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   Ägyptische Götterwelt (282)
   Ägyptische Mythologie (8)
  Autor/in  Thema: Ägyptische Mythologie
David  maennlich
Member



Ägyptische Mythologie 
« Datum: 28.02.2023 um 20:58:30 »   

Hallo Ägyptenfans!

Ich hatte mich das bisher noch nie so richtig gefragt, aber jetzt habe ich eine Doku gesehen, in der die Charakteristika einzelner Götter erklärt wurden sowie deren Verbindungen untereinander. Dabei wurde zum Beispiel erklärt, dass Sachmet die Tochter von Re ist, die er auf die Erde schickte, um die Menschheit zu bestrafen. Sie wütete und Re wollte schließlich ihren Blutrausch beenden und verwandelte sie in die wohlwollende Göttin Hathor (oder auch Bastet, wie ich woanders nachgelesen hatte).
In welcher Art von altägyptischer Literatur sind solche Geschichten zu finden? Gibt es da einen Kanon oder wurde diese Mythologie über verschiedene einzelne Quellen zusammengetragen?
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #1, Datum: 28.02.2023 um 23:27:49 »   

Hallo, David,

hierbei handelt es sich um einen Mythos, der von Erik Hornung unter dem Titel Der ägyptische Mythos von der Himmelskuh: Eine Ätiologie des Unvollkommenen, Freiburg, Switzerland / Göttingen, Germany, 1997 veröffentlicht wurde (die maßgebliche Edition). Es gibt verschiedene Textzeugen aus dem Neuen Reich, darunter auch auf einem Schrein aus dem Grab des Tutanchamun.

Andere deutsche Übersetzungen sind hier zu finden (wohl nicht online):

Emma Brunner-Traut, Altägyptische Märchen, 8. verbesserte und erweiterte Auflage, München, 1989, S. 101-106, 299-301

Heike Sternberg el-Hotabi, Der Mythos von der Vernichtung des Menschengeschlechtes, in: Elke Blumenthal et al., Texte aus der Umwelt des Alten Testaments, Bd. III, Lieferung 5: Mythen und Epen III, Gütersloh, 1995, S. 1018-1037

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2023 um 20:58:30  Gehe zu Beitrag
David  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #2, Datum: 02.03.2023 um 00:13:02 »   

Hallo Michael,

Vielen Dank für die Literaturhinweise!
So etwas wie den Schrein des Tutanchamun habe ich gesucht. Ich hatte die Vermutung, dass derartige Erzählungen vielleicht aus Pyramidentexten oder dem sog. Totenbuch stammen. Eine Textpassage aus der Zeit von Tutanchamun erscheint mir sehr "jung". Ich werde mal die Literaturhinweise durchgehen, um herausfinden, aus welchen Quellen diese Erzählungen stammen.

Viele Grüße, David
> Antwort auf Beitrag vom: 28.02.2023 um 23:27:49  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #3, Datum: 02.03.2023 um 08:38:05 »   

Bei Hornung wird Nun ja von Re mehrmals als "Vater" und "Ältester der G ötter" angesprochen. In Vers 272 heißt es jedoch:
Zitat:
Nun wurde umarmt vom Ältesten (Gott) selber,
und er sprach zu den Göttern, die aus dem Osten des Himmels hervorgingen: "Gebt Lobpreis dem Ältesten Gott, durch den ich entstanden bin!
Welcher Gott könnte dort gemeint sein?
> Antwort auf Beitrag vom: 02.03.2023 um 00:13:02  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #4, Datum: 02.03.2023 um 15:53:18 »   

Hallo, David,

Erik Hornung hat seine Textausgabe auf folgende Quellen aufgebaut: Inschriften aus den Gräbern von Ramses II., Ramses III., Ramses VI., Sethos I. und Tutanchamun.

Im Vorwort schreibt er, dass das Buch "im Umkreis der Amarnazeit" verfasst worden ist (S. X). Ab S. 74 gibt es einen Abschnitt "Zu Aufbau, Bedeutung und Alter des Textes", speziell wird die Entstehungsgeschichte ab S. 79 betrachtet. Hornung spricht sich dagegen aus, den Text vor das Neue Reich zu datieren. Als Grund nennt er die Beobachtung, dass es sich um alles andere als um "klassisches Mittelägyptisch" handelt. Auch würden wir viele Motive nur aus späteren Texten kennen. Gerade die bildliche Gestaltung der Himmelskuh sei vor dem Neuen Reich "undenkbar". Er legt die Entstehung in die Zeit "unmittelbar nach dem Tode Echnatons (etwa 1336 v.Chr.)", nennt dies aber hypothetisch. Möglich wäre auch eine Entstehung unter Amenophis III., wobei "älteres Gedankengut aufgegriffen und verarbeitet wurde". Ob es einen neueren Vorschlag zur Entstehungszeit gibt, weiß ich leider nicht.

Chontamenti hat den Vers 272 angesprochen und gefragt, welcher Gott als "Ältester Gott" gepriesen wird. Dazu gibt es die Fußnote 185 auf S. 69:

Zitat:
Der "Älteste" (Re) bezeugt dem noch älteren Nun seine Verehrung, durch dessen Hilfe er täglich neu aus Urgewässer und Unterwelt emporsteigt (vgl. das Schlußbild des Pfortenbuches.


Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 02.03.2023 um 08:38:05  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #5, Datum: 03.03.2023 um 15:12:51 »   

Das weiß ich, aber es ging mir darum, dass NUN von einem Gott spricht, der älter ist als Nun selbst, womit also m.M. nicht Re gemeint sein kann.
> Antwort auf Beitrag vom: 02.03.2023 um 15:53:18  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #6, Datum: 04.03.2023 um 20:37:16 »   

Hallo, Chontamenti,

die beiden von Dir zitierten Zeilen werden von Hornung so interpretiert, dass mit "er" in "er sprach zu den Göttern" Re gemeint ist (S. 121):

Zitat:
das relative Alter von Nun und Rēa (der Sohn des Nun ist, in seinem noch älteren Ba, dem primordialen Urgott @qA 'Zauber' aber wiederum älter als Nun) ...
Der ältere Nun [wird] vom 'ältesten' Rēa umarmt, Rēa fordert die Götter zur Verehrung Nun's auf; da er aus Nun entstanden ist, hätte er ohne Nun nicht den Himmel als Heimstatt für die Ba's der Götter schaffen können ...

Das klingt verwirrend, aber durch den Nachsatz "durch den ich entstanden bin" (Vers 274) wird klar, dass es sich um Re handelt.

Halten wir zunächst diese Relation fest:

Alter des @qA (Ba des Re) > Alter des Nun > Alter des Re

Auch durch "'Zauber' ist mein Ba" (Vers 277) wird Re als Sprecher identifiziert, und im Vers 281 haben wir die Feststellung: "Der Ba des Nun ist Re."

Schlussfolgerung: Re ist entstanden durch Nun und zugleich dessen Ba.

Dass wir das so verstehen müssen, ergibt sich auch aus einer anderen Stelle in diesem "Buch von der Himmelskuh" (ab Vers 35):

Zitat:
Und die Majestät des Nun sprach:
"Du mein Sohn Re,
du Gott, der größer ist als der, der ihn gezeugt hat
und älter als die, die ihn erschaffen haben!
..."

Hier wird Re älter als die, "die ihn erschaffen haben" bezeichnet. Damit sind die "Väter" und "Mütter" gemeint, die "die mit mir [mit Re] waren, als ich mich (noch) im Urgewässer (Nun) befand" (Vers 14-15).

Jan Assmann hat für sein Buch Ägyptische Hymnen und Gebete, Zürich / München, 1975 einen Sonnenhymnus ausgegraben, der auf einer Stele der Ny Carlsberg Glyptotek in Kopenhagen zu finden ist (Inv.-Nr. ÆIN 655), in dem es heißt (S. 159):

Zitat:
Re anbeten bei seinem Aufgang
bis zum Eintritt seines Untergangs im Leben
...
Sei gegrüßt, Urgott der beiden Länder,
Herr der Maat, ohnegleichen!
Der Eine, der seinen Erzeuger zeugte,
der seine Mutter hervorbrachte,
...

Für uns stellen solche Formulierungen Paradoxien dar, mit denen wir nicht so leicht umgehen können. Für die Alten Ägypter schien das aber weniger ein Problem gewesen zu sein.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 03.03.2023 um 15:12:51  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Ägyptische Mythologie 
« Antwort #7, Datum: 05.03.2023 um 09:10:22 »   


Zitat:
die beiden von Dir zitierten Zeilen werden von Hornung so interpretiert, dass mit "er" in "er sprach zu den Göttern" Re gemeint ist (
Jetzt habe ich verstanden!
> Antwort auf Beitrag vom: 04.03.2023 um 20:37:16  Gehe zu Beitrag
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