Beitrag: 1;2;3 oder 1-3 oder 1;2-7;8
 

Anhänge ausblenden | QR-Code einblenden

http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?board=dpusf&action=display&num=1110804123

Ägyptologie Forum >> Ägyptische Götterwelt


1) Bezug ägypt. Gott Seth ->bibl. Seth/Sethianer ???
abraxas am 14.03.2005 um 13:42:03

Ein Zitat aus dem Herder Lexikon (Bd. 1968, S. 728)
besagt:
"Sethianer, Sethiten, gnost. Dualist. Sekte des 2.-4.
Jh., den Ophiten verwandt;
in ihren Mythologien wird möglicherweise die bibl. Person
Seth mit dem ägypt. Gott Seth vermengt."

Gibt es wissenschaftliche Erkenntnisse / Gründe die so
eine Vermengung / Verbindung nahelegen?


2) Re: Bezug ägypt. Gott Seth ->bibl. Seth/Sethianer
Gitta am 14.03.2005 um 14:11:31

Hallo Abraxas,

diese Fragen (ohne Esotherik und Okkultismus ) ist interessant. Vielleicht weiß ja jemand, ob sich Ägyptologen/Philologen jemals mit der Herkunft des biblischen Namens beschäftigt haben.

Übrigens könnte es sein, dass der ägyptische Name des Seth zur Zeit des Entstehens dieser Gruppe von Gnostikern nicht mehr so recht geläufig war.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 14.03.2005 um 13:42:03


3) Re: Bezug ägypt. Gott Seth ->bibl. Seth/Sethianer
 Gast_A. am 14.03.2005 um 15:25:36

Hallo!

In den gnostischen Texten selbst ist der Begriff "Seth" ausschließlich auf dem adamitisch Seth der Bibel bezogen, nicht auf den ägyptischen Gott (was Koch hier schreibt ist zunächst nur eine Spekulation). Welche inhaltlichen Assoziationen beim Namen mitschwangen (Machtpotentiale u.a?) ist hypothetisch. Aus den gnostischen Originaltexten (Nag Hammadi u.a.) läßt sich so etwas jedenfalls nicht ableiten.

Die Sethianer verfolgen eine Dreidisziplinenlehre (Licht, Geist, Finsternis), die sich an der „Paraphrase des Sem“ („Es gab Licht, Finsternis und Geist“) und 1. Moses 1 orientiert. Seth ist nach Ansicht der Gnostiker (speziell der Sethianer der Ahnherr der „unvergänglichen Geschlechts“ der erlösten Menschheit. Der eher abfällige Name „Sethianer“ wurde von den Historikern und Dogmatikern der christlichen Kirche geschaffen, denen die Gnostiker und Manichäer mit ihrem Mystizismus ein Dorn im Auge waren, da die „Sethianer“ komplexe Vorstellungen von „Mittlerengeln“ und „Erlösern“ (u.a. der biblische Seth) hatten, die nicht der Theologie der Kirchen entsprach. Die klassischen Autoren, die die gnostischen Strömungen beschrieben waren auch häufig Nicht-Christen (Heiden) und verstanden die Kulte nicht bzw. stellten sie aus propagandistischen Gründen in einem negativen Licht dar. Insofern sind ihre Quellen grundsätzlich mit Vorsicht zu genießen (wenn in solchen heidnischen Quellen etwa von "Dämonen " u.a. gesprochen wird, meinen die gnostischen Texte positive verstandene "Erlöser" oder "Engel" usw., also Lichtgestalten).

Die Ophiten weisen – wie fast alle gnostischen Sekten – ebenfalls ein dreiteiliges Weltbild auf: Licht- und Gottesreich, Zwischenreich und irdische Welt, wobei letztere durch uruboroshafte „Weltschlange“ (Leviathan) von den oberen bereichen abgetrennt ist.
Die Schlange stellt dabei gelegentlich sowohl die Erde wie den gestirnten Himmel dar, wobei die Uruborosform den ewigen Kreislauf des Werdens als Kennzeichen des Kosmos verkörpert.
Über den „Schlangenkult“ der Ophiten ist so gut wie nichts bekannt. Nur Epiphanius (eine sehr späte und wenig zuverlässige Quelle) berichtet ausführlicher darüber:
„Sie (die Schlangenleute/Ophiten) besitzen nämlich eine Schlange, die sie in einer gewissen Kiste nähren; zur Stunde ihrer Mysterien bringen sie sie aus der Höhle, und während sie auf einem tisch Brote anhäufen, rufen sie die Schlange heraus. Ist die Höhle nun geöffnet, kommt sie heraus... kriecht auf den Tisch und wälzt sich in den Broten: dies sagen sie, sei das ‚vollkommene Opfer’. Weshalb sie auch, wie ich von einem gehört habe, nicht  nur die ‚Brote brechen’ (ein altchristlicher Abendmahlausdruck), in denen sich die Schlange gewälzt hat, und den Empfängern darbieten, sondern jeder küßt auch die Schlange auf den Mund, da ja durch eine Beschwörung die Schlange gezähmt ist... Sie fallen vor dieser (verehrend) nieder und nennen dies die ‚Danksagung’ (Eucharistie), die durch ihr (der Schlange) Sichwälzen (in den broten) entstanden ist, und ferner senden sie mittels ihrer dem Vater in den Höhe einen Hymnus empor; dergestalt beenden sie ihre Mysterienfeier.“ (Epiphanius, Panarion, 37,5,6-8)
Manche (wie etwa K. Rudoph, Die Gnosis, Göttingen 1994, S. 256) vermuten  hinter dieser Zeremonie Einflüsse griechischer bzw. hellenistischer Geheimkulte, bei denen häufig Schlangen eine Rolle (Erdgottheit, Fruchtbarkeit) spielten (Demeterkult u.a.).
Für die Ophiten war die Schlange ein Offenbarungsträger und eine Sprachrohr des höchsten Gottes, also nicht eigentliches Verehrungsziel. Auch kannten sie keine Dämonisierung dieser Schlange.
Mit dem ägyptischen Seth hat dies jedenfalls – soweit man das aus den wenigen Quellen ableiten kann – nichts zu tun. Der mythologische Hintergrund der Schlange ist im gesamten Vorderen Orient so komplex, dass eine oberflächliche Parallelisierung mit dem ägyptischen Seth zu kurz greift (vgl. die gute Übersicht bei K. van der Torn u.a., Dictionnary of Deities and Demons in the Bible, Leiden-New York-Köln 1995, S. 1404-1412). Die Schlange ist in den gnostischen Lehren (wie schon in der hebräischen Bibel) eine positive und v.a. zur Lichtwelt gehörende Gestalt. Auch hier würde eine Gleichsetzung mit dem ägyptischen Seth (der übrigens nicht wirklich ein „böser“ Gott war) kaum sinnvoll sein.

Die von Okkultisten gerne gezogenen Parallelen des ägyptischen Seth zu diversen biblischen Wesen und Dämonen konnten von der Bibelwissenschaft nicht bestätigt worden (K. van der Torn, op.cit., S. 1413). Dort wird allein für Behemoth (Job 40:15-24) eine Übernahme des Kampfes zwischen Horus und Seth vorgeschlagen. Doch blieb auch dies bislang hypothetisch und ist allein auf der in Ägypten nachweisbaren Nildpferdform des Seth begründet (O. Keel, Jahwes Entgegnung an Ijob, Göttingen 1978, S. 127-41). Allerdings wird auch in Betracht gezogen, dass Behemoth etymologisch auf ägyptisch „Wasserbüffel“ zurückzuführen ist.

Gruß A.

> Antwort auf Beitrag vom: 14.03.2005 um 14:15:46