Meine Äußerung mit den "Feilspänen" war doch etwas unbedarft... deshalb hier nocheinige ernsthaftere Lesefrüchte. Die in der Diskussion angeschnittenen Fragen betreffen das Material der auf den Schlacht/Schächtungsszenen zu sehenden Messer, die Messerschärfer sowie den Vorgang des Schärfens. Antworten darauf geben ausführlich die Arbeiten von A. Eggebrecht (1) und Salima Ikram (2), auf die Iufaa und Nauna hingewiesen haben. Über Messerformen hat W. Helck im LÄ IV, 109-113 das Wichtige konzentriert. Das Material der Messer ist seit dem Paläolithikum tatsächlich Feuerstein "vor allem im AR aber auch im MR" (1) gewesen, obwohl Kupfermesser auch im AR schon verwendet wurden. Die Darstellungen in Gräbern weisen nach (1) auch wegen des abgebildeten Schärfvorganges auf die überwiegende Benutzung von Steinmessern hin. Der Einwand von cq (pers. Mitt.), dass Feuersteinknollen solcher Größe, aus denen Messer mit mehr als 20 cm Länge hergestellt werden können, nicht gefunden werden, trifft nach K. Kromer (LÄ II, 208/9) für Ägypten nicht zu. Kromer hebt hingegen die z.T. besondere Größe von ägyptischen Feuersteinknollen hervor: Durchmesser von 50 cm seien keine Seltenheit. Somit ist allein die Größe kein Indiz für Metall als Material. Auch die vielen gefundenen großen Exemplare (ein Extrem: 37 cm: Needler, JEA 42, 1956, 41-44), wie sie im Kairoer Katalog von Currelly (Stone implements) abgebildet wurden, belegen Feuerstein (Flint) als Material - und sicher nicht nur in den Grabbeigaben. Ikram (2) vermutet, dass die besonders langen Messer vor allem für das Durchtrennen der Halsgefäße und der Luftröhre, also für das Schächten, verwendet wurden und dass für die weiteren Arbeitsgänge (Zerlegen, Häuten) kleinere Messer zum Einsatz kamen. (Über das Schächten diskutiert Eggebrecht (1) ausführlich.) Ikram erwähnt auch eigene vergleichende Erfahrungen mit Messern aus Flint bzw. aus Bronze (70 % Kupfer + 30 % Zink), wonach die Steinmesser länger scharf blieben als ihr metallenes. Auch hält sie das Nachschärfen der Steinmesser durch Retouchieren für leichter durchführbar als das Wetzen eines Metallmessers mit einem Wetz/Schleifstein (vorzugsweise aus feinkörnigem Sandstein). Erst im NR sind die Steinmesser wohl weitgehend von solchen aus Metall abgelöst worden (1). Für den lange und weithin geübten Gebrauch von Flintmessern sprechen weitere Argumente: das Material war seit altersher eingeführt, in Ägypten reichlich vorhanden, also leicht erhältlich und es war billiger als Metall. Zweifellos wurde auch die Technik der Feuersteinbearbeitung von vielen Handwerkern und mit langer Tradition beherrscht; sie erreichte in Ägypten eine nur noch in Nordeuropa vergleichbare Kunstfertigkeit. Selbst im NR sind Steinmesser weiterhin in Gebrauch, eiserne oder bronzene dienten viel mehr zu Repräsentationszwecken (1). Die altägyptischen Messerschärfer - besser nicht als Wetz- oder Schleifsteine bezeichnet, weil damit vom modernen Sprachverständnis her immer Metallmesser in Verbindung gebracht werden - fehlen auf kaum einer Schlachtszene aus dem AR (s. obige Abbildungen und die Erläuterungen dazu von Nauna), und auch ihre Darstellung deutet nach (1) und (2) viel mehr auf Stein- als auf Metallmesser hin. Die Form der Schärfer stellt sich als kurzer Stab dar, an dessen Ende zumeist eine Öse die Befestigung mittels eines Bandes am Gürtel des Schlächters erlaubt. Auch die Hieroglyphe T33 bildet das recht genau ab. Das Material der Schärfer war grünlicher oder schwarzer Basalt, aber auch Knochen oder Zahn und vielleicht auch die in frischem Zustand sehr harte Mittelrippe von Dattelpalmen (2). Mit diesem Gerät soll es gelingen, durch Schlag, aber vorzugsweise (1) durch Druck gegen die Schneide davon Splitter(chen) abzudrücken und so der Klinge erneute Schärfe zu geben. Eggebrecht meint, dass diese "Druckmethode" das einzige Verfahren sei, das das beim Schlagen leicht eintretende Zerbrechen des Messers vermeidet. Die Andeutung eines solchen Schärfvorganges auf ägyptischen Darstellungen, bei denen die Spitze des Schärfers die Messerschneide nur zu berühren scheint, wird meines Erachtens der für die Durchführung der Drucktechnik erforderlichen Kraftaufwendung nicht so ganz gerecht. Vielleicht ist diese Art der Abbildung auch einer gewissen Kanonisierung der Darstellungsweise geschuldet. Der Wikipediaartikel "Feuerstein" gibt zur Drucktechnik noch einige Angaben mehr. Akzeptiert man diese Folgerungen, so "dürfte auch kein Zweifel mehr daran bestehen, dass es sich bei den von den Schlächtern während des AR benutzten Messern, so wie sie uns die Bilder überliefert haben, um Feuersteingeräte handelt" (1). Schleifsteine für Metallmesser sollen nach Originalfunden übrigens ein ganz anderes Aussehen haben (1). (1) Eggebrecht, Arne: Schlachtungsbräuche im Alten Ägypten und ihre Wiedergabe im Flachbild bis zum Ende des Mittleren Reiches. Dissertation LMU München, 1973 (2) Choice cuts: Meat production in Ancient Egypt. Orientalia Lovaniensia Analecta 69, Leuven 1995
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2010 um 17:54:26
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