hallo, Lolli,

Heinrich Brugsch beginnt seine Erörterung mit einer Inschrift, die er zum "ersten Male" übersetzt hat (S. 645-649). Es handelt sich dabei um die sog. "Verbanntenstele" (Louvre C 256), die vor längerer Zeit in diesem Forum kurz diskutiert wurde. Diesem Thread1 ist auch eine moderne Übersetzung dieser Stele angehängt. Eine Abbildung sowie eine Literaturliste findet man auf der enstprechenden Webseite des Louvre2. Die Hieroglyphen, Umschrift und eine neue Übersetzung gibt es im Thesaurus Linguae Aegyptiae, und zwar hier3 (auf "Stelentext" oder "Giebelfeld" klicken und dann auf "Sätze des Textes").

Wenn man die Übersetzungen vergleicht, so sieht man, dass das Verständnis hieroglyphischer Texte deutlich zugenommen hat. Lücken, die Brugsch noch stehen lassen musste, sind inzwischen geschlossen worden. Dennoch hat Brugsch den wesentlichen Inhalt ziemlich gut erfasst.

Ich halte auf Heinrich Brugsch große Stücke, ja, sogar für ein Genie, der viele Texte zum erstenmal übersetzt hat; das war Kärrnerarbeit! Aber inzwischen sind wir 150 Jahre weiter. Ein Abgleich seiner Positionen z.B. zur 21. Dynastie mit denen, die heute diskutiert werden, hat ein vorhersehbares Ergebnis: Grundlegend, aber doch weitgehend überholt, in manchen Dingen erstaunlich klarsichtig.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 31.01.2024 um 21:47:47


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=kua&action=display&num=1114298995
2: https://collections.louvre.fr/en/ark:/53355/cl010029360
3: https://thesaurus-linguae-aegyptiae.de/text/EFSVPXSMD5DB5LOT4NEBJA4FKI


3) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 01.02.2024 um 21:19:12

Ergänzung:

Ein weiterer Text ist ein Stelenunterteil aus Abydos (S. 651-655), jetzt katalogisiert im Ägyptischen Museum Kairo unter der Inv.-Nr. JE 66285. Die maßgebliche Publikation ist A.M. Blackman, The Stela of Shoshenk, Great Chief of the Meshwesh, in: The Journal of Egyptian Archaeology, Bd. 27, S. 83-951 mit Taf. 10-12 (1941) [in der Online-Publikation auf den Seiten davor]. Eine neuere englische Übersetzung ist in: Robert K. Ritner, The Libyan Anarchy, Atlanta, 20092, S. 166-172 (enthält auch die Umschrift des Textes). Ritner bezeichnet Brugschs Übersetzung als "obsolete analysis". Eine auch nicht mehr ganz taufrische deutsche Übersetzung: Günther Roeder, Kulte, Orakel und Naturverehrung im Alten Ägypten, Zürich / Stuttgart, 1960, S. 223-237 (im Internet Archive nur zur Ausleihe).

> Antwort auf Beitrag vom: 01.02.2024 um 18:35:13


1: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.533329/page/n117/mode/1up
2: https://www.google.de/books/edition/The_Libyan_Anarchy/AA7TsL3jlgkC


4) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 04.02.2024 um 15:26:46 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo Michael,

danke für deine hilfreiche Stellungnahme ! Für mich stehen hinsichtlich des genannten Beitrages zur 21. Dynastie folgende Übersetzungen im Mittelpunkt.

1.) Die genannte, auf den Seiten 645-649 übersetzte Stele der Verbannten.
2.) Die auf den Seiten 651-655 übersetzte Inschrift der Abydos Stele.
3.) Der auf den Seiten 657-659 ausgeführte Erlass auf der Nordwand des Amun Tempels zu Karnak.

Ich selbst halte Brugsch ebenfalls für einen begnadeten Übersetzer, nur suchte er den in der Abydos Stele genannten König Nimrot (Nmrt) unbedingt mit den Assyrern in Verbindung zu bringen, obschon die Inschrift doch berichtet, dass lediglich die für den Totenkult verpflichteten Diener aus dem Lande Chaldäa (Chal) stammen würden. (1) Tatsächlich hatte Brugsch ja zunächst einmal übersetzt, dass Nimrot um 1000 v. Chr. ser en matau "der Fürst der Mata" gewesen sei. Bei Wallis Budge finden sich diese Mata (Leibgarde) in dessen Dictionary als Mesha (msha) verzeichnet, was er mit "Krieger" übersetzte und der von Brugsch gelesenen "Leibwache" durchaus nahe kommt. Die auf ihren Köpfen gezeigte Feder weist diese zudem als Libyer oder Nubier aus. (2) Die durch Brugsch vertretene Auffassung, dass Chaldäa (Chal) die Stammlande der Familie des Nimrot gewesen seien, ist demnach also grundfalsch gewesen und zog die Qualität seiner übrigen Übersetzung deutlich in Mitleidenschaft. Da die von Brugsch erstellte Übersetzung ansonsten jedoch im wesentlichen weitgehend fehlerfrei und umfassend zu sein scheint, folge ich der Auffassung des ansonsten ebenfalls sehr von mir geschätzten Ritner an dieser Stelle eben nicht, derzufolge die von Brugsch erstellte Übersetzung längst "obsolet" geworden sei. Es ist meines Erachtens nach lediglich so, dass König Nimrot (Namlot) eben kein Assyrer, sondern ein Libyer war, wie u.a. auch Breasted bereits sehr richtig erkannte. (3)  


Quellen :  

(1) Heinrich Brugsch: An den Herausgeber - Notizen zur Abydos Stele. In: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, 9. Band, Leipzig 1871, S. 85 - 86. Internet Archive: https://archive.org/details/zeitschriftfr09brug/page/84/mode/2up?view=theater die Mata (Leibwache) in der Abydos Stele.
(2) Ernest Alfred Wallis Budge: An Egyptian hieroglyphic dictionary, Vol. 1, London 1920, S. 330. Internet Archive: https://archive.org/details/BudgeEAWEgyptianHieroglyphicDictionaryVol11920/page/n491/mode/2up?view=theater die Mesha (Krieger) der Libyer.
(3) James Henry Breasted: Ancient Records of Egypt, Vol. IV, Chicago 1906, S. 395 - 399. https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.231361/page/n423/mode/2up?view=theater § 787, Generation Nr. 6, Namlot, great chief of the Libyan (Tyhn).

> Antwort auf Beitrag vom: 01.02.2024 um 21:19:12

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5) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 04.02.2024 um 17:53:41

Der Vollständigkeit halber füge ich noch neuere Informationen zur dritten Inschrift an, die Brugsch in dem Abschnitt über die 21. Dynastie übersetzt hat.

Orakeldekret der Maatkare (B). Alan H. Gardiner hat eine englische Übersetzung gegeben in dem Artikel: The Gods of Thebes as Guarantors of Personal Property, in: The Journal of Egyptian Archaeology, Bd. 48, S. 57-69 (1962)1. Dieses Dekret wird S. 64-69 abgehandelt. Eine neuere französische Bearbeitung hat J. Winand vorgelegt: Les décrets oraculaires pris en l’honneur d’Henouttaouy et de Maâtkarê (Xe et VIIe pylônes), in: Cahiers de Karnak, Bd. 11, S. 603-707 (2003)2. Der fragliche Text S. 672-690.

Brugschs Lesung des Namens als Karamat hat schon Maspero 1889 als irrig widerlegt.

Ansonsten halte ich es mit K. A. Kitchen, der die Geschichte der Spätzeit (21.-25. Dynastie) anhand der Quellen aufgearbeitet hat: The Third Intermediate Period in Egypt (1100-650 BC), 2. ergänzte Auflage, 19863 (mehrfach nachgedruckt). Diese Studie ist zum Ausgangspunkt aller Betrachtungen dieser Periode geworden, wenn auch manche seiner Ergebnisse inzwischen von anderen Ägyptologen modifiziert worden sind. Kitchen schreibt im Vorwort (S. xi):

Zitat:
No useful purpose is served by refuting old works long made obsolete by more recent discoveries, or by merely setting one opinion against another without reference to the underlying facts.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 04.02.2024 um 15:26:46


1: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.533348/page/n76/mode/1up
2: https://api.nakala.fr/data/11280%2F7ac6b884/686dc4a816a7947dd07705dbfd04b5c18ed1d558
3: https://archive.org/details/kenneth-anderson-kitchen-the-third-intermediate-period-in-egypt-1100-650-b.-c.-4-ed.-2009/page/n9/mode/1up


6) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 04.02.2024 um 22:58:45


Zitat:
Es hat keinen Sinn alte Werke zu widerlegen, die durch neuere Entdeckungen längst überholt sind, ... .



Interessant, mit welchen "neueren Entdeckungen" konnte Kitchen denn seinerzeit aufwarten ? Vermutlich zu derjenigen von Yoyotte, dass die dereinst von Daressy gemachten Angaben zum Pharao Osorkon dem Älteren letztlich doch zutreffend gewesen sind ? Damit wir uns nicht missverstehen, ich greife ebenfalls auf Kitchen zu und bin ihm überaus dankbar, dass er dieses Standardwerk zum Thema Dritte Zwischenzeit verfasst hat, aber man sollte sich nicht genieren einen Auguste Mariette, Georges Daressy oder Heinrich Brugsch als Quelle zu nennen, denn ohne deren Beiträge lässt sich die 21. Dynastie nicht sinnvoll darstellen, es sei denn man verzichtet auf harte Fakten, oder schöpft aus diesen Quellen ohne sie zu nennen, was Plagiat zu begehen hieße.

Nehmen wir nur einmal die Cachette von Bab el-Gasus. Von den 153 im Jahre 1891 entdeckten Sarkophagen konnte Daressy immerhin 109 namentlich zuordnen, doch gerade einmal 29 von ihnen wurden durch Chassinat dann näher untersucht und die Namen blieben bis Niwinski zumeist ohne Übersetzung. Diese Sarkophage von Angehörigen der 21. Dynastie wurden aus Platzgründen an über 30 Museen in aller Welt verschenkt, wobei nur wenige ihrem kostbaren Zuschlag die entsprechende Restaurierung angedeihen ließen. Zur Zeit von Kitchen lagen vieler dieser Sarkophage noch immer ohne jedwede wissenschaftliche Bearbeitung in irgendwelchen musealen Asservatenkammern und befanden sich oftmals in einem trostlosen, teils verwahrlosten Zustand. Daher halte ich die oben aufgegriffene Bemerkung Kitchens in seiner Zeit noch für überaus unangebracht, denn sie ist ein Ausdruck von Bornierheit. Tatsächlich wurden die meisten Sarkophage der Cachette von Bab el-Gasus erst in den vergangenen 25 Jahren von Grund auf restauriert und wissenschaftlich untersucht. Die Sarkophage der Cachette von Bab el-Gasus standen lange Zeit für die Ignoranz vieler Ägyptologen gegenüber bedeutenden Zeugnissen der 21. Dynastie und hier muss man, neben Jansen-Winkeln, unbedingt Andrzej Niwinski nennen, welcher 1988 endlich Licht in diesen Bereich der Dritten Zwischenzeit brachte.

Doch lassen wir die Kritik beiseite und wenden uns dem eingangs genannten Abschnitt in Heinrich Brugsch' Geschichte Ägyptens zu. Die drei von ihm übersetzten Inschriften stellen natürlich nur eine Auswahl dar, doch diese ist überaus trefflich gewesen und ihre Inhalte sind bis heute Gegenstand der Diskussion. Daher halte ich es für angebracht, dass man zunächst einmal die in diesen drei Inschriften genannten Personennamen in eine aktuelle Form bringt, wobei ich den von Brugsch übersetzten Eigennamen ganz einfach ihre heutige Schreibweise zur Seite stelle.

a.) Ramessu XIII = Ramses XI.
b.) Hir-hor = Herihor
c.) Teglath-Phalasar = Tiglat Pileser I. (1114-1076 König)
d.) Pinotem I. = Pinudjem I. (1070-1055 HPA, 1054-1032 König)
e.) Mencheperra = Mencheperre (1045-992 König)

f.) Naromath = Namilt / Namlot
g.) Nimrod = Namilt / Namlot / Lamintu
h.) Schaschanq = Scheschonq der Ältere
i.) Mehetenusech = Mehetenweskhet (königliche Mutter)
j.) Pisebchan I. = Psusennes I. (1039-991 König)

k.) dieser Schaschanq = Scheschonq I. (945-924 König)
l.) Karamat = Karomama / Karoama die Ältere
m.) Miamun Pisebchan = Psusennes II. (959-945 König)

Diese erstmals von Brugsch aus den genannten Inschriften ermittelten Personennamen müssen allein schon chronologisch für die Zeitgenossen eine sehr interessante Herausforderung gewesen sein, sofern sie sich ihr überhaupt stellten. Der Fall des in diesen Inschriften nicht genannten Pharao Osorkon des Älteren zeigt jedoch, dass sich die Mehrheit der Ägyptologen in der Praxis durchaus auch gerne einmal über viele Dekaden hinweg gegenüber der tatsächlichen Faktenlage verschlossen und diesen daher nicht in die Zählung aufgenommen hatte. Kenneth Kitchen und Jean Yoyotte bildeten hier eine Ausnahme. Dasselbe Verhalten begegnet uns in Bezug auf Scheschonq den Älteren und dessen Gemahlin Mehetenweskhet. Dies ist auch der Grund dafür, warum die neueren Fachbeiträge von Aidan Dodson, Karl Jansen-Winkeln und Robert Ritner zur 21. Dynastie so stark nachgefragt wurden. Man fühlte sich unbehaglich oder hatte es einfach satt, wenn diese Könige in den Fachpublikationen zur Pharaonenzeit dauerhaft übergangen und schlichtweg nicht genannt wurden, oder die Dritte Zwischenzeit immer aufs neue nur in wenigen kurzen Zügen oberflächlich abgehandelt und im Ergebnis also einfach übersprungen wurde.


Über die im Jahre 1891 entdeckte, beispielhaft genannte Cachette von Bab el-Gasus, ihre Sarkophage und Inhaber berichtete im wesentlichen erst Chassinat, denn Daressy hatte zuvor nur eine Liste mit den wichtigsten Angaben zu den Inhabern und den Empfängern der Sarkophage nach Museen geordnet veröffentlicht:

Emile Chassinat: Catalogue général des antiquités égyptiennes du musée du Caire, Vol. 44, Nos. 6001-6029 : La seconde trouvaille de Deir el-Bahari, 5 Février 1891, Sarcophages, Bd. 1, Fasc. 1, Kairo 1909. Internet Archive: https://archive.org/details/Chassinat1909/page/n1/mode/2up?view=theater  

Georges Daressy: Les cercueils des prêtres d'Ammon (deuxième trouvaille de Deir el-Bahari). In: ASAE 8, Annales du Service des Antiquités de l'Égypte, Tome 8, Kairo 1907, S. 3 - 38. BnF Gallica: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k57244389  

Erst während der vergangenen 25 Jahre kamen die Forschungen zur Cachette von Bab el-Gasus - und damit zu einem wichtigen Abschnitt in der Geschichte der 21. Dynastie - zu einem befriedigenden Abschluss : https://www.ushabtis.com/bab-el-gasus/ Autor: Dik van Bommel. Die erst sehr spät einsetzende Forschung zur Cachette von Bab el-Gasus wurde zuletzt insbesondere durch Rogério Sousa, Cathlyn Cooney und Alessia Amenta vorangetrieben und konnte schließlich - 130 Jahre nach ihrer Entdeckung - die benötigten Ergebnisse erzielen.      

> Antwort auf Beitrag vom: 04.02.2024 um 17:53:41


7) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 07.02.2024 um 15:17:20 - Anhang: 3 Anhänge

Lieber Michael,

die von Brugsch auf den Seiten 645-649 übersetzte Stele der Verbannten ist für die Begründung der 21. Dynastie natürlich von größter Bedeutung. Auch ich nehme an, dass ihre Inschrift im Jahr 25 des Pharao [Smendes I] gesetzt worden sein wird und datiere die Regierungszeit Smendes I mit Lepsius in die Jahre 1091-1065 v. Chr. (1) Die Stele der Verbannten dürfte daher im Jahre 1066 v. Chr. gesetzt worden sein. Anders als Brugsch nehme ich jedoch an, dass es nicht etwa die Ramessiden waren, welche dereinst in die Oasen Kharga und Dakhla verbannt worden waren, sondern die Libyer, welche bereits in der Zeit Ramses V. (1150-1145 v. Chr.) nach Theben vorgedrungen sind. Ihre Zurückberufung aus der Verbannung stellt - so meine These - die offizielle Anerkennung der Libyschen Herrschaft dar, denn Herihor, der Pharao von Oberägypten, befand sich ja, wie Brugsch S. 646 übersetzte, ebenfalls unter den Verbannten.

In den Mittelpunkt meiner Betrachtungen möchte ich jedoch die sog. Abydos Stele stellen, welche Auguste Mariette im Jahre 1857 im Tempel des Osiris zu Abydos entdeckt hatte. (2) Brugsch entnahm der Inschrift der Abydos Stele in Zuge seiner Übersetzung eine Reihe von bedeutenden Namen der 21. Dynastie, welche sich auf den Seiten 651-655 seiner Geschichte Ägyptens genannt finden. Diese teils mit königlichen Titulaturen versehenen Namen machte er bereits im Rahmen einer Notiz an seinen Herausgeber bekannt, wo sie hieroglyphenschriftlich dargestellt wurden. (3) Diese habe ich in den Dateianhang eingestellt. Ich zähle im Folgenden die bei Brugsch übersetzten Namen der Abydos Stele auf und stelle ihnen die bei Kenneth Anderson Kitchen (1986) und Robert Ritner (2009) aktualisierte Schreibweise zur Seite. (4)(5)

* Nimrod = Nimlot (Fürst der Ma, Sohn der verstorbenen Königin Mehetenweskhet)

* Mehetenusech = Mehetenweskhet (königliche Mutter)

* Schaschanq = Scheschonq der Ältere (Pharao von Unterägypten)

Die entscheidenden Textstellen zum Abgleich der von Brugsch (1877) übersetzten Namen finden sich meines Erachtens zuerst bei Eric Young (1963) und Yoyotte (1977), sowie dann in Kitchen, § 437, S. 535 (Genealogie des libyschen Hauses der 21. Dynastie) und § 441, S. 538 (Schema A und B).

Beste Grüße Lolli        



Quellen :

(1) Lepsius, Carl Richard : Königsbuch der Alten Ägypter, Berlin 1958, Tafel 42.
(2) Mariette, Auguste : Catalogue général des monuments d'Abydos, découverts pendant les fouilles de cette ville, 3me Volume, Paris 1880, S. 463, No. 1225. Online: https://archive.org/details/cataloguegnr00mari/page/462/mode/2up?view=theater
(3) Brugsch, Heinrich : An den Herausgeber, Notizen vom 24. Januar 1871. In: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertumskunde, 9. Band, Leipzig 1871, S. 85-86. Online: https://archive.org/details/zeitschriftfr09brug/page/84/mode/2up?view=theater
(4) Kitchen, Kenneth Anderson : The Third Intermediate Period in Egypt (1100 - 650 B.C.), Supplement 1, Warminster 1986, S. 526 - 541. Online: https://archive.org/details/kenneth-anderson-kitchen-the-third-intermediate-period-in-egypt-1100-650-b.-c.-4-ed.-2009/page/535/mode/1up?view=theater
(5) Ritner, Robert : The Libyan Anarchy, Atlanta 2009, S. 166-172 u. S. 441 (fehlerhaft interpretiert).

> Antwort auf Beitrag vom: 04.02.2024 um 22:58:45

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8) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 09.02.2024 um 13:44:15 - Anhang: 3 Anhänge

Da die von Auguste Mariette entdeckte Abydos Stele aus dem Tempel des Osiris zu Abydos gut lesbar ist und die Übersetzung von Brugsch inhaltlich ganz klar stützt, stelle ich von ihr eine Kopie in den Dateianhang. Ich musste die ohnehin auf zwei Platten verteilte Inschrift in drei Abschnitte unterteilen, weil sie sich so leichter lesen lässt. Die Textabschnitte überlappen ein wenig. Die 1857 im Zuge der epigraphischen Arbeiten von Mariette aufgenommenen Phoneme wurden später durch [Agostino] Daldini in Umschrift gebracht.

Die Inschrift der Abydos Stele findet sich in :

Mariette, Auguste: Catalogue général des monuments d'Abydos, Tome 2, Paris 1880, Platte 36 - 37. Online: https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/mariette1880bd2/0001/scroll

Es wäre schön, wenn jemand die in dieser Inschrift genannten Personennamen des Nimlot A und seiner Eltern, Mehetenweskhet und Scheschonq des Älteren, farbig anlegen würde. Im nächsten Beitrag stelle ich nochmals die wichtigsten Textstellen mit den entsprechenden Eigennamen ein.  

Der dritte Teil der Inschrift der Abydos Stele wird unten leider nicht angezeigt und muss oben im Dateianhang manuell aufgerufen werden.

Bis dann

Lolli

Die

> Antwort auf Beitrag vom: 07.02.2024 um 15:17:20

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9) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 09.02.2024 um 14:23:34 - Anhang: 3 Anhänge


Die bei Mariette, Caralogue général des fouilles d'Abydos, Band 2, Paris 1880, Platte 36 - 37 publizierte Inschrift der Stele von Abydos nennt zudem vermutlich den Namen des Pharao Psusennes I. (Pisebchan I.), doch diesen würde ich gerne zum Schluss besprechen wollen. Hier nun zunächst einmal drei Textstellen mit den wichtigsten Personennamen aus der Inschrift der Abydos Stele.

1. Scheschonq der Ältere, Pharao von Unterägypten (Entsprechend der in Bleistift erstellten Seitenkonkordanz in der 1. Zeile der Inschrift)

2.) Mehetenweshkhet, die königliche Mutter des verstorbenen Fürsten Nimlot A (Nimrod)

Zur Schreibweise sei auf die Angaben in den oben in # 3 genannten Notizen von Brugsch (1871) verwiesen.

Gruß Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 09.02.2024 um 13:44:15

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10) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 10.02.2024 um 11:53:43

Hallo, Lolli,

zur Abydos-Stele (Kairo, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. JE 66285):

Sie ist laut den Bearbeitern keineswegs gut lesbar: So schreibt Brugsch (S. 651):

Zitat:
Die Abschrift desselben habe ich mit großer Mühe der stark verwitterten Oberfläche entrissen.

A. M. Blackman, der die Stele neu und grundlegend bearbeitet hat (die Online-Ausgabe seiner Publikation habe ich weiter oben angegeben), schreibt über die Probleme der Lesung der Zeichen ausführlich (S. 83-84):

Zitat:
The only copy of the inscription yet published is that of Mariette, which, as Breasted observes, 'is very incomplete and inaccurate'. ... Some years ago, having ascertained from my friend Prof. Černý that the stela was now exhibited in the Cairo museum, I sent him a copy of Mariette’s version of the text asking him if he could possibly find time to collate it with the original. This he most kindly did, comparing it also with a copy made by M. Lacau, then Director-General of the Service des Antiquités. When Černý returned me my manuscript with his notes and corrections he informed me that the inscription was very difficult to read, the monument being in a bad light and the hieroglyphs not at all well engraved, and that the new version of the text, despite various improvements, was still far from satisfactory. Accordingly I wrote and asked him whether he could secure me squeezes of the inscription. This he was able to do, thanks to the courtesy of M. Lacau, and excellent squeezes reached me in due course, by means of which I improved my version of the text very considerably. In the early part of 1935, when I was still living in Oxford, I was able most fortunately to study the squeezes with Prof. Gunn. Our joint examination resulted in further improved readings, while yet again renewed studies of the squeezes in Liverpool cleared up more obscurities ... Judging from the squeezes the surface of the stone in the lower portion of the monument is in worse condition than it is in the upper portion, and the signs in the second half of the text are cruder and less legible than in the first half. Indeed the hieroglyphs in the last line (26) are so badly engraved and so much damaged that Gunn and I were able to make very little of them, despite a special squeeze of this section of the text made for me by Stricker. So indistinct are they that the very existence of the line in question escaped the notice of Mariette, for he makes his copy of the inscription end definitely with l. 25.

Es war also ein schwieriges Unterfangen, viele der Hieroglyphen zu identifizieren, und Blackman erhielt Abklatsche der Stele von Černý und Stricker, die weitere - aber nicht alle! - Unklarheiten beseitigte.

Karl Jansen-Winkeln hat für seine Anthologie Inschriften der Spätzeit, Teil I: Die 21. Dynastie, Wiesbaden, 20071, die Inschrift noch einmal veröffentlicht (S. 159-162) und dazu bemerkt: "eigene Kollation", d.h. er hat sie noch einmal vor Ort überprüft. Leider schreibt er nicht, ob er weitere Verbesserungen vornehmen oder die bekannten nur bestätigen konnte.

Vor diesem Hintergrund zitiere ich noch einmal Blackman (a.a.O.):

Zitat:
The only published translation known to me is that of Breasted, which since he was entirely dependent on Mariette’s copy cannot be regarded as reliable.

Brugschs Version war ihm offenbar nicht bekannt, aber nach der geschilderten Sachlage kann man auch seine Übersetzung zu den Akten legen. Ausgangspunkt jeder Betrachtung müssen also die Übersetzungen von Blackman und Ritner (auch oben angegeben) sein.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 09.02.2024 um 14:23:34


1: https://books.google.de/books?id=KpWWEDHUp6QC&pg=PA159


11) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 11.02.2024 um 13:05:41

Quellenkritischer Exkurs

Lieber Michael,

selbstverständlich habe auch ich zur Kenntnis genommen, dass die Inschrift der Abydos Stele (JE 66285) nur mit Mühe gelesen werden konnte, aber gerade deshalb ist es doch umso verwunderlicher, dass bis 2007 alle wichtigen Autoren (1)(1a)(2)(3), mit Ausnahme von Blackman (4), im wesentlichen den gleichen Textinhalt übersetzten, was doch erstaunlich ist und sehr für die Qualität der ersten, von Brugsch gefertigten Übersetzung spricht.

Der britische Ägyptologe Aylward Manley Blackman hatte es 1941 in der Hand, den abschließenden Nachweis für die Existenz eines in der 21. Dynastie amtierenden Pharao namens Scheschonq der Ältere zu führen, doch er vergab nicht nur diese Gelegenheit zur Etablierung eines solchen Scheschonq A, sondern argumentierte diesbezüglich auch noch in einer höchst fragwürdigen, meines Erachtens sogar unseriösen Art und Weise. Zunächst einmal fällt auf, dass Blackman mit den bisherigen Übersetzungen der Abydos Stele (JE 66285) durchaus vertraut ist, denn er nennt Eingangs auf Seite 83  die Beiträge von Breasted (1906), Mariette (1880) und Brugsch (1871). (5) Seine Übersetzung geht zudem über weite Teile mit den von Brugsch und Breasted erstellten Übersetzungen konform, doch in einer Hinsicht unterscheidet sie sich gravierend, denn den in der 1. Zeile der Inschrift genannten Fürsten Nimlot A bezeichnet er in seiner eigenen Übersetzung nicht mehr - wie bisher - als den "Sohn" des Königs Scheschonq A, sondern als den "Vater" desselben. (6) Durch diese Verkehrung des Sohnes Nimlot A in einen Vater des Eingangs in der Inschrift genannten König Scheschonq A wird nicht nur der gesamte Inhalt der Inschrift der Abydos Stele ad absurdum geführt, sondern auch ein Kunstgriff möglich, denn nun überführt Blackman diesen von ihm geschaffenen "Sohn des Nimlot" in die 22. Dynastie, was grob falsch ist.

Blackman verweist zur Begründung dafür, dass dieser bislang in die 21. Dynastie gesetzte König Scheschonq A in Wirklichkeit der 22. Dynastie zuzurechnen sei auf Alan Gardiner und behauptet, dass dieser über die von Breasted (1906) erstellte Übersetzung der Abydos Stele gesagt habe, dass diese "has gone completely astray in his interpretation" und somit also inhaltlich "vollständig irreführend" gewesen sei. (7) Überprüft man diese angeblich von Gardiner in Hinblick auf Breasteds Übersetzung und Interpretation der Abydos Stele gemachte Aussage jedoch, dann bemerkt man, dass diese Äußerung in einem ganz anderen Zusammenhang getan wurde ! Tatsächlich bespricht Gardiner in dem von Blackman dazu angeführten Beitrag (8) nämlich einen von Wilhelm Spiegelberg veröffentlichten Aufsatz über eine Stele aus der Oase von Dakhla. (9) Ebendort kritisiert Gardiner denn auch nicht die durch Breasted vorgenommene Übersetzung der Abydos Stele, sondern thematisiert eine botanische Frage, nämlich die fehlerhafte Identifizierung eines Baumes, genauer der Thurifera, einem aus dem Westen importierten Weihrauch-Wacholder. (10) Über diese Frage bezüglich der "Thuriferen" nun auf eine Diskreditierung der Übersetzung Breasteds hinsichtlich der Postion des in der Inschrift der Abydos Stele genannten König Scheschonq A zu schließen ist schlicht unwissenschaftlich, zumal sich Blackman dabei auf Gardiner beruft, anstatt sein zweifelhaftes Anliegen selbst zu vertreten. Im Ergebnis ist es also Blackman (1941), und nicht etwa Gardiner (1933), welcher die Übersetzung und Interpretation Breasteds völlig zu Unrecht als "komplett irreführend" bezeichnete und meiner Auffassung nach ist es deshalb Blackman selbst, welcher an dieser Stelle gänzlich zu verwerfen ist.  

In diesem Zusammenhang gilt es nun zudem den Zeitpunkt der von Blackman veröffentlichten Untersuchung zur Inschrift der Abydos Stele (JE 66285) zu beachten. Im Dezember 1941 publiziert, dürfte der eigentliche Anlass für seine fragwürdige Übersetzung und Interpretation offenbar darin bestanden haben, die damals soeben eingetretene, neue Fundlage einzubeziehen, denn sie wird vor dem Hintergrund der sensationellen Entdeckungen entstanden sein, welche Pierre Montet in den Jahren 1939 und 1940 in Tanis gemacht hatte. (11) In dem ebenfalls 1941 veröffentlichten Essai "Le drame d'Avaris" hatte Montet auf den Seiten 199-200 nämlich ausgeführt, dass er auf der in Tanis entdeckten Mumie des Pharao Scheschonq I. ein Pektoral gefunden habe, welches mit Scheschonq dem Älteren einen Ahnherrn Scheschonq I. nannte und legte dementsprechend einen genealogischen Stammbaum an, welcher für die 21. Dynastie ebenfalls einen Pharao namens Scheschonq aufführt. (12) Obwohl Montet anhand dieses Pektorals feststellte, dass Nimlot A und Scheschonq A die Ahnherren des späteren Pharao Scheschonq I. (946-924 v. Chr.) sind, berücksichtigt Blackman diesen Fund jedoch nicht und erwähnt Montet selbst in seinem Beitrag mit keinem Wort, was zu beanstanden ist. Dabei hätte Montet seine Lesart, wonach Scheschonq der Ältere ein Sohn des Nimlot A sei, durchaus gestützt, (13) doch damit war ihm offenbar nicht gedient, vermutlich weil es vorab bereits eine Intention gab, der gemäß es letztlich die Etablierung eines in der 21. Dynastie amtierenden Pharaos namens Scheschonq A zu verhindern galt.

Ein wichtiges Indiz für eine solche Absicht findet sich im Kommentar Blackmans, wo der in der Inschrift der Abydos Stele an zentraler Stelle genannte Fürst Nimlot A selbst, sowie dessen Mutter Mehetenweskhet, an keiner Stelle berücksichtigt werden. Dies nimmt auch nicht wunder, denn sobald er die königliche Mutter Mehetenweskhet einbezogen hätte, wäre seine Argumentation unter genealogischen Gesichtspunkten zusammengebrochen. Dies gilt insbesondere in Hinblick auf die Zeile 24 der Inschrift der Abydos Stele, wo Blackman selbst übersetzte : "[the contributions to the deceased] great chief of the Meshwesh, prince of the princes, Nemrat, justified, son of the great chief of the Meshwesh, Shoschenk, justified, whose mother is Mehetemweskhet, for ever and ever." (14) Es ist überraschend, dass sich Blackman in der genealogisch entscheidenden, vorletzten Zeile der Abydos Stele plötzlich wieder der bisherigen Lesart von Brugsch und Breasted anschließt und damit seine abschließenden, eigenen Schlussfolgerungen grundsätzlich in Frage stellt. (15) Seine Epigonen jedoch, hielten sich zumeist an Blackmans Kommentar und folgten seiner Kernaussage, wonach der in der Abydos Stele (JE 66285) genannte Pharao Scheschonq A der 22. Dynastie zuzurechnen sei.           

Soweit mein quellenkritischer Exkurs zu Blackman, dessen Übersetzung der Abydos Stele bei mir einiges Erstaunen hervorgerufen hat. Was denkt ihr, ist meine Kritik berechtigt ?

Gruß Lolli


Quellen:

1.) Brugsch, Heinrich (1871) : Notizen zur Rechtfertigung gegenüber dem Herausgeber. In: Zeitschrift für Ägyptische Sprache und Altertümer, Bd. IX, Leipzig 1871, S. 85-86.
1a.) Brugsch, Heinrich (1877) : Geschichte Ägyptens unter den Pharaonen, Leipzig 1877, S. 651-655.
2.) Breasted, James Henry : Ancient Records of Egypt, Vol. IV : The 20.- 26. dynasties, Chicago 1906, S. S. 325-326 (§ 669) u. S. 329-333 (§3 675-687). Online: Abydos Stele JE 662851
3.) Jansen-Winkeln, Karl : Inschriften der Spätzeit, Teil 1: Die 21. Dynastie, Wiesbaden 2007, S. 159-162. Online: Abydos Stele JE 662852
4.) Blackman, Aylward Manley : The Stela of Shoshenq, great chief of the Meshwesh. In : The Journal of Egyptian Archaeology, Bd. 27, London 1941, S. 83-95 u. Tafel 10-12.
5.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 83. Genannt werden : Breasted, Anc. Rec. IV, p. 325 ff und Mariette, Abydos II, Planche 36-37 u. Abydos [III], No. 1225, sowie Brugsch, Notizen, ZÄS, Bd. IX, S. 85-86.
6.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 84 u. 86, Kommentar, Nr. 1.
7.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 93 : "Gardiner noted some years ago that [Breasted] has gone completely astray in his interpretation [of the king Shoshenk]" A at Abydos.
8.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 87, n. 18 : Gardiner, JEA XIX, 27, Issue n. 1.
9.) Gardiner, Alan : The Dakhleh Stela, with Plates V-VII. In: The Journal of Egyptian Archaeology, Vol. 19, Issue 1, London 1933, S. 19-30, Plate V-VIII. (Rezension zu Spiegelberg, Eine Stele aus der Oase von Dachel)
10.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 85. (Thurifers, Thuriferen)
11.) Montet, Pierre : Tanis - Douze années de fouilles dans une capitale oubliée du Delta Égyptien, Paris 1942, S. 38-40.
12.) Montet, Pierre : Le drame d'Avaris; essai sur la pénétration des Sémites en Égypte, Paris 1941, S. 199-200. Online: Pektoral Tanis JE 721703 (Für die Stundenweise Ausleihe dieses Essai ist eine vorherige Anmeldung in den Internet Archive erforderlich)
13.) Montet, Pierre : Le drame d'Avaris, Paris 1941, S. 199-200.
14.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 86. (Blackmans Übersetzung der Zeile 24 der Inschrift der Abydos Stele)
15.) Blackman, Aylward Manley : Ebenda, S. 92. (Conclusions)

> Antwort auf Beitrag vom: 10.02.2024 um 11:53:43


1: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.231361/page/n357/mode/2up?view=theater
2: https://books.google.de/books?id=KpWWEDHUp6QC&pg=PA159&lpg=PA159&dq=janssen+winkeln+inschriften+der+Sp%C3%A4tzeit+Part+1+JE+66285&source=bl&ots=SjxfJg69yl&sig=ACfU3U0dqQDSO1DycloKgMGmQGqLX1rPtg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiVlanJ2qGEAxWKa_EDHQEaAv04FBDoAXoECAIQAw#v=onepage&q=janssen%20winkeln%20inschriften%20der%20Sp%C3%A4tzeit%20Part%201%20JE%2066285&f=false
3: https://archive.org/details/ledramedavarises0000mont/page/200/mode/2up?view=theater


12) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 11.02.2024 um 20:51:56

Möglicherweise bezieht sich die in Gardiner (1933), Seite 27 gemachte Aussage nicht nur auf die Thuriferen, sondern auf das gesamte "Eigentum" (seize) [der im Bannkreis ?] der Statue des Osiris gelegenen Landschaft [Abydos]. Ich wäre dankbar, wenn diese bei Blackman (1941), Seite 93 angeführte Belegstelle nochmals von anderer Seite vorgelegt und gemeinsam besprochen werden könnte.

Gruß Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2024 um 13:05:41


13) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 12.02.2024 um 22:21:27 - Anhang: Libyer_in_Dyn_21.jpg

Hallo, Lolli,

Zitat:
Was denkt ihr, ist meine Kritik berechtigt ?

Ich denke, sie ist nicht berechtigt.

Es ist in der Tat nicht einfach, aus dieser Stele (und anderen Quellen) die Chronologie dieser Zeit zu rekonstruieren.

Ich habe die Genealogie der Libyer der 21. Dynastie angehängt; die Abbildung stammt aus Aidan Dodson, Dyan Hilton, The Complete Royal Families of Ancient Egypt, London, 2004, S. 200. Basis ist hier u.a. die Pasenhor-Stele (Louvre, Inv.-Nr. IM 2846), deren Genealogie in Robert K. Ritner, The Libyan Anarchy, Atlanta, 2009, S. 211 wiedergegeben ist. Wichtig ist zu erkennen, dass es zwei Personen mit dem Namen Scheschonq gibt, die man mit angehängten Großbuchstaben A bzw. B unterscheidet, wobei Scheschonq B identisch ist mit dem späteren Scheschonq I.

Beide (!) tauchen auch in der Abydos-Stele (Kairo, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. JE 66285) auf. Ich zitiere in Anlehnung an Ritner, S. 166-172.

Da heißt es in Zeile (24):

Zitat:
... the Osiris, Great Chief of the Ma, Chief of the Chiefs, Namlot, the justified, son of the Great Chief of the Ma, Sheshonq, the justified, his mother being Mehetemweskhet, the justified ...

Der hier genannte Scheschonq ist also zweifellos Scheschonq A.

In den Zeilen (5)-(6) spricht "Seine Majestät" (im erhaltenen Teil nicht genannt; es soll sich um Psusennes II. handeln):

Zitat:
May you be justified, Sheshonq, the justified, the Great Chief of the Ma, Chief of Chiefs, my great one, together with everyone loyal to you, your army likewise, since Amon-Re King of the Gods has praised you concerning all that you have done for your father.

Handelt es sich hier um Scheschonq A, der seinem Vater Paihuty Gutes getan haben soll, oder um Scheschonq B, der Gutes tat für seinen Vater Nimlot A?

In dieser Stele geht es um die Kultstatue des Nimlot A und ihre Versorgung. Mit dem "Vater" im vorigen Zitat kann daher nur Nimlot A gemeint sein. Daraus folgt, dass es sich bei dem Sohn um Scheschonq B handeln muss. Einen "in der 21. Dynastie amtierenden Pharao namens Scheschonq der Ältere" hat es demnach nicht gegeben, denn Scheschonq A wird stets mit dem Titel "Great Chief of the Ma" usw. genannt.

Die von mir genannte Verbindung mit der Pasenhor-Stele hat schon Alfred Wiedemann, Ägyptische Geschichte, Gotha, 1884, S. 543ff2 hergestellt, der auch bei Blackman zitiert wird (S. 92, Fußnote 2).

Du wirfst Blackman vor, Gardiner unkorrekt zitiert zu haben. Da muss Du Dich irgendwie vertan haben, denn die von Blackman angegebene Stelle3 (Fußnote 1) enthält tatsächlich Gardiners indirekte Bemerkung, dass Breasted eine Passage der Abydos-Stele falsch übersetzt hat.

Was Montet betrifft, so hat er ganz zutreffend Scheschonq A und Nimlot A als Ahnherrn des Königs ("roi") Scheschonq I. genannt, sie jedoch selbst nicht als Könige bezeichnet. Sie trugen jeweils nur den Titel "grand chef des Mâ". In dieser Passage geht es Montet darum, welchem Scheschonq das Pektoral zugeordnet werden kann. Da er meint, es gebe keine sichere Quelle, die den König Scheschonq (I.) mit dem Titel "grand chef des Mâ" nennt, müsste es sich um den im Text des Pektorals genannten Scheschonq um Scheschonq A handeln. Im Text des Pektorals wird Scheschonq als Sohn des Nimlot ("Nemrot") bezeichnet. Montet rekonstruiert daher in seiner Genealogie einen Nimlot als Vater des Scheschonqs A, bleibt aber einen Nachweis dafür schuldig, sondern nimmt einfach an, dass jeweils Großvater und Enkel den gleichen Namen tragen.

Man muss die Abydos-Stele in ihrer Gesamtheit würdigen. Sie - bzw. der Rest von ihr - besteht aus drei Teilen: Der dritte Teil (Ende Zeile 9 bis zum Schluss) enthält detaillierte Regelungen für den Unterhalt der Statue des Nimlot A. Der erste Teil (Zeile 1 bis Ende Zeile 6) dokumentiert eine Befragung des Gottes Amun-Re und dessen Antworten (eine Orakelbefragung). Schließlich gibt Seine Majestät dem Scheschonq das Ergebnis der Befragung bekannt. Im zweiten Teil (Ende Zeile 6 bis Ende Zeile 9) wird über die Errichtung der Statue berichtet. Aus all dem ergibt sich zweifelsfrei, dass es Scheschonq B ist, der in Zeile 1 und 5 genannt wird, und Scheschonq A in Zeile 24.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 11.02.2024 um 20:51:56


1: https://books.google.de/books?id=AA7TsL3jlgkC&pg=PA21#v=onepage&q&f=false
2: https://archive.org/details/agyptischegeschi00wied/page/543/mode/1up
3: https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.70993/page/n43/mode/1up


14) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 13.02.2024 um 00:33:38

Hallo Michael,

vielen Dank für die von dir eingestellte Chronologie aus Dodson und Hilton (2004) !

Ich sehe es, aber worin bestand dann die Kritik Gardiners an der Übersetzung Breasteds ? Ich kann dort keineswegs erkennen, dass Gardiner an der genannten Stelle die Übersetzung Breasteds in der von Blackman behaupteten Weise in irgendeiner Weise als "komplett irreführend" verworfen habe. Die dort gemachten Angaben stehen doch inhaltlich zudem in keinem Verhältnis zur Abydos Stele, oder habe ich die bei Blackman (1941), S. 87, Nr. 18 gemachte Quellenangabe zu Gardiner falsch gelesen ?


Zitat:
Aus all dem ergibt sich zweifelsfrei, dass es Scheschonq B ist, der in Zeile 1 und 5 [der Abydos Stele] genannt wird, ... .


Bedaure Michael, aber in diesem Punkt kann ich dir leider nicht folgen, denn ich sehe in der Abydos Stele beim besten Willen keine Möglichkeit für einen Scheschonq B und bleibe daher bei der Übersetzung von Brugsch und Breasted. Breasted äußerte sich zudem klar gegen die Lesart von Wiedemann, wie man in seinen Ancient Records of Egypt IV, S. 329, § 675, Anmerkung c entnehmen kann.

Ich selbst würde die Zeilen 1-3 der Abydos Stele JE 66285 in Hinblick auf den dort genannten König Scheschonq A zudem wie folgt rekonstruieren wollen :


Rede des Schechonq an Amun

Deine Stadt machte die Versorgung seines Hauses abhängig, und ich gab ihm, der große Fürst der Fürsten, Scheschonq, der Triumphator, für meinen Sohn, auf dass er an der Seite seines glorreichen Vaters liege und in der Schönheit der Majestät des Osiris von Abydos ruhen könne, Nimrod, der Sohn der königlichen Mutter Mehetenweskhet, der Fürst der Meschwesh, für den ich ihm gab.  

Anmerkung : Die Phrase "ich bestimmte ihm" bzw. "ich gab ihm" [dem Osiris] wurde als Variation aus Blackman (1941), S. 90, No. 50 übernommen.   

Wenn du keine Einwände hast, würde ich als nächstes gerne auf den von Brugsch (1877) auf den Seiten 657-659 übersetzten Erlass Scheschonq I. zu sprechen kommen und verbleibe

mit besten Grüßen

Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 12.02.2024 um 22:21:27


15) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 14.02.2024 um 15:59:14 - Anhang: Abydos-Stele_Anfang_Z_x+1.jpg

Hallo, Lolli,

angeregt durch diesen Thread habe ich mich näher mit der 21. Dynastie befasst und dabei festgestellt, dass die Faktenlage nicht leicht zu analysieren und zu interpretieren ist. Dementsprechend werden die diesbezüglichen Probleme intensiv - und kontrovers - diskutiert.

Die Herrscher der 21. Dynastie und ihre Regierungsdauer werden ausführlich besprochen in Karl Jansen-Winkeln, Relative Chronology of Dyn. 21, in: Erik Hornung et al., Ancient Egyptian Chronology, Leiden / Boston, 2006, S. 218-2331. Dieser Beitrag vermittelt einem die Schwierigkeiten und Komplexität dieses Themas. Übrigens kommt ein Pharao mit dem Namen Scheschonq darin nicht vor.

Karl Jansen-Winkeln hat auch die Serie Inschriften der Spätzeit herausgegeben, deren erster Band die Inschriften der 21. Dynastie beinhaltet. Darin werden drei Inschriften aufgeführt (S. 159-1622), die Scheschonq B, den späteren Scheschonq I. erwähnen:

Pektoral, Kairo, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. JE 72170, von Pierre Montet gefunden. Ein entsprechendes Zitat von Montet hattest Du zuvor wiedergegeben.

Abydos-Stele, Kairo, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. JE 66285, über die wir hier ausführlich diskutieren.

Kalksteinstele (ehemals im Handel), über die Georges Daressy berichtet: Les parents de Chéchanq Ier, in: ASAE, Bd. 16, S. 177 (1916)3. Hierin werden Scheschonq Bs Eltern angegeben, analog zu den anderen Quellen.

Deine Rekonstruktion des Anfangs der Abydos-Stele ist durch den ägyptischen Text nicht gedeckt. Zunächst ist es "Seine Majestät", die zu Anfang spricht, nicht Scheschonq; das ergibt sich aus der folgenden Passage, Zeile 5 (Übersetzung nach Ritner, S. 166-172; Quelle: siehe oben):

Zitat:
Then His Majesty said: "May you be justified, Sheshonq, the justified, the Great Chief of the Ma, Chief of Chiefs, my great one ..."

Die Orakelfragen, die sich auf Scheschonq und die von ihm für seinen Vater gestiftete Statue beziehen, werden also von "Seiner Majestät" an den Gott gerichtet, dessen Antworten nun dem Scheschonq B berichtet werden.

Damit ist klar, wer der "he" ist, der ab Zeile 2 Fragen stellt:

Zitat:
Then again he said before this great god: ...

Durch das "wieder" ist auch klar, dass die vorangegangenen Fragen ebenfalls von "Seiner Majestät" gestellt wurden.

Der von Dir "rekonstruierte" Anfang hat überhaupt keine Entsprechung im hieroglyphischen Text:

Zitat:
Deine Stadt machte die Versorgung seines Hauses abhängig, und ich gab ihm ...

Der erhalten gebliebene Text beginnt mit Titel und Namen des Scheschonq:

wr aA n wr.w ^Snq mAa-xrw
"der Großfürst der Fürsten Scheschonq, gerechtfertigt, ..."

und setzt dann fort: pA(j)=f Srj "sein Sohn" und nicht "mein Sohn" (im Anhang gelb markiert). Auch vom "glorreichen Vater" ist nicht die Rede, sondern nur von jt=f "seinem Vater". Usw. usf.

Du willst bei den Interpretationen und Übersetzungen von Brugsch und Breasted bleiben und hast meine Darlegung zu Scheschonq B ohne Angabe von Gründen verworfen. Ich kann daher nichts weiter dazu sagen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 13.02.2024 um 00:33:38


1: https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/3296/
2: https://books.google.de/books?id=KpWWEDHUp6QC&pg=PA159#v=onepage&q&f=false
3: https://archive.org/details/annalesduservice16egypuoft/annalesduservice16egypuoft/page/177/mode/1up


16) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 15.02.2024 um 12:43:33 - Anhang: Abydos_Stele_JE_66285_Ich_gab_ihm_Aus_Mariette_1880_Tome_2_Planche_36_Zeile_3_Klage_des_Scheschonq_an_Amun_Siehe_dazu_Blackman_1941_S.90_Nr._50_In_public_domain_Gemeinfrei_.jpg

Hallo Michael,

vielen Dank für deine Ausführungen zum Vater / Sohn Verhältnis von Scheschonq A und Nimlot A ! Im übrigen hast du folgende Kritik formuliert :


Zitat:
Du ... hast meine Darlegung zu Scheschonq B ohne Angabe von Gründen verworfen.


Das ist so nicht richtig, denn ich habe anhand von Mariette, Brugsch und Breasted eine Rekonstruktion der Zeilen 1-3 vorgenommen, und diesen Autoren ist gemeinsam, dass der bei Mariette in Zeile 1 genannte König Scheschonq der Gemahl der in Zeile 3 genannten königlichen Mutter Mehetenweshket ist. Gemeinsam mit der in Zeile 3 genannten königlichen Mutter Mehetenweskhet stellten diese und der in 1 genannte König Scheschonq also die Eltern des verstorbenen Fürsten Nimrod A dar. Damit ist deine These vom Scheschonq B aus genealogischer Sicht vom Tisch und ich kritisiere an dieser Stelle ausdrücklich, dass die von Jansen-Winkeln in seinen Inschriften (2007), S. 159 zur Abydos Stele JE 66285 erstellte Kollation in Zeile 3 so denkbar schlecht bearbeitet wurde. Der Name der dort genannten Königin Mehetenweskhet findet sich gar nicht und die eingangs wichtige Formulierung "ich gab ihm" hat Jansen-Winkeln so fehlerhaft wiedergegeben, dass man ihre am Schluss des 3. Satzes gesetzte Zeichenfolge kaum wiedererkennen kann. Letztere Phrase habe ich aus Mariette (1880), Platte 36, Zeile 3 in den Dateianhang gestellt.  

Die soeben gemachten Angaben finden sich in Zeile 24 der Abydos Stele wiederholt und hier folgt selbst Blackman (1941) der allgemeinen Lesart, wobei er jedoch behauptet, dass sich die dort genannten Elternteile des Nimlot dort "zufällig" genannt finden, anstatt die Rückbezüglichkeit der dort gemachten Angaben - und damit den Sinn und Inhalt der Inschrift - in ihrem Textzusammenhang zu wahren.

Zum dritten bin ich weiterhin der Auffassung, dass Blackman sich nicht auf Gardiner (1933) berufen kann, wenn er die Übersetzung Breasteds zur Abydos Stele JE 66285 als "komplett irreführend" bezeichnet. Genauer besehen scheint es doch wohl eher so zu sein, dass sich Gardiner nie in einer solchen Weise zur Übersetzung Breasteds geäußert hat und Blackman hier seine Leser zum Besten hält. Ich wäre Dir dankbar, wenn Du zu diesem Sachverhalt vielleicht etwas konkretes sagen könntest und verbleibe

Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 14.02.2024 um 15:59:14


17) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 15.02.2024 um 16:00:46 - Anhang: Abydos-Stele_Z_x+3_Erlaeuterung.jpg

Hallo, Lolli,

es steht Dir natürlich frei, Textteile aus verschiedenen Zeilen so zusammenzustellen, dass sie Deiner vorgefassten Meinung entsprechen ("Rekonstruktion"). Damit kann ich mich nicht auseinandersetzen.

Deine Bemerkungen zur Inschrift sind aber völlig falsch. So behauptest Du:

Zitat:
... ich kritisiere an dieser Stelle ausdrücklich, dass die von Jansen-Winkeln in seinen Inschriften (2007), S. 159 zur Abydos Stele JE 66285, Zeile 3 erstellte Kollation so denkbar schlecht erstellt wurde. Der Name der dort genannten Königin Mehetenweskhet findet sich gar nicht ...

Der Name findet sich aber tatsächlich dort (wie auch bei Mariette); ich habe ihn (im Anhang) gelb markiert (untere Markierung) und den Eintrag aus Hermann Ranke, Ägyptische Personennamen, Bd. I, S. 164 Nr. 5 dazugestellt. In Bd. II, S. 363 hat Ranke eine weitere Schreibweise dieses Namens aufgenommen, nämlich genau die aus der Abydosstele. Beachte bitte - wie im folgenden -, dass die Leserichtung auf der Stele von rechts nach links, die bei Ranke und im Wb aber von links nach rechts ist.

Eine weitere Behauptung von Dir ist:

Zitat:
... die eingangs wichtige Formulierung "ich gab ihm" hat Jansen-Winkeln so fehlerhaft wiedergegeben, dass man ihre am Schluss von 3. Satz gesetzte Zeichenfolge kaum wiedererkennen kann. Letztere Phrase habe ich aus Mariette (1880), Platte 36, Zeile 3 in den Dateianhang gestellt.

Diese Formulierung steht weder am Anfang von Zeile 1, noch am Ende der Zeile 3. Die von Dir angeführte Stelle habe ich ebenfalls gelb markiert, auf Wortgrenze erweitert (obere Markierung). Die gelb markierte Stelle lautet: r sx.t ntj und Ritner übersetzt: "... into the country who ...".

Gardiner kritisiert in seiner Fußnote 1 (in meinem früheren Posting angegeben) Eduard Meyer für seine "historical misinterpretation", die auf einer Übersetzung Breasteds beruht. Die angesprochene Stelle lautet bei Breasted (§ 676):

Zitat:
thou shalt slay ... every one who was sent on any commission to the field, of those who stole of his things from the offering table ...

"... die gestohlen haben ..." ist Vergangenheit. Blackman übersetzt die Stelle so:

Zitat:
... thou wilt slay ... any one sent on an errand to the country who shall seize property belonging to this statue(?) ...

"... die fortnehmen werden ..." ist Zukunft; Blackman begründet das in Anmerkung (18) auf S. 87 mit der Gardiners Bemerkung, dass die hier verwendete Form ntj jw=f sDm sich stets auf die Zukunft bezieht. Worauf Gardiner mit "historical misinterpretation" genau anspielt, kann ich nicht beurteilen, da ich Meyers Artikel zum Gottesstaat nicht kenne.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.02.2024 um 12:43:33


18) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 15.02.2024 um 21:45:19 - Anhang: 2 Anhänge

2. quellenkritischer Exkurs

Lieber Michael,

vielen Dank für deine Anmerkungen zur Bedeutung der Formulierung in Zeile 3 der von Mariette (1880) erstellten Kollation, welche du gelb markiert hast. Deine Lesart der Abydos Stele JE 66285 dürfte hier sicherlich zutreffend sein, denn auch Brugsch (1877) bietet diesen Inhalt in der von dir genannten Weise, weshalb ich seine Übersetzung hier nochmals in den Dateianhang einstelle. Überhaupt tragen deine Beiträge wesentlich zur Hebung des Inhaltes dieser Stele bei, zumal ich selbst in hieroglyphenschriftlichen Detailfragen oftmals hoffnungslos überfordert bin.

Aber die folgende Kritik von dir ist maßlos überzogen :


Zitat:
Deine Bemerkungen zur Inschrift sind aber völlig falsch.
 

Ich möchte dies kurz begründen :

Erstens geht sowohl aus der Kollation von Mariette, als auch aus den Übersetzungen von Brugsch und Blackman eindeutig hervor, dass die Königin Mehetenweskhet bereits in Zeile 3 der Abydos Stele genannt wird. Jansen-Winkeln (2007) führt sie jedoch erst in Zeile 5 ein. Du behauptest dazu :


Zitat:
Der Name findet sich aber tatsächlich dort (wie auch bei Mariette); ich habe ihn (im Anhang) gelb markiert (untere Markierung) ... .


Wie sich aus der Zeilenangabe x+4 links neben der unteren gelben Markierung leicht erkennen lässt, setzte Jansen-Winkeln den Eigennamen der Königin Mehetenweskhet also nicht in Zeile 3 ein, wo er offenbar hingehört, sondern erst in Zeile 5 und dies stellt nicht nur einen gravierenden Unterschied zu den Bearbeitungen von Mariette (1880), Brugsch (1877) und Blackman (1941) dar, sondern ist meines Erachtens nach eben sachlich schlicht falsch. Diesen Fehler als solchen zu kritisieren hat durchaus seine Berechtigung und es bedarf hier zur Klärung des tatsächlichen Sachverhaltes zumindest einer neuen, vierten Kollation der Inschrift, denn Polemik hilft hier nicht weiter und ist der Bedeutung des Inhaltes dieser Stele auch nicht angemessen.

Zweitens wurde die von Breasted (1906) angefertigte Übersetzung der Inschrift der Abydos Stele JE 66285 offensichtlich nie von Gardiner (1933) als "komplett irreführend" diskreditiert, denn seine Kritik richtete sich gegen eine Aussage, welche der Ägyptologe Eduard Meyer (1928) in einer Schrift über den Gottesstaat und sein Militärwesen gemacht haben soll, also gegen einen anderen Autoren, dessen Beitrag 1930 zudem von Alfred Wiedemann rezensiert wurde. Die durch Blackman (1941) erfolgte Diskreditierung der von Breasted (1906) erstellten Übersetzung der Inschrift der Abydos Stele JE 66285 geht folglich also auf diesen selbst zurück und kann sich nicht auf Gardiner berufen. Da Breasted zudem die Lesart von Wiedemann hinsichtlich des Vater / Sohn Verhältnisses von Scheschonq A und Nimlot A als falsch zurückgewiesen hatte, ist es sogar zwingend notwendig diese unzulässige Vorgehensweise Blackmans in dieser Hinsicht auch einmal ganz klar als solche so zu benennen. Das dies bislang nie geschehen ist, wirft kein gutes Licht auf die Ägyptologie.

Daraus folgt

1.) Blackman berief sich hinsichtlich seiner Diskreditierung Breasteds also zu Unrecht auf Gardiner und

2.) Jansen-Winkeln folgt in seiner Kollation hinsichtlich der Königin Mehetenweskhet nicht den Bearbeitungen von Brugsch, Mariette und Blackman, welche ihren Namen jeweils zuerst in Zeile 3 verzeichneten, während Jansen-Winkeln (2007) ihren Namen in der von ihm erstellten Kopie erst in Zeile 5 notiert und damit zu spät in den dazu gehörigen Inhalt einführt.

3.) Darüber hinaus suchte er das 1940 von Pierre Montet in Tanis auf der Mumie Scheschonq I. entdeckte Pektoral JE 72170, welches Montet (1940) ganz richtig dessen Ahnherrn Scheschonq A zuordnete, ebenfalls in die 22. Dynastie zu bringen, und dies ist eben gar nicht der Jansen-Winkeln, wie man ihn bis dahin kannte.

Was deine dankenswerten Hinweise zur Schreibweise des Eigennamens der Königin Mehetenweskhet betrifft, so verweise ich diesbezüglich auf den weiter oben in # 2 von mir dazu eingestellten Dateianhang, sowie auf den von mir dazu erstellten Lexikoneintrag.    

Beste Grüße

Lolli


> Antwort auf Beitrag vom: 15.02.2024 um 16:00:46

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19) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 16.02.2024 um 18:47:21

Hallo, Lolli,

Du schreibst:

Zitat:
Wie sich aus der Zeilenangabe x+4 links neben der unteren gelben Markierung leicht erkennen lässt, setzte Jansen-Winkeln den Eigennamen der Königin Mehetenweskhet also nicht in Zeile 3 ein, wo er offenbar hingehört, sondern erst in Zeile 5 und dies stellt nicht nur einen gravierenden Unterschied zu den Bearbeitungen von Mariette (1880), Brugsch (1877) und Blackman (1941) dar, sondern ist meines Erachtens nach eben sachlich schlicht falsch.

Ich hatte schon in meinem vorhergehenden Posting bemerkt, dass die Inschrift von rechts nach links zu lesen ist, und zwar sowohl im Original als auch in der Publikation von Jansen-Winkeln.

Zur Erläuterung für Nicht-Hieroglyphenkundige:

"Schaut" ein Zeichen nach links (ist nach links orientiert), dann ist von links nach rechts zu lesen. Beispiel die Hieroglyphe G17 mit Lesung m


Wenn dieses Zeichen gespiegelt ist, d.h. nach rechts "schaut", dann muss von rechts nach links gelesen werden. Das Zeichen sieht dann so aus:


In Jansen-Winkelns mehrbändigem Werk Inschriften der Spätzeit werden Standard-Hieroglyphen verwendet. Nun passt eine Zeile unserer Stele nicht in eine Zeile des Buches; sie verteilt sich auf mehrere Buchzeilen. Angewendet auf die diskutierte Zeile 3 (genauer: x+3, da eine unbekannte Zahl von Zeilen davor fehlt) heißt das (siehe Abbildung weiter oben): Gegen Ende des oberen Teils beginnt sie mit der Angabe "x+3", und zwar mit den Hieroglyphen, die links davon stehen. Dann geht sie mit dem mittleren Teil - von rechts nach links - weiter und endet im unteren dritten Teil, etwa in der Mitte. Mit "x+4" beginnt die Zeile 4. Das heißt, der rechte untere Teil gehört noch zur Zeile 3. Ein Vergleich mit Mariettes Umzeichnung bestätigt das. Insofern Zeichen abweichen, beruht das auf den Korrekturen, die Blackman und seine Kollegen sowie Jansen-Winkeln vorgenommen haben.

Damit hat sich Dein Einwand erledigt.

Noch einmal zu Blackman und Gardiner: Die besagte Fußnote (1) behandelt nicht Meyers "historical misinterpretation", sondern eine grammatische Frage und korrigiert Breasteds Übersetzung einer Passage, die ich oben zitiert habe. Darauf verweist Blackman in seiner Anmerkung (18) und bezeichnet die Breasted-Fassung als "incorrect translation" (unrichtige Übersetzung), hat damit Gardiners Intention exakt getroffen und keineswegs übertrieben.

Abschließend ist noch zu bemerken, dass Jansen-Winkeln das von Montet gefundene Pektoral - ebenso wie die Abydos-Stele und die Passage auf einer Stele, die im Handel entdeckt wurde - in die 21. Dynastie und nicht in die 22. Dynastie einordnet.

Montets Zuweisung des Pektorals an Scheschonq A ist spekulativ und hat sich deswegen nicht durchgesetzt, denn dessen angeblicher Vater Nimlot ist nicht belegt.

In diesem Thread wurde eine Menge Literatur zum Thema herangezogen. Dabei dürfte es klar geworden sein, dass die These eines Pharaos Schoschenq in der 21. Dynastie heute von niemandem vertreten wird. Es werden immer noch mancherlei Probleme bezüglich der Chronologie der Dritten Zwischenzeit diskutiert, aber die hier angesprochenen Fragen gehören schon lange nicht mehr dazu. Ich denke, damit kann man das Thema abschließen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 15.02.2024 um 21:45:19


20) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 18.02.2024 um 15:52:55 - Anhang: Tanis_Pektoral_Scheschonq_des_Aelteren_Prinz_1056-1015_BC_Kairo_JE_72170_Pierre_Montet_1939_Tanis_Nr._219_Foto_Jean_Pierre_Dalbera_2015_Lizenz_CC_BY_2.0__.jpg

Hallo Michael,

auch ich möchte auf die dritte bei Brugsch (1877) vorgestellte Inschrift zu sprechen kommen, aber die folgende von dir gemachte Aussage zu Jansen-Winkels Kollation der Abydos Inschrift JE 66285 möchte ich hier nachdrücklich zurückweisen :


Zitat:
Mit x+4 beginnt die Zeile 4. Das heißt, der rechte untere Teil gehört noch zur Zeile 3. Ein Vergleich mit Mariettes Umzeichnung bestätigt das.


Diese von dir gemachte Aussage ist ganz klar falsch, wie ein Blick auf die im Beitrag # 7 von mir eingestellte Kollation Mariettes (1880), Platte 36, Zeile 4-5 eindeutig zeigt.

Sodann hast du bemerkt :


Zitat:
Es dürfte klar geworden sein, dass die These eines Pharaos Scheschonq in der 21. Dynastie heute von niemandem vertreten wird.


Dem möchte ich entgegnen, dass ich für meinen Teil durchaus die These vertrete, dass es bereits in der 21. Dynastie einen König mit Namen Scheschonq gegeben haben wird, welcher in der Zeit um 1056-1015 v. Chr. als königlicher Prinz agierte. Die von ihm gesetzte Abydos Stele dürfte mit Brugsch S. 650 in die Zeit des Pharao Psusennes I. (1040-992 v. Chr.) zu datieren sein. Das im Dateianhang eingestellte, im Jahre 1939 von Montet in Tanis entdeckte Pektoral des Königs Scheschonq I. (945-924 v. Chr.) zeigt in den links und rechts unter der Barke angebrachten Plaketten den Namen des König Scheschonq A und seinen Titel als Fürst der Fürsten. Diesen Scheschonq A und seine Gemahlin, die "große königliche Mutter" Mehetenweskhet aus dem Diskurs zu entfernen halte ich angesichts der tatsächlich gegebenen Faktenlage für sehr bedenklich und verweise diesbezüglich auf die zuletzt von Jansen-Winkeln (2001) vorgetragenen Argumente :

Auszug Jansen-Winkeln : "Die traditionelle Ansicht, dass die Herrschaft der Libyer mit der 22. Dynastie beginnt, geht auf Ludwig Stern zurück. ... Da nun einerseits [libysche] Königsnamen zum erstenmal mit der 22. Dynastie aufzutreten schienen, andererseits in dem Stammbaum der Pasenhor-Stele die Vorfahren des ersten Königs der 22. Dynastie keine Könige sind, sondern "Großfürsten der M(sws)", lag die Schlussfolgerung nahe, daß mit Schoschenk I., dem ersten König der 22. Dynastie, auch die Herrschaft der Libyer in Ägypten begonnen hat, zumal dieser Schoschenk zu Beginn seiner Herrschaft in Theben nicht als König, sondern als Großfürst bezeichnet wurde, obwohl man schon nach ihm datierte. Diese Folgerung war damals [1883] schlüssig, heute ist sie es nicht mehr :

- Libysche Namen finden sich schon bei den Regenten der 21. Dynastie, wenn auch nicht so häufig wie in der 22. Der Hohepriester Masaharta hat einen libyschen Namen, ebenso wie mehrere Kinder des Herihor; das war schon lange bekannt. Durch einen Aufsatz von Jean Yoyotte von 1977 ist aber klar geworden, das auch ein König der 21. Dynastie schon Osorkon hieß, wie vier Herrscher der 22./23. Dynastie.

- Dieser König Osorkon / Osochor ist zudem ein Onkel Schoschenk I., nämlich der Bruder seines Vaters Nimlot A, und das bedeutet, dass der Übergang vom "Großfürsten" zum Pharao eben nicht bei Schoschenk I. und nicht in der 22. Dynastie lag. Und es bedeutet weiter, daß die Königsfamilie der 22. Dynastie schon in der 21. regierte."

Dieser Feststellung Jansen-Winkelns in seinem Beitrag über den thebanischen Gottesstaat braucht hinsichtlich des aktuellen Forschungsstandes im Grunde nichts hinzugefügt zu werden. Ich nenne hier daher lediglich die Quelle und füge einen Abschnitt aus Gauthiers Livre de rois hinzu.

* Jansen-Winkeln, Karl : Der thebanische 'Gottestaat'. In: Orientalia Lovaniensia analecta, Bd. 70, Leuven 2001, S. 165-166. Online : https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/propylaeumdok/2906/1/Jansen-Winkeln_Thebanische_Gottesstaat_2001.pdf

* Gauthier, Henri : Le livre de rois d'Égypte, Tome 3ième : De la XIXe à la XXIVe Dynastie, Kairo 1914, S. 317-319. Online : https://archive.org/details/MIFAO19f2/page/n47/mode/1up?view=theater

Information zu dem im Dateianhang eingestellten Pektoral : Pektoral des Pharao Scheschonq I. mit Plaketten seines Großvaters Scheschonq A. Fundort : Tanis, Sarkophag Scheschonq II. Entdecker: Pierre Montet 1939, Tanis Nr. 219, heute Kairo JE 72170. Foto : Jean-Pierre Dalbéra, Exposition "Osiris, mystères engloutis d'Égypte", Institut du Monde Arabe (IMA). Aufnahme : Flickr-Album, hochgeladen am 28.11.2015, Lizenz CC BY 2.0. Online : Pektoral Kairo JE 721701


Gruß Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 16.02.2024 um 18:47:21


1: https://www.flickr.com/photos/dalbera/22999534369/in/photolist-tRs6ZC-J9rky5-B3oCh2-HrDrg9-HP2ApA-HCXosW-G48E2n-LAfaZj-MvLA8H-Mpkkk8/


21) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 18.02.2024 um 17:14:47 - Anhang: Pasenhor-Stele_Louvre_IM_2846_Z_14.jpg

Hallo,

Lolli hat in seinem Beitrag darauf hingewiesen, dass er zu Mehetenweskhet1 im Lexikon dieses Forums einen Eintrag verfasst hat. Seine Ausführungen hat er mit einer langen Quellenliste versehen. Sie dokumentiert Lollis Hang, alte - oder älteste - Bearbeitungen eines Themas oder Textes heranzuziehen (und neuere, die davon abweichen, als "fehlerhaft" oder "zweifelhaft" zu bezeichnen). Dieses Vorgehen hat das hohe Risiko, veraltete Resultate zu reproduzieren. Das ist hier auch der Fall! Zudem kommt ein Missverständnis einer hieroglyphischer Inschrift, die zu weiteren falschen Schlussfolgerungen führt. Bevor ich den Lexikoneintrag bearbeite, will ich die Änderungen begründen.

Dass Mehetenweskhet möglicherweise ("presumably") eine Königin ist, ist von Petrie, History of Egypt, Bd. III, 1905, S. 2512 übernommen worden. Wie der bisherige Thread gezeigt hat, wird diese Ansicht heute von niemandem mehr geteilt.

Im einzelnen:

Es gibt mehrere Personen, die den Namen Mehetenweskhet tragen, was früher zu einiger Verwirrung geführt hat.  Die in der Pasenhor-Stele genannte Gemahlin des Scheschonq A wird jetzt als Mehetenweskhet A bezeichnet. Sie trägt den Titel "Königsmutter". Erst spät wurde erkannt, dass sie die Mutter von Orsorkon, dem Älteren ist, der inzwischen als König der 21. Dynastie gesehen wird (bei Manetho unter dem Namen Osochor geführt). Das ist im Lexikon-Eintrag zutreffend geschildert. Aber der Rest ist weitgehend falsch.

Petrie war sich nicht schlüssig und hielt Mehetenweskhet möglicherweise auch für eine Gemahlin Osorkons II. (S. 248 und 231) und ordnete ihr Uschebtis zu. Einer dieser Uschebti ist in LD III, 256 d3 abgebildet (jetzt, Berlin, Ägyptisches Museum, Inv.-Nr. 4523). Er trägt den Namen (in Kartusche) "Mehetenweskhet, geliebt von Mut" mit dem Titel "Gottesanbeterin" (Gottesgemahlin). Hier könnte es sich um Mehetenweskhet C handeln, Gemahlin von Psammetich I. (26. Dynastie).

Der Name Mehetenweskhet enthält den Bestandteil "Mehit". Es gibt mehrere Göttinnen dieses Namens, u.a. eine Löwengöttin. Sie hat nichts mit der Ringelschlange Mehen aus den Unterweltsbüchern zu tun: "auch Mehen (MHn) genannt" ist unzutreffend.

Zitat:
Über die Herkunft der Königin Mehetenweskhet lassen sich nur Vermutungen anstellen. Am Schluss der Pasenhor Stele, welche ihren chronologischen Anfang darstellt, finden sich zwei Djedpfeiler dargestellt, welche entsprechend dem Bericht des Wenamun für den Pharao Smendes I. und seine Gemahlin Tentamun stehen könnten.

Bei den beiden Djed-Pfeilern handelt es sich um das Verb Ddj "dauern" (Wb V, 628 - dort ist auch die hier verwendete Schreibweise angegeben, von mir - im Anhang - gelb markiert). Die Stelle Dd sp 2 "dauernd zweimal" wird bei Ritner so übersetzt (S. 19):

Zitat:
stable! enduring! flourishing! in the temple of ...

Die sich im Lexikon-Eintrag anschließende Spekulation, ob Mehetenweskhet eine Tochter Tentamuns sein könnte, ist völlig haltlos.

Im folgenden wird "Schoschenq I. der Ältere" (= Scheschonq A) als "König" bezeichnet, was nicht der Fall ist.

Es heißt dann weiter:

Zitat:
In der Pasenhor Stele wird Osorkon der Ältere und seine Gemahlin Tashedkhonsu (Tashaenkheper) jedoch erst später, in der 8. Generation eingeführt, was jedoch fehlerhaft ist.

Es ist Osorkon I. (und seine Gemahlin Tashedkhonsu) und nicht Osorkon, der Ältere. Auch die genealogischen Bemerkungen, die darauf folgen, sind falsch.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 15:52:55


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=210413200830
2: https://archive.org/details/historyofegypt03petr_0/page/251/mode/1up
3: https://digitalcollections.nypl.org/items/510d47d9-5a17-a3d9-e040-e00a18064a99


22) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 18.02.2024 um 17:45:49 - Anhang: 2 Anhänge

Hallo Michael, hallo zusammen

Erst die dritte von Brugsch (1877) übersetzte Inschrift, ein Erlass des Königs Scheschonq I. (945-924 v.Chr.), in welchem er die Erbangelegenheiten der Prinzessin Karama I. (Karomama A) regelt, datiert in die 22. Dynastie (1).

Brugsch übersetzt diesen Erlass auf den Seiten 657-659 und berichtet : Die Prinzessin Karamat (Karomama A) sei aus der Ehe des Königs Pisebchan I. (Psusennes I.) mit einer thebanischen Königstochter der Ramessiden entsprossen. Später habe diese Prinzessin Karamat (Karomama A) den Pharao Scheschonq I. geheiratet, wodurch ihre Position eine wesentlich andere geworden sei (2). Diese Angaben Brugsch' sind im wesentlichen zutreffend, nur wird man mit Gauthier berichtigen müssen, dass die Prinzessin und spätere Königin Karama I. (Karomama A) nämlich nicht die Tochter Psusennes I., sondern Psusennes II. (959-945 v. Chr.) gewesen ist (3). Diese Königin bildet das inhaltliche Zentrum des von Brugsch übersetzten Erlasses, weshalb ich ein Foto der von Quibell entdeckten Statuette dieser Königin Karama I. (Karomama A) in den Dateianhang eingestellt habe.      


(1) Schneider, Lexikon, S. 249, Art. Scheschonq I.
(2) Brugsch, Geschichte Ägyptens unter den Pharaonen, S. 657.
(3) Gauthier, Le livre de rois d'Égypte, Tome 3, S. 320 (Karama A). Online : https://archive.org/details/MIFAO19f2/page/n49/mode/1up?view=theater

Soweit mein Intro zur dritten Inschrift und einen Gruß in die Runde

Lolli

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 15:52:55

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23) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 18.02.2024 um 18:48:09 - Anhang: Vergleich_Z_3-4_Mariette_Jansen-Winkeln.jpg

Hallo, Lolli,

ich hatte geschrieben:

Zitat:
Mit x+4 beginnt die Zeile 4. Das heißt, der rechte untere Teil gehört noch zur Zeile 3. Ein Vergleich mit Mariettes Umzeichnung bestätigt das.

Du hast darauf entgegnet:

Zitat:
Diese von dir gemachte Aussage ist ganz klar falsch, wie ein Blick auf die im Beitrag # 7 von mir eingestellte Kollation Mariettes (1880), Platte 36, Zeile 4-5 eindeutig zeigt.

Ich empfehle Dir, den Anhang genauer unter die Lupe zu nehmen.

Du hast ein längeres Zitat von Jansen-Winkeln über den Beginn der libyschen Herrschaft in Ägypten gebracht. Daraus geht hervor, "dass der Übergang vom 'Großfürsten' zum Pharao eben nicht bei Schoschenk I. und nicht in der 22. Dynastie lag", sondern bei Osorkon, dem Älteren. Das ist in der Tat der "aktuelle Forschungsstand", wie ich ihn auch in anderen Veröffentlichungen neueren Datums gefunden habe. Was Jansen-Winkeln aber nicht behauptet, ist, dass Schoschenq A auch ein König der 21. Dynastie war!

Auf das von Montet gefundene Pektoral des Scheschonq A bin ich bereits eingegangen. Es ergibt sich bezüglich der von uns diskutierten Frage kein neuer Sachstand.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 17:45:49


24) Kritik zum Lexikoneintrag zur Königin Mehetenweskh
 Lolli2u am 18.02.2024 um 19:02:34

Stellungnahme

Michael teilte oben im Beitrag # 20 bezüglich der Quellenliste in dem 2021 von mir erstellten Lexikoneintrag zur Königin Mehetenweskhet über mich mit :


Zitat:
Seine Quellenliste dokumentiert den Hang, alte - oder älteste Bearbeitungen eines Themas oder Textes heranzuziehen und neuere, die davon abweichen, als fehlerhaft zu bezeichnen.


Kommentar : Ich habe im Beitrag # 19 zuletzt ausführlich den 2001 von Jansen-Winkeln zum Thema 21. Dynastie formulierten Standpunkt zitiert und diesen ausdrücklich begrüßt. Daher würde ich ihn bitten sich in seinen Aussagen etwas zu mäßigen und seinen Standpunkt differenzierter zu formulieren.

Auch später angefertigte Genealogien, wie etwa der in # 6 von mir eingeführte Kitchen (1986), S. 535, § 437 und Yoyotte (1977) greifen auf Vorarbeiten zurück, die Michael für hoch risikoreich hält. Doch was wären wir ohne diese Quellen, jetzt, wo die dort erörterten Inschriften inzwischen teils zerstört, teils so stark verwittert sind, das man sie nicht mehr lesen kann ? Der kritisierte Lexikoneintrag greift zudem auch auf Kitchen, sowie Hannig, Krauss und Schneider zurück. Allen ist in ihren Aussagen gemeinsam, dass sie die bisherige Bearbeitung der 21. Dynastie als ungenügend empfinden.    

Wenn Michael den von mir erstellten Lexikoneintrag zur Königin Mehetenweskhet also bearbeitet, wäre ich ihm zudem dankbar die dort angeführte Literatur nicht einfach sinnlos wegzuschneiden, denn die Autoren berichten - ähnlich wie der anfangs von ihm in # 1 noch als "Genie" bezeichnete Brugsch - in einer für ihre Zeit sehr kompetenten und in der Summe doch oftmals sehr zuverlässigen Art. Die durch Flinders-Petrie erfolgte Richtigstellung zur Genealogie der Pasenhor-Stele etwa wurde zuletzt beispielsweise auch durch Ritner (2009) übernommen. Meines Erachtens gibt es an dem Lexikoneintrag nur eines zu verbessern, und das ist die Lebenszeit des Scheschonq A und seiner Gemahlin Mehetenweskhet, welche eher in die Jahre 1075-1015 v. Chr. fallen dürfte. Beide gehören als Eltern Osorkon des Älteren (992-987 v. Chr.) also der 21. Dynastie an. Die Grundsätzlichkeit, mit der Michael hier über den Lexikoneintrag und seine Quellen hergezogen ist, ist daher völlig unangebracht, denn der Eintrag und die dazu genannten Beiträge stellen eine Bereicherung dar und sind in der Sache im wesentlichen stets zutreffend. Hier nun gegenteilige Spekulationen neuerer Art - und dies sind es häufig - nämlich Spekulationen, in Anschlag bringen zu wollen könnte dem Inhalt des Eintrags eher schaden als helfen.

Lolli2u

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 17:45:49


25) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 18.02.2024 um 19:23:05

Michael schrieb in Beitrag # 22 :


Zitat:
Ich empfehle dir, den Anfang genauer unter die Lupe zu nehmen.


Das habe ich bereits vor geraumer Zeit getan und ich denke, dass andere es jetzt ebenfalls tun werden: Jansen-Winkeln führt die Königin Mehetenweskhet in seiner Kollation erst in Zeile 5 ein.

Siehe dazu Beitrag # 10, Fußnote 3, Abydos Stele JE 66285 : https://books.google.de/books?id=KpWWEDHUp6QC&pg=PA159#v=onepage&q&f=false

Zur der von Mariette erstellten Kollation der Inschrift der Abydos Stele siehe oben in Beitrag # 7, Dateianhang, Platte 36.  

Soweit zur Lupe

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 18:48:09


26) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 18.02.2024 um 20:31:55

Hallo, Lolli,

ich hatte geschrieben: Anhang und nicht "Anfang". Im Anhang zu meinem Posting #22 habe ich Mariettes Zeile 3 und Jansen-Winkelns Zeile x+3 gegenübergestellt. Noch anschaulicher kann ich es wirklich nicht machen!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 19:23:05


27) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 18.02.2024 um 20:49:06

Ich kann den Lesern nur empfehlen die Kollation von Jansen-Winkeln (2007) zur Anydos Stele JE 66285 als Ganzes anzuschauen, denn dann wird im Abgleich sehr schnell klar, welche Aussage hier zutreffend ist.

Im übrigen Denke ich, dass sie meine nunmehr in # 21 begonnenen Ausführungen zu der von Brugsch (1877) auf den Seiten 657-659 vorgelegten Übersetzung einer dritten Inschrift vermutlich ebenfalls für ihre Polemiken gegen mich nutzen werden, denn in # 4 sagten sie ja bereits, dass sie die bei Brugsch vorgenommene Lesung "Karamat" (Karama/Karomama) mit Maspero (1889) für "irrig" halten. Folglich werden sie auch den oben dazu eingeführten Gauthier (1914) als Autorität vermutlich einfach irgendwo abkanzeln, ihre Statuette umwidmen, Schneider (2002) ignorieren und mich sonstwie weiter durch den Kakao zu ziehen suchen. Dafür bin ich mir jedoch zu Schade, weshalb ich mir die Besprechung der letzten Seiten von Brugsch' Ausführungen zur Königin Karomama A, der Tochter des Pharao Psusennes II. (959-945 v. Chr.), besser schenken kann, zumal ihre Antworten zunehmend bissiger werden.  

Guten Tag    

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 20:31:55


28) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 18.02.2024 um 21:32:56

Hallo, Lolli,

in meinem Posting #4 hatte ich schon darauf hingewiesen, dass es sich bei Brugschs dritter Inschrift um ein Orakeldekret Maatkares B, Gemahlin Osorkons I., handelt.

Hier ein Link zur Korrektur der irrigen Lesung von Brugsch, der den Namen als Karamat angegeben hat: Gaston Maspero, Les momies royales de Deir El-Bahari, 1889, S. 5931 (MMAF, Bd. 1, Nr. 4).

Zitat:
Karoâmâ n'a rien commun qu'avec Mâkerâ ou Mâkerî.

"Karoama hat nichts gemein mit Makara oder Makari." Das wird auf dieser Seite erläutert.

Eine weitere Übersetzung ist in Robert K. Ritner, Libyan Anarchy, 2009, S. 163-1662. Hier auch ein Hinweis auf Brugschs "obsolete analysis" dieser Inschrift.

Übrigens ist Karomama A, Gemahlin Schoschenqs I. und Mutter Osorkons I., nur in der Pasenhor-Stele belegt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 20:49:06


1: https://gallica.bnf.fr/ark:/12148/bpt6k511070x/f185.item
2: https://books.google.de/books?id=AA7TsL3jlgkC&pg=PA163#v=onepage&q&f=false


29) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 18.02.2024 um 23:28:00 - Anhang: 2 Anhänge

Auch ihr Beitrag # 27 zeigt einmal mehr, dass sie zunehmend abwegig argumentieren und mit Nebelkerzen um sich werfen, denn Brugsch akzeptierte die von Ihnen eingeführte "Makara" bzw. "Makari" in ihrer Lesart eben nicht, aber Maspero (1889) hatte die von Brugsch auf Seite 657 dazu gemachte Bemerkung offenbar nicht verstanden. Ritner dahingegen hat hier einfach Maspero ausgeschrieben, ohne Brugsch gelesen zu haben. Die beanstandete Textstelle habe ich hier zur Verteidigung Brugsch' noch abschließend in den Dateianhang eingestellt und möchte es dabei nun belassen, denn gegen Windmühlen lohnt es sich nur dann zu reiten, wenn sie Flügel hat.

Sie haben ihren Brugsch also offenbar gar nicht gelesen und so muss man dann über Sachverhalte diskutieren, die tatsächlich nie obsolet gewesen sind, sondern lediglich auf einem Missverständnis beruhen, weil sie aufgrund des Sprachunterschiedes zwischen französisch und deutsch schlicht nicht verstanden wurden. Da späterhin oftmals einer vom anderen ungeprüft abgeschrieben hat, ohne sich mit dem entsprechenden Sachverhalt selbst vertraut zu machen, finden sich in den neuen Beiträgen wie bei Ritner (2009) mitunter Fehler, die seit über hundert Jahren kolportiert werden. Die Realität ist jedoch die : Maspero und Brugsch vertraten im Grunde denselben Standpunkt, wie sich im Abgleich der Textstellen klar zeigt. Auch hier geht die Verwirrung erneut auf Wiedemann zurück.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit

Lolli    

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 21:32:56


30) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 18.02.2024 um 23:51:32

Hallo, Lolli,

in Deinem Posting #21 schreibst Du:

Zitat:
Erst die dritte von Brugsch (1877) übersetzte Inschrift, ein Erlass des Königs Scheschonq I. (945-924 v.Chr.), in welchem er die Erbangelegenheiten der Prinzessin Karama I. (Karomama A) regelt, datiert in die 22. Dynastie (1).

und gibst als Quelle an: "(1) Schneider, Lexikon, S. 249, Art. Scheschonq I." Dort finde ich aber nur die Information, dass Karama (I.) mit Scheschonq I. verheiratet war und kein Wort von dieser Inschrift.

Zu Gauthier:

Hier sind einige Uschebtis und Kanopenvasen Karama zugewiesen, die von Brugsch genannte Inschrift übrigens aber nicht. In Anmerkung (5) auf dieser Seite schreibt Gauthier:

Zitat:
M. Maspero (Mission française du Caire, t. 1, p. 749 et 750) paraît attribuer ces canopes et ces oushabtis, qui tous portent Mautmiri-Karâmâ, à une autre reine Karâmâ (II), épouse d'Osorkon II et grand'mère de la Karomâmâ qui épousa elle-même le roi Takelot II. Si cette attribution était exacte il ne resterait pour Karâmâ Ire, femme de Chéchanq Ier, que la mention de la stèle de Harpason, où elle est appelée [mw.t-nTr] et ne porte pas le cartouche.

Das heißt in etwa, dass Maspero die Kanopen und Uschebtis einer anderen Königin zuordnet. "Wenn diese Zuweisung stimmen sollte, würde für Karama I., Gemahlin Scheschonqs I., nur die Erwähnung in der Pasenhor-Stele übrigbleiben, auf der sie 'Gottesmutter' genannt wird und keine Kartusche hat (trägt)." Masperos Auffassung hat sich durchgesetzt. Ich brauche Gauthier nicht "abzukanzeln", sondern nur aufmerksam zu lesen, um seine vorsichtige Darstellung richtig zu finden.

Zur Statuette:

Zitat:
Diese Königin bildet das inhaltliche Zentrum des von Brugsch übersetzten Erlasses, weshalb ich ein Foto der von Quibell entdeckten Statuette dieser Königin Karama I. (Karomama A) in den Dateianhang eingestellt habe.

Schon wenn man auf die Webseite des Louvre1 geht, wird man darauf hingewiesen, dass sie zur Zeit Osorkons II. und Takelots II. lebte. Die Inschriften nennen sie "Gottesgemahlin des Amun". Sie wird heutzutage als Karomama G geführt (Kitchen, § 2822 siehe auch Fußnote 442, wo auf diese Statuette im Louvre verwiesen wird; sh. auch Index S. 508). Der Spender war auch nicht Quibell, sondern laut Webseite des Louvre Champollion, etwa 1830. Wenn jemand die Statuette "umgewidmet" hat, dann bist Du es doch!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 23:28:00


1: https://collections.louvre.fr/ark:/53355/cl010007975
2: https://archive.org/details/kenneth-anderson-kitchen-the-third-intermediate-period-in-egypt-1100-650-b.-c.-4-ed.-2009/page/322/mode/1up


31) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Lolli2u am 19.02.2024 um 18:48:16

Herr Tilgner schrieb in # 20 unter Berufung auf die 8. Generation der Pasenhor-Stele über meinen Lexikoneintrag zur Königin Mehetenweskhet:


Zitat:
Es ist Osorkon I. (und seine Gemahlin Tashedchonsu) und nicht Osorkon, der Ältere. Auch die genealogischen Bemerkungen, die darauf folgen, sind falsch.


Hier zeigt sich einmal mehr, dass Herr Tilgner die dort dazu genannte Literatur, aus welcher hervorgeht, dass der Schreiber der Pasenhor-Stele bei der Erstellung ihrer Genealogie in der Darstellung der 6. Generation einen gravierenden Fehler beging, gar nicht gelesen hat. Es sind dies :

* Flinders-Petrie (1904), Notes on the later Egyptian Dynasties, In : Proceedings, Vol. XXVI, London 1904, S. 284. Siehe online  https://archive.org/details/ProceedingsOfTheSocietyOfBiblicalArchaeologyVol261904/page/n347/mode/2up?view=theater  
* Breasted, Ancient Records of Egypt, Vol. IV, Chicago 1906, S. 393-399. Siehe online https://archive.org/details/in.ernet.dli.2015.231361/page/n427/mode/2up?view=theater
* Kitchen, The Third Intermediate Period in Egypt, Warminster 1986, S- 534-535. Siehe online https://archive.org/details/kenneth-anderson-kitchen-the-third-intermediate-period-in-egypt-1100-650-b.-c.-4-ed.-2009/page/535/mode/1up?view=theater

Der Schreiber der Pasenhor-Stele nennt also in Generation 8 den Pharao Osorkon I, und seine Gemahlin Tashedkhonsu, doch den in Generation 6 angedeuteten Pharao [Osorkon der Ältere und seine Gemahlin Tashaenkheper] versäumt er aufzuführen. Auch Breasted verweist S. 399, § 792 ausdrücklich auf diese Verdrängung Osorkon des Älteren durch eine irrtümliche Doppelnennung des Nimlot und der Tentsepeh. Dieser Fehler des damaligen Schreibers ist in Fachkreisen allgemein bekannt und als solcher gemeinhin anerkannt ! Siehe dazu die Rezeption dieser Erkenntnis durch : Yoyotte (1977), Marie-Ange Bonhême (1987), Jean-Marie Kruchten (1989), Karl Jansen-Winkeln (1994), Schneider (2002), Ritner (2009) etc. pp.

Sie, Herr Tilgner, haben im Beitrag # 20 im Brustton gegen mich und meinen Lexikoneintrag zur Königin Mehetenweskhet polemisiert, doch dies ändert eben nichts daran, dass Sie mit der Materie offenbar überhaupt nicht vertraut sind und daher würde ich Sie dringend darum bitten, eine eigene Bearbeitung dieses Lexikoneintrages zu unterlassen, denn in dieser Thematik sind Sie einfach auffallend schlecht informiert und merklich unbelesen. Also richten Sie bitte keinen Schaden an, denn es ist nicht immer so, wie es im ersten Augenblick aussieht ! Stattdessen : Wir können froh sein, dass wir in unserem Forum inzwischen über einen solchen Lexikoneintrag in dieser Art verfügen und dasjenige, was sich in der Zwischenzeit als inhaltlich überarbeitungsbedürftig erwies, habe ich heute im wesentlichen selbst aktualisiert. Im Grunde habe ich die Lebenszeit des Scheschonq A und der Mehetenweskhet um 15 Jahre vordatieren müssen und die dort bislang als "Enkelin" der Mehetenweskhet bezeichnete "Tentsepeh" ist als Gemahlin ihres Sohnes Nimlot A natürlich ihre Schwiegertochter, wie auch Gauthier dazu ganz richtig feststellt.  

Von mir werden in diesem Thread keine weitere Beiträge mehr kommen, da das wesentliche gesagt sein dürfte und Herr Tilgner die Textvorlage, nämlich die von Brugsch (1877) übersetzten Inschriften, vor geraumer Zeit aus den Augen verloren hat und dort, wo er auf ihn zu sprechen kam, unterstellte er ihm zuletzt anhand von Sekundärquellen Fehler, wo im Original keine sind und überging zugleich tatsächliche Fehler, wie etwa die auf S. 657 erfolgte Verwechslung des Pharaonen Psusennes I. mit Psusennes II. Insgesamt geriet das inhaltlich Verdienstvolle an den von Brugsch erstellten Übersetzungen dabei unter die Räder. Es dürfte allen klar geworden sein, dass die geschichtlichen Inhalte der 21. Dynastie lange Zeit vernachlässigt, oder aber - wie auch hier - sehr kontrovers diskutiert wurden. Im Grunde konnte sich hier lediglich darauf verständigt werden, dass der in der Abydos Stele genannte Nimlot A der Sohn des Scheschonq A war, und nicht umgekehrt. Aber immerhin !

Gruß Lolli    

> Antwort auf Beitrag vom: 18.02.2024 um 23:51:32


32) Re: Die 21. Dynastie in Brugsch' Geschichte Ägyptens
 Michael Tilgner am 19.02.2024 um 23:09:12

Lieber Lolli,

vielleicht bin ich schwer von Begriff, aber ich sehe die Dinge wie folgt: Wir haben zwei wichtige Texte für die Geschichte der 21. und 22. Dynastie, die Pasenhor-Stele und den (inzwischen verschollenen) Block vom Dach des Chonsu-Tempels. Das ist das eine. Das andere ist, wie wir heute diese Informationen zu einem Gesamtbild zusammenbringen.

Du hast im Lexikon-Eintrag "Mehetenweskhet" geschrieben:

Zitat:
In der Pasenhor Stele wird Osorkon der Ältere und seine Gemahlin Tashedkhonsu (Tashaenkheper) jedoch erst später, in der 8. Generation eingeführt, was jedoch fehlerhaft ist.

Diese Stelle hatte ich als unrichtig kritisiert, worauf Du geantwortet hast:

Zitat:
dass der Schreiber der Pasenhor-Stele bei der Erstellung ihrer Genealogie in der Darstellung der 6. Generation einen gravierenden Fehler beging

den ich nicht berücksichtigt hätte.

Ich habe den Text der Pasenhor-Stele mehrfach durchgelesen und konnte nur die folgende Stelle finden (Zeile 10; nach Ritner, S. 19):

Zitat:
... King Osorkon and the God's Mother Tashedkhonsu, son of King Sheshonq and the God's Mother Karoama ...

Nach allem, was ich weiß, handelt es sich bei dieser Beschreibung um Osorkon I. (22. Dynastie).

Ich habe nun einen Blick in den anderen Text geworfen (Zeile 8; nach Ritner, S. 13):

Zitat:
... whose mother was the woman Tashaenkheper, the justified, the god's wife of Pharaoh Osorkon, the son of Mehet(em)weskhet, the justified, whose father was [...] ...

Diese beiden Stellen kann man nur dann in Übereinstimmung bringen, wenn man annimmt, dass Tashedkhonsu und Tashaenkheper ein und dieselbe Person sind, was Du ja in dem obigen Zitat auch gemacht hast und unter der zusätzlichen Annahme - unter Berufung auf älteres Schrifttum -, dass die Genealogie Pasenhors fehlerhaft ist.

Die geniale Lösung Yoyottes bestand doch darin, dass er diese Stelle mit der Angabe in der Pasenhor-Stele, dass Mehetenweskhet "Mutter eines Königs" ist, in Verbindung gebracht und ihn mit dem bei Manetho genannten König Osochor (21. Dynastie) identifiziert hat.

Wenn wir - was eigentlich naheliegt - Tashedkhonsu und Tashaenkheper weiterhin als unterschiedliche Personen und die Genealogie Pasenhors nicht als fehlerhaft betrachten, geht doch alles auf! Die Texte bleiben, wie sie sind, und wir haben ein konsistentes Gesamtbild (zumindest in dieser Frage).

Oder habe ich da irgend etwas übersehen?

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 19.02.2024 um 18:48:16