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   Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... (7)
  Autor/in  Thema: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ...
Michael Tilgner  maennlich
Member



Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Datum: 26.01.2006 um 12:52:36 »   

Liebe Ägyptischfreunde,

vor einigen Tagen fanden Archäologen der John Hopkins Universität (Baltimore) eine Statue der Königin Teje.
Statue der Teje freigelegt
Einige aktuelle Photos: "Hopkins in Egypt Today"

Dazu paßt die folgende Inschrift auf einem Skarabäus (Photo und Zeichnung zeigen zwar die gleiche Inschrift, sind aber nicht vom gleichen Skarabäus).


Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 26.01.2006 um 13:00:53 von Michael Tilgner »


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naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #1, Datum: 26.01.2006 um 13:54:30 »   

Hallo Seschen,

um nicht immer Dir die Arbeit der Identifizierung und Zusammenstellung der Hieroglyphen zu überlassen, versuche ich mich Heute mal daran  
Die Übersetzung überlasse ich Euch

@Michael:
Die Schreibweisen des Skarabäus und der Umzeichnung weichen voneinander ab. Ich habe mich für das Photo entschieden.

Zeile 1:


Zeile 2:


Zeile 3:


Zeile 4:


Zeile 5:


Zeile 6:


Zeile 7:


Zeile 8:


Zeile 9:


Zeile 10:



Hieroglyphen nach Angabe von Michael_Tilgner geändert
« Letzte Änderung: 27.01.2006 um 09:33:11 von naunakhte »
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2006 um 12:52:36  Gehe zu Beitrag
Snofru  
Gast

  
Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #2, Datum: 26.01.2006 um 16:46:44 »     

Hallo, ihr alle,

dann möchte ich mal loslegen.

@nauna:
Ich gehe von den von dir angegebenen Hieros aus.

Zeile 1

anx  Hr  kA-nxt-xa-m-mAat
Der lebende Horus, Ka-nacht-cha-em-maat (Starker Stier, der in der Gerechtigkeit erscheint).

Zeilen 2 und 3

nbtj  smn-hpw-sgrH-tAwj  Hr-nbw  aA-xpS-Hwj-sTtjw  nsw-bjt(j)
Die beiden Herrinnen: Semen-hepu-segereh-taui (Der die Gesetze festsetzt und die beiden Länder besänftigt).
Goldhorus: Aa-chepesch-hui-setschetiu (Mit starkem/großem Arm, der die Asiaten schlägt). König von Ober- u. Unterägypten:

Zeile 4

nb-mAat-ra  sA-ra  jmn-Htp(w)-HqA-wAst  dj  anx  Hmt-nsw  wrt
Neb-maat-Re (Herr der Maat ist Re). Sohn des Re: Amenophis, Herrscher von Theben, beschenkt mit Leben. Die große königliche Gemahlin

Zeilen 5 und 6

tjy  anx.tj  rn  n  (j)t=s  jwjA  rn  n  mwt=s  TwjA
Teje, sie möge leben. Der Name ihres Vaters (lautet) Juja, der Name ihrer Mutter Tschuja.

Zeile 7

Hmt  pw  n(j)t  nsw  nxt
Sie ist die Gemahlin des starken Königs,

Zeilen 8, 9 und 10

tAS=f  rsj  r  kry  mHtj  r  nHrn
dessen südliche Grenze bis nach Kry (ein Gebiet in Nubien), und dessen nördliche Grenze bis nach Naharina/Mitanni reicht.

Ich habe deshalb einige Zeilen zusammengefaßt, da ansonsten Wörter "auseinandergerissen" worden wären (so steht z.B. der Name Juja halb in Zeile 5, halb in Zeile 6).

So, das war's für heute!

Liebe Grüße
Snofru
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2006 um 12:52:36  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #3, Datum: 26.01.2006 um 21:54:10 »   

Hallo, naunakhte, hallo, Snofru,

da ist dieser Text in nicht mal 4 Stunden geknackt worden! Glückwunsch!

Einige Anmerkungen habe ich noch:

Zeile 1


anx @r kA-nxt xa-m-mAa.t
"Horus möge leben; ..."

@naunakhte
Auch wenn die Zeichen so angeordnet scheinen, wie Du sie geschrieben hast, so sind sie doch so zu lesen wie Snofru es angegeben hat. Es handelt sich um eine graphische Umstellung, bei der das kleinere Zeichen in den freien Platz gerückt wird; ähnlich wie bei wr.t in Zeile 4. Siehe von Beckerath, Handbuch der Königsnamen, S. 140-141, wo auch die folgende Schreibung angegeben wird:



@Snofru
M.E. geht "lebender Horus" nicht, dann müßte anx nachgestellt sein. anx @r ist sicherlich ein Wunschsatz: "Horus möge leben" oder "Es lebe Horus: ..." (prospektives sDm=f)


Zeile 2-3


... sgrH tA.wj ...
"... der die beiden Länder friedlich stimmt ..."

@naunakhte
Bei dem Determinativ von sgrH handelt es sich um D41 "Arm mit Handfläche nach unten und gebogenem Oberarm" und nicht um D42 "Arm mit Handfläche nach unten und mit geradem Oberarm"; siehe Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 776


Zeile 3

... aA-xpS Hw-sTtjw  ...
"... groß an Kraft, der die Asiaten schlägt ..."

xpS "(1) Kraftarm ... (2) Kraft (bes. im Kampf) ..." (Hannig, S. 596) - Bedeutung (2) ist natürlich von (1) abgeleitet; insofern ist das als Grauzone zu werten.
Hw ist m.E. imperfektisches aktivisches Partizip von Hwj; eigentlich geminierend (d.h. der zweite Konsonant müßte verdoppelt werden), der schwache Konsonant j fällt weg; aber da es sich hier um ein Verb mit zwei schwachen Konsonanten handelt [w und j], hat man diese Verdopplung nicht gemacht.


@naunakhte
Bei sT.tjw "Asiaten" handelt es sich um den *Adlerbussard G4 mit Lesung tjw, nicht um G1 "Schmutzgeier" mit Lesung A. Beide können leicht verwechselt werden.


Zeile 8


tAS=f rsj ... "seine südliche Grenze ..."

@naunakhte
Das Determinativ bei tAS und bei rsj ist nicht X7 "Brothälfte", sondern N21 "kurze Landzunge". Siehe für tAS Hannig, S. 916.


Zeile 9


mHtj "nördlich" (Hannig, S. 355)

@naunakhte
Determinativ N21 statt X7.


Zeile 10

@Snofru
Das Land Nhrn "Naharina / Mitanni" wird mit h transkribiert, nicht mit H.


Bei diesem Stück handelt es sich um einen der vielen Gedenkskarabäen von Amenophis III., dem sogenannten "Hochzeitsskarabäus". Es gibt 5 verschiedene Typen, von denen, soweit ich mich erinnere, so mindestens an die 100 Exemplare im Umlauf waren, damit "alle Welt" informiert sei. Die anderen handeln von: der Anlage eines Sees für Teje, der Hochzeit mit Giluhepa, einer Wildstier- und einer Löwenjagd. Im Lexikon der Ägyptologie, Bd. V, heißt es im Artikel über Skarabäen (Sp. 971): "Die Rolle der Teje steht stark im Vordergrund, selbst auf dem Giluhepa-Skarabäus. Außergewöhnlich viele S[karabäen] nennen Amenophis mit Teje oder Teje allein, was mit der religiösen Rolle der Königinnen in der späten 18. Dyn. zusammenhängen mag." - Der jetzige Fund einer Statue wird das Bild von ihrer großen Bedeutung sicherlich bestätigen.

Als Nachtrag sei noch erwähnt: Die Zeichnung stammt aus Eduard Naville (Hrsg.), Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Text, Bd. 1, Leipzig, 1897, S. 11 und stellt ein Exemplar aus dem Louvre dar (Inv. Nr. N 787 E). Das Photo bezieht sich auf Louvre N 787 A.


Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 26.01.2006 um 21:57:41 von Michael Tilgner »
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2006 um 16:46:44  Gehe zu Beitrag
Snofru  
Gast

  
Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #4, Datum: 26.01.2006 um 23:12:14 »     

Hallo, Michael,


Zitat:
M.E. geht "lebender Horus" nicht, dann müßte  anx  nachgestellt sein.


Richtig! Ich habe hier aber einfach nur "frei" übersetzt. Ich habe auch schon Übersetzungsvarianten wie "Der Horus... lebt" oder "Lebendig ist der Horus..." u.ä. gesehen. Tatsächlich könnte es sich ja auch um einen Adjektivalsatz (nfr-sw-Satz) oder um ein nicht-prospektives  sDm=f  handeln. Daher habe ich eine Übersetzung gewählt, die i.S. von Herrn Friedrich Junge "frei" ist (F. Junge, Neuägyptisch, 2., verb. Auflage, Abschnitt 0.4.3). Die dort gemachten Angaben zur freien Übersetzung gelten natürlich nicht nur für das Neuägyptische, sondern für jede Sprache u. Übersetzung; ich habe sie daher hier auch auf das Mittelägyptische angewendet.

Bei  Hwj  gebe ich dir ebenfalls Recht. Aber auch hier bin ich einer sehr häufigen Transkription, die übrigens auch Hannig benutzt (Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, Seite 514), gefolgt.  

Bei Naharina/Mitanni habe ich mich einfach verschrieben; natürlich muß es  Nhrn  heißen.

Trotzdem vielen, vielen Dank für deine Korrekturen und Hinweise!!!
Ich lerne auf diese Weise täglich mehr.

Liebe Grüße
Snofru
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2006 um 21:54:10  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #5, Datum: 31.01.2006 um 10:56:22 »   

Auch diese Übersetzung wurde im Lexikon zusammengefasst.

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 26.01.2006 um 23:12:14  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ... 
« Antwort #6, Datum: 05.02.2006 um 22:24:26 »   

Hallo, Leute,

ein Nachtrag zu Zeile 7, die sicherlich als zentral eingestuft werden muß:

Hm.t pw n.t nsw nxt
"Sie ist die Gemahlin des starken / siegreichen Königs"

Hierzu heißt es im Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 305-308, Stichwort "Teje":

Zitat:
... ihre Herkunft aus einer "bürgerlichen" Familie von Provinzbeamten ist gesichert durch ausdrückliche Nennung ihrer Eltern Juja und Tuja ... Dieser für Amenophis III. charakteristische Bruch mit der Tradition spiegelt sich besonders stark in den Gedenk-Skarabäen, die stets T. als Große Kgl. Gemahlin nennen und ihre nichtkgl. Herkunft nicht nur nicht verschweigen, sondern geradezu als Programm proklamieren.

Was mit diesem "Bruch mit der Tradition" gemeint sein kann, erläutert Wolfgang Helck, Geschichte des Alten Ägypten, Leiden/Köln, 1981, S. 169:

Zitat:
Die Spannung zwischen den beiden Gruppen [Traditionsanhängern und Traditionsgegnern] nahm zu Beginn der Regierung Amenophis' III. zu, besonders da der König eindeutig Partei zu Gunsten der Traditionsgegner ergriffen hatte. Anders ist es nicht zu erklären, dass er betont ein Harimsmädchen niedriger Herkunft namens Teje zur "Grossen königlichen Gemahlin" erklärte, ein Titel, der bisher nur Prinzessinnen zukam, die "Gottesgemahlinnen" gewesen waren. Noch die Hauptgattin Thutmosis' IV. war seine eigene Schwester WADj.t gewesen, und da nicht sie, sondern eine Nebengemahlin Mw.t-m-wjA den Thronfolger geboren hatte, wurde deren "Gottesgemahlinnenschaft" nachträglich durch die Reliefs im Luxortempel verkündet. Es wäre wegen dieser Abkunft für Amenophis III. besonders wichtig gewesen, eine seiner Schwestern zur "Grossen königlichen Gemahlin" zu erheben. Dass er das nicht tat, sondern die nichtkönigliche Herkunft seiner Königin auch noch ausdrücklich verkündete, kann nur als bewusster Bruch mit der Tradition angesehen werden. Dass gerade das Volk an numinosen Forderungen im Zusammenhang mit dem Königshaus besonders starr festhält, lässt sich bis in unsere Tage verfolgen. So muss auch die Heirat Amenophis' III. mit Teje eine schwere innere Erschütterung nach sich gezogen haben.

Helck sieht die Absicht, den Einfluß des Amuntempels zurückzudrängen. Die Leere werde durch eine neue Wahrheit ausgefüllt, die sich in der Sonnenscheibe Aton manifestiert. - Es ist zu erwähnen, daß Helcks Position nicht unumstritten ist.

Das Grab von Juja und Tuja mit ihren gut erhaltenen Mumien wurde 1905 entdeckt. Ausführliche Beschreibungen einiger Fundstücke sind im Katalog André Wiese, Andreas Brodbeck (Hrsg.), Tutanchamun. Das goldene Jenseits. Grabschätze aus dem Tal der Könige, München, 2004, S. 180-209; dazu S. 111-114

Zum zitierten Satz selbst: Es handelt sich um einen sogenannten nominalen Nominalsatz; es fehlt ein Verb. Subjekt ist pw als Pronomen 3. Pers. für "er, sie, es" (Singular) oder "sie" (Plural); in der Form unveränderlich. Das Prädikat ist hm.t n.t nsw nxt "Gemahlin eines starken / siegreichen Königs". In einem Fall wie diesem, in dem das Prädikat aus mehreren Worten besteht, wird das pw zwischen einigen dieser Worte eingeschoben. Im einzelnen konsultiere man eine mittelägyptische Grammatik. (z.B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 128 "Use of pw for the pronoun 3rd pers." und § 129 "Position of pw")


Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 05.02.2006 um 22:39:54 von Michael Tilgner »
> Antwort auf Beitrag vom: 31.01.2006 um 10:56:22  Gehe zu Beitrag
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