Hallo alle zusammen! Zu dem Willen, der bei den Göttern Ägyptens erst so spät aufzutauchen scheint: Wenn man an eine Geschichte wie die von Horus und Seth denkt (die "Gattungs"mäßig eher in den Bereich "literarischer" Literatur geschoben wird als in den kultischen Bereich), dann haben die Götter, von denen dort eine Geschichte erzählt wird, auf einmal sehr wohl einen eigenen Willen und eigenes Wollen, sie streiten, sie argumentieren... Was Du, KGS, wiedergegeben hast, ist, denke ich, ein guter Abriss der Meinung Assmanns. Allerdings kann man gegen seine Meinung einwenden, ob er nicht vielleicht zu stark den Kult berücksichtigt hat und alles andere ein wenig zu sehr außer acht gelassen hat. Ich will das ausführlicher erklären, was ich meine: In dieser ägyptischen Gesellschaft, die eine Unterscheidung zwischen Religion und Politik nicht kennt, wird politische Macht und alles andere, was auf Erden geschieht, durch den Kult mit der göttlichen Ebene und den dortigen Vorgängen verbunden. In diesem kultischen Bereich spielt der Wille einzelner Götter tatsächlich scheinbar keine Rolle: Beim Lauf der Sonne und allen Aktionen, die dazu gehören, nehmen die Götter nur Rollen ein mit stetigen wiederholten Handlungen. Ebenfalls im kultischen Bereich wird auf "Mythen" rekurriert, die Geschichte, die einem Gott zugeschrieben ist, wodurch er in feste Konstellationen eingebunden wird mit anderen Göttern und auh in diesem Gefüge seine Rolle einnimmt: Osiris, der gestorbene Gott - Isis, die trauernde Witwe - Horus, der dafür sorgt, dass seinem Vater nachträglich vor Gericht Recht gesprochen wird - usw. Ich finde, aus all diesen Indizien, kann man sehen, dass der Wille des Gottes für das kultische Gefüge, das die göttliche und die menschliche Ebene verbindet, weitgehend keine Rolle spielt. das jedoch sollte nicht unbedingt bedeuten, dass die Götter keinen eigenen Willen hätten. Das bemerkenswerthe bei Aton und dem späten Amun-Re finde ich daher nicht, dass sie einen Willen haben, sondern dass es dort auf einmal wichtig wird, den Willen des Gottes im Kult zu berücksichtigen. - oder? Zum Allmachtsproblem zurück: Auch bei einem "allmächtigen monotheistischen Gott" kann man doch, denke ich, davon ausgehen, dass er nur das tut, was er für sinnvoll und richtig hält, obwohl er auch anders könnte. Wie steht es mit den ägytischen Göttern (zumindest in dem uns noch am geläufigsten scheinenden Bereich des Neuen Reiches)? Muss man davon ausgehen, dass sie ihre "Rollen" einnehmen, weil sie nciht anders können, oder darf man davon ausgehen, dass sie sie einnehmen, weil sie es wollen und für gut befinden?! Ist das ganze Geschaffene nicht noch viel größer als die Götter, bzw. kann es in einem Mehr-Götter-System überhaupt eine derartige Allmacht geben, wie die, die sich bei einem Ein-Gott-System einstellen kann? Gruß, Semis
> Antwort auf Beitrag vom: 28.05.2010 um 21:13:07
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