Hallo, Vielleicht noch ein paar allgemeine Bemerkungen zur Göttin Tanenet (die nicht nur von Wilkinson, sondern auch vom LÄ übergangen wird), die ja den meisten Forums-Mitgliedern kaum bekannt sein dürfte (hab mich vorher auch nie für sie interessiert ): Bonnet führt die Göttin unter dem Lemma „Zenenet“ (H. Bonnet, RÄRG, 1952, S. 881) auf, was ein Auffinden nicht gerade erleichtert. Der Eintrag ist eher allgemein gehalten: „In Hermonthis wurde eine wohl in dem weiter südl. gelegenen Rizagat (Krokodilopolis) heimische Göttin Z., „die Erhabene“, verehrt. Sie galt als Genossin des Ortsgottes Month und wurde in späterer Zeit geradezu mit dessen Gemahlin Rat-taui verschmolzen (LD Text III. 120; Piehl, Inscr. hierogl. I, pl. 166). Im übrigen deutet manches auf Beziehungen der Göttin zu einem Kult des Sobek hin, in dessen Geleit die Göttin mit der ihr oft verbundenen Junit am Ende der Neunheit von Karnak erscheint (LD III. 37b; 124c, 125). Als Kopfputz trägt die Göttin ein nicht deutbares Zeichen, das wohl einen alten Fetisch wiedergibt und einem gespaltenen Stabe mit sich spiralig einrollenden Enden gleicht.“ Aus H.A. Schlögl, Der Gott Tatenen, OBO 29, Göttingen 1980, S. 108f. erfahren wir: „In Hermonthis wird eine Göttin verehrt, die Tnn.t = die Erhabene heisst; ursprünglich soll sie aus dem oberägyptischen Krokodilopolis stammen. In den bildlichen Wiedergaben erscheint die Göttin immer menschengestaltig; als Kopfattribut trägt sie ein merkwürdiges Zeichen, da einem geteilten Stab gleicht, dessen oberes Ende spiralig eingerollt ist. Oft tritt sie in Gemeinschaft mit dem Gott Sobek auf, aber sie gilt als Gefährtin des Gottes Month, mit dessen Gemahlin Rat-Taui sie sich verbindet. In der ägyptologischen Literatur erscheint die Göttin manchmal als weibliche Ergänzung des Tatenen. So heißt es zB. bei Mond-Myrs: „Tjenenijt, or Tanenet is thought to have been female counterpart of Tanen, the ancient chtonic deity who became merged in the figure of god Ptah”. Eine Anmerkung oder ein beleg dazu fehlen. Es scheint, als ob diese Vermutung auf Kees zurückgeht, der feststellt, dass „Ptah von Tenenet“ seinen Beinamen mit einer Anzahl auch nicht memphitischer Götter teile: „am bekanntesten ist darunter die Göttin Tnenet, die in Hermonthis zu Hause zu sein scheint, und dort auch einen männlichen Gegenstück, einen Gott Tenen, hatte“. In der Anmerkung dazu stellt Kees aber fest: „Scheinbar selten: ich kenne nur durch das Berl.Wb., Theben Grab des Chonsu (Abschrift Sethe)... und Sethe, Medinet Habu, Zettel 952...“. bei beiden Belegen handelt es sich aber wohl nicht um den Gott Tatenen, sondern um eine defektive Wiedergabe des Göttinnennamens Tjenenet. M.W. gibt es keinen Text und keine Darstellung, die es erlauben würden, Tatenen mit der Göttin Tjenenet in Verbindung zu bringen.“ M.Th. Derchain-Urtel, Synkretismus in ägyptischer Ikonographie, Wiesbaden 1979 behandelt die Göttin eingehend und bringt zahlreiche weitere Belege. Nach ihrer Argumentation stellt der Name der Göttin ein mitteläg. Partizip Imperfekt des Verbums Tnj „erheben, unterscheiden“ dar. Ihr Name wäre also adäquat als „die Erhabene“ zu deuten (so ja auch Schlögl). Ein Fragment aus Armant nennt die Genealogie der lokalen Tanenet: „Tanenet, die Tochter des Atum und Mut der Großen...“ (S. 76). Über die Verbindung zur lokalen Göttin von Armant (Iunit) nimmt Tanenet den Namen Tanenet-Iunit an. Die erste Belegstelle der Göttin stammt aus der 11. Dyn. (Krönungsszene des Mentuhotep-Seanchkare (el-Tôd)), wo sie bereits mit Month auftritt. In Armant kennen wir sie ab der 12. Dyn. (R. Mond-O. Myers, The Temples, Tf. 99, Nr. 3 u. 4). In römischer Zeit hat Tanenet einen eigenen Kult in einer Kapelle im Tempel von Tôd (Kammer A). Derchain-Urtel deutet, das „merkwürdige Zeichen“ auf ihrem Haupt als „Uterus (einer Kuh)“ (S. 34). Zentrales Handlungsschema in dem die Göttin agiert ist ihrer Meinung nach entsprechend die Geburtssituation (allerdings nicht die irdisch-reale, sondern die des kosmischen Schöpfungsaktes mit der Geburt des Sonnengottkindes Harpre). Hier teilt sie sich die äußere Erscheinung und Epithta mit der Geburtsgöttin Mesechenet/Meschenet. Allgemein glaubt Derchain-Urtel herausarbeiten zu können, dass Mesechenet im „Innenraum“ (S. 35) wirke, Tanenet dagenen im „Aussenraum“ (also mit einem größeren Wirkungskreis). Den Beleg aus Deir el-Medine behandelt Derchain-Urtel allerdings nicht (ein übersichtliches Beleg-Register findet sich bei C. Leitz, Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen Bd. VII, Leuven 2002, S. 475-76). Auch auf die Frage eines Bezuges zu Tatenen geht sie leider nicht ein. Abgesehen von der Schreibung gibt es allerdings keine konkreteren Hinweise auf eine Verbindung von Tatenen und Tanenet. Daher ist vielleicht doch nicht davon auszugehen, dass es sich um ein weibliches Pendant zu Tatenen handelt, sondern hier eine oberägyptische weibl. Lokalgottheit aus el-Tôd/Armant mit dem Erstarken der lokalen 11. und 12. Dynastie nach Theben und darüber hinaus „exportiert“ wurde). Gruss A.
> Antwort auf Beitrag vom: 24.03.2004 um 19:34:59
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