Hallo, Leute, auf den Text in Spalte 1-2 werde ich demnächst noch einmal zurückkommen. Doch zunächst soll es weitergehen mit dem nächsten Ereignis, das im Jahresfeld angesprochen wird. @Snofru Zitat:
Lieber Michael, ich bitte um Korrektur! |
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Bei diesen alten Texten gibt es keine sog. "richtige" Übersetzung! Auch unter ausgewiesenen Ägyptologen - ich bin zudem keiner! - gibt es immer wieder und immer noch Diskussionen über Einzelfragen der Übersetzung bis zu grundsätzlichen Überlegungen. Ich kann nur einen Vorschlag anbieten, den ich nach längerer Auseinandersetzung mit diesem Textfragment für vertretbar halte. Spalte 2 - Fortsetzung - Spalte 3  xbA tA-nHs(j) jn.t anx-sqr 7000 jH aw.t 200.000 [Jahr des ...] "Verwüsten des Nubierlandes; Hinwegführen von 7000 Kriegsgefangenen und 200.000 Rindern (Großvieh) und Kleinvieh" xbA "zerhacken, zerstören (Grab, Festung, Mauer); verwüsten (Felder der Feinde)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 590-591) - Das erste Zeichen ist U7A (extended library): Danke, Seschen, für die Hilfe bei der Darstellung. nHsj "das nubische Volk tA nHsj Nubierland" (S. 424). - Nach Elmar Edel, Altägyptische Grammatik, Rom, 1955, § 268 zu dieser Stelle "muss es dagegen wegen der archaisch knappen Orthographie unentschieden bleiben, wie der Numerus anzusetzen ist." tA nHsj(w?) "Land der (oder des) Nubier(s)". jnj "holen, ... herbeiführen (Personen) ..." (Hannig, S. 74) - "hinwegführen" ist eine treffende Entsprechung. Der Infinitiv lautet jn.t mit Wegfall des dritten schwachen Radikals j (auch im Altägyptischen; Edel, § 687). sqr-anx "Gefangener, Kriegsgefangener" (Hannig, S. 771) - Diese Stelle ist wohl die einzige, die es andersherum schreibt: anx sqr. sqr heißt "schlagen, erschlagen (Feind)" (a.a.O.). Es gibt auch die Bedeutung "Gefangener" für anx (Hannig, S. 146); mit Determinativ A223 "stehender Mann mit gefesselten Händen auf dem Rücken" (extended library). Immer wieder liest man "lebender Gefangener" oder gar "lebender Erschlagener" bzw. "lebend zu Erschlagener" (Hannig, S. 144) als wörtliche Übersetzung von sqr-anx. Dazu hat Werner Vycichl, Die ägyptische Bezeichnung für den "Kriegsgefangenen", in: Göttinger Miszellen, Heft 2, S. 43-45 (1972) mit Vergleichen in semitischen Sprachen gezeigt, daß anx auch die Grundbedeutung von "binden" hat. Man kann zur Bekräftigung dieser These heranziehen: anx "Stabstrauch; Lebensstrauß (mit Blumen und Pflanzen)" (Hannig, S. 147), also "gebundene" Blumen; anx "(2) Sandalriemen" (S. 144); anx "schwören" bzw. "Schwur" (S. 146) - beim Schwören "bindet" man sich ja auch. Ob man die beiden ersten Zeichen in Spalte 3 als s "Mann" und s.t "Frau" lesen sollte oder nur als Determinativ für "Leute" (Hannig, S. 1025) ist schwierig zu entscheiden; ich ziehe letzteres vor. Zur Zahl 7000: Es heißt in Edel, § 385: "Die Vielfachen der Einer und der Zehnerpotenzen werden graphisch durch entsprechende Vielfachsetzung ausgedrückt, wobei die Tausender, dargestellt durch Lotuspflanzen, zu einer Gruppe verbunden werden können ..." - wie es ja in dieser Textstelle der Fall ist. Nun könnte man argumentieren, daß einmal 4 Tausender- und dann 3 Tausenderzeichen zusammengefaßt wurden und diese Zusammenfassungen mit dem Mann- bzw. Frauenzeichen korrespondieren. Dem würde ich entgegen halten, daß im Ägyptischen, wenn gleiche Zahlzeichen aufeinander folgen, diese in Gruppen dargestellt werden (Kurt Sethe, Von Zahlen und Zahlworten bei den alten Ägyptern, Straßburg, 1916, Abschnitt: "Die Gruppierung der Ziffern", S. 4-7): "Man gruppiert die gleichwertigen Ziffern zu Vieren, Dreien und Zweien (seltener auch zu Einem), und zwar geht dabei stets die größere Gruppe der kleineren voran." (S. 5) - Speziell zu den Tausendern, die gemeinsam aus dem Boden wachsen, heißt es (S. 6): "Diese spielende, ideographisierende Schreibung, die auch sonst zu beobachtende Eigentümlichkeit der ältesten Hieroglyphenschrift, verschwindet in unserem Falle mit der 6. Dynastie vollkommen aus der Hieroglyphik." Des weiteren stellt sich die Frage, ob wir sqr-anx als Singular oder als Plural sehen sollten. Ich hatte bereits in einem anderen Posting zur Opferformel die Stelle aus Edel, § 394 zitiert: "Neben dieser Schreibweise, die dem tatsächlichen Sprachgebrauch folgt, steht eine andere, die im Listenwesen ihren Ursprung haben wird; bei ihr wird das Gezählte vorangestellt und das Zahlwort in Ziffernschreibung nachgestellt ... Das Gezählte steht dabei graphisch meist im Singular ... Gelegentlich steht das Gezählte aber auch im Plural." jH "Rind" (Hannig, S. 96). Als Determinativ steht E1 "Rind" auch für Vieh und Großvieh (S. 1040). aw.t "(1) Kleinvieh (Schaf, Ziege, auch Esel, Schwein) ... (2) Herden Kleinvieh" (S. 132) - Es gab hier mehrere Vorschläge, wie E11 "Widder" (als Determinativ für Widder und Schaf) zu lesen sei. Edel, § 53: "Wenn die Phonogramme weggelassen werden ..., so kann daraus Unklarheit über die Lesung entspringen ...", die "erst durch Vergleich mit anderen Stellen ähnlichen Inhalts" beseitigt werden kann. Ich bevorzuge deswegen "Kleinvieh", weil doch offensichtlich ausgesagt werden soll, daß eine beträchtliche Anzahl von Groß- und Kleintieren abtransportiert worden ist. Hier nur eine spezielle Art wie Schafe, Ziegen oder Widder anzunehmen, erscheint mir wenig plausibel. Zudem ist für aw.t E11 "Widder" als Determinativ belegt (Hannig, Ägyptisches Wörterbuch I, S. 262). Hfn "100.000" (Hannig, S. 526) Viele Grüße, Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 06.01.2006 um 20:47:50
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