Hi Benedikt. Das ist echt verblüffend ! Etwas ganz ähnliches gab es in Ägypten auch! Auch hier spielte vor allem der Gedanke eine Rolle Feste zu einem bestimmten Zeitpunkt zwischen Mond- und Sonnenkalender zu synchronisieren. Allerdings handelt es sich hierbei nicht um eine echte Schaltung, sondern um eine „Umbenennung“. Aber vielleicht etwas ausführlicher: Der Mondkalender begann seinen Zyklus am Tage nach der letzten Sichtbarkeit der Mondsichel während der morgendlichen Dämmerung. Verschwand diese dann für einen Tag völlig, so wurde dieser Tag bereits als neuer Mondmonatstag gerechnet. Neugebauer (Neugebauer O., The Origin of the Egyptian Calendar, in: JNES 1 (1942), S: 396-403) nennt dieses Phänomen die „morning epoche“, also daß der Mondkalender sich nach den Sichtbarkeitsphasen am Morgenhimmel richtet. Wenn der Mond am Morgen am östlichen Horizont nicht mehr sichtbar war (da keine beleuchtete Mondoberfläche zur Erde gerichtet ist), begannen die Ägypter einen neuen Mondmonat. Zunächst erscheint es widersprüchlich und unlogisch, warum die Ägypter ausgerechnet eine „Nichtsichtbarkeits-Phase“ des Mondes als Anfangspunkt für ihre Zählung ausgewählt haben sollten, wo es doch sinnvoller erscheint das erste Wiedersichtbarwerden am westlichen Horizont in der Dämmerung oder gar den Vollmond dafür zu wählen wie es andere Antike Kulturen taten zB. bei den Babyloniern und dem modernen islamischen Kalender. Ebenso ist aber auch der heliakische Aufgang des Sothis ja nicht der eigentliche Anfangspunkt für die Jahreszählung im bürgerlichen Kalender, sondern eben der folgende Monat DANACH! Hier ist wohl die Mythologie heranzuziehen, da sie vielleicht diese Diskrepanz erklären hilft: Offenbar wurde (wie oben ja bereits angedeutet) der abnehmende Mond mit dem symbolischen Tod des Mondes verbunden, sein völliges Verschwinden aber mit seiner Zeugung. Die Zeugung stellt ja (logischerweise!) einen Neuanfang dar. So wie ja die Sonne in den Darstellungen der Gräber des Neuen Reiches bei ihrem „Tod“ – also dem Eintritt in den Leib der Nut – gleich wieder eine „Neugeburt“ erfährt und aus dem Mund der Göttin geboren wird. Zwischen diesen beiden Phasen (Tod und Neugeburt) liegt die Phase der inneren Zeugung im Leib der Nut, die nichtsichtbar von statten geht. Alle Phasen der ägyptischen Himmelsbeobachtung waren „Dämmerungs-Phasen“, also entweder die Zeit der Morgendämmerung oder der „Abenddämmerung“. Eine indirekte Verbindung zum Sonnenkalender bestand in dem Sinne also schon in dem Sinne, daß je nach Jahreszeit die Dämmerung länger/kürzer und früher/später eintrat. Aber dennoch ist der Mondkalender in seiner Zählung vom Sonnenkalender unabhängig! Wie Papyri belegen waren aber die Ägypter in der Lage genau die Verschiebungen zwischen Sonnenjahr und Mondjahr (in seinem 25 Jahrs-Rhythmus) zu berechnen und vorherzusagen. Nachdem nun die Sonnenphasen sich indirekt auf den ägyptischen Mondkalender auswirkten (durch die unterschiedliche Länge/Zeitpunkte der Dämmerungsphasen) und nachdem das zentrale Fest des Jahresende (für Mond- und Sonnenkalender) der Aufgang des Sothis war, der die Nilüberschwemmung ankündigte, rekonstruiert Spalinger (Spalinger A.J., Revolutions in Time: Studies in Ancient Egyptian Calendrics, NY 1994) einen Schaltmonat, der notwendig wurde, um kalendarisches Sonnenjahr und mythologisches Mondjahr abzugleichen. Ursache ist hier also wie in den einzelnen Mondphasen vor allem der Gedanke kultische Feste an bestimmte Monats- und Jahrsphasen anzuschliessen. Da 12 Standard-Mondmonate wie oben ja schon geschrieben 354 Tage ergeben, würde der Mondkalender nach einem Zyklus von einer Wintersonnenwende zur nächsten (Spalinger geht aufrgund von Tempelreliefs und -Bauphasen von einer Wintersonnenwende-fixierten Kalenderschaltung aus) um 11 Tage zu früh dran sein. Das wichtige Fest am Ende des Sonnenjahres, das der Sothisaufgang markiert würde also widersinnig in den ersten Monat des neuen Mondjahres fallen. Da aber eben genau der Mondkalender mit seiner Phasenangleichung an den göttlichen Zyklus von Zeugung, Geburt und Tod anschließt, war es für den ägyptischen Kult wichtig, daß sowohl im Mondjahr wie im Sonnenjahr das Fest AM ENDE des Jahres stattfand, da ja der Aufgang des Sothis in den letzten Abschnitt des alten Jahres fallen musste. Um hier eine Verschiebung zu vermeiden wurde einfach ein 13. Mondmonat „eingefügt“. Dieser sogenannte „interkalendarische“ Monat ist eine Notlösung. Die Zeit vom letzten Tag des „echten“ letzten Modmonats (also des 12. Monats des Jahres) bis zum Aufgang des Sothis (11 Tage später, da ja Sonnenjahr und Mondjahr um 11 Tage divergieren) wird als „kompletter“ Monat zum alten Jahr dazugerechnet, womit das Schema wieder passte und das wichtige Fest wieder am Ende des Mondkalenders stattfand. Eine genaue Zählung ist aber durch diesen Schaltmonat nicht bezweckt worden, da ja die restlichen Tage des 1. Monats wiederum auch als kompletter Monat galten und ansonsten ja wieder die Mondphasen galten. Vielmehr sollte der mythologisch stark durchdrungene Monadkalender seine Funktion als Festkalender für Tempel behalten und die Feste ungefähr in ihren richtigen Zeitpunkt stattfinden. Leider wissen wir über diesen 13. Monat so gut nichts. Nicht einmal einen Namen kann man diesem Monat zuschreiben (Parker vermutet, daß dieser Monat der Monat des Thot war, aber er kann nur einen einzigen „sicheren“ Beleg aus dem Ramesseum aufführen). Vielleicht ist diese Anonymität ein Hinweis darauf, daß dieser 13. Monat nur rein kultischen Zweck hatte und in der echten Kalenderzählung keine Bedeutung hatte. Oder es war, wie die Epagomenentage eine gefährliche Phase, in der die Ordnung aus den Fugen war, weswegen man seine Nennung vermied. Who knows... Da aber, wie oben schon beschrieben der Monadkalender von seinen Phasen geprägt war, kam eine Schaltung im Sinne des Sonnenjahres (also mit zusätzlich eingefügten Schalttagen, die wirklich dazuaddiert werden) nicht in Frage und der Monkalendar durchlief immer das bürgerliche Wandeljahr. Also keine „Schaltung“ aber eine „Notlösung“. Wieder einmal sehr pragmatisch gedacht (wir nennen den ersten Monat einfach um und schon ham wir kein Problem mehr...)! Schöne Grüsse aus fernen Galaxien... Sepp
|