Man sieht die Königin - als Mann - mit einem Schurz und einer Halskette in einer Laufhaltung. In der rechten Hand eine Geißel - nxAxA (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 426) - und (angeblich) ein Szepter - mks (Hannig, S. 372). Sie trägt einen Zeremonialbart und die weiße Krone. Neben ihr läuft ein Stier. Hinter ihr hält ein Anch-Zeichen mit Armen einen Fächer. Direkt darunter sind drei Zeichen (Wegmarken?), die auf allen Laufszenen auftauchen.
Der Text ist gegliedert:
Links zwei Spalten, zu lesen von rechts nach links
In der Mitte wird die Szene von verschiedenen Inschriftteilen umrahmt, zu lesen von links nach rechts
über der Königin: 6 Spalten (oder vielleicht auch nur 3 Spalten und 1 Zeile)
vor der Königin (in Brusthöhe): 1 Spalte
vor der Königin (über dem Stier): 1 Zeile
hinter der Königin: 1 Spalte
Rechts eine Spalte, zu lesen von links nach rechts
2. Spalte von links
Dd mdw ii.wi n(=i) sp 2 m Htp sA.t(=i) mr.t(=i) Xnm(.t) Imn @A.t-Sps(w).t n.t X.t(=i) "Worte zu sprechen: Sei mir willkommen, sei mir willkommen, (meine) geliebte Tochter 'die Amun umarmt' Hatschepsut, die (meines) Leibes"
Ich habe die ursprüngliche Übersetzung "Komme zu mir, komme zu mir, in Frieden" gemäß Vorschlag Hannig, S. 28 geändert.
1. Spalte von links
Dd mdw di.n(=i) n=T Dd(.t) wAs nb snb nb Aw.t-ib nb mi Ra D.t "Worte zu sprechen: Ich gebe dir (feminin) alle Dauer, alles Glück, alle Gesundheit, alle Freude wie Re in Ewigkeit"
Mitte - die 6 Spalten über der Königin
nTr nfr nb ir(.t)-ix.t | MAa.t-kA-Ra | di anx Dd(.t) wAs | snb | mi Ra | D.t "der gute Gott, Herr der Riten (Hannig, S. 98) | Maatkare | dem gegeben werde Leben, Dauer, Glück | (und) Gesundheit | wie Re | in Ewigkeit"
vor der Königin
wdi sx.t sp 4 "Feld übergeben (Hannig, S. 226), viermal"
Zu dieser Zeremonie: LÄ II, 148-150, Stichwort: "Feld, Geben des F." (kann jemand diesen Artikel mal einstellen?)
vor der Königin, über dem Stier
pHrr @p "Auslauf des Apis-Stieres" (Hannig, S. 290)
Zum Apislauf: LÄ V, 274-275, Stichwort: "Rituale" (6) (... und diesen auch?)
hinter der Königin
sA anx HA=f nb mi Ra "allen Schutz (und) alles Leben um ihn (!) herum wie Re" (Hannig, S. 502)
rechte Spalte
wnn=s xntj kA.w anx.w nb(.w) xa=ti Hr s.t @r D.t "Sie ist an der Spitze der Kas aller Lebenden, (nachdem) sie erschienen ist auf dem Horusthron in Ewigkeit!"
Anhang: LÄ II, 148-150 ("Geben des Feldes") LÄ V, 272-285 ("Rituale")
als Vergleichsbeispiel eine der frühesten Apislauf-Darstellungen (wenn man sie denn als solchen lesen will) auf einem Siegel des Dewen (1. Dynastie; ca. 2900 v.Chr.)...
im Sinne deines Untertitels: "Text und Bild in Ritualszenen" zielt meine Frage auf das Bild. Wenn man dem Eintrag im Forumslexikon zu Lauf (ritueller) folgt, dann benötigt der Apislauf eine Zielgottheit. Wo soll ich diese suchen? Der von dir gewählte Bildausschnitt zeigt nur den halben Stein. Auf der von dir verlinkten Seite der HP zu Maat-ka-Ra finden wir im im linken Anschluß, also in Aktionsrichtung der Königin, die Amunsbarke. Ist sie die Zielrichtung - die anzusprechende Gottheit? Gehören nicht die von dir übersetzten ersten beiden Zeilen zu der Barkendarstellung? Die dort abgebildete Amunsbarke ist wohl Ausgangspunkt einer darauffolgenden Szene des Opetfestes. Der Apislauf wird als Teil des Sedfestes, eines Regenerationsfestes, gedeutet. Das Opetfest ist im Grunde ja auch ein Regenerationsfest des Gottes/Königs. Gehört der Apislaus, oder verwandte Sedfestszenen zum Ritualszenenprogramm des Opetfestes, oder ist der Apislauf hier von der Szenenfolge des Opetfestes zu trennen?
das Ziel des Kultlaufes ist tatsächlich die Barke. Eine entsprechende Abbildung findet sich auch auf dem Block 128 der Nordwand. Beide Abschnitte zeigen die Rückkehr nach Karnak, auf der Südwand Opet-Fest, auf der Nordwand Wüstes Fest vom Schönen Tal
Mich interessiert eher die Frage, die Gast_A schon angedeutet hat - liegt hier schon eine Verschmelzung der Ikonographie mehrerer Kultläufe vor? Ist der Apis ein zusätzliches Attribut?
nach einem sicherlich erschöpfenden Feiertag noch ein Laufritual zu bewältigen. Würde aber gut passen. Nach dem Opetfest ist die Neuschöpfung vollzogen und man kann den Regenerationslauf (lt. LÄ Rituale 6 aber auch ein Lauf zur Befruchtung der Felder ursprünglich der Kühe - sollte man dies auch als Regeneration ansehen? - wahrscheinlich schon) überstehen.
Zitat:
Mich interessiert eher die Frage, die Gast_A schon angedeutet hat
Denkbar ist auch mnw "Götterbild, Abbild" (Hannig, S. 335).
Zum Mn-mnw-Imn heißt es bei Wolfgang Helck, Materialien zur Wirtschaftsgeschichte des Neuen Reiches (I), Wiesbaden, 1960, S. 53:
Zitat:
"Kapelle, die Amenophis I. am Platz des späteren 7. Pylons errichtet hat; bei dessen Errichtung unter Thutmosis III. wurde sie abgerissen und die Blöcke im 3. Pylon verbaut, wo sie wieder herausgezogen und jetzt zusammengesetzt worden sind. Möglicherweise errichtete Thutmosis diese Kapelle unter seinem Namen neu südostwärts des 7. Pylons ... Hatschepsut nennt sie noch auf den Blöcken ihres Sanktuars ..."
Links unter der Barke
Dd mdw di.n(=i) Aw.t-ib nb | Htp.t nb DfAw nb | n nb tA.wj MAa.t-kA-Ra "Worte zu sprechen: Ich gebe alle Freude, | alle Opfer und alle Nahrung | dem Herrn (!) Beider Länder Maatkare"
Viele Grüße, Michael Tilgner
jd_degreef Gast
Re: Apislauf
« Antwort #7, Datum: 22.05.2005 um 07:40:02 »
Lieber Michael,
By Htp (in: Htp m Hw.t-nTr) denke ich eher an dem "ruhen" der Barke, die in einer Kapelle niedergesetzt wurde. S. in der Beinlich Wortliste "Htp.t : Station, Halt (bei Prozession) cf. Meeks: AL 77.2893". Eine wirkliche Opfertafel ist im Bild nicht zu sehen.
vielen Dank für den Hinweis! Diese Möglichkeit habe ich übersehen.
Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 568, Stichwort: Htp bietet ebenfalls als Bedeutung (10) an: "Haltmachen (auch bei Prozessionen), verweilen ...; Haltepunkt (bei Prozession)"
Sie ist spiegelbildlich zur Darstellung des Blocks 102, so daß beide in die gleiche Richtung weisen.
Betrachten wir zunächst den Apislauf und seine Inschriften. Die dargestellte Szene ist identisch bis auf die Tatsache, daß die Königin die Rote Krone trägt, während sie in der Parallelszene die Weiße Krone trägt. So sind beide Landesteile berücksichtigt.
Die Inschriften sind deutlich "femininer" (d.h. es werden mehr weibliche Endungen verwendet)!
Mitte - die 6 Spalten über der Königin
[nTr nfr] nb.t tA.wj | MAa.t-kA-Ra "[Der gute Gott], die Herrin der Beiden Länder | Maatkare"
Hier wird ausdrücklich von der "Herrin" gesprochen!
di=t(i) anx Dd.t wAs | snb.t | mi Ra | D.t "ihr werde gegeben Leben, Dauer, Glück | (und) Gesundheit | wie Re | in Ewigkeit"
Hier schließe ich mich Helmut Satzinger, Gott gibt dem König Leben, in: ZÄS, Bd. 124, S. 142-156 (1997) an, der diese Stelle auf S. 144 behandelt. Nach ihm ist die feminine Endung .t bei snb.t "grammatikalisch nicht erklärlich", möglicherweise nur eine feminine Nebenform von snb. Die Auffassung von Pierre Lacau, Henri Chevrier, Une chapelle d’Hatshepsout à Karnak, Bd. I: Texte, Le Caire, 1977, S. 195, Anm. 1, daß es sich um eine Folge von Pseudopartizipien handelt, lehnt Satzinger ab.
vor der Königin
wdi sx.t sp 4 "Feld übergeben, viermal"
vor der Königin, über dem Stier
pHrr @p "Auslauf des Apis-Stieres"
hinter der Königin
sA anx HA=s nb mi Ra "Allen Schutz (und) alles Leben um sie herum wie Re"
Hier wird die feminine Ausdrucksweise verwendet!
linke Spalte
wnn=s xnti kA.w anx.w nb(.w) xa=ti mi Ra D.t "Sie ist an der Spitze der Kas aller Lebenden, (nachdem) sie erschienen ist wie Re in Ewigkeit!"
Dieser Block bringt mich in Verlegenheit: Ich habe das wörtliche xa=T als Pseudopartizip xa=ti aufgefaßt, da sonst ein Wechsel in der Erzählperspektive eintreten würde: "Sie ist an der Spitze der Kas aller Lebenden; erscheine wie Re in Ewigkeit!" Andererseits sieht man an der über der Königin stehenden Formel, daß das Pseudopartizip - wie oft - mit =t(i) geschrieben wird!
Nun weiter zur Kapelle.
links über der Barke
di=f anx | Imn-Ra "er gibt / möge geben Leben | Amun-Re"
Eigentlich würde man es andersherum erwarten!
rechts über der Barke
sA anx HA=f nb mi Ra "allen Schutz (und) alles Leben um ihn herum wie Re"
Die Schutzformel bezieht sich hier auf Amun.
rechts unter der Barke
Htp m | Hw.t-nTr n Ss | Mn-mnw-Imn "Halt machen / Haltepunkt im | Tempel aus Alabaster | 'Bleibend ist das Denkmal Amuns'"