Beitrag: 1;2;3 oder 1-3 oder 1;2-7;8
 

Anhänge ausblenden | QR-Code einblenden

http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=bum&action=display&num=1081032973

Ägyptologie Forum >> Alltag & Freizeit


1) Künstler
Werner P. am 04.04.2004 um 00:56:13

Hallo Leute

Die Arbeiter die die Reliefs malten oder die Götterstatuen herstellten, waren das Handwerker oder Künstler in etwa mit heutigen Künstlern vergleichbar??

Genossen sie einen höheren Sozialen Status wie zb.Priester oder Beamte??

Gab es für die Gestaltung Vorlagen( in etwa wie heute Blaupausen..) oder hatte der damit beauftragte " gewisse" Freiheiten??

Wäre überAntworten sehr erfreut, auch Literaturtips oder Links are welcome!!

LG

Werner


2) Re: Künstler
 heka-waset am 04.04.2004 um 11:30:05

Hallo, jetzt mal ganz laienhaft ausgedrückt:

Im Grunde kann man im alten Ägypten nicht von Künstlern sprechen, sondern sollte den Begriff Handwerker verwenden. Sie gehörten sozial der Unterschicht an, waren aber Facharbeiter, denen es im Grunde recht gut ging.  (Arbeiterdorf in Deir el Medine) .

Es gab einen sehr strengen Proportionskanon, Farben waren festgelegt, Konstellationen und Texte ebenso. Natürlich gibt es epochenbedingte Veränderungen in der Kunst und im Geschmack. (Man denke an die schwellenden Formen im Grab Thotmoses IV, die großen Köpfe bei Haremhab und so weiter)

Nicht einmal unter Echnaton gab es so etwas wie künsterlische Freiheit, auch wenn das gerne behauptet wird. Der Darstellungskanon war nun einfach ein anderer.

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 00:56:13


3) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 11:52:36

Neben ein paar Schreibfehler, die ich bei Heqa korrigiert habe, habe ich auch noch ein paar Anmerkungen.

Es ist sicherlich richtig, dass die retrospektive Verwendung des Begriffes "Künstler" (mit dem wir recht neuzeitliche Vorstellungen verbinden) nicht oder nur mit größter Vorsicht anzuwenden ist. Das gilt aber auch für den Begriff "soziale Unterschicht" - die Verwendung eines solchen Begriffes setzt eine soziographische Analyse der Bevölkerung des a.Ä. voraus (gibt es da überhaupt was? scheint mir eine Frage an Crossinger zu sein ).  

Gerade die vorliegenden Untersuchungen zum Dorf der Arbeiter lassen zumindest für diese Handwerker eine pauschale Zuordnung zu einer (Unter-)Schicht wohl kaum zu. Hier dürften sich durchaus die "handwerklichen" Fähigheiten in gesellschaftlichen Unterschieden der Einwohner manifestiert haben.


Zitat:
Es gab einen sehr strengen Proportionskanon, Farben waren festgelegt, Konstellationen und Texte ebenso...
das gilt sicherlich nur für offizielle Aufträge, in den Privatgräbern wurde eher flexibel aus dem Fundus gewählt - für eine Weinlaubdecke gab es sicherlich keinen festen Proportionskanon, etc..

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 11:30:05


4) Re: Künstler
 naunakhte am 04.04.2004 um 12:07:30


Zitat:
in den Privatgräbern wurde eher flexibel aus dem Fundus gewählt


Das heißt aber nicht, dass die Deko frei wählbar war. Man konnte eben nur in gewissen Grenzen frei wählen.


Und die "Weinlaubdecke" das ist dann schon die 'Ausnahme von der Regel'. Solche Proben abseits der Norm findet man nur vereinzelt.

Gruß

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 11:52:36


5) Re: Künstler
Gitta am 04.04.2004 um 12:30:46

Den Begriff "soziale Unterschicht" würde ich auch nicht gern so stehen lassen - zumindest nicht für die Handwerker in Deir el-Medina, deren Leben ja recht gut erforscht ist.

Wenn die künstlerische Freiheit auch eingeschränkt war, als Mitglieder der Gesellschaft hatten sie allerhand Freiheiten und Rechte, konnten Handel, Dienstleistungs- und Verleihgeschäfte betreiben, hatten Bedienstete. Wenn überhaupt, plädiere ich eher für Mittelschicht.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 12:07:30


6) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 12:42:28 - Anhang: L1020214.JPG

Hi Nauna,

Zitat:
Das heißt aber nicht, dass die Deko frei wählbar war. Man konnte eben nur in gewissen Grenzen frei wählen.

Das ist sicherlich richtig, einfach, weil man natürlich mit der Grablege selbst einen gewissen Zweck verfolgt - das tun wir doch mit unseren Beerdigungen und angeschlossenen "Festlichkeiten" auch. Also wird man in den Darstellungen auch immer einen Zweck verfolgen - und der "heiligt" bekanntlicherweise die Mittel bzw. gibt die Ikonographie vor.

Anbei ein Ausschnitt aus dem Trauerzug des Amen-em-opet, TT227, sicherlich kein vergleichbar prächtiger Leichenzug wird später bei Tut, aber eben ein Leichenzug, der belegt, dass die Mumie lege-artis zu Grabe getragen wurd (wie man sieht, samt Salbkegel).

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 12:07:30


7) Re: Künstler
 naunakhte am 04.04.2004 um 12:58:40

nicht nur weil man mit der Grablege einen gewissen Zweck verfolgte. Einfach auch weil diese Form der Grablege (dekoriertes Grab) ja nicht, wie bei uns üblich, käuflich war.

Ein Grab war eine Auszeichnung Pharaohs. Er erlaubte ein Grab zu errichten, seine Arbeiter waren es die es aus dem Fels schlugen und dekorierten. Ein Stilbruch bei der Deko war ein Risiko. Sollte man damit die Obrigkeit vor den Kopf stoßen, konnte einem die Erlaubnis doch auch wieder entzogen werden.

Das Grab stellte eine Gunstbezeugung dar.

Gruß

nauna


> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 12:42:28


8) Re: Künstler
Gitta am 04.04.2004 um 13:03:05

Auf diese Frage ist m.E. noch nicht eingegangen worden:


Zitat:
Genossen sie einen höheren Sozialen Status wie zb.Priester oder Beamte??


Als Beamte sicher nicht. Wobei der Begriff "Beamte" auch noch zu analysieren wäre. Häufig werden auch Schreiber als Beamte bezeichnet. Und Schreiber gab es z.B. in Deir el-Medina auch. Ihr höherer Status dürfte mit der Fähigkeit begründet sein, dass sie schreibkundig waren.

Bei Priestern muss man die Frage stellen: welche Priester? Auch da gab es erhebliche Standesunterschiede.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 00:56:13


9) Re: Künstler
 Udimu am 04.04.2004 um 13:10:54

Hi,

nochmals zu der Unterscheidung Handwerker/Künstler (die ja modern ist). Aus Elkab gibt es den interessanten Fall eines Vorzeichners namens Sedjemnetjeru, der in der Gegend drei Gräber ausmalte und sich in diesen drei Gräbern auch darstellen lies. Er hat also so etwas wie eine Künstlersignatur hinterlassen. Der Herr scheint damit so etwas wei ein 'Star' in seiner Zeit (17. Dynastie) gewesen zu sein.

Solche Künstlersignaturen kommen übrigens ab und zu vor und deuten vielleicht an, das die Künstler nicht so anonym und gesichtslos waren, wie of angenommen.

Grab des Sobeknacht1

und hier: Al Ahram2

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 12:58:40


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=040116192952
2: http://weekly.ahram.org.eg/2003/649/he1.htm


10) Re: Künstler
 naunakhte am 04.04.2004 um 13:14:33

Ein Beamter ist nach unserem Sprachgebrauch ein Staatsdiener.

Somit müßte man alle alten Ägypter als Beamten bezeichnen können. Privatwirtschaft gab es faktisch nicht/kaum.

Und wie Gitta bereits anmerkte: Priester gab es in verschiedenen Ranghöhen.

Soll man die "Künstler nun mit einem w3b-Priester vergleichen, der Turnusmäßig seinen Dienst versah und dann den Acker wieder bestellte? Oder wird hier eher an den Hohepriester gedacht, der über immense Macht verfügte?

Hier müßte die Frage genauer gestellt werden.

Gruß
nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:03:05


11) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 13:21:50 - Anhang: L1020227.JPG


Zitat:
Ein Grab war eine Auszeichnung Pharaohs.

aber ja doch

Der Gunstbeweis führte sogar dazu, dass man bei Amen-em-opet die Statuen des Herrscherpaares - (wer war das bloss nochmal) - im Leichenzug mitschleppte.

Und natürlich gab es gewisse Regeln, auf unseren Nekropolen kann man auch nicht machen was man will. Dennoch denke ich, ist es ein Unterschied, ob man von einem Kanon bei kgl.Gräber redet und von Dekorationsmöglichkeiten in Privatgräbern.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 12:58:40


12) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 13:27:30 - Anhang: fehler.jpg


Zitat:
Priester gab es in verschiedenen Ranghöhen

Handwerker wahrscheinlich auch. Ich vermute mal, dass es zwischen dem "Bildhauer", der an dem Basisblock der Roten Kapelle der Hatschepsut die Figuren erstellte, und dem, der die Blöcke beschriftete, durchaus einen "Rangunterschied" gab - der erste konnte nämlich nicht Lesen, und "meißelte" einen androgynen Hapi (siehe Bild unten, rechte Szene) wo eine Frauengestalt hingehört hätte. Tempel (in beiden Szenen oben links dargestellt) sind im AÄ nämlich feminin, wie der jeweils rechts davon stehende Text auch klar belegt - folglich hätte (wie im linken Bild) auf der rechten Szene auch eine Frau dargestellt sein müssen.  

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:14:33


13) Re: Künstler
 naunakhte am 04.04.2004 um 13:36:57


Zitat:
Dennoch denke ich, ist es ein Unterschied, ob man von einem Kanon bei kgl.Gräber redet und von Dekorationsmöglichkeiten in Privatgräbern.


Über Königsgräber brauchen wir ja garnicht erst diskuttieren. Ich beziehe mich ausschlieslich auf Privatgräber. Und für sie lag eine Abfolge von Themen vor. Diese waren oft auf bestimmte Räume festgelegt. Innerhalb der Themen gab es für die Gestaltung schon Variationsmöglichkeiten, doch nur innerhalb bestimmter Grenzen.

Freiheiten, das wäre die Weinlaubdecke oder auch mal eine Frontalansicht einer Person (nur in Nebenfiguren ausprobiert worden).
Ob man nun das Herrscherpaar mitschleppt, oder die Mumie ohne Sarg transportiert, das liegt meines Erachtens noch in der Gestaltungsfreiheit des Grabherren.

nauna

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:21:50


14) Re: Künstler
Gitta am 04.04.2004 um 13:51:40


Zitat:
wer war das bloss nochmal


Hi Iufaa,

ist die Frage ernst gemeint? Auch auf die Gefahr hin, dass ich mich schon durch die bloße Beantwortung lächerlich mache: das sind wohl Amenophis III. und Teje

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:21:50


15) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 13:56:52 - Anhang: L1020595.JPG

Nö,

die war nicht ernst gemeint, bezog sich aber auf eine Diskussion mit einer gewissen Lady Naunakhte in einem Etablissement in Qurna und die Frage, von welcher Dame denn auf diesem Täfelchen (siehe unten) die Rede ist.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:51:40


16) Re: Künstler
 naunakhte am 04.04.2004 um 14:00:11

Hallo Gitta,


Zitat:
auf eine Diskussion mit einer gewissen Lady Naunakhte


diese Diskussionen laufen immer nach demselben Schema ab:

Lady naunakhte sagt - Vorlesepriester zweifelt
und muß irgendwann feststellen dass man Damen nicht widerspricht.


nauna  

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:56:52


17) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 14:02:05

Dem kann ich nur zustimmen, bis auf den Hinweis, dass an eine bestimmten Stelle das Wörtchen "besser" fehlt.



Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 14:00:11


18) Re: Künstler
Gitta am 04.04.2004 um 16:08:50


Zitat:
sind im AÄ nämlich feminin, wie der jeweils rechts davon stehende Text auch klar belegt - folglich hätte (wie im linken Bild) auf der rechten Szene auch eine Frau dargestellt sein müssen.


Wieso ist der Text feminin? Ich lese da jeweils Dd mdw jnj n-k htp / DfA "Worte zu sprechen: Dein (männlich) Herbeiführen o.ä. von Frieden bzw. von Speise...."
 

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 13:27:30


19) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 16:17:06

Sorry,

Gitta, der Text rechts vom Tempel, nicht der ganz rechts mit den Stiftungen.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 16:08:50


20) Re: Künstler
Gitta am 04.04.2004 um 16:27:43

Da stimmts

Meine Interpretation:

dj-s anx nb mj ra

Sie gibt alles Leben wie Re

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 16:17:06


21) Re: Künstler
 Iufaa am 04.04.2004 um 17:32:43

Jo,

und auf den anderen Basisblöcken der RK, wo sich ein andrgyner Hapi findet, heißt es dann auch dj=f anx ...

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 16:27:43


22) Re: Künstler
Werner P. am 04.04.2004 um 20:23:45

Ufff...mit so vielen Antworten in so kurzer zeit hab ich Wahrlich nicht gerechnet!DANKE!

Bei Beamten dachte ich an den Administrativen Typus!

Bei den Priestern natürlich an Laienpriester!!

LG
Werner

> Antwort auf Beitrag vom: 04.04.2004 um 17:32:43