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   Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter (9)
  Autor/in  Thema: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter
Berliner  
Gast

  
Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Datum: 20.04.2009 um 16:03:23 »     

Hallo ihr,
Ich trete als Nicht-Ägyptologe auf der Stelle, könnt ihr mir helfen?

Es geht um ein Liebesgedicht aus dem Papyrus "Harris 500", erste Liedersammlung. Von dem Gedicht gibt es mehrere Übersetzungen. Eine davon ist diese hier:


Zitat:
Mädchen:

Bin ich denn nicht bei dir?
Weshalb möchtest du fortgehen?
[Willst du mich] nicht mehr umarmen?
[Bereitet es] keine Lust mehr,
meine Schenkel zu liebkosen?
Gehst du weg, weil du ans Essen denkst?
Bist du denn ein Mann, der seinem Bauch nachläuft?
Ist es, weil du dich um Kleidung sorgst?
Ich besitze doch feines Leinen.
Oder wolltest du gehen, weil du Hunger hast?
Nimm doch meine Brüste, ihr Inhalt flutet dir über.
Herrlicher ist ein Tag in den Armen des Geliebten
als hunderttausende auf dem Felde.


Nach vielem Herumlesen vermute ich, daß wohl alle Übersetzungen auf diese Quelle zurückgehen:

Zitat:
Gaston Maspéro. Études égyptiennes I. Romans et poésies du papyrus Harris No. 500, conservé au British Museum, avec facsimile, texte et traduction et commentaire. Paris 1879. 80 pp. 8. 8 Taff. fr. 15.


Den hieratischen (?) Originaltext hätte ich nun allzu gerne mal im Original als Bild gesehen, um ihn einem Fachmann vorzulegen und natürlich würde ich das Bild auch gerne der Übersetzung beilegen.
Hat jemand Zugriff auf die Quelle oder Ahnung wo man sie findet oder noch besser: An wen im Britischen Museum man sich wenden könnte?

Mein Hintergrund ist der, daß man Parallelen zwischen dem biblischen Hohelied bzw. "Salomos" Sprüchen und den Liebesliedern in Harris 500 sieht, also von einem gemeinsamen Kulturgut ausgeht. Das Gedicht oben ist im Prinzip nur ein Beispiel, wobei man sich hier auf Sprüche 5, insbes. Sprüche 5:19 bezieht (Achtung: Wörtliche Bibelübersetzung bzw. hebr. Original).

Ach, wenn ich da nur endlich weiterkommen würde
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #1, Datum: 21.04.2009 um 10:12:53 »   

Lieber Berliner,

einem Fachmann brauchst Du das hieratische Original nicht vorzulegen, denn die Fachleute haben sich mit der altägyptischen Liebespoesie im allgemeinen, mit dem Papyrus Harris 500 (= BM EA 10060) im besonderen und darüberhinaus auch mit den Beziehungen zum Hohenlied schon häufig befaßt.

Das von Dir angeführte Beispiel stammt aus Kolumne 1 des pHarris 500, und zwar in den Zeilen 1-6.

Die Abbildung des hieratischen Originals stammt aus W. Max Müller, Die Liebespoesie der alten Ägypter, 2. Auflage, Leipzig, 1932 Tafel 3, die hieroglyphische Umschrift ist die der Tafel 2. Im einzelnen gibt es inzwischen Verbesserungen bei der Umschrift. Auf der Webseite des Britischen Museums gibt es auch Farbphotographien dieses Papyrus', hier die Spalten 1 und 2. Der Text ist in Neuägyptisch abgefaßt.

Mit der altägyptischen Liebespoesie und ihrem Verhältnis zum Hohenlied beschäftigt sich ausführlich Michael V. Fox, The Song of Songs and the Ancient Egyptian Love Songs, Madison/London, 1985. Auf Deutsch ist eine Zusammenfassung hier zu finden: Waltraud Guglielmi, Die ägyptische Liebespoesie, in: Antonio Loprieno (Hrsg.), Ancient Egyptian Literature. History & Forms, Leiden/New York/Köln, 1998, S. 335-347. Sie schreibt speziell zu Deiner Fragestellung:

Zitat:
Der Einfluß ägyptischer Liebeslieder auf andere Literaturen ist wegen ihrer kurzen Bezeugungszeit schwer zu fassen. Auf die Verwandtschaft, vor allem in der Metaphorik, mit dem sehr viel jüngeren Hohenlied wurde immer wieder hingewiesen. (S. 347)

Ausgehend vom Hohenlied gibt es auch eine kurze Betrachtung zu den altägyptischen Einflüssen im "Wissenschaftlichen Bibellexikon im Internet" von Anselm C. Hagedorn, Hoheslied.

Viele Grüße,
Michael Tilgner




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> Antwort auf Beitrag vom: 20.04.2009 um 16:03:23  Gehe zu Beitrag
Berliner  
Gast - Themenstarter

  
Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #2, Datum: 21.04.2009 um 14:38:21 »     

Klasse - jetzt hast du mich aber wirklich beeindruckt, denn deine Antwort enthält ja wirklich alles, was ich gesucht hatte... Ein ganz dickes Dankeschön

Eine Frage habe ich noch zur hieroglyphischen Umschrift. Ist die Übertragung einfach so als eine Art akademischer Spaß an der Sache zu sehen? - Wenn ich es richtig verstanden habe (Wikipedia), dann ist die hieratische Schrift eine Weiterentwicklung der Hieroglyphen, aber beide Schriften wurden parallel verwendet?

Ich mache mir gerade den "akademischen Spaß", das Lied in den Hieroglyphen ausfindig zu machen, hab aber noch keinen Erfolg gehabt
> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2009 um 10:12:53  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter Mathieu_pl_8_pHarris_500_col_1.jpg - 247 KB
« Antwort #3, Datum: 21.04.2009 um 20:11:58 »   

Die folgende hieroglyphische Transkription stammt aus Bernard Mathieu, La poésie amoureuse de l’Égypte ancienne, Le Caire, 1996, Tafel 8 (Ausschnitt für die Zeilen 1-6) und ist der von Müller vorzuziehen.

Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Sich mit altägyptischen Texten zu befassen, macht durchaus "Spaß", ist allerdings eine langwierige Angelegenheit, die viel Zeit und Energie kostet, aber durch mancherlei Einsicht in die Denk- und Ausdrucksweise einer uns doch fern stehenden Zivilisation entschädigt.

Entweder wird man von diesem "Virus" infiziert - dann kommt man nicht so schnell wieder davon los, oder nach zwei Wochen ist alles vorbei!

In diesem Fall kommt hinzu, daß man neben den Kenntnissen in der hieroglyphischen Schrift auch die Grammatik des Neuägyptischen kennen sollte; letztere erwirbt man sich heutzutage erst nach dem Studium des Mittelägyptischen. Das sind doch allerlei Vorausetzungen, die das "Finden" des Liedes in den Hieroglyphen (geschweige denn im hieratischen Original) nicht gerade erleichtern.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 21.04.2009 um 14:38:21  Gehe zu Beitrag
Berliner  
Gast - Themenstarter

  
Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #4, Datum: 23.04.2009 um 09:48:32 »     

Hier ein Foto der ersten Spalte desPapyrus Harris 500:

Foto gelöscht, da Quellenangabe fehlt,

Iufaa
« Letzte Änderung: 27.04.2009 um 09:28:53 von Iufaa »
> Antwort auf Beitrag vom: 22.04.2009 um 14:23:42  Gehe zu Beitrag
Manachpiria  
Gast

  
Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #5, Datum: 27.04.2009 um 08:33:09 »     

Hallo Berliner,

darf ich mal fragen, woher Du dieses Foto hast?

Viele Grüße
Manachpiria
> Antwort auf Beitrag vom: 23.04.2009 um 09:48:32  Gehe zu Beitrag
Berliner  
Gast - Themenstarter

  
Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #6, Datum: 29.04.2009 um 10:46:26 »     

Ihr verunsichert mich jetzt etwas: Nach deutschem Recht ist ein 2D-Vorlage gemeinfrei, wenn ihr Urheber seit 70 Jahren tot ist (Regelschutzfrist).

Nach meiner Kenntnis ist es so: Bei der originalgetreuen Wiedergabe von zweidimensionalen Vorlagen entsteht nach herrschender juristischer Lehre  kein Schutzrecht nach § 72 Urheberrechtsgesetz. Die Anfertigung einer einfachen Kopie (Foto, Scan, Papierkopie...) schafft also kein neues Copyright - und zwar mit der ausdrücklichen Begründung, daß man sonst die gesetzlich gewünschte Gemeinfreiheit unterlaufen könne, indem man zum Beispiel in einem Museum ein Fotografierverbot erläßt, insbesondere bei öffentlichen Sammlungen. Siehe  dazu "Bildrechte" bei Wikipedia, insbes. Abschnitt "Bildrechte in Museen, Archiven und Bibliotheken" und "Bildrechte an Sachen auf privatem Raum". Dort steht u.a. "Fotografien, die unter Verletzung des Hausrechts oder entgegen einem Fotografierverbot erstellt worden sind, deren Abbildungsgegenstand aber gemeinfrei ist, stellen keinen Eingriff in fremde Urheberrechte dar und nicht notwendigerweise einen Eingriff in fremde Rechte." und "Die Gerichte haben wiederholt festgestellt, dass es kein Recht am Bild der eigenen Sache gibt."

Ganz wichtig ist dazu auch der Artikel "Kulturgut muß frei sein." von Klaus Graf.

Und noch ein Beispiel; auch aus Wikipedia:

"Der Bundesgerichtshof erachtete 1989 originalgetreue Wiedergaben in der Entscheidung Bibelreproduktion (BGH 1. Zivilsenat, 8. November 1989, Az. I ZR 14/88) nicht als schutzfähig. Hierbei ging es um Fotos von gemeinfreien, illustrierenden Kupferstichen Matthäus Merians (1593-1650)."
> Antwort auf Beitrag vom: 27.04.2009 um 08:33:09  Gehe zu Beitrag
Manachpiria  
Gast

  
Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #7, Datum: 29.04.2009 um 14:02:10 »     

Hallo Berliner,

puh, keine Sorge, ich wollte Dir doch gar keinen Strick drehen oder irgendwas unterstellen. Meine Frage war harmloser als sie klingt.

Viele Grüße
Manachpiria
> Antwort auf Beitrag vom: 29.04.2009 um 10:46:26  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Liebespoesie aus Harris 500, komme nicht weiter 
« Antwort #8, Datum: 29.04.2009 um 21:53:45 »   

Hi,

bitte, das ändert nichts daran, dass man sauber die Quelle angibt, das gebietet allein schon die Fairness gegenüber dem Inhaber des Urheberrechts und gegenüber dem Leser, der sich so sein eigenes Bild machen kann.
Selbstverständlich darf man auch darauf hinweisen, dass man etwas selber fotografiert hat (mit Angabe in welchem Museum o.ä.).

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 29.04.2009 um 10:46:26  Gehe zu Beitrag
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