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   Ägyptische Götterwelt (282)
   Ichneumon (18)
  Autor/in  Thema: Ichneumon
Helga  weiblich
Member



Ichneumon 
« Datum: 17.02.2015 um 15:20:03 »   

Hallo!

Ich bin mir nicht ganz sicher, ob ich für meine Frage den richtigen Abschnitt dieses Forums gewählt habe, dieser scheint mir aber, am besten zu passen.

Bei vielen antiken Autoren (z.B. Aristoteles, Strabon, Plinius, Älian...) wird eine Geschichte vom Ichneumon (Herpestes ichneumon) erzählt: Vor dem Kampf mit einer giftigen Schlange wälzt sich der Ichneumon im Schlamm, wartet bis dieser trocknet und so geschützt und gepanzert greift dann die Schlange an, so dass sie durch diesen Panzer nicht durchbeißen kann.

Diese Geschichte (ich meine hier nicht die Feindschaft zwischen Schlangen und Ichneumons, sondern nur das Wälzen im Schlamm) soll aber ägyptische Wurzeln haben. Gibt es irgendwo in den ägyptischen Quellen eine Erwähnung, dass ein Tier oder ein Gott sich mit Schlamm (oder Lehm oder Erde) mit irgendwelchen Zielen panzert?

Ich wäre sehr dankbar für einen Hinweis!!

Gruß,
Helga

P.S. Habe inzwischen in einem alten Aufsatz folgende Bemerkung gefunden: "Die Ägypter dachten sich das Dunkel der Nacht personifiziert als Krokodil, das das Auge des Sonnengottes (die Sonne) verschlungen hatte; am Morgen aber holte sich der als Ichneumon gedachte Sonnengott sein Auge wieder aus dem Bauch des Ungetüms."
Hat der Sonnengott dabei vielleicht eine Panzerung aus dem Schlamm angehabt? Diese Version des Mythos vom Kampf des Sonnengottes mit seinem Feind konnte ich leider nicht ausfindig machen.
« Letzte Änderung: 17.02.2015 um 21:47:37 von Helga »
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Ichneumon 
« Antwort #1, Datum: 20.02.2015 um 18:43:58 »   

Hallo,

die üblichen Lexika (LÄ, Oxford Encyclopedia of Ancient Egypt, etc.) geben unter dem Stichwort "Ichneumon" keine Hinweise auf diese Geschichte.
Hier müßte man die vor Dir zitierten Quellen auf Referenzen untersuchen (falls welche vorhanden sind). Ansonsten ist das erwähnte Verhalten sicherlich Unsinn, die Fähigkeit des Ichneumons Schlangen anzugreifen und zu töten beruht auf der Schnelligkeit der Tiere, die übrigens nicht immun gegen Schlangengifte sind. Ein Schlammpanzer würde die Fähigkeit sicherlich einschränken.

Weitersuchen unter ägyptischen Erzählungen.

Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 17.02.2015 um 15:20:03  Gehe zu Beitrag
Helga  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Ichneumon 
« Antwort #2, Datum: 20.02.2015 um 19:42:36 »   

Hallo und vielen Dank für die Antwort!

Ja, genau, ich suche die Quelle, woher diese (unrealistische) Vorstellung vom Verhalten des Ichneumons stammt. Die griechischen Autoren sollten irgendwelche Quelle für ihre Berichte haben. Es liegt nahe anzunehmen, dass diese Quelle irgendwo in ägyptischen Mythen und Erzählungen steckt. Leider kann ich aber keine solche Erzählung finden...
> Antwort auf Beitrag vom: 20.02.2015 um 18:43:58  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #3, Datum: 20.02.2015 um 21:15:13 »   


Zitat:
"... Ja, genau, ich suche die Quelle, woher diese (unrealistische) Vorstellung vom Verhalten des Ichneumons stammt. Die griechischen Autoren sollten irgendwelche Quelle für ihre Berichte haben. Es liegt nahe anzunehmen, dass diese Quelle irgendwo in ägyptischen Mythen und Erzählungen steckt. ..."

Ingrid Bohms : Säugetiere in der Altägyptischen Literatur. - Berlin [u.a.] : Lit, 2013. - [Zugl.: Würzburg, Univ., Diss., 2011]. - XI, 542 S. - ISBN : 978-364-31210-4-2. - Seite 124 - 125 :


- Vollbild -

Wer hat`s erfunde ? Ich würd` sagen, die Griechen ...

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 20.02.2015 um 19:42:36  Gehe zu Beitrag
Helga  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Ichneumon 
« Antwort #4, Datum: 21.02.2015 um 00:56:59 »   

Ganz vielen Dank für den hilfreichen Hinweis, Lutz!
Irgendjemand muss doch der erste gewesen sein, der diese Geschichte erfunden hat...

Ich hätte noch eine Frage (da ich Klassische Philologin und keine Ägyptologin bin ). Otto Keller (im Buch Die antike Tierwelt) schrieb, dass das griechische Wort Ichneumon „volksetymologisch aus dem ägyptischen hann umgebildet ist". Was bedeutet aber das Wort hann?

Vielen Dank und Gruß,
Helga
« Letzte Änderung: 21.02.2015 um 01:25:26 von Helga »
> Antwort auf Beitrag vom: 20.02.2015 um 21:15:13  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #5, Datum: 21.02.2015 um 09:10:51 »   


Zitat:
"... Otto Keller (im Buch Die antike Tierwelt) schrieb, dass das griechische Wort Ichneumon „volksetymologisch aus dem ägyptischen hann umgebildet ist". Was bedeutet aber das Wort hann?"

Weder das "Wörterbuch der Ägyptischen Sprache" (III, 236) noch "Hannig I" (2006) bieten eine Übersetzung, nur eben "Bezeichnung für Ichneumon". Nach Emma Brunner-Traut (Spitzmaus und Ichneumon als Tiere des Sonnengottes, 1965) stellt das Wort keinen zoologischen Begriff dar. Sie verweist, wie das Wörterbuch, auf das Koptische und vermutet eine eher unspezifische Bedeutung, allgemein für Wiesel, Frettchen, Marder oder Iltis. Vielleicht kommt man zur Beantwortung Deiner Frage mit dem Hinweis auf das Koptische weiter ? Oder jemand hier im Forum, der sich wirklich mit Schrift und Übersetzung auskennt , hat einen Tip ?

Gruß, Lutz.

P.S.: Das Altägyptische kennt auch noch eine andere Bezeichnung für das Tier : [ aD ] aDw - "Vernichter, Zerstückeler" (Wb I, 238), "Spürer, Aufspürer" nach Emma Brunner-Traut. Dieser Begriff findet speziell (aber wohl nicht ausschließlich) für das Ichneumon als heiliges Tier der Götter Ra-Atum (Heliopolis), Horus-Mechentyenirty (Letopolis) und der Wadjet (Buto) Verwendung (Bohms, Säugetiere in der Altägyptischen Literatur, 2013, S. 127 S. 122).
« Letzte Änderung: 21.02.2015 um 16:42:44 von Lutz »
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 00:56:59  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Ichneumon 
« Antwort #6, Datum: 21.02.2015 um 16:21:13 »   

Hallo,

bitte Vorsicht mit dem post scriptum
Zitat:
P.S.: Das Altägyptische kennt auch noch eine andere Bezeichnung für das Tier : aD - "Vernichter, Zerstückeler" (Wb I, 238), "Spürer, Aufspürer" nach Emma Brunner-Traut.
. "Ichneumon" bedeutet gr.-lt. "Spürer", d.h. die Bezeichnung von Brunner-Traut geht wohl nicht auf das Altägyptische zurück.

Gruss
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 09:10:51  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #7, Datum: 21.02.2015 um 17:05:11 »   


Zitat:
Lutz: P.S.: Das Altägyptische kennt auch noch eine andere Bezeichnung für das Tier : [ aD ] aDw - "Vernichter, Zerstückeler" (Wb I, 238), "Spürer, Aufspürer" nach Emma Brunner-Traut. ...


Zitat:
Iufaa: ... "Ichneumon" bedeutet gr.-lt. "Spürer", d.h. die Bezeichnung von Brunner-Traut geht wohl nicht auf das Altägyptische zurück.


Ingrid Bohms : Säugetiere in der Altägyptischen Literatur. - 2013. - Seite 122 :
Zitat:
"... Das Ichneumon wurde in Ägypten als xAtrw / xAtry (Wb III, 236, 10) bezeichnet. Demotisch heißt dieses Tier Stl (Demotisches Glossar, S. 530). Daneben wurde es auch aDw genannt, was soviel wie "Vernichter, Zerstückeler" (Wb I, 238, 21) bedeutet. Aufgrund der Bedeutung von aD "erkennen, wahrnehmen, riechen, hören" wurde das Tier nach Brunner-Traut "Spürer" bezeichnet, was im Sinne von "Aufspürer" zu verstehen ist. Diese Bedeutung hat auch die griechische Lehnübersetzung "Ichneumon". ..."

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 16:21:13  Gehe zu Beitrag
Helga  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Ichneumon 
« Antwort #8, Datum: 21.02.2015 um 19:45:25 »   

Ja, diesen Aufsatz von Brunner-Traut kenne ich auch, sie erwähnt aber nicht das Wort hann, oder? Deswegen ja meine Frage oben, wie man die Angabe von Keller verstehen muss. Sprechen Keller und Brunner-Traut von demselben ägyptischen Wort oder ist hann eine Erfindung von Keller?

Gruß
Helga
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 17:05:11  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #9, Datum: 21.02.2015 um 20:00:44 »   


Zitat:
... Sprechen Keller und Brunner-Traut von demselben ägyptischen Wort oder ist hann eine Erfindung von Keller?

Ich denke davon ist auszugehen und würde der Ägyptologischen Konvention (Brunner-Traut, Wörterbuch, Hannig, u.a.) folgen. Letztlich bleibt die Phonetik des Altägyptischen jedoch in den allermeißten Fällen wohl mehr oder weniger theoretisch ...

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 19:45:25  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Ichneumon 
« Antwort #10, Datum: 21.02.2015 um 20:04:00 »   

Ich habe den Aufsatz von Brunner-Traut mal durch eine OCR-Erkennung laufen lassen, die Zeichenfolge hann kommt lediglich in einer Fussnote auf S. 136 vor, als Teil des Wortes "Hannover".

Nochmal zu "Ichneumon" bei B-T, S. 159:
Zitat:
Es mag nun verwundern, daß neben xAtrj ein zweiter Name für dasselbe Tier existiert haben soll. Wir meinen, ihn erklären zu können. (aD hat die Bedeutung von: wahrnehmen, erkennen - im geistigen Sinne sowie durch die Sinnesorgane, und zwar durch Nase, Ohren und Augen, bedeutet also sowohl riechen als auch hören wie erkennen (mit den Augen)l. So wie nun der (pcrsonhafte) Sonnengott "mit seinem Auge" alles erkennt, so nimmt sein heiliges Tier mit allen Sinnen wahr: es "spürt". aD - "Vernichter, Zerstückeler" ist "der Spürer" , der mit dem griechischen "Ichmeumon" seine wörtliche übersetzung findet. aD - "Vernichter, Zerstückeler" ist im Unterschied zur zoologischen Bezeichnung xAtrj - "Vernichter, Zerstückeler" eine Charakterbezeichnung, vielleicht ein rein religiöser Name.
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 19:45:25  Gehe zu Beitrag
Helga  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Ichneumon 
« Antwort #11, Datum: 21.02.2015 um 20:19:44 »   

Die Frage ist nur, welches Wort hat Keller mit seinem hann gemeint? ...
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 20:04:00  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #12, Datum: 21.02.2015 um 20:30:23 »   


Zitat:
Die Frage ist nur, welches Wort hat Keller mit seinem hann gemeint? ...

Gibt er keine Quelle ? Möglich wäre wohl noch Koptisch ... Aber von dieser Sprache habe ich nun wirklich absolut keine Ahnung.    Vielleicht Michael T. aus W. (59) ...  

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 20:19:44  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #13, Datum: 22.02.2015 um 11:01:26 »   

Liebe Leute,

Helga bezieht sich bei ihrer Frage wohl auf Otto Keller, Die antike Tierwelt, Bd. I: Säugetiere, Leipzig, 1909, der auf den Seiten 158-160 das Ichneumon behandelt. Auf S. 159 schreibt er:

Zitat:
Eine andere Version läßt den Ichneumon pfeilschnell in das zufällig offenstehende Maul des Amphibiums hineinschießen und dessen Bauch zerfressen. Diese bei vielen Schriftstellern seit Diodor wiederkehrende Fabel wird auf Rechnung der ägyptischen Fremdenführer zu setzen sein, gerade wie die obenerwähnte Ausschmückung des ja an sich richtigen Kampfes mit der Aspisschlange.

Wenn also ein ägyptischer Ursprung, dann die Fabulierlust der Fremdenführer, meinte also schon Keller.

Dem Artikel Rudolf Anthes, Der Ichneumon, die Kobra und wir, in: Göttinger Miszellen, Heft 62, S. 93-94 (1983) entnehme ich den Hinweis, dass Emma Brunner-Traut, Ägyptische Mythen im Physiologus, in: Festschrift S. Schott, 1968, S. 13-44 auf diese Passage eingeht (S. 16-17). Leider habe ich im Moment keinen Zugriff darauf, noch auf die Nachdrucke in Antaios 10 (1969) und in Gelebte Mythen, Darmstadt, 1981 (mehrere Auflagen). Offensichtlich wird diese Stelle von Ingrid Bohms mit Fußnote 32 referiert bzw. zitiert.

Was die von Keller, S. 158 angegebene Herleitung aus einem ägyptischen Wort hann angeht, habe ich keine Entsprechung in Hannig gefunden, weder unter "aufspüren", noch unter "Fährte, Spur" oder dergl.

Auch das Koptische gibt hierfür keine Erklärung: Wolfgang Westendorf, Koptisches Handwörterbuch, Heidelberg, 1977, S. 331 und 400 gibt zwei Wörter für Ichneumon an, die damit nicht in Verbindung zu bringen sind.

Das muss wohl vorerst ein Rätsel bleiben.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 20:30:23  Gehe zu Beitrag
Lutz  maennlich
Member



Re: Ichneumon 
« Antwort #14, Datum: 22.02.2015 um 11:06:32 »   

Otto Keller : Die Antike Tierwelt. - I : Säugetiere (PDF, 50 MB). - XII, 434 S. : 145 Abb., 3 Taf. - II : Vögel, Reptilien, Fische, Insekten, Spinnentiere, Tausendfüssler, Krebstiere, Würmer, Weichtiere, Stachelhäuter, Schlauchtiere (PDF, 58 MB). - XV, 617 S. : 161 Abb., 2 Taf. - Leipzig :  Engelmann, 1909 & 1913.


Zitat:
... Emma Brunner-Traut, Ägyptische Mythen im Physiologus, in: Festschrift S. Schott, 1968, S. 13-44 auf diese Passage eingeht (S. 16-17). Leider habe ich im Moment keinen Zugriff darauf, ...

... ist seit gestern in der Stabi bestellt.

Gruß, Lutz.
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2015 um 20:30:23  Gehe zu Beitrag
Seiten: 1 2 »           

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