laut Zeichentabellen bei Gardiner, Egyptian Grammar und Hannig, Ägyptisch-Deutsch wird dieses Zeichen als Determinativ für Hals und Nacken sowie damit verbundene Tätigkeiten wie schlucken verwendet.
Es stellt Kopf und Nacken eines Tieres mit langem Nacken dar.
Wie kommst Du darauf, daß es als Abkürzung für einen Gott verwendet wurde?
natürlich! Da hätte ich auch selber drauf kommen können! Unser thosch40 plagt sich doch schon seit langem mit dem Amduat herum.
Hetit taucht in der Ersten Stunde im Amduat auf, im Oberen Register. Dort ist eine Gruppe von Göttergestalten aufgeführt, die mit der folgenden Zeile überschrieben ist:
rn.w n.w nTr.w snsj.w jmj-tA "Namen der Götter, die 'den in der Erde Befindlichen' verehren"
snsj "preisen, anbeten, verehren" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 722) jmj-tA "der Unterirdische, 'der in der Erde' (Osiris)" (Hannig, S. 68) bzw. "'Der in der Erde ist', Imi-ta (im Höhlenbuch, im Amduat)" (Hannig, S. 1187)
Wie so oft, ist auch die ausführliche Schreibung angegeben. Die Schreibung mit w wurde im Digitalen Zettelarchiv als Variante in den Königsgräbern notiert (DZA 27.429.740).
Ich füge noch die Abbildungen dieser Szene aus den Königsgräbern Amenophis II. und Thutmosis III. bei.
Amenophis II. aus: Zahi Hawass, Bilder der Unsterblichkeit. Die Totenbücher aus den Königsgräbern in Theben, Mainz, 2006, S. 103-104 Thutmosis III. aus: Annamaria Fornari, Mario Tosi, Nella sede della verità. Deir el Medina e l'ipogeo di Thutmosi III, Milano, 1987, Abb. 3
In welchem Hannig Lexika stehen diese Informationen? Ich habe die Hannig Lexika 4 und 5. Dort werden Eure Infos leider nicht gelistet – und nein, ich plage mich nicht mit dem Amudat, sondern lerne fleissig. Ich komme schon gut voran, aber es gibt immer wieder Passagen aus der Übersetzung von Erik Hornung, die ich absolut nicht nachvollziehen kann.
Das von mir gesuchte Zeichen ist in der 7. Stunde, im ersten Register, direkt in der ersten Szene verwendet worden. Ich bin der Meinung, das mit ihm ein Gott/eine Göttin gemeint sein muss, Erik Hornung übersetzt schlicht "Kehle" (möge deine Kehle in Ordnung sein) und vertauscht dabei ganze Textpassagen, um zu seinem Ziel zu kommen…
Ich werde das Ergebnis meiner Übung bei nächster Gelegenheit präsentieren, weil ich auch glaube, eine änigmatische Passage gefunden zu haben…
In welchem Hannig Lexika stehen diese Informationen?
Ich benutze die 3. unveränderte Auflage (2001) des Hannig-Lexika 1 "Die Sprache der Pharaonen, Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch". Die Seitenangaben stimmen dann mit denen von Michael Tilgner überein, das ist sehr praktisch!
Mir liegen die Hieros der Amduat-Texte nicht vor und Hornungs Buch habe ich nicht. Ich frage mich aber trotzdem: Warum zweifelst du seine Übersetzung an dieser Stelle an? Beim Blättern im Zettelarchiv (zu Htj.t) bin ich auf Stellen gestoßen wie diese (zufällig ausgesuchten): Herr der Wahrheit, mit starker Kehle Du bist der mit der starken Kehle Herr des Rechts mit starker Kehle Ich öffne deine Kehle mit Leben Er gibt dir Luft, um deine Kehle atmen zu lassen Es atmet deine Kehle, du belebst deinen Leib (Osiris) ... der große Gott... Herr des Lebens, der die Kehle öffnet (Ptah) Herr des Lebens, der die Kehle atmen lässt (Chons) Herr des Lebens, der die Kehle öffnet (Hathor) Herrin des Lebens, die Kehle öffnend... usw usw usw "Kehle öffnen" wird gleichgesetzt mit atmen können, also leben (können / werden). Warum sollte "Möge deine Kehle in Ordnung sein" nicht richtig sein? Warum versuchst du eine Göttin reinzuquetschen, deren Namen (und Funktion) nur sehr spärlich belegt ist?
das Hannig-Lexikon, Bd.4, behandelt die Wörter des Alten Reiches und der Ersten Zwischenzeit, Bd. 5 die Zeit des Mittleren Reiches und der Zweiten Zwischenzeit. Da es sich hier um Texte aus dem Neuen Reichen handelt, darf man sich nicht wundern, wenn man in diesen Bändern vergeblich sucht. Soweit ich weiß, wird Raner Hannig irgendwann auch die Belegbände für das Neue Reich nachreichen.
Die Texte des Amduat bieten so ihre eigenen Schwierigkeiten, wie man an Deinen Beispielsätzen immer wieder sehen kann.
Ich habe mal einige Abbildungen dieser Szene zusammengestellt. Man kann erkennen, daß es gerade bei der mittleren Passage zu Varianten, um nicht zu sagen: Unsicherheiten in den Schreibungen gekommen ist.
Zunächst die Abbildungen
Thutmosis III. aus: Annamaria Fornari, Mario Tosi, Nella sede della verità. Deir el Medina e l'ipogeo di Thutmosi III, Milano, 1987, Abb. 11
Amenophis II. aus: Erik Hornung, Tal der Könige. Die Ruhestätte der Pharaonen, Darmstadt, 1983, S.173 (Abb. 142)
Text und Bild bilden eine Einheit, sagt man. Im Text heißt es: "Es spricht dieser große Gott" und zwar an die Wesen, die darunter dargestellt werden:
^psj "Schepsi" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1242)
@kn(j).t "Hekenit, 'Preisende'" (Hannig, S. 1228)
anx(j).t "Anchit (* 'Lebende'; * 'Die zum Lebenszeichen gehörige'" (Hannig, S. 1196)
Ob man die Namen in Umschrift oder Übersetzung angibt, ist Geschmackssache. Man sollte aber bedenken, daß es sich bei diesen göttlichen Wesen zum Teil um Personifikationen von Begriffen handelt, von denen kaum mehr bekannt ist als ihre Anrufung in den Unterweltsbüchern.
Speziell zur Lesung von Anchit: Hier könnte man wegen der zwei Anchzeichen auch einen Dual annehmen: anxwj.t. Das abschließende Anchzeichen wird wohl ignoriert; Determinativ?
Es erscheint mir daher naheliegend, daß im Text diese Götter auch angesprochen werden: "(O), Schepsi / Ehrwürdiger, ... (O), Hekenit / Preisende, ... (O), Anchit / Lebende, ... Ich bin gekommen ..."
Deine Auffassung, daß nur zwei dieser drei Wesen angerufen werden, aber als drittes die nicht dargestellte @ty.t erscheint mir unwahrscheinlich.
Gehen wir nun zur ersten Gottheit: "Schepsi, ..."
dj n(=j) a=k "gib mir deine Hand"
Zur Schreibung: (r)Dj ist die altägyptische Form, während im Mittelägyptischen (r)dj angenommen wird (Gardiner, Egyptian Grammar, § 289, 1). Das führt immer wieder zur Unsicherheit bei der Transkription. Du hast Di.n=i transkribiert. Mit dem Strukturzeichen "." wird üblicherweise bei der sDm.n=f-Form das Element n vom Stamm abgegrenzt. Hier ist aber die Präposition n gemeint.
Ein Imperativ dj ist ungewöhnlich, kommt aber vor; normalerweise wird hierfür jmj verwendet (Gardiner, Egyptian Grammar, § 336). Eher ist dieser Satz als Wunsch oder höfliche Aufforderung zu verstehen: "mögest du mir deine Hand geben", als prospektives sDm=f (siehe hierzu Allen, Middle Egyptian, Kapitel "The Subjunctive", S. 245 ff).
Das folgende nach Hornung:
prj.n @r m dp=k "(wenn) Horus aus deinem Ruder (?) hervorgekommen ist"
prj m "herausgehen aus, herausgehen als" (Hannig, S. 283), auch mit der religiösen Bedeutung "herauskommen (aus Totenreich)" bzw. "sich zeigen, sichtbar werden" u.ä.
Hornung hat den Satz als sDm.n=f aufgefaßt, mit Horus als Subjekt; wörtlich: "Horus ist aus ... herausgekommen", geht also zeitlich dem Wunsch voraus: nachdem Horus herausgekommen ist, mögest du mir deine Hand geben.
Man kann den Satz auch folgendermaßen interpretieren:
pr n(=j) @r m dp=k "Horus kommt heraus / zeigt sich für mich ..." bzw. "möge Horus für mich herauskommen / sich für mich zeigen ...".
also als weiteren Wunsch.
Was nun dp(w) "Ruder" (Hannig, S. betrifft, kann ich keine neue Lösung angeben; auch Deine Lesung m-tp "oben auf, oben an; an der Spitze von (Personen); vor (jdn)" (Hannig, S. 924) bietet gedankliche Schwierigkeiten.
Wenn man sich die Abbildungen ansieht, speziell die von Thutmosis III. oder Amenophis II., so könnte man meinen, daß mit dp der Gegenstand gemeint ist, den Schepsi auf seinem Schoß hält und aus dem der Falkenkopf "hervorgeht". Die später entstandenen Abbildungen stellen ihn fast als eine Art Messer dar; auch fehlt der Falkenkopf. Eine Übersetzung "aus deinem Kopf" ergibt noch weniger Sinn. - Was also genau gemeint ist, bleibt dunkel.
Genau hier liegt ja mein Problem. "Möge Deine Kehle in Ordnung sein" = mAa Hty.t=T
Dort steht aber: mAa n anx.yt Hty.t=T und da "mAa" ein Eigenschaftswort ist, das entweder dem Substantiv nachgestellt, oder wenn es als Prädikatives Adjektiv genutzt wird, auch vorangestellt wird (soweit mein Verständnis dazu), kam ich auf mAa-xrw; Wb II, Seite 16; Rechtfertigung, Triumph (als Substantiv oder substantivisch gebrauchter Infinitiv)
Es ginge auch xrw mAa für: die wahre Stimme, die gerechte Stimme.
Das nun folgende n anx.yt wäre somit eine Adverbiale Bestimmung und würde sich in das Satzgefüge eingliedern. Ich sehe ein Prospektives Partizip Perfekt von "leben = gelebt haben werden" als eine Umschreibung für "die Versterbenden" (alle zukünftig Sterbenden).
Hty.t=T steht dann allein, als Tobic des nächsten Satzes Ich gehe schon davon aus, das "Hetyt" die "Schlangengestalt" sein soll. Wer weiss, vielleicht heißt sie komplett Hetyt, die Lebendige?
@Michael Informationen zur Zeitform "Futur" prospektiv und subjunktiv habe ich aus dem Buch "How to read Egyptian Hieroglyphs; Mark Collier, Bill Manley" zusammengetragen. Demnach verändern sich die starken Verben nicht, aber die schwachen wie zum Beispiel rdj versus dj=f (wird/soll/mögen) "Er soll geben", "Er möge geben" "Er wird geben".
Der Name dieser Göttin leitet sich von Hkn "preisen, jubeln" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 565) ab. Sie wird aufgefordert, sich ihrem Namen entsprechend zu verhalten:
dj n(=j) xrw=T "erhebe für mich deine Stimme" / "mögest du für mich deine Stimme erheben"
mAa n(=j) Hty.t=T "möge deine Kehle für mich wahrhaftig sein"
mAa hat auch die (abgeleitete) Bedeutung "in Ordnung sein" (Hannig, S. 315). Ich meine aber, daß Hekenit aufgefordert wird, ihre Stimme zu erheben und die Wahrheit ertönen zu lassen.
Analog zu den vorhergehenden Passagen habe ich das n zu n(=j) ergänzt.
Nun zum Problem, daß in den vorliegenden Texten die Reihenfolge der Hieroglyphen anders aussieht. Diese Passage erscheint mir fehlerhaft tradiert zu sein.
Thutmosis III: hat anxy.t und hty.t=T vertauscht
Amenophis II: ebenso; außerdem fehlt das mAa-Zeichen. Ferner fehlt bei @kny.t das n und das t
Sethos I: Hier geht alles durcheinander: Die Zeichen n und t fehlen bei @kny.t, wie bei Amenophis II. Dann kommt hty.t=T, danach "mögest du für mich deine Stimme erheben" (mit tj geschrieben) - "möge wahrhaftig sein für mich ..."; dann anxy.t
Ramses VI: hat die Zeichenfolge wie oben übersetzt; allerdings sieht das xrw-Zeichen P8 eher aus wie der zweizackige Pfeilkopf T23 sn, und mAa ist wie die Buchrolle Y1 geschrieben
Hermann Grapow hat in seinen "Studien zu den thebanischen Königsgräbern" zur Textgestalt des Amduat ausgeführt:
Zitat:
... gibt es selbstverständlich im Text der Dyn. 19/20 allerlei kleine Fehler und Auslassungen, für die der Text der 18. Dyn. das Richtige bietet. Aber es gibt daneben auch - und diese Tatsache ist für das Alter des Amduat von Bedeutung - eine ganze Anzahl von offenbaren Textfehlern, für die man in den Niederschriften der 18. Dyn. keine Hilfe findet, vielmehr nur sieht, daß auch diese unsere ältesten Fassungen schon dieselben, genau dieselben Ungenauigkeiten aufweisen. Ich gebe einige bezeichnende Beispiele: ... Auf jeden Fall ergibt sich mit voller Deutlichkeit dies: Alle uns vorliegenden Niederschriften des Amduat, insbesondere des Großen, gehen auf eine Urhandschrift zurück, die ihrerseits schon Fehler und Auslassungen in Menge aufwies, für die es schon Anfang Dyn. 18 keine Heilungen mehr gab. Diese Urniederschrift wurde daher ganz mechanisch und genau kopiert, und von der ersten Kopie wurden weitere gemacht, immer mit denselben Lücken und Fehlern." (ZÄS, Bd. 72, S. 12-39 (1936); hier S. 31-32)
Ich denke, daß man diese Erklärung auch an unserem Beispiel gut nachvollziehen kann! Ich habe fast den Eindruck, als ob in der hypthetischen Vorlage das hty.t=T ursprünglich vergessen und dann nachgetragen wurde. Bei Thutmosis III. wurde es noch in die Zeile gequetscht, bei Amenophis II. steht es irgendwie abgesetzt zwischen den beiden Spalten, und bei Sethos I. hat man es über den Raum über das wAs-Szepter gesetzt. Bei Ramses VI. schließlich hat man es gleich in die richtige Reihenfolge gebracht.
Nun wird die dritte Gottheit angesprochen: "Anchit, ..."
wn pXr=T "öffne deine Windung"
Was auch für die oben angegebene Anordnung des Textes spricht, ist, daß diese Aufforderung zum schlangenförmigen Wesen paßt, das auch den Namen als Beischrift trägt, der im Text genannt wird!
Zitat:
Wer weiss, vielleicht heißt sie komplett Hetyt, die Lebendige?
Dafür gibt es keinen Beleg. Im Gegenteil, in der ersten Stunde, in der Hetyt ja dargestellt wird, ist sie menschen- und nicht schlangengestaltig!
Auch in dieser Passage gibt es Fehler: So fehlt bei Ramses VI. bei wn der Hase E34 und das t beim Namen anxy.t. Das gehört offensichtlich zur Kategorie "späterer Fehler, ursprünglich aber korrekt geschrieben".
Lieber Michael, vielen Dank für Deine ausführliche Darstellung.
Was soll ich sagen? Ich bin davon ausgegangen, dass die schriftlichen Erzeugnisse, besonders die aus den Gräbern, jeglichen Zweifels erhaben sind. Das Lücken konsequent kopiert worden sind, dass will mir noch einleuchten, aber das auch Schreibfehler sowie Namensvertauschungen in späteren "Übertragungen" unkorrigiert blieben, ruft viele Fragezeichen in mir auf.
Wie dem auch sei, in meiner Ausarbeitung, die ich nunmehr in Reinschrift bringen werde, habe ich die Stellen mit Kommentar korrigiert – und das verdanke ich Dir und Seschen…