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Ägyptologie Forum >> Ägyptische Götterwelt


1) Das fehlende 64tel des Horusauge
Tonechna am 07.06.2006 um 23:52:37

Was könnte eigentlich hinter dem fehlenden 1/64-Teilchen des Horusauge stecken? Warum konnte Thoth nur 63/64 wiederherstellen? Udjat bedeutet doch intakt, vollständig, gesund? Ist es aber nicht!
Beschreibungen dieses Mythos sind mehrdeutig. Mal hat Thoth den Bruchteil absichtlich verschwinden lassen, aber warum? Mal konnte er es nicht finden... z.B. hier im Lexikon1

Tonechna  


1: http://www.aegyptologie.com/forum/cgi-bin/YaBB/YaBB.pl?action=lexikond&id=021008225611


2) Re: Das fehlende 64tel des Horusauge
Rolf am 25.10.2006 um 13:07:12 - Anhang: 2 Anhänge

Hall Tonechna,

Die einzelnen Teile des „Udjat“-Auges von Horus, das er im Bruderkampf mit Seth verlor,  entsprechen offenbar bestimmten Bruchzahlen mit der gleichnamigen Basis 64 (2 hoch 6), die als Summe 63/64, also nicht ganz die volle Einheit 1 ergeben. Das eine fehlende Vierundsechzigstel wurde, so die Legende, von Thoth nicht wiedergefunden.

Das vermeintlich heile Auge ist ein schönes Beispiel altägyptischer Zahlenmagie. Aus heutiger Sicht (des Mathematikers) handelt es sich "nur" um eine spezielle Form der geometrische Reihe, jene nämlich die als Quotient die Hälfte (½) bzw. die Relation 1 : 2 enthält. Die n-te Partialsumme einer solchen Reihe (wer erinnert sich?) berechnet sich nach einer bestimmten Formel, die in jeder gängigen Formeltafel zu finden ist.

Das standardisierte Symbol des Udjat besteht, wie man anhand des Bildes (Anhang 1) leicht verifiziert, aus insgesamt sechs Strichelementen, die jedes für sich schon Bände sprechen. Den Bildelementen kann man aber auch ganz einfach die einzelnen Glieder der Partialsumme der eingangs erwähnten geometrischen Reihe zuordnen, etwa wie folgt (Anhang 2):

Die sechste Partialsumme beträgt nun 32 + 16 + 8 + 4 + 2 + 1 = 63 Vierundsechzigstel, eine Summe die "fast" – aber ihrem wahren Wesen nach eben nicht ganz 1 ergibt. Jede  e n d l i c h e  Partialsumme einer Reihe (im geometrischen, arithmetischen bzw. mathematischen Sinn der Infinitesimalrechnung) ist unvollständig; ihr wahrer Wert ergibt sich, nach modernem Verständnis, erst beim Grenzübergang „gegen Unendlich“, also als Summe mit unendlich vielen Summanden.

Nun haben aber auch schon die alten Ägypter (nicht nur die alten Griechen!) eine Vorstellung von dem gehabt, was Unendlich im Unterschied zur Endlichkeit, in der wir Menschen im Gegensatz zu den unsterblichen Göttern stets gefangen bleiben, sein könnte. Nach Otto Neugebauer entspricht die ägyptische Hieroglyphe für 10'000 vorstellungsmässig der „Unendlichkeit“ (Vorlesungen über Geschichte der antiken mathematischen Wissenschaften, Erster Band Vorgriechische Mathematik, Berlin 1934, Seite 97). Sie stellt den Gott Hh dar, der den Himmelsraum unter der Erde tragen sollte und dessen Name soviel wie „All“ im Sinne von „Weltkreis“ (die Pupille des Udjat) bedeutet.

Mit bestem Gruss
Rolf

> Antwort auf Beitrag vom: 07.06.2006 um 23:52:37

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