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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 Michael Tilgner am 05.03.2009 um 20:59:17 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Freunde,

vor ein paar Tagen wurde ein Grab einer Isisnofret in der Nekropole von Sakkara entdeckt. Im Ägyptologie-Blatt wurde kurz darüber1 berichtet. Einem Artikel des "Standards"2 vom 3. März 2009 wurden auch einige sehr schöne Photos beigefügt, von denen ich hier zwei anhänge. Sie sollen als Übungsaufgabe dienen:

Bitte übersetzt die Inschriften und teilt Eure Lösungen als versteckten Text mit!

Dies ist natürlich eine Aufgabe ohne Netz und doppelten Boden; eine "amtliche" Übersetzung liegt noch nicht vor. Doch handelt es sich weitgehend um Standardformeln; am Schluß wartet jedoch eine knifflige Stelle.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=newsshow&ntag=090303221954
2: http://derstandard.at:80/?url=/?id=1234508481177

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2) Re: Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 Seschen am 06.03.2009 um 13:07:20

Hallo!

Die Inschrift des zweiten Bildes nennt Titel und Namen der Verstorbenen, die auch im zweiten Foto zu lesen sind.
Die Göttin kann durch das Symbol Versteckten Text anzeigen...
als Selket1
 identifiziert werden.

Erstes Foto, oben, ab Mitte:



Versteckten Text anzeigen...
Wsjr  Sps.t  As.t-nfr.t
Der Osiris, die Vornehme Isisnofret


mittlerer Block (3 Kolumnen):



Versteckten Text anzeigen...
1) jmAx.y(t)  xr  xnt.j (-n)-jr.tj
Die Versorgte (/Ehrwürdige) bei Chenti(en)irti*

*Gottesname, siehe TLA, DZA 27.955.840

2) jj.n (=j) r wnn m zA(=t)  Wsjr
(Ich) bin gekommen, damit (ich) (dein) Schutz sei. Osiris,

3) Sps.t  As.t-nfr.t anx=tj
Vornehme Isisnofret; du mögest leben!

(... und jetzt nur eine wage Vermutung)
nmnm* =s   hrw  nb
Möge sie sich "bewegen" jeden Tag!

* Die beiden Zeichen sind seitenverkehrte O5 (phon. nm, Hannig  S. 1068)

nmnm (bzw. auch mnmn) - s. bewegen; s. hin und her bewegen (Person, Körper, als Lebenszeichen), Hannig S. 413 und S. 339


Gruß Seschen

> Antwort auf Beitrag vom: 05.03.2009 um 20:59:17


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=030707152514


3) Re: Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 Alvis am 08.03.2009 um 15:39:41

Grüß Gott!

Ich möchte mich auch einmal an einer Übersetzungsübung versuchen:

1. Bild
Versteckten Text anzeigen...
oben:Wsjir Sps.t Ast-nfrt
Die Verstorbene Edle/Vornehme Isisnofret
senkrecht, 1: jmAxjj xr #ntj-n-jrtj (Mxntj-jirtj)
Die Ehrwürdige bei Chentienirti (Mechenti-irti)
senkrecht 2: jj.n r wn m sA Wsjr
(ist) gekommen um zu sein im Schutz von Osiris
senkrecht 3: Sps.t Ast-nfrt anx.tj mrrt s hrw nb
(die)Edle Isisnofret sie möge leben, in der Öffentlichkeit (sei) sie jeden Tag.


2. Bild
Versteckten Text anzeigen...
oben:(Sp)s.t Ast-nfrt
die Edle Isisnofret
senkrecht: Wsjr Sps.t Ast-nfrt
die Verstorbene Edle Isisnofret.
Links daneben die Göttin Selket (%rqt


Herzliche Grüße
Alvis

> Antwort auf Beitrag vom: 05.03.2009 um 20:59:17


4) Re: Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 thomas am 08.03.2009 um 18:12:39

Hallo,
hier also meine Lesung:

Versteckten Text anzeigen...
imAx=i ixr xnt.(w)t-n-ir.ti
Ich bin versorgt bei (M)Chenti-n-irti

ii.n r wn m sA wsir
gekommen (um) zu existieren im Schutz (des) Osiris

Sps.t st-nfr.t anx=ti mr.wi=s hrw nb
die Vornehme Aset-Nofret (Isisnofret), mögest du lebend(ig) sein; sie (ist) zweifach Hörig jeden Tag (alle Tage)

Das Zeichen ist O5U und kann mr oder nm bedeuten. Ich habe mal im TLÄ gesucht und folgendes gefunden, was aber nicht 100% passen will:
DZA 24.226.860 Hörige


Gruss
thomas

> Antwort auf Beitrag vom: 08.03.2009 um 15:39:41


5) Re: Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 RamsesXII am 11.03.2009 um 06:48:29

Hallo zusammen,

hier mein Vorschlag:

Versteckten Text anzeigen...
Bild 1

oben:
Wsjr Sps.t As.t-nfr.t
"Osiris, die vornehme Isisnofret"

Osiris ist hier als der/die Verstorbene zu lesen

"die Verstorbene, die vornehme Isisnofret"

Spalte 1:
jmAx.y xr #n.tj-n-jr.tj
"die Ehrwürdige bei Chentiirti (Horus-Chentiirti)"

Spalte 2:
jj.n r wn m sA Wsjr
"ist gekommen (um) zu sein geschützt (im Schutz) von Osiris"

Spalte 3:
Sps.t As.t-nfr.t ? s hrw nb

bei den Zeichen (ähnlich O5) tippe ich mal auf ein Kryptogram, wie es in den Sargtexten/Totenbüchern verwendet wird.

"die vornehme Isisnofret möge leben ... jeden Tag"

Bild 2

Inschrift neben Göttin: srq.t - Serket (auch als Selket bekannt)

oben:
Sps.t As.t-nfr.t
"vornehme Isisnofret"

Spalte:
Wsjr Sps.t As.t-nfr.t
"die Verstorbene, die vornehme Isisnofret" (siehe Bemerkung zu Osiris oben)


Viele Grüße
Bernd

> Antwort auf Beitrag vom: 08.03.2009 um 18:12:39


6) Re: Übersetzungsübung: Sarginschrift der Isisnofret
 Michael Tilgner am 11.03.2009 um 12:11:17 - Anhang: 2 Anhänge

Liebe Leute,

erstmal herzlichen Dank für Eure Teilnahme! Interessant ist, daß sich die Übersetzungen im Großen und Ganzen zwar gleichen, aber im Einzelnen doch auseinandergehen.

Mein Vorschlag:

Versteckten Text anzeigen...
"Mittlerer Block" der ersten (linken) Abbildung.

jmAx.y(.t) xr xnt.j-n-jr.tj
"Versorgte bei / durch Chenti-n-irti"

jmAx.w / jmAx.y xr "versorgt sein bei / durch" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 70)

Zu dieser Formel: Wb. I, 82 unter jmAx.w. Dort ist auch die Schreibung mit -y als seit dem MR belegt angegeben. Blättert bitte auch durch die Schreibvarianten im Zettelkatalog.

Vielleicht stutzt jetzt der eine oder andere: Zum einen steht als Übersetzung "würdig sein", zum anderen "versorgt sein". Das ist doch etwas Unterschiedliches! könnte man meinen. Diese Gleichsetzung geht auf Wolfgang Helck zurück, der dargelegt hat, daß die ursprüngliche Bedeutung "versorgt sein", nämlich durch die Totenstiftung, eine Bedeutungsverschiebung in Richtung "geehrt sein" erfahren hat (Wolfgang Helck, Wirtschaftliche Bemerkungen zum privaten Grabbesitz im Alten Reich, MDAIK, Bd. 14, S. 63-75 (1956)).

Zitat:
Das Amt, d.h. die institutionalisierte Beziehung zum Königtum, ist - zumindest im AR - Grundlage der für die äg. Totenreligion entscheidenden Konzeption der "Jenseitsversorgtheit" (jmAx). Darunter versteht der Ägypter eine Relation (man ist jmAxj xr "versorgt bei" jemand): die Beziehung eines Grabherrn zu der seine Fortdauer garantierenden Instanz.  (LÄ VI, 661 im Stichwort: "Totenkult, Totenglauben")

Die weibliche Form ist jmAx.t "die Ehrwürdige, die Versorgte" (Hannig, S. 71). Im Wb. I, 82 sind auch die Schreibvarianten angegeben, darunter jmAx.y.t. Daß das .t fehlt, ist in den Texten des NR weit verbreitet, da auslautendes t in der zeitgenössischen Sprache nicht mehr ausgesprochen wurde.

Zum Gott #nt.j-(n)-jr.tj (Hannig, S. 1232; Wb. III, 306; Wb. II, 132) füge ich den Eintrag "Chenti-irti" aus LÄ I, 926-930 von Emma Brunner-Traut bei.

jj.n(=j) r wn(=j) m sA
"ich bin gekommen, damit ich Schutz sei ..."

Die 1. Person Singular =j wird oft weggelassen (Gardiner, Egyptian Grammar, § 34: "The suffix was regularly omitted in O.K.; so too sometimes later.")

Einige von Euch haben das Verb jj.n an das Vorhergehende angeschlossen, z.B. als sDm.n=f: "Chenti-n-irti (ist) gekommen". Das geht m.E. nicht, da die übliche Wortfolge 1. Verb 2. Subjekt, also genau umgekehrt ist. Auch die Übersetzung "... Chenti-n-irti, gekommen ...", also etwa als Partizip, kommt nicht in Frage, da es ein Partizip mit n nicht gibt. Andererseit geht auch nicht, daß zwei Präpositionen direkt aufeinander folgen. Die einfachste Möglichkeit ist die hier angegebene. Zwar fehlt die übliche Einleitung Dd mdw jn ... "Worte zu sprechen durch ...", aber aufgrund der Schreibrichtung des Textes und der Blickrichtung des Gottes ist die Aussage dem rechtsstehenden Gott zuzuordnen.

r + Infinitiv wird benutzt, um Zukünftiges oder den Zweck auszudrücken (Gardiner, §§ 163, 4 und 10; 304, 3). Allerdings irritiert der Umstand, daß wn nur mit einem n geschrieben ist, da der Infinitiv wnn lautet (Gardiner, § 299 unter 2ae gem.). Mein Vorschlag beruht daher auf folgendem: Laut Gardiner, § 304 Obs. ist zu beachten: "When subject(s) closely follows the verb-form, it is to be presumed that the verb-form is not the infinitive, but the cDm.f form ...". Und zwar ist das sog. prospektive sDm=f (auch Subjunktiv genannt) heranzuziehen. Dazu heißt es in Allen, Middle Egyptian, Abschnitt 19.13 "The subjunctive of wnn": "like other verbs it can be used in the subjunctive (ungeminated wn); for example ... jj.n(.j) wn.j m zA.k 'I have come that I might be your protection (purpose ...) ...".

m "[Identität / Äquivalenz, ohne Übersetzung]" (Hannig, S. 311 [unter (11)]; Gardiner, §§ 38, 162, 6)

(n) Wsjr Sps.t As.t-nfr.t anx.tj
"für die Verstorbene, die Vornehme Isis-nofret, sie möge leben"

(n) habe ich hinzugefügt; denkbar ist aber auch die Auffassung als direkter Genetiv: "damit ich Schutz sei der Verstorbenen ..."

Sps.t "die Edle, die Edelfrau, die Vornehme, die vornehme Frau" (Hannig, S. 815) - Substantiv, nicht Adjektiv!

As.t-nfr.t "Isis ist gut" - Laut Ranke, Personennamen, Bd. I, S. 4, Nr. 7 (abgekürzt: PN I, 4.7) ist dieser Name im NR häufig.

anx.tj ist Pseudopartizip und kann entweder 2. Person Singular "du mögest leben" oder 3. Person Singular feminin "sie möge leben" bedeuten. Ich habe mich für letzteres entschieden, da es sich um eine übliche Ergänzung zum Namen handelt; siehe auch Wb. I, 197 unter E.

nmnm=s ra nb
"sie möge sich bewegen / regen jeden Tag"

nmnm "sich bewegen, sich hin und her bewegen" (Person, Körper, als Lebenszeichen)" (Hannig, S. 413)

Diese Formulierung ist mehrfach belegt, auch in den Pyramidentexten (siehe beigefügten Zettelbeleg). - Prospektives sDm=f (Subjunktiv) als Wunschsatz.

Zur Schreibung siehe auch das Grundwort nmj "reisen, gehen, fahren" (Hannig, S. 412; Wb. II, 265, wo auch das spiegelverkehrte O5 als Determinativ belegt ist).

ra nb "täglich, jeden Tag, immer, Tag für Tag" (Hannig, S. 460) - Die Umschrift hrw nb "täglich, jeden Tag" statt ra nb ist selten (Hannig, S. 496; Wb. II, 499).


Der Text der zweiten (rechten) Abbildung ist nur ein Teil des obigen. Die Göttin ist Selket.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 11.03.2009 um 06:48:29