in der neuen Ausgabe der National Geographic ist ein Artikel über "Das Geheimnis der Schwarzen Pharaonen". Auf dem Titel ist ein Würfelhocker abgebildet, mit einer längeren Inschrift. Sollte es uns gelingen, sie zu übersetzen? Es scheint eine Opferformel zu sein, mit Titeln usw.
laut National Geographc, April 2006. S. 4 handelt es sich um den Month-Priester Hor, Sohn des A[n]chchonsu. Der Würfelhocker wird in die 25. Dynastie datiert. Obwohl der Text mittelägyptisch ist, sind doch Besonderheiten zu erwarten. Ich würde daher den Text als Übung für Fortgeschrittene einstufen.
Ich fange einfach mal selbst an!
Zeile 1
Htp dj nsw Jmn-Ra nb ns.t tA.wj psD.t=f "Ein Opfer, das der König gibt, Amun-Re, Herr des Sitzes der Beiden Länder, und seine Neunheit ..."
nb ns.t tA.wj "Sitz der Beiden Länder (Bez. für Königsthron)" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 430) psD.t "Neunheit (der Götter)" (Hannig, S. 296) - Im "Thesaurus Linguae Aegyptiae" wird erwähnt, daß die Neunheit auch unter den Göttern der Htp-dj-nsw-Formel auftreten kann. Auf was sich das =f beziehen mag: auf Amun-Re?
Der Rest in Zeile 1 ist etwas knifflig! Ich schlage folgende Lösung vor:
pr[r.t] nb[.t] Hr xAw.t=f mAa[.t] Hr wdHw=f "(nämlich: ) alles, was auf seinem Opfertisch dargebracht wird und was auf seinem Opfertisch geopfert wird ..."
wdHw "Opfertisch" (Hannig, S. 229) - dort steht auch eine ähnliche Passage! Allerdings ist xA.t angegeben; dieses Wort gibt es aber nicht, stattdessen findet man: xAw.t "Opfertisch, Tisch" (Hannig, S. 580)
Zu den Hieroglyphen:
R1 "Tisch mit Broten und Krug" mit Lesung xAw.t (Hannig, S. 1074)
R3 "vierfüßiger Tisch mit Brot und Libationsvase" mit Lesung wdHw (Hannig, S. 1075)
prj "... (13) prj Hr wdHw n Jmn vom Opfertisch des Amun kommen prj m-bAH dargebracht werden" (Hannig, S. 284)
Ich meine, prr.t ist ein imperfektisches passives Partizip (vgl. Gardiner, Egyptian Grammar, § 358 "Imperfective passive participle"), wobei Verben 3ae inf. geminieren (d.h. den 2. Konsonanten verdoppeln; der 3. schwache Konsonant fällt weg). Nach Karl Jansen-Winkeln, Spätmittelägyptische Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996, § 200 gilt aber für die Texte dieser Zeit: "Die meisten Stämme sind durchgehend ohne Reduplikation, und zwar ... prj ..." [Mit Reduplikation ist hier die beschriebene Geminierung gemeint.] - Ergänzung 06.04.2006: Es könnte sich auch um eine imperfektische Relativform handeln; das ändert aber an dem hier gesagten kaum etwas.
mAa "opfern" (Hannig, S. 317)
Zur Femininendung .t heißt es bei Jansen-Winkeln in § 206: "... prinzipiell ohne Endung ...", heißt also: wird nicht mehr geschrieben, da es schon lange nicht mehr gesprochen wird.
Warum kam die Auflösung so schnell Der Text ist lang und nicht einfach, ich habe auch mit der Identifizierung einiger Zeichen Schwierigkeiten. Fragezeichen in der Grafik unten markieren die nicht erkannten Zeichen, auch bei einigen anderen bin ich mir nicht ganz sicher.
Mit Zeile 1 bin ich in etwa auch so weit gekommen, nur N 10 hatte ich nicht erkannt, R1 und R 3 konnte ich identifizieren, "Herr des Sitzes der Beiden Länder" hatte ich und auch die Passage von Hannig S 229, rechts, oben.
Zeile 2: n kA n Hm-nTr MnT nb WAst jmj Abd=f ... Lücke wg. Zeichen nach V 17 ... rx-nsw @r mAa-xrw sa für den Ka des Priesters des Month, des Herrn von Theben, sein monatsdienstleistender Priester () ...... Bekannter des Königs, Hor, gerechtfertigt, Sohn (?)
Zeile 3: Hm-nTr Jmn sS-a-n pr-Aa Hm-nTr Jmn jmj-ra mna.(w)t @r ... Priester des Amun, Urkundenschreiber des Königspalastes, Priester des Amun, Vorsteher der Ammen (?) Hor ...
Ich bitte um Überprüfung und Korrektur der Hiero-Grafik
Oh, Entschuldigung ... ich wollte nur über die erste Klippe hinweghelfen ...
Zeile 2
jmj Abd=f Hr sA tpj "... der monatlich diensttuende Priester aus der ersten Phyle ..."
jmj Abd=f "monatlich diensttuender Priester" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 7) - wörtlich: "der in seinem Monat ist"
Hierzu heißt es im "Lexikon der Ägyptologie", Bd. IV, Sp. 191, Stichwort: "Monat, Monatsgötter":
Zitat:
Im Alltag war der M[onat] - mit entsprechender Hervorhebung des ersten und letzten Tages - bedeutsam als Zeiteinheit für den Schichtdienst von Priestern (Phylen; Priester jmj-Abd) ..."
Die Belege im Digitalisierten Zettelarchiv zum Wörterbucheintrag, den Naunakhte zitiert hat, zeigen etliche Träger dieses Titels, mal - wie hier - aus der ersten Phyle, aber auch aus der zweiten oder vierten Phyle.
@Seschen Am Ende der Zeile 2 ein Tippfehler: sA wird mit A, nicht mit a geschrieben. Wieso Fragezeichen bei Sohn? "Sohn | des Priesters des Amun ..." - diese Übersetzung ist doch ohne Probleme!
Zeile 3
@Seschen M.E. hast Du in der Transkription und Übersetzung einige Zeichen unterschlagen! - pr-aA in der Umschrift hast Du A und a vertauscht; auch jmj-rA wird mit A geschrieben.
jmj-rA mna.wt "Vorsteher der Ammen" (Hannig, S. 338) - der Titel ist - auch mit Zusatz n nTr nfr "des Guten Gottes" - mehrfach bezeugt.
handelt es sich um den Month-Priester Hor, Sohn des A[n]chchonsu
irgendwie reizt es (mich) immer zuerst den/die Namen zu suchen Hor, Sohn des A[n]chchonsu - Hor ist schnell gefunden gegen Ende der Zeile 2. Ein 'Sohn des' folgt und eine Aufzählung von Titeln. Und genau dort (Mitte Zeile 3) scheint Seschen den Namen des Vaters unterschlagen zu haben. Steckt er im Zeichen C49A?
Nach Leitz, Ptol. Zeichenliste S. 156 liest er das Zeichen #nsw = Chonsu. Das Anch auf den Knien des Gottes bleibt bei ihm unberücksichtigt. Das ist schade, da der Schreiber des Würfelhockers eine Zeile tiefer diese Hieroglyphe (allerdings ohne das Anch) wiederverwendet = C49B. Hier ist der Gott Chons angesprochen. Folgt dieser Schreibung doch der Beiname "waset nefer hetep", während wir in Zeile 3 der Hieroglyphe das Ei = H8, Logogramm für Sohn (Hannig 1, S. 1954) nachfolgen finden.
Allerdings ... aber darüber grüble ich noch etwas.
Hallo nauna, ich tendiere jetzt sehr in deine Richtung und sehe in C49A die Namensnennung des Vaters! Zeile 3 also: ... Urkundenschreiber des Palastes, Sohn des Anch-Chonsu, Priester des Amun ...
Hallo Michael, danke für die Hinweise, ich muss bei der Umschrift sorgfältiger sein! In den Zeilen 4-6 habe ich noch etliche Lücken und Fragezeichen ... vielleicht versucht sich noch jemand dran!
Nach einigen Identitäts- und Korrekturhinweisen zu den Zeichen stelle ich mal die Neufassung online, vielleicht animiert die "Reinschrift" zu weiteren Übersetzungsversuchen!
sA Hm-nTr Jmn sS-a n pr-aA anx #nsw sA Hm-nTr Jmn jmj-rA mna.(w)t @r "Sohn des Priesters des Amun, Urkundenschreiber des Pharaos Anch-Chonsu, Sohn des Priesters des Amun, Vorsteher der Ammen Hor"
sS-a-n-nsw "Urkundenschreiber des Königs" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 760) pr-aA "[neuägyptisch] Pharao ... [altägyptisch] Königspalast" (Hannig, S. 279) - In dieser Inschrift ist sicherlich die neuägyptische Lesart anzusetzen.
Ab dem Neuen Reich wird E8 "Ei" - wie Naunakhte schon anmerkte - für die Schreibung von sA "Sohn" verwendet.
@Seschen Du hast "Sohn des Anch-Chonsu" übersetzt; tatsächlich folgt aber das Zeichen E8 "Sohn" dem Namen Anch-Chonsu! Wie haben es hier also mit einer weiteren Person, nämlich dem Großvater zu tun, der auch Hor heißt!
@Naunakhte Zu Recht weist Du auf das Problem hin, daß C49A nur mit #nsw transkribiert wird. Möglicherweise wird der Name auf anderen Inschriftteilen ausführlicher geschrieben. Darüber habe ich allerdings keine näheren Informationen.
ich werde mich einfach mal am Beginn der Zeile 4 versuchen.
jmj-rA sDAw.t jnpw Vorsteher des Schatzhauses des Thronfolgers
Die Hieroglyphe des Kindes nur mit Uräus ohne Krone habe ich nicht finden können, setze sie aber einfach mal in der Bedeutung mit dieser gleich und sehe p und die Kindhieroglyphe als Kurzschreibung des Wortes jnpw Hannig 1, S. 77 an.
Es folgt HoA bAt Träger des Bat-Symbols
Hier müßte man in der "Reinschrift" von Seschen wohl die Hieroglyphe Y8 gegen Y8A austauschen. Diese wird von Leitz (Quellentexte zur ägyptischen Religion 1., S. 175) mit bAt transkribiert.
weiter würde ich lesen aA-n-pr #nsw WAst nfr htp Majordomus [des] "Chons-in-Theben"
Wenn bei aA-n-pr das n nicht aus kalligraphischen Gründen nach unten gewandert - sondern ausgefallen - ist, dann müßte man wohl aA-n-pr n lesen.
@r sA ... Hor, Sohn des ...
Gruß nauna
Snofru Gast
Re: Übersetzungsübung: Ein Würfelhocker
« Antwort #10, Datum: 07.04.2006 um 12:02:47 »
Hallo, nauna,
Zitat:
Die Hieroglyphe des Kindes nur mit Uräus ohne Krone habe ich nicht finden können, setze sie aber einfach mal in der Bedeutung mit dieser gleich und sehe p und die Kindhieroglyphe als Kurzschreibung des Wortes jnpw Hannig 1, S. 77 an.
Hallo nauna und Snofru, schön, dass ihr mich nicht alleine tüfteln lasst!
Nauna, ich habe die Grafik aktualisiert.
zu Zeile 4: Mit der Zeichenfolge Q 3 und A 17 konnte ich nichts anfangen, ihr habt ja jetzt schon 2 Vorschläge!
Zitat:
HoA bAt Träger des Bat-Symbols
gefällt mir sehr gut, das falsche Zeichen hat mich auf Irrwege geführt.
Nach A 17 lese ich: jmj-rA xtmt(j) bzw. sDAwt(j) = Vorsteher der Siegler oder Vorsteher der Siegelbewahrer, bei Hannig leider mit * (unsicher, unklar). Weiter, teils wie nauna schon geschrieben hat: HqA bAt - Träger des Bat-Symbols aA pr n - (im) Großen Haus des #nsw WAst nfr htp - "Chons-in-Theben" @r - Hor sA Hm nTr.w Jmn - Sohn des Gottesdiener des Amun
zu Zeile 5, (nur) die Titel: jmj-rA kA.w - Vorsteher der Stiere Hr(y) sS Hwt-nTr - Oberster Tempelschreiber jmj-rA sXAw Htp-nTr (n) Jmn - Vorsteher der Schreiber des Gottesopfers des Amun
jmj-rA xtmt(j) bzw. sDAwt(j) = Vorsteher der Siegler oder Vorsteher der Siegelbewahrer, bei Hannig leider mit * (unsicher, unklar).
Das Sternchen bei Hannig bezieht sich lediglich auf die Transkrption xtmt(j) bzw. sDAwt(j) - die Übersetzung steht bei ihm nicht in Frage.
Gruß nauna
Snofru Gast
Re: Übersetzungsübung: Ein Würfelhocker
« Antwort #14, Datum: 07.04.2006 um 23:53:38 »
Hallo, zusammen,
ich habe da noch eine Idee bezüglich des ersten Titels in Zeile 5. Seschen, du schlägst "jmj-rA kA.w - Vorsteher der Stiere" vor.
Vielleicht handelt es sich hier nur um eine ungewöhnliche Schreibung für jmj-rA aXnwtj, wobei N6 (Sonnenscheibe mit Uräus) statt "richtig" W24 (Nu-Gefäß) geschrieben wurde. Das Zeichen D1 leuchtet mir dann allerdings auch nicht so recht ein, steht aber vielleicht statt X1 für den Laut /t/.
Ist, wie gesagt, nur eine Idee und muß nicht stimmen!