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Ägyptologie Forum >> Ägyptische Götterwelt


1) Christliche Plakette
atonramses am 07.10.2001 um 18:24:35 - Anhang: christp.jpg

In New York, im Cloisters Museum, gibt es eine Plakette aus dem mittelalterlichem Frankreich, über den Empfang des Heiligen Geistes durch die Aposteln. Dort sieht man die Aposteln sitzend aneinandergereiht und zu Ihnen werden Hände von der göttlichen Hand ausgesandt, ich finde, man sieht hier eine starke Parallele zwischen der Sonnenreligion von Echnaton und unserem Christentum, schließlich sind wir alle Monotheisten, das muss man gerade in diesen Tagen sagen, denn eigentlich glauben wir alle an den einen Gott, wenn.


2) Re: Christliche Plakette
 Taharqa am 07.10.2001 um 23:25:19 - Anhang: echna_noffi.jpg

Du meinst sicherlich unter anderem diese Darstellung. Es gibt unzählige Gemeinsamkeiten und Zusammenhänge zwischen Juden, Christen, Moslems und dem Götterbild Echnatons. Er gilt ja auch als der erste Monotheist. Die "neueren" Religionen haben alle einen ähnlichen Ursprung und verehren zum Teil dieselben Heiligen bzw. Propheten (siehe Moses usw.). Ob Moses tatsächlich von Echnatons Lehre gehört hat, bleibt allerdings Spekulation. Fakt ist, das die benannten Religionen mehr gemeinsam haben, als angenommen. Im Detail streitet man sich allerdings, welche nun die wahre Lehre ist. Selbst unter den Christen gibt es ja bekanntlich starke Differenzen (orthodoxe,katholische und evangelische Kirche). Die Moslems werfen den Christen vor Götzen (Christus am Kreuz)anzubeten, obwohl Jesus für sie auf der anderen Seite wieder ein Prophet war. Am Ende geht es aber sicherlich nur um Macht. Das hat die Geschichte ja zur Genüge bewiesen. Und auf Deinen letzten Satz noch zu antworten. Wir sind nicht alle Monotheisten. Ich bin strammer Atheist. Ist nicht böse gemeint.
Ist übrigens in Ägypten auch besser, nicht zu sagen, das man ein Ungläubiger ist. Da herrscht völliges Unverständnis darüber.


3) Re: Christliche Plakette
atonramses am 08.10.2001 um 12:19:44

Genau wie der alte Konflikt zwischen Kopten und Muslimen.
Ich habe ja gesagt "wenn". Na ja, jeder glaubt an das, an das er glauben will, manche glauben auch an Amun & Co...


4) Re: Christliche Plakette
Neferkare am 02.12.2001 um 12:04:42

Ja so wie ich.

Ich hab mir einen kleinen Schrein gezimmert,darin steht eine Horus ,- Bastet,- und Anubisstatue und eine Schale, in die Weihrauch, Obst oder Blumen lege.

Klingt vieleicht verrückt, aber es ist doch irgendwie bruhigend wenn man jemanden hat an den man glauben kann.


5) Re: Christliche Plakette
Osiris am 02.12.2001 um 15:22:21

Hallo,
interessant Eure Debatte über den Glauben. Ich habe gelesen, dass in der Frühzeit der Ägypter, eine monotheistische Relegion vorherrschte. Ich bin da nicht so belesen,könnte dies stimmen? Verehrten nicht die Ägypter auch einen einzigen Schöpfergott, Atum? Moses war ja auch ein gebildeter Ägypter, sogar am Hofe des Pharaos erzogen. Die Bibel berichtet, er sei in alle Weisheit der Ägypter eingeweiht gewesen. Wie ich feststellen konnte, gibt es geometrische Gemeinsamkeiten der Grundkonstruktion der Pyramiden und der Bundeslade und dem Tempel Salomos. Erscheint auf den ersten Blick seltsam, aber geometrisch beweisbar.
Gruß
Osiris


6) Re: Christliche Plakette
Gitta am 03.12.2001 um 00:15:10



Zitat:
Hallo,
interessant Eure Debatte über den Glauben. Ich habe gelesen, dass in der Frühzeit der Ägypter, eine monotheistische Relegion vorherrschte. Ich bin da nicht so belesen,könnte dies stimmen? Verehrten nicht die Ägypter auch einen einzigen Schöpfergott, Atum?


Atum gilt zwar als Schöpfergott, allerdings schuf er nicht die Menschen, sondern die Götter (durch Selbstbegattung). Und da liegt der Unterschied zum christlichen Schöpfergott. Eigentlich ist Atum die Personifikation des "urzeitlichen Chaos und eine spekulative Gestalt" (nach Lurker).


Zitat:
Moses war ja auch ein gebildeter Ägypter, sogar am Hofe des Pharaos erzogen. Die Bibel berichtet, er sei in alle Weisheit der Ägypter eingeweiht gewesen.


Dass Moses ein gebildeter Ägypter war, steht zwar in der Bibel (und in Hollywood-Verfilmungen), ist aber historisch nicht nachzuweisen. Assmann versucht es in "Moses, der Ägypter", aber auf einer ganz anderen Ebene. Ich habe mich vor einiger Zeit an endlosen Diskussionen zu diesem Thema in der NG beteiligt, weil ich ebenfalls der Meinung war, dass das Christentum zumindest z.T. auf den Aton-Kult zurückzuführen sein könnte. Am Ende wurden Argumente immer wieder mit Gegenargumenten erschlagen, sowohl von der einen wie von der anderen Fakultät. Eindeutige Klarheit war nicht zu erreichen. Und so kann man also munter weiter spekulieren.


Zitat:
Wie ich feststellen konnte, gibt es geometrische Gemeinsamkeiten der Grundkonstruktion der Pyramiden und der Bundeslade und dem Tempel Salomos. Erscheint auf den ersten Blick seltsam, aber geometrisch beweisbar.


Diese geometrischen Gemeinsamkeiten würden mich mal interessieren. Ich sah vor nicht all zu langer Zeit eine TV-Doku, in der die Bundeslade nach vorliegenden Erkenntnissen rekonstruiert wurde. Mit einer Pyramide hatte diese Kiste nichts gemein.

Gitta


7) Re: Christliche Plakette
Baket am 02.05.2004 um 16:57:27

Hallo Gitta,


Zitat:
Ich habe mich vor einiger Zeit an endlosen Diskussionen zu diesem Thema in der NG beteiligt, weil ich ebenfalls der Meinung war, dass das Christentum zumindest z.T. auf den Aton-Kult zurückzuführen sein könnte.


was meinst Du genau mit "NG"? Ein anderes Forum? Da mich dieses Thema auch sehr interessiert, würde ich diese Diskussionen gerne mal durchlesen (falls das geht??).

Liebe Grüsse,
Baket

> Antwort auf Beitrag vom: 03.12.2001 um 00:15:10


8) Re: Christliche Plakette
Gitta am 02.05.2004 um 17:19:12

Hi Baket,

damit meine ich eine News Group, genau genommen die NG "de.soc.kultur.aegypten"

http://groups.google.de/group/de.soc.kultur.aegypten/topics?hl=de

Das ist aber schon eine Ewigkeit her, als wir dort diskutiert haben. Da musst Du tief ins Archiv einsteigen. Seit es Foren wie dieses gibt, ist in der NG nicht mehr soviel los.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2004 um 16:57:27


9) Re: Christliche Plakette
 heka-waset am 02.05.2004 um 21:32:30

Hallo!

Ich halte die Zusammenhänge zwischen Judentum, Christentum und der altägyptischen Sonnenreligion eher für unwahrscheinlich. Es ist zwar erwiesen, dass Amarna-Texte im Judentum bekannt waren und Eingang in Psalme (104) gefunden haben, aber das Gottesbild ist doch schon sehr unterschiedlich. Auch die zeitliche Lücke zwischen den biblischen Aufzeichnungen des AT und der Religion Echnatons ist ja nicht unbedingt gering- doch zurück zum Gottesbild.

Echnatons Religion war eine Königs-Religion. Das Volk und auch die hohen Beamten verehrten ja keineswegs den Sonnengott Aton, sondern einzig und allein den Königs als Maat-Bringer und Schicksals Gott. Echnaton erhöht die Stellung des Königtums und gibt ihm Aspekte zurück, die der Königsideologie des AR und MR entsprechen. Aton ist allein dem König zugänglich.

Aton ist auch kein moralischer Gott. Er ist Wertneutral- es unterliegt dem König Gesetze zu erlassen. Aton ist kein Gott der Offenbarung da er stumm ist. Er ist fern, greft nicht ein. Aton ist passiv, er hält die Welt durch pure Anwesenheit am Leben nicht durch sein Eingreifen. Er ist kein Schicksalsgott, das ist wieder Echnaton.

Aton spendet allen Menschen Leben, nicht nur seinem erwählten Volk.

All das und noch viele andere Fakten sprechen gegen eine direkte Verbindung. (siehe dazu unter anderem "Echnaton-Religion des Lichts" von E. Hornung)

Zu der aufgeworfenen These eines Urmonotheismus im alten Ägypten gibt es sehr interessante Theorien innerhalb der Ägyptologie, die aber heute alle auf eine Antwort  abzielen: Es gab keinen anonymen Hochgott, keinen Urmonotheismus. Sehr anschaulich wird dies in den Büchern "Ägypten- ein Sinngeschichte" von Assmann und "Der Eine und die Vielen" von Hornung besprochen.

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2004 um 17:19:12


10) Re: Christliche Plakette
 Ti am 03.05.2004 um 09:25:14

Hallo heka-waset,

das mit dem "morallosen Gott" sehe ich genauso. Es gibt keine Regeln, Gebote o.ä., die Aton seinen Anhängern gibt, nur die allumfassende Macht des Königs. Aton kann auch per definitionem weder seine Anhänger von denen unterscheiden, die noch nie etwas von ihm gehört haben, noch interessiert ihn das Tun uind Lassen der Menschen in irgendeiner Form. Es ist also weder möglich den Gott durch Opfer, Anbetung o.Ä. gnädig zu stimmen, noch kann man durch Fehlverhalten seinen Zorn heraufbeschwören. Aber wenn Du schreibst, daß Aton allen Menschen Leben gibt, so muß doch gesagt werden, daß im Sonnengesang zwischen Ägyptern und Fremdländern differenziert wird:


Zitat:
Die Zungen sind verschieden imn Reden
ebenso ihre Wesenszüge;
ihre Hautfarbe ist verschieden, (denn) du unterscheidest die Völker


Es ist also durchaus etwas vom elitären Denken vorhanden, daß die Ägypter über die "Neun-Bogen-Völker" erhob.


Weiter wird zwischen einem Nil für die Ägypter (aus der Unterwelt) und einem Nil ("selbst") der Fremdländer (vom Himmel - Regen?) unterschieden.


Zitat:
Den Nil am Himmel, den gibst du den Fremdvölkern
und allem Wild der Wüste, das auf Füßen läuft;
(aber) der (wahre) Nil kommt aus der Unterwelt nach Ägypten.


Die Zitate sind (wie immer bei mir) aus der Hornung'schen Übersetzung der Sonnenlitanei

Fremdvölker und die "Tiere, die Füßen laufen" werden hier also gleichgesetzt.

Liebe Grüße und einen schönen Wochenstart

Ti

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2004 um 21:32:30


11) Re: Christliche Plakette
Gitta am 03.05.2004 um 09:37:15

Hi Ti,


Zitat:
Fremdvölker und die "Tiere, die Füßen laufen" werden hier also gleichgesetzt.


Das kann man auch anders verstehen, nämlich naturwissenschaftlich: möglicherweise war inzwischen festgestellt worden, dass die Erde rund sein muss. Darüber, dass die Ägypter theoretisch die Erdkrümmung bereits berechnen konnten, gibts Untersuchungen. In irgendeiner GM-Ausgabe las ich dazu einen Artikel. Die Sonne versinkt also nicht in der Unterwelt, sondern hinter dem Horizont, wo sie den "Rest der Welt" bescheint.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 09:25:14


12) Re: Christliche Plakette
 Iufaa am 03.05.2004 um 09:42:24

Hi,

Zitat:
In irgendeiner GM-Ausgabe
das könnte eine Publikation von Wirsching gewesen sein, ev. nicht GM sondern SAK, ich schau heute am Abend mal nach.

Das Prinzip beruht auf der gleichzeitigen Messung unterschiedlicher Schattenlängen an entfernten Orten Ägyptens.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 09:37:15


13) Re: Christliche Plakette
 heka-waset am 03.05.2004 um 17:17:32

Und noch was: Die Aton-äReligion scheint zwar universell zu sein, das lassen einen die Texte glauben, aber praktisch war die Aton-Religion und ihr Kult auf Achet-Aton, welches nun auch das diesseitige Jenseits wird, beschränkt

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 09:42:24


14) Re: Christliche Plakette
 semataui am 03.05.2004 um 17:33:29

Hi Herrscher von Theben,

Zitat:
aber praktisch war die Aton-Religion und ihr Kult auf Achet-Aton, welches nun auch das diesseitige Jenseits wird, beschränkt


...und wie erklärst Du den Aton-Tempel in Karnak?

Gruß
semataui

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 17:17:32


15) Re: Christliche Plakette
Gitta am 04.05.2004 um 09:47:10


Zitat:
das könnte eine Publikation von Wirsching gewesen sein


So ist es: GM 191 (möglicherweise aber auch in der ZÄS; den Artikel kenne ich dann aber nicht). Wirsching beschäftigt sich mit der reinen Messtechnik. Es gibt aber einen weiteren Artikel, und zwar in GM 187, von Wolfhart Westendorf. Der wiederum beschäftigt sich mehr mit "Naturbeobachtung vs. Jenseitsvorstellungen". Leider bin ich momentan zeitlich etwas angespannt und kann deshalb keine längeren "Elaborate" verfassen über das, was mir zu dem Thema so alles durch den Kopf geht. Aber freut Euch nicht zu früh, ich werde Euch davon nicht verschonen

Irgendwann demnächst also mehr.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 09:42:24


16) Re: Christliche Plakette
 Ti am 04.05.2004 um 10:07:54

Hallo Gitta,

ich bin gespannt!

Liebe Grüße Ti

PS: Leider stehen mir die von Euch erwähnten Publikationen nicht zur Verfügung. Ich wäre also wirklich froh, wenn Du und Iufaa etwas schreiben könntet.

> Antwort auf Beitrag vom: 04.05.2004 um 09:47:10


17) Re: Christliche Plakette
 Iufaa am 04.05.2004 um 12:39:49 - Anhang: WIrsching_GM191.zip

So,

und hier für alle Interessierten, die die Göttinger Miszellen nicht haben, der Artikel von Wirsching zur Möglichkeit der Berechnung des Erdumfanges anhand von Schattenmessungen (GM 191, 2002).

Zu beachten ist, dass der Artikel die Möglichkeit diskutiert, dass die aÄ theoretisch in der Lage waren, aufgrund der Schattenbildungen die Erdkrümmung zu erkennen und den Erdumfang anhand der Schattenmessung hätten berechnen können.

Ob sie das getan haben .......

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 04.05.2004 um 09:47:10


18) Re: Christliche Plakette
 heka-waset am 04.05.2004 um 19:47:26

semataui das war die frühe Phase der Religion vor der Errichtung der neuen Hauptstadt Achet-Aton als Lichtort des Aton.

> Antwort auf Beitrag vom: 03.05.2004 um 17:33:29


19) Re: Christliche Plakette
 Ti am 05.05.2004 um 10:02:18

Hallo Iufaa,

erst mal danke dafür, daß Du die Publikation von Wirsching bereitgestellt hast. Bin gerade dabei, sie zu lesen und fühle mich unangenehm an die 8. Klasse erinnert, als wir den Satz des Pythagoras durchgenommen haben.  
Stand damals mit sinus, cosinus, tangens und cotangens auf Kriegsfuß!

Kann es sein, daß der gesamte Artikel im Konjunktiv verfasst ist?


Zitat:
Ob sie das getan haben...




Liebe Grüße Ti

> Antwort auf Beitrag vom: 04.05.2004 um 12:39:49


20) Re: Christliche Plakette
Gitta am 05.05.2004 um 10:21:09

Auweia, ich hoffe, ich habe mit meinem Hinweis


Zitat:
Darüber, dass die Ägypter theoretisch die Erdkrümmung bereits berechnen konnten, gibts Untersuchungen


niemanden aufs Glatteis geführt. Gemeint ist natürlich, dass der Artikel besagt, die Ägypter hätten theoretisch mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln in der Lage sein können, derartige Berechnungen anzustellen. Auch Westendorfs Artikel, auf den ich hingewiesen habe, ist nur eine theoretische Untersuchung. Es wurden lediglich Hinweise ausgewertet.

Die Ägypter selbst haben uns (bisher) nichts Ausdrückliches dazu hinterlassen.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2004 um 10:02:18


21) Re: Christliche Plakette
Gitta am 05.05.2004 um 23:14:24

So, nun wie angekündigt doch ein etwas längerer Beitrag zu diesem Thema:

Westendorf weist in seinem Artikel vollkommen zu Recht darauf hin, dass die Ägypter sich darüber im Klaren sein mussten, dass etwas einfach am Horizont verschwand, denn "auch die Pyramiden tauchten für den Reisenden am Horizont auf und wieder unter, ohne dass jemand auf die Idee gekommen wäre, sie würden in der Unterwelt verschwinden". Er verweist ausserdem u.a. auf Texte im Grab des Pentu in Amarna: "Du querst den Himmel, jedes Gesicht ist auf dich gerichtet, ohne Aufhören in der Nacht wie am Tage" und "Sie (die jubelnden Menschen) hören auf, nachdem du untergegangen bist und dich mit [dem Himmel] vereint hast". Demzufolge verschwindet die Sonne nicht in Richtung Unterwelt, sondern geht am Horizont einfach unter, um woanders weiterzuscheinen. Westendorf sieht in Echnaton einen reformbesessenen König, dem es ohne weiteres zuzutrauen gewesen sei, ein neu entdecktes (latent vielleicht schon länger vorhandenes) physikalisches Weltbild als legitim anzuerkennen, woraufhin dann auch die Unterwelt samt Osiris null und nichtig wurde.

Diese neue geistige Errungenschaft - wenn es sie denn so gegeben hätte - könnte die Amarnazeit überdauert haben, obwohl die ägyptische Obrigkeit das gewohnte Pantheon einschl. Osiris wieder an seinen angestammten Platz setzte. Westendorf führt aus, dass "die Ägypter im wesentlichen zwei Jenseitsräume kannten, in denen die Sonne die Nacht verbrachte: die Himmelsgöttin in Tier- oder Menschengestalt und die Unterwelt", die Duat und die (chtonische) Duat, die dann unterschieden wurden durch die Bezeichnungen dwA.t xr.t (untere Duat) und dwA.t Hr.t (obere Duat). Demzufolge vermutet er, in der Zeit nach Echnaton könnte die Unterwelt, wo die Sonne die Nacht verbringt, nicht im Erdinneren angesiedelt worden sein, sondern - aufgrund der nicht wegzuleugnenden wissenschaftlichen Erkenntnisse - möglicherweise buchstäblich unter der Erde, also auf der anderen Seite der Weltkugel. Er führt weiterhin Formulierungen an, die dies belegen könnten, wenn man sie entsprechend übersetzt. Leider ist es ja im Ägyptischen tatsächlich immer noch so, dass es bei Übersetzungen sehr häufig mehrere Möglichkeiten gibt, die einem Text auch eine andere Bedeutung geben können.

Ich finde Westendorfs Überlegungen nicht uninteressant und auch nicht abwegig. Die Zeit Echnatons wäre also eine Art "Aufklärung" der Antike gewesen und er selbst im Prinzip kein Monotheist, sondern eigentlich mehr ein "angereicherter" Atheist, ein Anbeter der von ihm vergöttlichten Natur.

Im Zusammenhang mit dieser Aufklärung mag auch stehen, dass nach Echnaton erstmals astronomische Decken in Königsgräbern auftauchen, die erste bekannte im Grab Sethos' I., und dass zur Grabdekoration seit Haremhab nicht mehr nur das Amduat gehörte, sondern auch die Litanei des Re, das Pfortenbuch, später das Totenbuch, das Höhlenbuch usw.

Eine Ausnahme bildet Thutmosis III., dessen Grabdekoration schon sehr früh auch die Litanei des Re beinhaltet. Dieser König ist aber auch sehr weit herumgekommen, er war sozusagen ein Global Player, dessen Feldzüge und das damit verbundene Vordringen in andere Kulturkreise vielleicht auch sein Weltbild beeinflusst haben.

Und auch eine frühe astronomische Decke ist bereits aus dem Grab des Senenmut bekannt (ich weiß nicht, ob es weitere in Privatgräbern gibt). Möglicherweise gab es also tatsächlich auch schon zu dieser frühen Zeit entsprechende naturwissenschaftliche Hinweise, die vorerst nur einem kleinen Kreis bekannt waren und wahrscheinlich auch nur von ganz wenigen verstanden wurden. Senenmut könnte - er muss ein kluger Kopf gewesen sein - ohne weiteres dazu gehört haben.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2004 um 10:21:09


22) Re: Christliche Plakette
Baket am 06.05.2004 um 01:16:06

Hallo Gitta,

ich bin gerade dabei, mich durch die Beiträge in den News-Groups zu dem Thema Echnaton-Monotheismus durchzuackern. Mir ist aufgefallen, dass viele darauf hinweisen, dass ein "richtiger" Monotheismus erst um ca. 500 v.Chr. belegt ist, und dass sie dies als Beweis betrachten, dass Echnatons Aton-Religion nichts damit zu tun haben kann. Vergessen sie dabei aber nicht, dass ja auch Echnaton eigentlich kein reiner Monotheismus verkündete, sondern auch noch andere Götter (wie bereits erwähnt die Maat) neben Aton akzeptierte? Desweiteren werden als Gegenargumente immer wieder das alte Testament und die religiösen jüdischen Schriften herangezogen. Diese entstanden jedoch wirklich erst um das Jahr 500 (früher oder später), und es ist doch nur logisch, dass die Menschen, die sie zu diesem Zeitpunkt niederschrieben automatisch davon ausgingen, dass die "Gründerväter" Abraham und Moses nur reine Monotheisten haben sein können. Aber vielleicht waren sie das gar nicht? Nach Assman entstand der Monotheismus sowieso Stufenweise.

Es wäre echt spannend zu wissen, ob es in der Zeitspanne von 1200/1300 (Echnaton) bis zu 500 v.Chr. irgendwelche Belege einer Religion oder Sektengruppierung gab, die eine Art Vorstufe des reinen Monotheismus betrieb. Dazu hab ich bisher in den NG's noch nichts gefunden.

Weiss man eigentlich Näheres darüber, was aus den Anhängern des Atonkultes nach Echnatons Tod wurde?  

Liebe Grüsse,
Baket

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2004 um 23:14:24


23) Re: Christliche Plakette
Frank (Gast) am 06.05.2004 um 13:39:01

Hallo Baket,

Du sagst:

Zitat:
ein "richtiger" Monotheismus


Genau! Der Unterschied liegt zwischen Monolatrie (nur einen Gott verehren, aber nicht die Existenz anderer Götter in Abrede stellen) und Montheismus (es gibt nur einen Gott).

In den Vätergeschichten des Alten Testaments gibt es einige "Richtigstellungen", z.B. wenn Abraham drei Männern begegnet (Gen 18): das Gespräch springt plötzlich zwischen Abraham/drei Männern und Abraham/JHWH. Ursprünglich dürften hier drei Götter gemeint sein. (In der christliche Dogmatik einst die klassische Bibelstelle zur Trinität.)

Grüße,
Frank

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2004 um 01:16:06


24) Re: Christliche Plakette
 Ti am 06.05.2004 um 16:08:04

Hallo Gitta,

gehört vielleicht nicht ganz hierher, aber ich habe bei Hornung auch gelesen, daß unter Echnaton das Neuägyptisch als Schriftsprache eingeführt wurde. Dieser Umstand muß ja auch entsprechende Konsequenzen gehabt haben, wenn auch vielleicht nicht gerade im astronomischen Sinne.


Zitat:
Im Zusammenhang mit dieser Aufklärung mag auch stehe, daß nach Echnaton astronomische Decken in Königsgräbern auftauchen


Dieser Wandel manifestiert sich ja auch in der bedeutenden Rolle, die Seth in der 19. Dynastie spielt. Seth, der "Mörder Osiris'", "Gegner des Horus", wird zum "Königsmacher".

Danke für Deinen Text, er hat mir enorm weitergeholfen!

Liebe Grüße Ti

> Antwort auf Beitrag vom: 05.05.2004 um 23:14:24


25) Re: Christliche Plakette
Gitta am 06.05.2004 um 23:49:53

Hi Ti,


Zitat:
Dieser Wandel manifestiert sich ja auch in der bedeutenden Rolle, die Seth in der 19. Dynastie spielt. Seth, der "Mörder Osiris'", "Gegner des Horus", wird zum "Königsmacher".


Ich bin mir nicht sicher, ob man das wirklich so sehen sollte. Seth war schon immer eng mit dem König verbunden  und wird bei Krönungszeremonien neben Horus zum Hauptdarsteller. Schon in den Pyramidentexten "nimmt der König die Gestalt des Horus und des Seth an" (Bonnet, Seite 706). Zwei Könige der 2. Dynastie nennen sich "Seth Peribsen" und "Hor-Seth Chasechemui".

Die möglicherweise gesteigerte Bedeutung des Gottes Seth in der frühen 19. Dynastie sehe ich mehr als eine Familienangelegenheit der ersten Ramessiden.


Zitat:
Danke für Deinen Text, er hat mir enorm weitergeholfen!


Bitte gern. Aber bitte nicht vergessen: das sind nur meine Gedanken dazu, auf der Basis von Westendorfs Überlegungen. Als "fachgerecht" kann man das sicher nicht bezeichnen.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2004 um 16:08:04


26) Re: Christliche Plakette
Gitta am 06.05.2004 um 23:57:10

Hi Baket,


Zitat:
Es wäre echt spannend zu wissen, ob es in der Zeitspanne von 1200/1300 (Echnaton) bis zu 500 v.Chr. irgendwelche Belege einer Religion oder Sektengruppierung gab, die eine Art Vorstufe des reinen Monotheismus betrieb. Dazu hab ich bisher in den NG's noch nichts gefunden.


Ich glaube, solche Belege gibt es nicht. Deshalb halte ich es auch inzwischen für arg konstruiert, Parallelen zwischen Echnatons Aton- und dem Jahwe-Kult zu ziehen. Die Anhänger der letzteren waren übrigens scheinbar anfangs auch keine reinen Monotheisten. Sie betrieben neben der Jahwe-Verehrung weiterhin ihre "Volksreligion", was ihnen diverse selbsternannte Propheten zum Vorwurf machen.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2004 um 01:16:06


27) Re: Christliche Plakette
 Ti am 07.05.2004 um 08:57:29

Hallo Gitta,

vielleicht habe ich das mit der "Janusköpfigkeit" der ägyptischen Götter noch nicht ganz verstanden. Ist es denn so (um es mal ganz naiv auszudrücken), daß keine Gottheit per se "gut" bzw. "böse" ist, sondern einfach nur einen Aspekt der Umwelt darstellt, und die in ihrem Zusammenspiel das erzeugen, was Ma'at genannt wird, im Sinne eines prekären Gleichgewichts einander widerstrebender Kräfte?


Zitat:
das sind nur meine Gedanken dazu, auf der Basis von Wetendorfs Überlegungen. Als "fachgerecht" kann man das sicher nicht bezeichnen.


Deine Gedanken sind immer sehr beflügelnd und fundiert, was man von meinen leider nicht immer behaupten kann.

Liebe Grüße Ti

> Antwort auf Beitrag vom: 06.05.2004 um 23:49:53


28) Re: Christliche Plakette
Peter Simon am 25.06.2004 um 09:30:03

Hier muß ich doch mal antworten.Was den Zusammenhang
Echnaton-Moses-Monotheistische Religionen betrifft,halte ich die Theorie von Assmann/Redford für absolut plausibel und das Wahrscheinlichste,was ich bisher gehört habe.Wir müssen uns mal eines ganz klar machen:von der Zeit ab Ramses II bis Wilhelm II gab es keinerlei Kenntnis von Echnaton und seinem Wirken.Das da mal was Schreckliches für die Götterwelt Ägyptens passiert war,war den Ägyptern allerdings schon bewußt,davon zeugt die  Geschichte von "Osarsiph",die Manetho erzählt,und ähnliche Geschichten.
- ein Gesetzgeber,der im 12.Jhdt v.Chr. im Grenzraum Ägypten/Israel wirkt und die Vielgötterei verwirft,wer anders als "Moses" sollte denn das sein?

Ich halte das für einen völlig falschen Weg,unser heutiges Wissen über die Echnaton-Religion mit dem heutigen(oder auch damaligen Christentum vergleichen zu wollen
Gruß
Peter

> Antwort auf Beitrag vom: 02.05.2004 um 21:32:30


29) Re: Christliche Plakette
Mubarek am 29.06.2004 um 22:06:13


Zitat:
...davon zeugt die  Geschichte von "Osarsiph",die Manetho erzählt


Mit Manetho pflege ich einen recht vorsichtigen Umgang, denn letztendlich war er ein Auftragsschreiber von Ptolemaios I. Gnaden.

Aber wie dem auch sei, hochinteressant sind die dargelegten Gedanken zu den monotheistischen Religionen unter besonderer Berücksichtigung der echnatonschen Glaubenslehre schon.

Hier nur als kleiner Anschub die Kerne der drei grossen Religionen:
Im mosaischen Glauben müssen die Gesetze befolgt werden; werden diese eingehalten, ist alles weitere in Ordnung.
Das Christentum befiehlt den Glauben, wer glaubt ist kein Heide und hat damit seine Daseinsberechtigung.
Für den Islam reicht das Bekennen; wer sich öffentlich bekennt wird als Muselmane anerkannt; was er ansonsten treibt ist uninteressant.

> Antwort auf Beitrag vom: 25.06.2004 um 09:30:03


30) Re: Christliche Plakette
PeterSimon am 05.07.2004 um 09:42:06

Hallo
Es ist doch keine Frage,daß alle 3 monotheistischen Religionen eine Entwicklung durchgemacht haben,daß sie sich heute ganz verschieden präsentieren und natürlich auch sich grundlegend von Echnatons Religion unterscheiden.Was mich einzig interessiert,sind die Ursprünge,die Initialzündung. Wir können die Osarsiphgeschichte nur verstehen,wenn wir das Raster"Amarnazeit" darüberlegen.Und das können wir erst seit gut 100 Jahren,Das konnten die Bibelschreiber nicht,die antiken Autoren nichtund auch nicht die mittelalterlichen Denker.
In Ägypten existierten auch ähnliche Geschichten,die die Amarnazeit betreffen könnten.Die Osarsiphgeschichte ist die bekannteste,weil sie von Manetho erzählt wird.Und ,wie gesagt,Manetho konnte von der Amarnazeit auch nichts wissen.

Und was Manetho angeht,Auftragsschreiber hin oder her
Bisher hatte eigentlich im Zweifelsfalle Manetho meistens recht
Gruß
Peter

> Antwort auf Beitrag vom: 29.06.2004 um 22:06:13