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   Übersetzungsübung: Kopftafel (72)
  Autor/in  Thema: Übersetzungsübung: Kopftafel
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #30, Datum: 31.12.2006 um 13:05:16 »   

Hallo,

das t am Ende finde ich auch störend - ansonsten hätte ich spontan dabei an den "Herr der Götter" gedacht.
Zudem bin ich am überlegen ob man den Gott auf der Standarte in die Lesung mit einbezieht?

Gruß
nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 12:57:17  Gehe zu Beitrag
Kemeti  maennlich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #31, Datum: 31.12.2006 um 13:17:32 »   

gute Idee, denn das t kann man ja, wie gesagt, weginterpretieren. Das jw n=k ist mir dann aber immer noch nicht klar.

Viele Grüße
Kemeti
> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 13:05:16  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #32, Datum: 31.12.2006 um 14:09:56 »   

Hallo, Leute,

das jw rx kann ich leider auch nicht deuten; meiner Meinung nach eine Bezeichnung des Gottes.

jw n=k nTr.w nb(.w)
"dir gehören alle Götter"

Mit der Präposition n wird der Besitz einer Sache ausgedrückt:

n "... (6) [dativus possessoris; Angabe des Besitzes, Paraphrase von gehören, haben] ... jw n=k anx das Leben gehört dir ... nn n=k st es gehört dir nicht" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 385)

Sicherlich in der Bedeutung: Dir sind alle Götter untertan. Man beachte auch, daß hier zwei Götter dargestellt sind, mit zwei Paar Armen und zwei Paar Beinen.


Noch einmal zum Rest von Text Ib; ich habe ihn noch einmal angehängt. Mein Vorschlag:

nHm sw m-a jx.t nb(.t) Dw(.t)
"mögest du sie retten vor allem Bösen"
oder: "(komme zu Osiris Ta-iret, damit) du sie rettest vor allem Bösen"

nHm "... (6) [allg] (sich) retten m-a vor" (Hannig, S. 423)
jx.t nb.t Dw.t "alles Böse" (Hannig, S. 98)

Zu dieser Phrase insgesamt: Wb. II, 296

Im einzelnen: Das Zeichen nach dem n ist N41 mit Lesung Hm; der Vogel ist offensichtlich das Wachtelküken w und nicht A, vielleicht verschrieben; das t bei nb.t wird in späteren Inschriften oft weggelassen; das letzte Zeichen ist die Berghieroglyphe N26 mit Lesung Dw; in der Spätzeit wird das t oft weggelassen. Also:


Anbei ein Beispiel aus dem Zettelarchiv.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS: Ich füge noch hinzu, daß in späterer Zeit sw nicht nur für die 3. Person Singular maskulin, sondern auch für die 3. Person Singular feminin verwendet wird (Erman, Neuägyptische Grammatik, § 91).
« Letzte Änderung: 31.12.2006 um 14:23:23 von Michael Tilgner »


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> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 13:17:32  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_05.jpg - 58 KB
« Antwort #33, Datum: 31.12.2006 um 14:12:30 »   

Hier ist zwar weniger Text, aber einiges zu deuten ...


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:09:56  Gehe zu Beitrag
Kemeti  maennlich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #34, Datum: 31.12.2006 um 19:34:50 »   

oh, ich hatte die zwei Hieroglpyhen links ganz übersehen:  
.

Da ist mir auch klar, was du mit "deuten" gemeint hast...Ich hätte da an eine Schreibung von bA "Ba" gedacht, aber da ich im Zettelarchiv die Zettel zur Schreibung dieses Wortes nicht finde, bin ich ziemlich ratlos.

Schöne Grüße
Kemeti
> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:12:30  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_06.jpg - 49 KB
« Antwort #35, Datum: 01.01.2007 um 19:09:52 »   

Hallo,

zu (d):

In der Mitte einer Barke sitzt ein Ba-Vogel, vielleicht die Verstorbene? Links eine Göttin mit den Schriftzeichen As.t "Isis" auf ihrem Kopf; rechts eine andere mit den Schriftzeichen Nb.t-Hw.t "Nephthys".

zu (e):

Wiederum eine Barke; links das Schriftzeichen R7, das auch als Ersatz für W10a verwendet wird (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1075). Es ist daher als Abkürzung für bA aufzufassen. Meines Erachtens steht er hier für den widderköpfigen Sonnengott. In der Mitte der xpr-Käfer, ein Sinnbild des jugendlichen Sonnengottes, wahrscheinlich auf einem Zeichen für den Urhügel. Rechts Harachte.

Das ganze ist wohl eine komprimierte Zusammenfassung der Erscheinungsformen des Sonnengottes, wie es in den Jenseitsbüchern beschrieben wird.

Zitat:
Im Mittelpunkt steht der Sonnengott, der in verschiedenen Erscheinungsformen und unter vielen Namen auftritt. Zu Beginn seiner Nachtfahrt verwandelt er sich ... in die widderköpfige Menschengestalt, in der in allen vier Unterweltsbüchern erscheint; der "Widder" (ägyptisch Ba) kennzeichnet ihn als Sonnen-Ba, der die Unterwelt durchzieht und sich mit seinem Leib vereinigt. Dieser abendlichen Verwandlung entspricht in der 12. Stunde die Verwandlung in den Skarabäus-Käfer, der als morgendliche Erscheinungsform des Sonnengottes zum Himmel emporsteigt. Im Übergang zwischen Unterwelt und Himmel erscheint er als "Horizontischer" (Achti). (Erik Hornung, Ägyptische Unterweltsbücher, 1972, S. 48)

Es folgt der nächste Abschnitt (f).

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 19:34:50  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #36, Datum: 01.01.2007 um 22:49:11 »   

Hallo Michael,


Zitat:
Es ist daher als Abkürzung für bA aufzufassen.


und das t ? Ist es auf dieser Kopftafel lediglich als Zierde angebracht? Es fällt wohl ziemlich häufig unter den Tisch.  

nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 01.01.2007 um 19:09:52  Gehe zu Beitrag
Kemeti  maennlich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #37, Datum: 02.01.2007 um 10:12:35 »   

Ich mache mal mit dem oberen Text weiter:
, dahinter 8 mal E183 (Hannig, Ägyptisch-Deutsch (2006), S. 1432).


Das transkribiere ich als: jw n=k bAk m psD.t rhnj.w (oder so ähnlich), wobei ich davon ausgehe, dass eigentlich neun liegende Widder gemeint sind.

Übersetzung: "Der Diener gehört dir in der Neunheit der (heiligen) Widder des Amun".

Schöne Grüße
Kemeti
« Letzte Änderung: 02.01.2007 um 10:12:48 von Kemeti »
> Antwort auf Beitrag vom: 01.01.2007 um 19:09:52  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #38, Datum: 02.01.2007 um 16:35:48 »   

Hallo,

Seschen hat mir ein paar Überlegungen zur Hieroglyphe  
 geschickt.


Ihren Vorschlag für das untere Boot:

Ra xpr (-Ds=f) jt (-nTrw)
Re der Selbstentstandene, Vater (der Götter)

darf ich hier stellvertretend für sie einstellen.

Und zwar erinnerte sie sich (ich werde alt und musste nun erst lange suchen  ) an diese Übersetzungsaufgabe hier, wo in Post 13 und 14 jt, der Vater mit der Hieroglyphe
geschrieben wurde.

Sie hat sich dann weiter von dieser Übersetzung inspirieren lassen:

Sie hätte damit immerhin das t untergebracht   - und Michael bevorzugt ja zur Zeit/für dieses Teil die Sonnengötter.

Zeitlich passt das Zeichen und "Vater" gut zusammen, da es für die griechische Zeit belegt ist. Die Kopftafel datiert mit ca. 300 v. Chr. genau in diese Zeit hinein.
Einzig der Fundort würde abweichen. Die Nutzung dieser Hieroglyphe ist laut Zettelarchiv wohl für Dendera belegt und die Kopftafel stammt aus Theben. - Was soll's - auch nicht schlimmer wie zahlreiche ts zu streichen  

nauna
> Antwort auf Beitrag vom: 31.12.2006 um 14:12:30  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #39, Datum: 02.01.2007 um 21:13:50 »   

Hallo,

@Naunakhte und Seschen

Genial! Super! Tolle Lösung, paßt irgendwie gut in den Kontext - aber: Leider handelt es sich hier auf der Kopftafel um das Zeichen R7 Räucherpfanne, während es bei dem Zeichen im Wort jt-nTr um X2 Brotlaib handelt; siehe auch die Bemerkung im genannten Thread bzw. bei Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1096.

Meine Erklärung zum scheinbar überflüssigen t: Zwar ist der Text mittelägyptisch, aber er wurde in einer Zeit geschrieben, als sich die gesprochene Sprache erheblich weiter entwickelt hat. Insbesondere das t wurde oft nicht mehr gesprochen und entsprechend nicht geschrieben. Andererseits wurde es auch an Stellen geschrieben, wo man es eigentlich nicht erwartet. Mit den Besonderheiten dieser Sprachstufe hat sich Karl Jansen-Winkeln in seiner Spätmittelägyptischen Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996 befaßt. Im § 32 "X1 [t] als 'Determinativ' oder Füllzeichen" heißt es:

Zitat:
Nach klassischem Maßstab überflüssiges X1 ist ziemlich häufig:
- Bei Ortsnamenbezeichnungen ...
- Z.T. könnte es sich um ein Füllzeichen oder wieder um die Übernahme eines graphischen Schemas handeln, wenn es ein feminines Wort von der derselben Wurzel gibt ...
- Wenn der Stamm auf einen Dental auslautet ...
- Beim Stamm rdj ...
- Oft gibt es auch keine solche Motivation ...


@Kemeti

Ich stimme Deiner Umschrift zu, würde es aber anders übersetzen:

jw n=k bA=k  m bA 8
"Dein Ba gehört dir als [= in Form/Gestalt von] 8 Bas"

bA "Ba, Seele" (Hannig, S. 237) - Ich sehe das k hinter bA nur als Suffix für die 2. Person Singular maskulin "dein".
m "... (11) [Identität / Äquivalenz, ohne Übersetzung] ..." (Hannig, S. 311)

psD.t "Neunheit" kommt m.E. nicht in Frage, da (1) nur 8 Widder geschrieben sind und (2) dieses Wort zwar mal mit 9 nTr-Zeichen geschrieben wird, aber nicht mit Widdern. Allerdings konnte ich die Lesung bA für den liegenden Widder E183 nicht verifizieren.

Die Bedeutung dieser Aussage ist mir ebenfalls nicht klar.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 16:35:48  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel Hypocephalus_Leiden_AMS_62_Detail_07.jpg - 137 KB
« Antwort #40, Datum: 02.01.2007 um 21:23:56 »   

Hallo,

den Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf der Barke - sieht teilweise wie eine Mumie aus - kann ich nicht weiter deuten. Die Beischrift jmAxy (?) "der Versorgte/der Ehrwürdige" (Hannig, S. 71) ist ungewöhnlich geschrieben; vielleicht auch nur falsch gelesen von mir.

Es folgt der nächste Ausschnitt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 21:13:50  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #41, Datum: 03.01.2007 um 16:42:59 »   

Hallo alle!

Erstmal, danke nauna für das Posten meiner Idee (ich stand unter Zeitdruck).

Michael schrieb:

Zitat:
Genial! Super! Tolle Lösung, paßt irgendwie gut in den Kontext - aber: Leider handelt es sich hier auf der Kopftafel um das Zeichen R7 Räucherpfanne, während es bei dem Zeichen im Wort jt-nTr um X2 Brotlaib handelt; siehe auch die Bemerkung im genannten Thread bzw. bei Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1096.

Natürlich hab ich R7 mit X2 verwechselt.  
Aber in meinem Hinterkopf war dies R7 in jt-nTr gespeichert und nun habe ich es gefunden :

- Es ist (auch) in Tuthmosis' III "eGlyphica" (Bild).

- In einem Beitrag im Ägyptenfoum ist R7 (ganz oben links) auf einer Vasen-Inschrift (Bild, CCER-Publikation) zu erkennen.
Zitat aus einem Beitrag hierzu von  Gast A.

Zitat:
...typische Zeichenfolge für den Titel it-nTr "Gottesvater", der v.a. in der Spätzeit mit der Gruppe R7+R8+M17 geschrieben wurde (vgl. zB. im Berliner Wörterbuch Bd. 1, S. 142). Im Lexikon von Hannig ist leider ausgerechnet diese Schreibvariante nicht aufgenommen, obwohl Hannig doch die Quellen des Neuen Reiches noch aufgenommen hat...

- Zettel im Wörterbuch:



Gruß, Seschen
« Letzte Änderung: 03.01.2007 um 17:51:47 von Seschen »
> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2007 um 21:23:56  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #42, Datum: 03.01.2007 um 21:29:26 »   

Hallo, Seschen,

Du hast recht: Es gibt auch Schreibungen des jt-nTr mit R7!

Allerdings machen es die vergleichbaren Szenen wahrscheinlich, daß es sich um den Ba des Sonnengottes handeln muß, da der Sonnenlauf symbolisch angesprochen wird - wie von Hornung zusammengefaßt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 16:42:59  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel 
« Antwort #43, Datum: 03.01.2007 um 22:50:21 »   

Michael, dem will und kann ich nicht widersprechen!

Noch ein Deutungsversuch meinerseits:

Zitat:
den Vogel mit ausgebreiteten Flügeln auf der Barke - sieht teilweise wie eine Mumie aus - kann ich nicht weiter deuten.

Wenn rechts die Tagfahrt symbolisch dargestellt wird, könnte links nicht die Nachtfahrt gemeint sein?
Dann könnte die mumienartige Gestalt mit Flügeln (in der Nachtbarke) der Totengott der Unterwelt bzw. Herr des Totenreichs Sokar sein (4. und 5. Nachtstunde)...

Zitat:
Allerdings konnte ich die Lesung bA für den liegenden Widder E183 nicht verifizieren. Die Bedeutung dieser Aussage ist mir ebenfalls nicht klar.

Auf einer anderen Kopftafel ist an entsprechender Stelle ein liegendes Tier mit 8 Strichen zu sehen.


Vielleicht sollen die Zeichen auf beiden Tafeln keine Widder, sondern Kühe sein?



Ich denke dabei an die 7 heiligen Kühe und ihren Bullen, dargestellt im Totenbuch-Kapitel CXLVIII, beispielsweise  TB der Nu. 7 Kühe = Hathorinnen, der Stier = Re.
Alle 8 Götter geben die erhaltenen Speiseopfer an den Toten weiter und gewährleisten somit dessen Versorgung im Jenseits.
Ist das zu viel Fantasie?  

Viele Grüße
Seschen
« Letzte Änderung: 03.01.2007 um 22:56:47 von Seschen »
> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 21:29:26  Gehe zu Beitrag
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Übersetzungsübung: Kopftafel Widder-Glyphe.jpg - 20 KB
« Antwort #44, Datum: 04.01.2007 um 18:22:45 »   

Hallo,

zu den 8 "Widdern":
Die Lesung der acht liegenden Tiere lautet vermutlich bA.w Xmn.w, wobei es sich sicherlich um Widderfiguren handelt. In LGG II, S. 729 findet sich diese Schreibung (allerdings mit dem Vermerk „Lesung unsicher“) für eine Kopftafel aus Brüssel (E 6319), die eine ähnliche Formel aufweist wie das hier diskutierte Exemplar. C. Leitz übersetzt im LGG diesen Namen mit „die acht Widder“, vermeidet also die Übersetzung „Ba“ und wählt die an sich problematische Bedeutung „Widder“ für die liegende/mumifizierte Tierglyphe.
Da bA „Widder“ mit dem stehenden/schreitenden Widder
geschrieben wird, ist die Lesung der seltenen Schreibung mit der Hieroglyphe des liegenden/mumifizierten Widders (Bild s.u.) als bA heikel. Auch darauf hat Michael ja bereits hingewiesen. Aus der Lesung bA für die Hieroglyphe des stehenden/schreitenden Widders darf nicht a priori auf denselben Lautwert für die liegende Form des hieroglyphischen Widders geschlossen werden, geschweige denn auf eine Bedeutung „Widder“. So wird in den „Valeurs phonétiques“-Listen (Bd. 1, S. 222, Nr. 217) für den mumifizierten, liegenden Widder allein der Lautwert aXm (Wb I, 226) angegeben, wobei das Wort aXm für das tier- bzw. falkengestaltige Kultbild des Falkengottes steht. Leitz führt nun in seinem Lexikon der Götternamen (LGG) einen Beleg des Mittleren Reiches für den liegenden Widder mit Laufwert bA an (LGG II, S. 660), wobei er aber diese Lesung als „nicht sicher“ vermerkt. In einem anderen Fall wird eine Widdermumie aus Elephantine im Beitext als bA Sps n Xnmw „prächtiger Ba des Chnum“ bezeichnet, wobei das bA passender Weise mit dem Zeichen des liegenden (mumifizierten) Widders geschrieben ist (LGG II, S. 701). Man könnte hier sowohl eine Übersetzung „Widder“ wie auch „Ba“ vertreten.
In gr.-röm. Zeit sind auch Schreibungen bezeugt, in denen der liegende Widder als Determinativ im Namen einer Ba-Form (z.B. bA wtt „zeugender Ba“) auftritt. Die Übersetzung „Ba“ scheint in diesem Beleg gerechtfertigt, handelt sich hier doch um die Ba-Form des Osiris bA n Wsjr und Herr von dwn anwy (zu dwn anwy bzw. Dunanui s.u.).

Die Unterscheidung zwischen bA „Ba(-Wesen)“ und bA „Widder“ ist ebenfalls nicht ganz problemlos, denn wann die Ägypter das Wort bA für „Ba“ und wann für bA „Widder“ verwendeten, geht aus der wechselnden Graphie (Ba-Vogel vs. schreitender Widder) und dem Kontext nicht immer klar hervor. Zwar meint W. Ward in „The four egyptian homographic Roots B3 (Roma, 1978, S. ), dass „in most contexts the distinction is quite clear and it is obvious that Egyptian scribes carefully maintained this distinction in spelling until Late Egyptian times“, doch läßt sich diese von Ward v.a. für die Sargtexte getroffene Aussage nicht einfach auf die Texte der gr.-röm. Zeit übertragen.
Die Problematik liegt auch darin, dass offenbar gerne mit der lautlichen Ähnlichkeit beider Wurzeln bA „Ba“ und bA „Widder“ „gespielt“ wurde und durch den austauschbaren Gebrauch nicht nur auf Klang- sondern auch Wesensähnlichkeiten angespielt werden sollte. Eine besonders deutliche Form dieses spielerischen Gebrauchs ist der „Ba-Vogel mit Widderkopf“, wie er etwa in den Sargtexten gelegentlich auftritt und wo in einigen Fällen „Ba“ in anderen „Widder“ zu übersetzen ist.

Zum Vogel in der Barke:
Mit der Identität der Figur haben sich bislang v.a. Joseph Smith u.a. (1842), Louis Speleers (1943) und Edith Varga (1998) auseinandergesetzt. Während Speleers darin die „Barke des Sokar“ erkennen will, die „transporte Sokaris qui contribue à la résourrection du mort (Pyramides: §§ 990, 1356, 1968) et qui est la maître des 4e et 5e heures du Livre de la Douat“ (L. Speleers, Le sens de nos deux hypocéphales égyptiens, in: Bulletin des Musées Royaux d’Art et d’Histoire 1-2, 1943, S. 37), lehnt E. Varga diese Interpretation ab, da im Beitext der Hypocephali niemals eine solche Idenitifizierung vorgenommen wird. Die Hypocephali liefern stattdessen laut John Gee (Towars an Interpretation of Hypocephali, in: Fs E. Varga, Budapest 2002, S. 332) v.a. die Identifizierung bA bA.w „soul of souls“ (erweitert zu bA bA.w Sft.yw, bA bA.w Sfy xpr.w oder bA bA.w qA qA iAx.w). Gelegentlich wird diese Formel einfach zu bA.w verkürzt. Alternative Formeln lauten: bA jmnt.t, jmy.t, nb.t p.t und S m ar.t
Um welche Gottheit es sich hier konkret handelt, geht aus dem Beitext zunächst also nicht hervor, da die Identifizierung als Ba nicht weiter konkretisiert wird. Es könnte entweder
(1) eine Ba-Form des Sonnengottes selbst dargestellt sein. Vgl. etwa das für den Sonnengott in der Kuschitenzeit belegte bA wp Swty „Ba, der die beiden Flügel ausbreitet“ (Statue CG 1098, Leclant, Montouemhat, 26-27, Zl. 4). Um hier auf die oben genannten „Wortspiele“ zurück zu kommen: bA jAbt.t mit dem schreitenden Widder heisst auch eine Erscheinungsform des Amun-Re in thebanischen Grabhymnen, wobei diese Bezeichnung dann sowohl auf die Widderform des Sonnengottes wie auch das damit verbundene Wesen und die Ba-Lehre anspielt – dasselbe kommt bei Amun-Re auch mit bA jmnt.t „Widder/Ba des Westens“ vor. Dies entspräche der alternativen Formel bA jmnt.t in der Hypocephalus-Phraseologie.
(2) Alternativ könnte man, wie von Seschen (und Speleers) vorgeschlagen, eine Form des Sokar (Sokar-Re wie in der gr.-röm. Zeit bezeugt?) annehmen oder
(3) eine seiner Helfer (z.B. die flügelspreizenden Gottheiten Sopdu, Antj oder Dunanui – diese allerdings als bA jAbt.t „Ba des Ostens“).

Gruß G_A
« Letzte Änderung: 04.01.2007 um 18:23:03 von Gast_A. »

> Antwort auf Beitrag vom: 03.01.2007 um 22:50:21  Gehe zu Beitrag
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