um nicht immer Dir die Arbeit der Identifizierung und Zusammenstellung der Hieroglyphen zu überlassen, versuche ich mich Heute mal daran Die Übersetzung überlasse ich Euch
@Michael: Die Schreibweisen des Skarabäus und der Umzeichnung weichen voneinander ab. Ich habe mich für das Photo entschieden.
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Hieroglyphen nach Angabe von Michael_Tilgner geändert
Snofru Gast
Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ...
« Antwort #2, Datum: 26.01.2006 um 16:46:44 »
Hallo, ihr alle,
dann möchte ich mal loslegen.
@nauna: Ich gehe von den von dir angegebenen Hieros aus.
Zeile 1
anx Hr kA-nxt-xa-m-mAat Der lebende Horus, Ka-nacht-cha-em-maat (Starker Stier, der in der Gerechtigkeit erscheint).
Zeilen 2 und 3
nbtj smn-hpw-sgrH-tAwj Hr-nbw aA-xpS-Hwj-sTtjw nsw-bjt(j) Die beiden Herrinnen: Semen-hepu-segereh-taui (Der die Gesetze festsetzt und die beiden Länder besänftigt). Goldhorus: Aa-chepesch-hui-setschetiu (Mit starkem/großem Arm, der die Asiaten schlägt). König von Ober- u. Unterägypten:
Zeile 4
nb-mAat-ra sA-ra jmn-Htp(w)-HqA-wAst dj anx Hmt-nsw wrt Neb-maat-Re (Herr der Maat ist Re). Sohn des Re: Amenophis, Herrscher von Theben, beschenkt mit Leben. Die große königliche Gemahlin
Zeilen 5 und 6
tjy anx.tj rn n (j)t=s jwjA rn n mwt=s TwjA Teje, sie möge leben. Der Name ihres Vaters (lautet) Juja, der Name ihrer Mutter Tschuja.
Zeile 7
Hmt pw n(j)t nsw nxt Sie ist die Gemahlin des starken Königs,
Zeilen 8, 9 und 10
tAS=f rsj r kry mHtj r nHrn dessen südliche Grenze bis nach Kry (ein Gebiet in Nubien), und dessen nördliche Grenze bis nach Naharina/Mitanni reicht.
Ich habe deshalb einige Zeilen zusammengefaßt, da ansonsten Wörter "auseinandergerissen" worden wären (so steht z.B. der Name Juja halb in Zeile 5, halb in Zeile 6).
da ist dieser Text in nicht mal 4 Stunden geknackt worden! Glückwunsch!
Einige Anmerkungen habe ich noch:
Zeile 1
anx @r kA-nxt xa-m-mAa.t "Horus möge leben; ..."
@naunakhte Auch wenn die Zeichen so angeordnet scheinen, wie Du sie geschrieben hast, so sind sie doch so zu lesen wie Snofru es angegeben hat. Es handelt sich um eine graphische Umstellung, bei der das kleinere Zeichen in den freien Platz gerückt wird; ähnlich wie bei wr.t in Zeile 4. Siehe von Beckerath, Handbuch der Königsnamen, S. 140-141, wo auch die folgende Schreibung angegeben wird:
@Snofru M.E. geht "lebender Horus" nicht, dann müßte anx nachgestellt sein. anx @r ist sicherlich ein Wunschsatz: "Horus möge leben" oder "Es lebe Horus: ..." (prospektives sDm=f)
Zeile 2-3
... sgrH tA.wj ... "... der die beiden Länder friedlich stimmt ..."
@naunakhte Bei dem Determinativ von sgrH handelt es sich um D41 "Arm mit Handfläche nach unten und gebogenem Oberarm" und nicht um D42 "Arm mit Handfläche nach unten und mit geradem Oberarm"; siehe Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 776
Zeile 3
... aA-xpS Hw-sTtjw ... "... groß an Kraft, der die Asiaten schlägt ..."
xpS "(1) Kraftarm ... (2) Kraft (bes. im Kampf) ..." (Hannig, S. 596) - Bedeutung (2) ist natürlich von (1) abgeleitet; insofern ist das als Grauzone zu werten. Hw ist m.E. imperfektisches aktivisches Partizip von Hwj; eigentlich geminierend (d.h. der zweite Konsonant müßte verdoppelt werden), der schwache Konsonant j fällt weg; aber da es sich hier um ein Verb mit zwei schwachen Konsonanten handelt [w und j], hat man diese Verdopplung nicht gemacht.
@naunakhte Bei sT.tjw "Asiaten" handelt es sich um den *Adlerbussard G4 mit Lesung tjw, nicht um G1 "Schmutzgeier" mit Lesung A. Beide können leicht verwechselt werden.
Zeile 8
tAS=f rsj ... "seine südliche Grenze ..."
@naunakhte Das Determinativ bei tAS und bei rsj ist nicht X7 "Brothälfte", sondern N21 "kurze Landzunge". Siehe für tAS Hannig, S. 916.
Zeile 9
mHtj "nördlich" (Hannig, S. 355)
@naunakhte Determinativ N21 statt X7.
Zeile 10
@Snofru Das Land Nhrn "Naharina / Mitanni" wird mit h transkribiert, nicht mit H.
Bei diesem Stück handelt es sich um einen der vielen Gedenkskarabäen von Amenophis III., dem sogenannten "Hochzeitsskarabäus". Es gibt 5 verschiedene Typen, von denen, soweit ich mich erinnere, so mindestens an die 100 Exemplare im Umlauf waren, damit "alle Welt" informiert sei. Die anderen handeln von: der Anlage eines Sees für Teje, der Hochzeit mit Giluhepa, einer Wildstier- und einer Löwenjagd. Im Lexikon der Ägyptologie, Bd. V, heißt es im Artikel über Skarabäen (Sp. 971): "Die Rolle der Teje steht stark im Vordergrund, selbst auf dem Giluhepa-Skarabäus. Außergewöhnlich viele S[karabäen] nennen Amenophis mit Teje oder Teje allein, was mit der religiösen Rolle der Königinnen in der späten 18. Dyn. zusammenhängen mag." - Der jetzige Fund einer Statue wird das Bild von ihrer großen Bedeutung sicherlich bestätigen.
Als Nachtrag sei noch erwähnt: Die Zeichnung stammt aus Eduard Naville (Hrsg.), Denkmäler aus Aegypten und Aethiopien, Text, Bd. 1, Leipzig, 1897, S. 11 und stellt ein Exemplar aus dem Louvre dar (Inv. Nr. N 787 E). Das Photo bezieht sich auf Louvre N 787 A.
Viele Grüße, Michael Tilgner
Snofru Gast
Re: Übersetzungsübung: Aus aktuellem Anlaß ...
« Antwort #4, Datum: 26.01.2006 um 23:12:14 »
Hallo, Michael,
Zitat:
M.E. geht "lebender Horus" nicht, dann müßte anx nachgestellt sein.
Richtig! Ich habe hier aber einfach nur "frei" übersetzt. Ich habe auch schon Übersetzungsvarianten wie "Der Horus... lebt" oder "Lebendig ist der Horus..." u.ä. gesehen. Tatsächlich könnte es sich ja auch um einen Adjektivalsatz (nfr-sw-Satz) oder um ein nicht-prospektives sDm=f handeln. Daher habe ich eine Übersetzung gewählt, die i.S. von Herrn Friedrich Junge "frei" ist (F. Junge, Neuägyptisch, 2., verb. Auflage, Abschnitt 0.4.3). Die dort gemachten Angaben zur freien Übersetzung gelten natürlich nicht nur für das Neuägyptische, sondern für jede Sprache u. Übersetzung; ich habe sie daher hier auch auf das Mittelägyptische angewendet.
Bei Hwj gebe ich dir ebenfalls Recht. Aber auch hier bin ich einer sehr häufigen Transkription, die übrigens auch Hannig benutzt (Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch, Seite 514), gefolgt.
Bei Naharina/Mitanni habe ich mich einfach verschrieben; natürlich muß es Nhrn heißen.
Trotzdem vielen, vielen Dank für deine Korrekturen und Hinweise!!! Ich lerne auf diese Weise täglich mehr.
ein Nachtrag zu Zeile 7, die sicherlich als zentral eingestuft werden muß:
Hm.t pw n.t nsw nxt "Sie ist die Gemahlin des starken / siegreichen Königs"
Hierzu heißt es im Lexikon der Ägyptologie, Bd. VI, Sp. 305-308, Stichwort "Teje":
Zitat:
... ihre Herkunft aus einer "bürgerlichen" Familie von Provinzbeamten ist gesichert durch ausdrückliche Nennung ihrer Eltern Juja und Tuja ... Dieser für Amenophis III. charakteristische Bruch mit der Tradition spiegelt sich besonders stark in den Gedenk-Skarabäen, die stets T. als Große Kgl. Gemahlin nennen und ihre nichtkgl. Herkunft nicht nur nicht verschweigen, sondern geradezu als Programm proklamieren.
Was mit diesem "Bruch mit der Tradition" gemeint sein kann, erläutert Wolfgang Helck, Geschichte des Alten Ägypten, Leiden/Köln, 1981, S. 169:
Zitat:
Die Spannung zwischen den beiden Gruppen [Traditionsanhängern und Traditionsgegnern] nahm zu Beginn der Regierung Amenophis' III. zu, besonders da der König eindeutig Partei zu Gunsten der Traditionsgegner ergriffen hatte. Anders ist es nicht zu erklären, dass er betont ein Harimsmädchen niedriger Herkunft namens Teje zur "Grossen königlichen Gemahlin" erklärte, ein Titel, der bisher nur Prinzessinnen zukam, die "Gottesgemahlinnen" gewesen waren. Noch die Hauptgattin Thutmosis' IV. war seine eigene Schwester WADj.t gewesen, und da nicht sie, sondern eine Nebengemahlin Mw.t-m-wjA den Thronfolger geboren hatte, wurde deren "Gottesgemahlinnenschaft" nachträglich durch die Reliefs im Luxortempel verkündet. Es wäre wegen dieser Abkunft für Amenophis III. besonders wichtig gewesen, eine seiner Schwestern zur "Grossen königlichen Gemahlin" zu erheben. Dass er das nicht tat, sondern die nichtkönigliche Herkunft seiner Königin auch noch ausdrücklich verkündete, kann nur als bewusster Bruch mit der Tradition angesehen werden. Dass gerade das Volk an numinosen Forderungen im Zusammenhang mit dem Königshaus besonders starr festhält, lässt sich bis in unsere Tage verfolgen. So muss auch die Heirat Amenophis' III. mit Teje eine schwere innere Erschütterung nach sich gezogen haben.
Helck sieht die Absicht, den Einfluß des Amuntempels zurückzudrängen. Die Leere werde durch eine neue Wahrheit ausgefüllt, die sich in der Sonnenscheibe Aton manifestiert. - Es ist zu erwähnen, daß Helcks Position nicht unumstritten ist.
Das Grab von Juja und Tuja mit ihren gut erhaltenen Mumien wurde 1905 entdeckt. Ausführliche Beschreibungen einiger Fundstücke sind im Katalog André Wiese, Andreas Brodbeck (Hrsg.), Tutanchamun. Das goldene Jenseits. Grabschätze aus dem Tal der Könige, München, 2004, S. 180-209; dazu S. 111-114
Zum zitierten Satz selbst: Es handelt sich um einen sogenannten nominalen Nominalsatz; es fehlt ein Verb. Subjekt ist pw als Pronomen 3. Pers. für "er, sie, es" (Singular) oder "sie" (Plural); in der Form unveränderlich. Das Prädikat ist hm.t n.t nsw nxt "Gemahlin eines starken / siegreichen Königs". In einem Fall wie diesem, in dem das Prädikat aus mehreren Worten besteht, wird das pw zwischen einigen dieser Worte eingeschoben. Im einzelnen konsultiere man eine mittelägyptische Grammatik. (z.B. Gardiner, Egyptian Grammar, § 128 "Use of pw for the pronoun 3rd pers." und § 129 "Position of pw")