"...Wie die Untersuchung der entsprechenden Quellen des Alten Reiches sowie jene hinsichtlich seines Namens ergeben haben, ist der Ursprung Iunmutefs im Osiris-Kreis zu verorten (1405). Im Gegensatz zu @r nDtj jt=f, mit dem ihn im Neuen Reich eine enge Wesensverwandtschaft eint, ist Iunmutef in den Pyramidentexten noch nicht mit Aufgaben des Totenkults für Osiris betraut (1406). Dennoch hat sich gezeigt, daß er dort bereits eine Sohnes spezifische bzw. Horus spezifische Pflicht wahrnimmt, indem er als "Wegeöffner" des rechtmäßigen Herrschers auftritt, der dem Feind den Weg verwehrt. Daher ist die Konzeption der Götterfigur Iunmutef, d.h. seines Wesens als Sohn des Osiris, vermutlich direkt mit der Entstehung des Osiris (-Mythos) vergesellschaftet. Die Herausbildung der Hauptprotagonisten des Mythos, Osiris, Isis und auch Nephthys, hat ALTENMÜLLER kürzlich in einer Untersuchung beleuchten können (1407) : Demnach handelt es sich bei ihren Namen ursprünglich um Epitheta von Ritualfiguren der Balsamierungsstätte, die später in den Status von Göttern erhoben worden sind. Ausgehend vom Ikon des in Privatgräbern des Alten Reiches dargestellten "Bettenrituals", durch das die Auferstehung des Toten herbeigeführt werden soll, leitet er ab, daß der Verstorbene ursprünglich mit dem Epitheton jrj-st-jrjt (<3-st-jrjt, Osiris), "Der zum gemachten Bett gehört", versehen war, während eine andere Ritualperson als wrsjt {<jsjt, Isis), "Die von der Kopfstütze", und eine weitere als nbt-pr (Nephthys), "Herrin des (Balsamierungs-)Hauses", bezeichnet wurde. Der Vorgang der Vergöttlichung dieser Ritualfiguren, der sehr wahrscheinlich zeitgleich anzusetzen ist, hat vermutlich am Übergang von der 4. zur 5. Dynastie stattgefunden; seit dieser Zeit ist Osiris in den Grabinschriften belegt (1408). Es ist anzunehmen, daß mit der Genese der Götter Osiris, Isis und Nephthys auch die mythische Grundlage, bzw. die Handlungskonstellationen (1409) entstanden sind, durch welche die Handlungsträger des Osiris-Mythos miteinander verbunden sind. So wurde dem toten Osiris, in Anlehnung an die reale Totenkultsituation in den Pyramidentexten, sein fürsorgender Sohn Horus an die Seite gestellt, welcher die für die Überwindung des Todeszustands notwendigen Kulthandlungen ausführt und den Himmelsaufstieg seines Vaters garantiert. Es wurde also ein göttlicher Sem-Priester geschaffen. Wie GRIFFITHS anmerkt ist die Konzeption des Gottes Horus als Königsmacht weit älter als der Osiris-Kreis; der Aspekt des Horusfalkens als Verkörperung des Königtums ist bereits in den frühdynastischen Quellen vorhanden (1410). Das Wesen als fürsorgender Sohn hat Horus folglich erst sekundär, im Zuge der Gestaltung des Osirismythos angenommen. ... 1404 Siehe Kapitel IV.2, IV.3 und Kat.-Nr. 1. Nach BAINES gehört Iunmutef als "exceptional figure" einem "Grenzbereich" ("liminal class") von göttlichen Wesen an, zu dem er neben den Fruchtbarkeitsgöttern sowie Bes und Taweret auch den König zählt, J. BAINES, Fecundity Figures, S. 128. Iunmutef kann jedoch einwandfrei als Gott eingestuft werden, der durch einen fest umrissenen, auf die Herrschaftstheologie begrenzten Aufgabenbereich gekennzeichnet ist. 1405 Siehe Kapitel 1.2 c), IV.3. 1406 Siehe Kapitel IX.2. 1407 H. ALTENMÜLLER, in: SAK24, 1997, S. 5-7; DLRS., in: M. BäRTA/J. KREJCI (Hrsg.), Abiist and Saqqara in theYear 2000, S. 305-16. 1408 B.L. BEGELSBACHER-FlSCHER, Götterwelt des Alten Reiches, S.121-23. J.G. GRIFFITHS, Origins of Osiris, S. 41. datiert die ältesten Bezeugungen des Osiris an das Ende der 5. Dynastie. 1409 Vgl. J. ASSMANN, in: GM 25, 1977, S. 10-15. 1410 J.G. GRIFFITHS, Origins of Osiris, S. 17-19; siehe z.B. Hierakonpolis I, Taf. II, XXVI.B, XXXVI-VII; G. DREYER, in: MDAIK 5, 1999, S. 4f. Der Mythos um Horus und Seth, der einem älteren Entwicklungsstrang als die Osiris-Geschichte folgt, könnte nach GRIFFITHS aus historischen Ereignissen hervorgegangen sein bzw. solche entfernt reflektieren, ebd. ..." |