Beitrag: 1;2;3 oder 1-3 oder 1;2-7;8
 

Anhänge ausblenden | QR-Code einblenden

http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=bum&action=display&num=1124528099

Ägyptologie Forum >> Alltag & Freizeit


1) Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 10:54:59

In "Das goldene Erbe der Pharaonen", 2005, von Delia Pemberton las ich folgendes:

Während der Ersten Zwischenzeit hatte Ägypten die Vorherrschaft über seinen südlichen Nachbarn Nubien und daher die Reichtümer aus dem Afrikahandel verloren, während das Nildelta der Invasion von Eindringelingen ausgesetzt war. Streit über die Wasserverteilung führte zu Ernteausfällen und Lebensmittelknappheit, Gesetzlosigkeit und Verbrechen nahmen überhand.

Von Wasserverteilungsstreitigkeiten habe ich noch nichts gehört - aus keiner Epoche. Gibt es darauf Hinweise? Ich weiß auch nicht, wie das praktisch ausgesehen haben könnte. Die Nilschwemme war doch gleichmäßig verteilt. Ich kann mir höchstens vorstellen, dass bei zu geringem Hochwasser die Bewässerungskanäle nur dürftig oder - je nach Lage - gar nicht gefüllt wurden und somit auch später zu wenig Wasser führten, um irgendwas zu bewässern. Dass es dann zu Streit kommen kann, ist von der Logik her nachvollziehbar. Aber ist das belegt?

Gitta


2) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Geistsucher am 20.08.2005 um 11:47:47


Zitat:
Streit über die Wasserverteilung führte zu Ernteausfällen

Wie bitte ?

Für mich charakterisiert bislang die Erste Zwischenzeit besonders eine Klimadürre.

Geistsucher

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 10:54:59


3) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Iufaa am 20.08.2005 um 11:57:37

Hi GS,

1. lieferst Du keine hilfreiche Antwort zu Gittas Frage,
und
2. eine Dürrezeit (= Wasserknappheit) wäre doch der ideale Zeitraum für Streitigkeiten um die Wasserverteilung.

Also, was soll Dein Beitrag uns sagen?

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 11:47:47


4) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 12:33:25

Vielleicht habe ich mich missverständlich ausgedrückt. Sicherlich hat es Dürreperioden1 gegeben. Aber bei Streitigkeiten um Wasser würde mich interessieren, wer mit wem stritt. Die einzelnen Provinzen untereinander? Die Bauern? Grundbesitzer (gab es die im AR überhaupt schon?)?

Es könnte sein, dass die Nilschwemme so niedrig war, dass sie sich verlaufen hat, ehe sie in Unterägypten ankam. Dann wäre Oberägypten in Sachen Wasser besser dran gewesen und könnte in der Versorgung des übrigen Landes eine Rolle gespielt haben. Es könnte auch schon etwas Ähnliches wie Staudämme gegeben haben. Der erste mir bekannte stammt aber aus dem MR (Amenemhet III.). Jacek Koscius sprach in seinem Vortrag auf der SÄK davon, dass in Athribis möglicherweise Flussläufe aus den Bergen gestaut worden seien. Ich weiß aber nicht, um welche Zeit das gewesen sein könnte. Entweder hat er es nicht erwähnt oder ich habe es nicht mitbekommen. Wahrscheinlich wird es frühestens zur Zeit der Ptolemäer gewesen sein.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 11:57:37


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=newsshow&ntag=031217222137


5) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Iufaa am 20.08.2005 um 12:41:30

Hi Gitta,

schau mal ins LÄ, VI, 1157, unter dem Stichwort Wasserwirtschaft findest Du zumindest einen Hinweis auf administrative Aktionen im AR und auf erste größeer Bewässerungsarbeiten in der 1. ZwZt. Das beantwortet die Frage nach Streitigkeiten auch nicht, leifert aber zumindest den Hinweis, dass in der zitierten Zeit eineiges "los" war.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 12:33:25


6) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 manetho am 20.08.2005 um 12:45:03

Logisch nachvollziehbar ist es für mich
Sicher war das Nilhochwasser überall. Aber meines Wissens war "Wasserwirtschaft" eine der staatlichen Aufgaben. Dazu gab es auch staatliche Bauten zur Wasserregulierung, ähnlich der Projekte im MR zur Bewässerung und Wasserregulierung des Fajum. Bau, Wartung und Einsatz solcher Anlagen unterstanden staatlichen Einrichtungen. Deren Strukturen dürften aber in der ZW nicht mehr reibungslos funktioniert haben. Es dürfte m.E. auch bei der Aussage von Pemberton nicht speziell auf direkt am Strom liegende Bereiche gehen, sondern um die Bewässerung von Anbauflächen, die nur durch Wasserbautechnische Anlagen (besonders Kanäle und deren Einleitungsmechanismen) versorgt und damit ertragfähig waren.
Dies betrifft ebenso den Betrieb der Schöpfwerke.

evtl.in
Horwitz, Hugo Theodor: Über altägyptische Vorrichtungen zum Wasserheben. - In: Wasserwirtschaft und Technik 29 (1936) 348-352

oder
EYRE, Christopher J., The Agricultural Cycle, Farming, and Water Management in the Ancient Near East, in: Civilizations of the Ancient Near East. I, 175-189

kenne ich allerdings leider nicht, wäre aber eine Möglichkeit)
Es gibt ein anerderes Buch über die Hydrologie der Ägypter, weiss aber nicht mehr von wem(

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 11:57:37


7) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 manetho am 20.08.2005 um 12:49:52

es gibt wohl noch ältere.Beispielsweise Sadd el-Kafar in der Nähe von Heluan. Da gibt es eine Arbeit von Dreyer dazu

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 12:33:25


8) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 13:19:00 - Anhang: Wasser.doc

Es gibt auch einen Artikel von Schenkel über Wasserwirtschaft "Die Bewässerungsrevolution im alten Ägypten" - habe ich natürlich auch nicht.

Den Eintrag im LÄ zur Wasserwirtschaft hänge ich hier mal an. Da steht zwar etwas zu einem Rechtsstreit, aber es geht um einen Brunnen. Der kann kaum das ganze Land lahmgelegt haben.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 12:49:52


9) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Michael Tilgner am 20.08.2005 um 13:20:19

Liebe Gitta und die anderen,

Wolfgang Schenkel, Die Bewässerungsrevolution im Alten Ägypten, Mainz, 1979 untersucht das Aufkommen der künstlichen Bewässerung am Ende des AR bzw. in der Ersten Zwischenzeit, die Gründe hierfür und gewisse Theorien, die diese Erscheinung mit der Entwicklung des altägyptischen Staates in einen Zusammenhang bringen. Während Schenkel die Dürreperioden und die dadurch verursachten Hungersnöte als Hauptgrund für das Entstehen der Bewässerung ansieht, kann ich über die angegebenen Streitigkeiten nichts finden - bei zugegegebermaßen flüchtigem Durchblättern.

Renate Müller-Wollermann, Krisenfaktoren im ägyptischen Staat des ausgehenden Alten Reichs, Tübingen, 1986 führt zwar eine Reihe dieser Krisenfaktoren an, u.a. wiederum die Hungersnöte, Wasserstreitigkeiten werden aber nicht erwähnt.

Man müßte eigentlich die zitierten "Wasserstreitigkeiten" in diesen Werken behandelt finden, wenn es sie gegeben hätte.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 12:45:03


10) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 13:23:34

Hallo Michael,


Zitat:
Man müßte eigentlich die zitierten "Wasserstreitigkeiten" in diesen Werken behandelt finden, wenn es sie gegeben hätte


Das nehme ich auch stark an. Es scheint sich um eine detektivische Fantasiekombination der Autorin zu handeln.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 13:20:19


11) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Iufaa am 20.08.2005 um 13:37:02 - Anhang: brunnen.jpg

Anbei der Brunnen-Artikel aus dem LÄ I, Sp 872ff.

Leider hilft der Artikel nicht viel weiter, man muss wohl die Publikation vor Gardiner zur Dachla-Stele ausgraben.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 13:19:00


12) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 13:42:22

Tja, das bringt uns wirklich nicht weiter

Trotzdem danke

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 13:37:02


13) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
 Michael Tilgner am 20.08.2005 um 14:39:42

Die Dachla-Stele gehört in die Spätzeit.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 13:42:22


14) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
Gitta am 20.08.2005 um 14:52:41

Das passt ja..... überhaupt nicht

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 14:39:42


15) Re: Wasserverteilungsstreitigkeiten
gruebelmonster am 24.08.2005 um 08:41:39

Was man in den Texten explizit findet, sind anscheinend nur die Folgen von Dürre, Mißmanagement etc. Allenfalls in der in dem bereits erwähnten Buch von Schenkel übersetzten Autobiographie des Cheti finden sich Anspielungen, die man mit viel gutem Willen so interpretieren könnte.

Sollte zu dieser Zeit (1. ZwZt.) die Bewässerung mittels Kanälen und Querdeichen eingeführt worden sein, kann dies unter Umständen natürlich bei geringer Nilflut zu Wassermangel und Ernteausfällen weiter flußab führen, zumal in Krisenzeiten jeder Gaufürst an seinen eigenen Einflußbereich denkt. Genau diese Situation zeigt sich in der Inschrift des Cheti: Es ist von Kanälen und Schleusen die Rede, Wasser steht auf hoch liegenden Äckern, alle Leuten haben (in Chetis Gau) genug zu essen. Dann folgt wohl die die Kernpassage:

"Jeder Nachbar (dagegen) hatte Durst. ... Überschwemmung nach Herzenslust, indem ich (sogar noch) seinen Nachbarn Wasser gab, damit er mit ihnen in Frieden lebte"

Dies würde ich mal so interpretieren, daß dieses Verhalten nicht die Norm war, schließlich handelt es sich bei diesen in Gräbern angebrachten Autobiographien natürlich um "Propaganda"-Texte, die ethisch korrektes Handeln beschreiben - mit der Realität hatte dies wohl nicht immer viel zu tun...

> Antwort auf Beitrag vom: 20.08.2005 um 14:52:41