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   Die Stele des Nemtiemhat (43)
  Autor/in  Thema: Die Stele des Nemtiemhat
Michael Tilgner  maennlich
Member



Die Stele des Nemtiemhat 
« Datum: 03.10.2005 um 21:29:43 »   

Liebe Ägyptenfreunde,

kürzlich hat mich Naunakhte auf die schön gearbeitete Stele des Nemtiemhat (Kairo CG 20088) aufmerksam gemacht.



Wie wäre es mit einer kleinen Übersetzungsübung?

Die Stele ist auch abgebildet in: Francesco Tiradritti (Hrsg.), The Cairo Museum. Masterpieces of Egyptian Art,
Thames & Hudson, London, 1999, S. 94 [dieses Buch gibt es in Deutsch unter dem Titel: „Die Schatzkammer Ägyptens“].

Die Textteile lassen sich wie folgt gliedern.

  • Text A (oberhalb der Szene links) ist von rechts nach links zu lesen; er hat 11 Zeilen, nennen wir sie mal A1 ... A11.
  • Text B (oberhalb der Szene rechts) ist von links nach rechts zu lesen; mit den Zeilen B1 ... B13.
  • Unterhalb der Szene ist links der Text C mit den Spalten C1 ... C4.
  • Die Gabenbringer unten rechts enthalten die Beischriften: D1 ... D2.

Es handelt sich um die bekannte Opferformel Htp-Di-nsw (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 567), manchmal auch Htp-di-nsw gelesen.

Text A

Die Zeilen A1 ... A6 sind vergrößert als Anhang beigefügt.

A1: Htp-Di-nsw Wsir xnti-imn.tiw
„Ein Opfer, das der König gibt (und) Osiris, der Erste / an der Spitze der Westlichen“

Das Zeichen M23 sw steht als Abkürzung für nsw „König“ (Hannig, S. 431). Es wird ehrenhalber nach vorne gestellt.

xnti-imn.tiw „Chontamenti“ (Hannig, S. 1232)
xnti „vorn befindlich ... an der Spitze (von Personen)“ (Hannig, S. 607-608)
imn.tiw „die Toten (im westlichen Totenland), die Westlichen“ (Hannig, S. 72) - Das Wort leitet sich von imn.t „rechte Seite; der Westen“ ab (auch imnt.t geschrieben; imn.tj „westlich“ ist ein hieraus abgeleitetes Adjektiv (sog. „Nisbe-Bildung“ [leider ist der Eintrag zu Nisbe im Lexikon verlorengegangen]), das auch als Substantiv verwendet werden kann: "der Westliche". imn.tiw ist der Plural. Zur Schreibung: Das erste Zeichen ist R14 imn.t, das zweite ist G4 tiw, das Ganze ist ebenfalls eine abkürzende Schreibweise.

Zum Gott Chontamenti bzw. zu seiner Verschmelzung mit Osiris zu Osiris-Chontamenti siehe den Beitrag im
Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 964-965.

Wer möchte sich mal an A2 versuchen?

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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heka-waset  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #1, Datum: 03.10.2005 um 22:14:34 »   

Also ich kann was lückenhaftes zu A2 sagen:

Das ganze beginnt wieder mit der Opferformel

Htp-Dj inpw nb(.w) tA ?? Müsste D40 sein, Htp-Dj

> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 21:29:43  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat Parallelen_1.jpg - 291 KB
« Antwort #2, Datum: 03.10.2005 um 22:51:14 »   

Hallo,

kleine Lesehilfe: Das Zeichen wird - wie die beigefügten Beispiele zeigen - ziemlich unterschiedlich geschrieben (die Parallelen stammen alle aus einem zeitlich nahen Umfeld wie unsere Musterstele (aus dem British Museum).
Das Beispiel (1) scheint Hekas Lesungsvorschlag in ähnlicher Form zu bestätigen. Allerdings sind Beispiele (2) und (3) doch schon wieder problematisch, wenn es sich wirklich um Gardiners Hieroglyphe D40 (Arm mit Messer)


handeln soll. Wenn man sich Beispiel (1) genauer ansieht, kann man nach dem fraglichen Zeichen noch eine Hieroglyphe über dem Landzeichen (N25) erkennen. Dieses Zeichen ist ein sogenanntes phonetisches Komplement und gibt Hinweis auf die Lesung von Hekas Hierogylphe "D40".
Vielleicht hilft das hier etwas...

Gruß A.


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 22:14:34  Gehe zu Beitrag
snormi  weiblich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #3, Datum: 03.10.2005 um 23:14:43 »   

Wie wäre es mit nb tA Dsr Herr des Heiligen Landes, ein Epitheta des Anubis

Wollte noch nachtragen das tA Dsrder Name des Nekropolenareals in Abydos ist
« Letzte Änderung: 03.10.2005 um 23:51:41 von snormi »
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 22:51:14  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #4, Datum: 03.10.2005 um 23:28:53 »     

Würde ich zustimmen. Dann gehts weiter:

Htp dj anqt (?) Xnmw nTrw Abu dj sn prt xrw

Ein Opfer, das Anuket (die Schreibung ist etwas merkwürdig) und Chnum geben, die Götter von Elephantine, sie geben ein Totenopfer (bestehend aus)....
« Letzte Änderung: 03.10.2005 um 23:30:50 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:14:43  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #5, Datum: 03.10.2005 um 23:55:49 »     

...kA(?) Apd Ss mn(xt) xt nb(t) nfr(t) wab(t) anxt nTr jm mrrt Ax nTrw wnm

...Rindern (?), Geflügel, Alabaster, Leinen und alle guten und reinen Dinge, von denen ein Gott lebt und das die göttlichen Seelen zu essen lieben

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:28:53  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #6, Datum: 04.10.2005 um 00:14:27 »   

Nochmal kurz zurück auf das „Heilige Land“ (tA-Dsr). Die Übersetzung ist nach den Maßstäben des Lexikons richtig. Aber sie suggeriert, dass wir wissen, was der Begriff Dsr wirklich bedeutet. Eigentlich bleibt schon der moderne Begriff „heilig“ so schwammig und unkonkret, dass man damit alles zukleistern kann. Bei solchen modernen Übersetzungen ist unbedingt Mißtrauen angebracht!
Wir besitzen leider keine altägyptische Begriffserklärung zur Wurzel Dsr und die Übersetzung „heilig“ hat sich seit Generationen in der Ägyptologie eingebürgert! Erst 1985 hat James Karl Hoffmeier eine detailierte Untersuchung „Sacred in the Vocabulary of Ancient Egypt. The Term Dsr, with Special Reference to Dynasties I-XX“ (Orbis biblicus et orientalis [OBO] 59, Fribourg - Göttingen 1985) vorgelegt.
Darin wird deutlich, dass unsere heutigen Assoziationen mit „heilig“ (soweit es denn welche gibt) nur sehr bedingt das ägyptische Konzept von Dsr treffen. Offenbar liegt diesem Terminus im religiösen Kontext die aktive Grundbedeutung „abwehren/zurückweisen“ zu Grunde. Damit verbundene Begriffe sind also nicht frei zugänglich bzw. für Unbefugte „verschlossen“ . So verstanden ist auch das tA-Dsr in einem entsprechenden Licht zu sehen.

Gruß A.
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:14:43  Gehe zu Beitrag
heka-waset  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #7, Datum: 04.10.2005 um 14:30:25 »   

also am besten einfach t3-dsr stehen lassen würde ich sagen
« Letzte Änderung: 04.10.2005 um 14:30:41 von heka-waset »
> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 00:14:27  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat Anuket_1.jpg - 93 KB
« Antwort #8, Datum: 04.10.2005 um 15:21:34 »   

Hallo Gitta!

Zitat:
Ein Opfer, das Anuket (die Schreibung ist etwas merkwürdig) und Chnum geben, die Götter von Elephantine, sie geben ein Totenopfer (bestehend aus)....

Anuket ist von Dir sicherlich aus der Nennung von Chnum erschlossen worden. Die Schreibung ist in der Tat für die Göttin Anuket sehr merkwürdig und sollte daher nochmal angesprochen werden. Das Beispiel 5 der tA-Dsr-Parallelen setzt sich ganz ähnlich zu unserer Stele fort (s. Bild; links die Schreibung bei Nemtiemhat, rechts bei der BM-Stele). Dort tritt dieselbe Zeichenfolge bei der Gottheit auf. Zweimal dieselbe „merkwürdige“ Schreibung eines Götternamens wäre erstaunlich! Ein Vergleich der Determinative kann hier vielleicht weiterführen...

Gruß A.


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 03.10.2005 um 23:28:53  Gehe zu Beitrag
Geistsucher  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #9, Datum: 04.10.2005 um 15:38:10 »   

Ich sehe in # 8 einen Frosch:
Göttin Heqet.
> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34  Gehe zu Beitrag
Qn-hr-hps.f  
Gast

  
Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #10, Datum: 04.10.2005 um 15:39:24 »     

Also doch @qt = die Froschgöttin Heqet.

Und nach nTrw steht doch noch jmjw, mit dem w kann ich zwar im Moment nichts anfangen. jmj wäre aber der darin befindliche.
Den Ort würde ich nicht Elephantine lesen, sondern AbDw Abydos.
Frei übersetzt dann: die Götter die in Abydos sind.

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #11, Datum: 04.10.2005 um 15:42:03 »     

Hallo A,

ich hatte zunächst hqt gelesen. Das Determinativ fand ich auch noch ganz passend, nicht aber den Zusammenhang. Dazu fällt mit höchstens ein, dass sowohl Chnum als auch Heket etwas mit Schöpfung/Geburt zu tun haben. Aber auf Elephantine? Das "h" habe ich deshalb eher als verunglücktes "anch" angesehen, obwohl ich eine Schreibung der Anuket mit einem "anch" auch nicht kenne. Aber es kommt ja manchmal vor, dass bei Privatstelen schon mal falsche Schreibungen zu finden sind.

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:21:34  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Die Stele des Nemtiemhat LAe_Heqet_1123-24.jpg - 388 KB
« Antwort #12, Datum: 04.10.2005 um 16:08:01 »   

Anbei der LÄ-Eintrag zu Heqet (LÄ II, 1123f.). Damit erweist sich dann auch die Lesung "Abydos", die Qn-hr-hps.f anstelle von Elephantine vorgeschlagen hat, als richtig!

> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 15:42:03  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #13, Datum: 04.10.2005 um 17:01:51 »   

Hallo, Gast_A und die anderen,

nochmal zu tA Dsr "Heiliges Land, Nekropole"!

Bereits vor der von Dir zitierten Arbeit gab es schon ähnliche Auffassungen; siehe den beigefügten Ausschnitt aus dem Eintrag "Alltagswelt und Heilige Welt" im Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 138-144 (immerhin 1975 erschienen!).

Vorsichtshalber füge ich schon mal den nächsten Ausschnitt für die Übersetzungsversuche an.

Leider komme ich erst heute abend dazu, auf die vorgeschlagenen Übersetzungen einzugehen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 00:14:27  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Die Stele des Nemtiemhat 
« Antwort #14, Datum: 04.10.2005 um 22:09:43 »   

Liebe Freunde,

ich bin über die Resonanz, die dieses Thema gefunden hat, sehr überrascht! Vielen Dank an alle Beteiligten, die etwas zur Übersetzung beigetragen haben.

Ich fasse mal zusammen, was wir bis jetzt haben.

Text A - Fortsetzung

A2: Htp Di Inpw nb tA-Dsr
"ein Opfer, das Anubis gibt, der Herr des Heiligen Landes / der Nekropole"

nb tA-Dsr "Herr des Heiligen Landes" (Hannig, S. 914) - siehe dazu auch das Posting von Gast_A zur Bedeutung von Dsr

Die folgende Phrase geht über mehrere Zeilen (Zeilenübergang = | )

A2-A4: Htp Di | @q.t $nmw nTr.w imi.w | AbDw
"ein Opfer, das Heqet, Chnum und die Götter geben, die in Abydos sind"

@q.t "Heqet" (Hannig, S. 1228) - Determinativ I 7 "Frosch"
$nmw "Chnum" (Hannig, S. 1234)
imi "darin befindlich sein" (Hannig, S. 47) - @Qn-hr-hps.f: das .w von imi.w ist der Plural zum Bezugswort nTr.w "die Götter"
AbDw "Abydos" (Hannig, S. 1293)

@Gitta: ich glaube, die anderen Postings haben die Lesungen Heqet und Abydos überzeugend dargelegt.

Die folgenden Teile gehören ebenfalls zusammen:

A4-A6: di=sn pr.t-xrw iH.w Apd.w Ss mnx.t ix(.t) nb(.t) | nfr(.t) wab(.t) anx.t nTr im mrr.t Ax.w | wnm im
"sie geben ein Totenopfer (bestehend aus) Rind, Geflügel, Alabaster, Kleidung und allen guten, reinen Dingen, von denen ein Gott lebt und wovon die Verklärten zu essen  lieben"

@Gitta: echt super, Deine Übersetzung! Kann ich weitestgehend nachvollziehen.

Zu recht schreibst Du ein Fragezeichen bei der Lesung kA F1 "Rinderkopf", das inzwischen als iH gelesen wird (Hannig, S. 1043). Zwar bemerkt Hannig, S. 96,: "in der 'abkürzenden' Schreibung nicht immer von kA Stier zu trennen", aber siehe Günther Lapp, Die Opferformel des Alten Reiches. Unter Berücksichtigung einiger späterer Formen, Mainz, 1986, S. 128 belegt die Schreibung iH, wie schon Grapow in den Belegstellen zum Großen Wörterbuch vermerkt hat. Im Mittleren Reich werden iH.w undApd.w als Kollektivbegriffe aufgefaßt (Lapp, S. 120).

Apd.w "[Plural] Geflügel" (Hannig, S. 7)
Ss "Ägyptischer Alabaster" (Hannig, S. 834) - das  Zeichen W3 ist hier Determinativ (Hannig, S. 1093)
mnx.t "Kleid, Gewand" (Hannig, S. 341) - Zeichen S27 "unfertiges Tuch mit zwei Kettfäden" (Hannig, S. 1079)

ix.t nb.t nfr.t wab.t anx.t nTr im "alle guten und reinen Dinge, von denen ein Gott lebt" (Hannig, S. 98 [siehe bei ix.t unter Bedeutung (4)]
im [Adverb/Pronomialadjektiv; Gebrauchsweisen entsprechend der Präposition m] (Hannig, S. 47)
mrr [Partizip imperfektiv aktiv] "liebend" - weibliche Endung wegen ix.t
Ax "Ach-Geist, Verklärter; der würdige Tote" (Hannig, S. 11) - Das Zeichen dahinter - wohl A40 - würde ich als Determinativ auffassen und nicht lesen. Zum "Ach": Lexikon der Ägyptologie, Bd. I, Sp. 49-52
wnm "essen" (Hannig, S. 198)

@Gitta: das letzte rückbezügliche im hast Du übersehen

Bis dahin erstmal! Wer macht weiter?

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 04.10.2005 um 17:01:51  Gehe zu Beitrag
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