und Manethos Frage: Mal eine kleine Rundumbetrachtung der „späteren„ Quellen zu den Pyramiden von Gize: Herodot (Historien II, 100 und 124ff.): Herodot spricht die Pyramide ganz richtige dem Cheops, einem Nachfolger des Rhampsinitos zu. Seinen Nachfolger nennt er Chefren (S. 127), der aber gegen Herodt sicher nicht sein Bruder war. Herodot setzt dann direkt zu Mykerinos über. Herodot wird also in seinen Histories hauptsächlich Informationen von Einheimischen am Gizeplateu selbst erhalten haben. Dort werden die Namen der Pyramidenbauer vermutlich noch bekannt gewesen sein (aus alten Königslisten und aus den überall sichtbaren Denkmälernfragmenten) aber ein Verbindung zu einzelnen Pyramiden dürfte eher zufällig gewesen sein, da diese ja keine Inschriften trugen und auch ihre Tempelanlagen zerstört waren (Siehe H. Goedicke, Re-used blocks, 1971, S. 11-13). Es ist doch erstaunlich daß immer nur die Bauherren des Gize-Plateaus genannt werden, während zB. Schepseskaf oder Djedefre nicht genannt sind, die ja ihre Grabanlagen nicht in Gize haben. Die Erklärung hierfür könnte also lauten, daß Herodot in Gize nur Geschichten über die dort noch als „Lokalheilige„ bekannten Herrscher erfahren hat. In der Phantasie der Einheimischen wurden diese Namen mit den dortigen Pyramiden zusammengebracht. Wie konfus hier das allgemeine Bild war zeigt ja mein zitiertes Graffito, in dem Isis als Herrin der Pyramide bezeichnet wird. Cheops aber wurde im Isisheiligtum als Erbauer des ältesten Tempels der Isis verehrt (dies ist ja wieder die bekannte geschichte der Kultlegitimation durch lange Tradition; vgl. Hungernotstele), was auch sicher falsch ist, da der Tempel an dem das Isisheiligtum errichtet wurde ein alter Verehrungstempel einer Königsgemahlin des Cheops ist und erst viel später (ab NR) zu einem Isistempelchen umgebaut wurde. Cheops wurde also auch im Zusammenhang mit dem Isiskult nie als „Pyramidenbauer„ gesehen sondern immer nur als Kultstifter des Isisheiligtums. Daß einige der Familienmitglieder der Priester des Isiskultes (Vgl. Zusammenstellung bei Wildung, Rolle der ägyptischen Könige, in: MÄS 17, S. 187) neben Namen mit Isis-Bestandteil auch „Chufu„ und „Chufuemachet„ heißen ist kein Argument für eine genaue Kenntnis um die Rolle des Cheops als Pyramidenbauer. Es gibt auch im NR noch Sesostris’se und in der Spätzeit Thutmosis’se. Als Stifter des Isiskultes war Cheops bekannt und in seinen Kult wurde der Kult der anderen Pyramidenbauer vom Gizeplateau mitverwehrt, aber m.E. eben nicht als Pyramidenbauer, sondern als besonders „maat-gerechte„ Herrscher die alte Kulte gestiftet haben. Manetho (Aegyptiaca Fragment 20 des Syncellus nach Africanus) nennt die Baumeisterin der dritten Pyramide „Nitokris„. Nach derselben Kopie richtete sich offenbar auch Eusebius (Aegyptiaca, Fragment 21), der der Nitorkis aber anstelle der 12 Jahr bei Africanus 13 Regierungsjahre zugesteht. Diodor (Diod. 1.I sect II. Art. XV-XVII) bringt das Dilemma der zeit auf den Punkt: „...Über die Pyramiden findet man übrigens bei den Eingeborenen sowohl als bei den Geschichtsschreibern durchaus keine übereinstimmenden Nachrichten. Denn einige behaupten sie seinen von jenen drei Königen (Chemmis, Chephren, Mykerinos), andere sie seien von andern erbaut (Armäus, Amasis, Inaros). Aber auch Diodor zitiert den Hass des Volkes auf diese Herrscher, der dazu geführt haben soll, daß sie sich nicht in den Pyramiden bestatten liessen. Strabon (64 v. Chr.-21 n. Chr.) weist die Mykerinos Pyramide wie schon Diodor der Kurtisane des Cheops zu (Rodophia/Rodophis) und merkt an, daß Sappho diese Frau Doricha nennt (Strabon, Géographie XVII. 1,33) Plinius (Histoire Naturelle, XXXVI. XVII. 82) stimmt mit den anderen Historikern überein. Die Christen folgten meist der biblischen These von Joseph als Erbauer der Pyramiden (Kornspeicher). Diese Theorie bestand bereits seit dem 4. Jh. n. Chr. Erst ab dem 15. Jh. setzte sich wieder die Meinung durch, daß die Pyramiden Gräber seien. Von wem und von wann war aber total unbekannt. In islamischer Zeit scheint dann nur noch Märchen und Phantasien geprägt zu sein: Ibtahim Ibn Wasif Schah (12. Jh.) gibt an, daß die Pyramiden wegen der Sinnflut errichtet wurden. Der Erbauer heißt bei ihm Saurîd und ließ die Pyramide mit Schätzen füllen (soso!), Geheimtexten vollständig dekorieren (ahh ja!) und er gibt an, daß die (Cheops-)Pyramide vollständig mit Brokat verkleidet wurde. In der Chefrenpyramide (die auch von Saurîd erbaut worden sein soll, ließ er dann 30 Grabkammern anlegen, die mit magischen Gegenständen (unzerstörbare Waffen, unzerbrechliches Glas ect.) gefüllt waren. Die koptische Legende, daß der König Saurîd die Pyramiden erbauen hat lassen stützt sich wohl auf die arabische Erzählung. Auch sie ist frei von jeglicher Realität. Außer Masûsî, der die Pyramide dem Agathodaimon zuschreibt, die mittlere dem Hermes (der 1000 Jahre später gelebt haben soll), gehen alle späteren arabischen Erzähler nicht mehr auf die Erbauer, sondern nur noch auf die Riesenschätze ein, die sich im Inneren der Pyramiden befunden haben sollen (Al-Masûdî, Al-Kaisî, Abd al-Latîf). Lauer (1980) bringt die Unstimmigkeiten auf den Punkt: „In der Tat scheinen die Namen der wirklichen Erbauer der Pyramiden im Laufe der zeit der Vergessenheit anheimgefallen zu sein.„ (Ph. Lauer, 1980, S: 23). Die griechisch-römische Tradition des Stoffes ist auffallend negativ geprägt. Die 4. Dyn. ist demnach eine gottlose Zeit und eine Phase der Unterdrückung und Zwangsarbeit. Rodophis wird sogar als Kurtisane dargestellt (inwieweit das zur damaligen Zeit negativ war, bleibt natürlich dahingestellt). Dies passt aber nicht zu dem Bild das sich uns von Cheops und seinen Söhnen in der Spätzeit bietet. Denn wie oben dargestellt, wurde ja Cheops als ganz besonders frommer Kerl verehrt, der das Isisheiligtum gegründet haben soll. Hie passen also viele Sachen nicht zusammen, was vielleicht dadurch erklärbar wird, wenn man akzeptiert, daß die Pyramiden auch für die Ägypter des NR und danach ein Phänomen waren und ihre Zuweisung an bestimmte Herrscher nicht mehr klar war. Wie M. Verner (Chentkaus) es darstellt, handelt es ich bei der Rodophis-Erzählung um eine Volksmythe, die sich wohl auf die 4. Pyramide von Gize, die der Chentkaus I., bezieht. Somit verlieren die griechischen, römischen und christlichen Texte auch den letzten Funken Historizität. Vom Gize-Plateau war vermutlich außer einem Konvolut an Sagen, Märchen und Touristen-Fänger-Geschichten nicht mehr viel „geschichtliches„ bekannt. Die griechisch-römischen Besucher werden ihre Informationen wohl von den Einheimischen „Touristenführern„ erhalten haben, die nicht wenig Phantasie bewiesen... So! Jetzt erst mal genug gefaselt! P.S: manetho, wenn dich das thema so brennend interessiert, kann ich dir auch eine Zusammenstellung der Tradition hierzu bei den arabischen Historikern zukommen lassen, falls du sowas bräuchtest/möchtest etc.! Ist sehr blumig aber weniger aufschlußreich als die griechisch-römischen Autoren...
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