DIE OSTWAND Die folgende Numerierung folgt den Spalten des Originaltextes. Zunächst die längere Inschrift:
Spalte 1 Dd-mdw jn smr.w "Worte zu sprechen durch die Freunde / Höflinge"
Dd-mdw jn "Worte sprechen seitens/von, im Wortlaut zu rezitieren von" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1018) - Diese Phrase hatten wir schon mal im Thread
maat-ka-ra vor Hathor in Deir el-Bahari1 diskutiert.
smr "Freund (ein Hofrang), Höfling)" ...
smr n pr nsw "Freund des Königshauses" (Hannig, S. 708) - Dazu später mehr!
Spalte 2 wr.w n.w pr-nsw.t "(und) die Großen des Königspalastes"
A21 kann als Ideogramm für
sr "Beamter" stehen. Dafür hat sich Thomas entschieden. Zum anderen wird A21 auch verwechselt mit A19, das u.a. als Ideogramm für
wr "Großer" verwendet wird (Hannig, S. 1027). Den Grund, warum ich letzteres vorziehe, erläutere ich weiter unten. A21 als Determinativ für
smr anzusehen, geht m.E. nicht: Hinter
smr stehen bereits drei Striche, danach das Determinativ und wiederum drei Striche; eine doppelte Kennzeichnung des Plurals mit den Pluralstrichen gibt es nicht, wohl aber eine phonetische - Schreibung mit
.w - und Dreifachsetzung des Determinativs bzw. mit drei Strichen (Gardiner, Egyptian Grammar, § 73: "Writing of the plural and dual").
Spalte 3 ntj Hr sTA "die ziehen"
Hier folge ich der Auffassung, daß es sich um einen Relativsatz handelt. Grammatikalisch handelt es sich um die sog. pseudoverbale Konstruktion, die entweder mit einem Pseudopartizip oder mit
Hr + Infinitiv gebildet wird. Zu den Einzelheiten muß ich auf die Grammatiken verweisen. Für unseren Fall ist Gardiner, § 328 "The pseudo-verbal construction after the relative adjective
nty" heranzuziehen. Laut Gardiners Übersicht im § 320 sieht er bei Verben der Bewegung in
Hr + Infinitiv die Betonung auf die Bewegung selbst ("emphasize the movement itself"). - Ein Bezug auf das Neuägyptische ist also nicht erforderlich! Auch die Schreibung
ntj für den Plural ist schon im Mittelägyptischen belegt: "The relative adjective agrees in number and gender with the antecedent, whether implied or expressed ... When the antecedent is expressed, however,
nty is often found in place of
ntyw ..." (Gardiner, § 199).
Das Zeichen U30 "Töpferofen" (Hannig, S. 1088) sieht hier ein wenig anders aus, aber als
p würde ich es nicht sehen!
Spalte 4 Wsjr nsw.t nb tA.wj "den Osiris, den König (und) Herrn Beider Länder"
"König und Herr Beider Länder" als Apposition zu Osiris.
Spalte 5 Nb-xpr.w-Ra r jmnt.t "Neb-cheperu-Re zum Westen"
jmnt.t "Westen, Nekropole" (Hannig, S. 72)
Spalte 6-7 Dd=sn m mdw.t Nb-xpr.w-Ra "sie sagen in Worten: '(o), Neb-cheperu-Re'"
mdw.t "Rede, (gesprochenes) Wort" - Von der Wortbildung ist es sicherlich als feminines Partizip von
mdwj "sprechen, reden" aufzufassen. "The plural strokes are frequently added to feminine participles used without antecedent noun to express neuter ideas; exx. ...
Dddt 'what has been said' ..." (Gardiner, § 354) - Ein vorausgehendes phonetisches Komplement
m ist nicht belegt (siehe Wb. II, 181 und Belege zur Schreibung), dieses muß also in die Umschrift übernommen werden.
Spalte 8 jw m Htp j "'komme in Frieden, o'"
jwj m Htp "kommen / zurückkehren glücklich in Frieden" (Hannig, S. 27; Wb. I, 44). So weit, so gut! Dennoch ist diese Stelle etwas problematisch: Laut Gardiner, § 336 lautet der Imperativ von kommen
jj bzw. "Ordinarily they are replaced by imperatives from other stems ...
mi 'come'" (siehe auch Hannig, S. 323; Wb. II, 35). Die Belege im Zettelarchiv und auch Allen, Middle Egyptian, S. 185-186 weisen auch ein
jw als Form des Imperativs auf; aber: "The regular imperatives of anom.
jj and
jwj 'come' ... are not often used. Middle Egyptian normally uses the special imperative
mj ..."
Die Ergänzung um die 1. Person Singular, also
jw(=j) m Htp halte ich in diesem Zusammenhang für unwahrscheinlich; es sind ja die Worte der Ziehenden zu erwarten.
Das
j am Ende der Spalte ist die Interjektion "o!" (Hannig, S. 21, Wb. I, 25; Gardiner, § 87 "Vocative"), nicht das Suffix der 1. Person Singular.
Spalte 9 nTr sA-tA "Gott, 'Schutz der Erde'"
sA-tA "*'Schutz der Erde'" (ein Ausruf bei Feierlichkeiten)" -
jj nTr sA-tA "'es kommt der Gott, macht Sa-ta' (ein Ausruf im Bestattungsritual)" (Hannig, S. 655; Wb. III, 416) - Offensichtlich ist diese Formulierung noch etwas kryptisch, denn Hannig hat ein * für "unsicher, unklar, noch nicht beweisbar" vorangesetzt.