E. A. WALLIS BUDGE THE PAPYRUS OF ANI VOLUME THREE REPRODUCED IN 37 COLOURED PLATES NEW YORK: G. P. PUTNAM'S SONS LONDON: PHILIP LEE WARNER 1913 Seite 16
soweit ich weiß, werden die Vignetten nicht separat gezählt, sondern dem jeweiligen Totenbuchspruch (Tb) zugeordnet: "Vignette zu Tb 109, Papyrus X" oder ähnlich.
Zu Vignetten allgemein: LÄ VI, 1043-1044, Stichwort: "Vignette". Zum Verhältnis Text und Bild gibt es auch eine kleine lesenswerte Einführung: Peter Eschweiler, Das Ägyptische Totenbuch. Vom Ritual zum Bild, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1999.
Hier handelt es sich um Tafel 4 des Papyrus Ani (BM 10470). Als Wallis E.A. Budge den Papyrus in Ägypten auftrieb und mit kriminellen Methoden nach London brachte (1888), war er noch heil. Budge ließ ihn dann in "handliche" Teile zerschneiden, um ihn besser präsentieren zu können! Diese ganze Story wurde kürzlich unter dem Titel "Das Totenbuch der alten Ägypter" verfilmt (wird gelegentlich im Fernsehen wiederholt).
Tafel 3 und 4 stellen das Totengericht dar. Die Wägung des Herzens und das Ergebnis ist auf Tafel 3 dargestellt und beschrieben. Nach erfolgreichem Ergebnis wird Ani zu Osiris geführt: Das ist der Inhalt der Tafel 4. Insofern ist es etwas unglücklich, mit dieser Tafel zu beginnen.
Die analoge Szene im Papyrus Hunefer wurde mal vor Jahren im Thread Totenbuch des Hunefer diskutiert.
Die Ereignisse, die sich um den Papyrus Ani drehen, stehen im ersten Band auf den S. 136-149, die ich herauskopiert habe. Sie zeigen, wie Budge skrupellos, ja mit krimineller Energie den Papyrus beiseite geschafft hat. Aus seiner Schilderung ist nicht der leiseste Hauch eines Unrechtsbewußtseins herauszulesen! Diese Passage diente als Drehbuchvorlage für den erwähnten Film der BBC.
wenn ich das richtig verstanden habe, dann ist dieses Bild schon weitestgehend durch das analoge Bild des Papyrus Hunefer und Michaels Bemühungen übersetzt. Wollen wir uns trotzdem an dieser Abbildungen üben, oder wählen wir ein anderes?
@Michael Ich habe noch ein drittes Buch aus der gleichen Serie.
vielen Dank für die Informationen bzgl. Vignette. War mir so nicht bekannt. Ich hatte angenommen, das Budge die Einzelblätter des von ihm zerschnittenen Papyrus als Vignetten bezeichnet. Ich sollte noch viel öfters im LÄ lesen ...
Zitat:
Diese ganze Story wurde kürzlich unter dem Titel "Das Totenbuch der alten Ägypter" verfilmt (wird gelegentlich im Fernsehen wiederholt).
Genau diese Dokumentation habe ich zusammen mit meiner Frau am Wochenende gesehen. (hatte ich auf Festplatte irgendwann mal aufgezeichnet). Daraufhin haben wir gemeinsam die Illustrationen im o.a. Buch von Budge angeschaut (PDF) und sind bei Tafel 4 hängen geblieben.
Zitat:
Zum Verhältnis Text und Bild gibt es auch eine kleine lesenswerte Einführung: Peter Eschweiler, Das Ägyptische Totenbuch. Vom Ritual zum Bild, Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt am Main, 1999.
Danke für den Literaurhinweis. Habe ich mir (bei Amazon) bestellt.
ich denke, wir sollten trotzdem übersetzen. Das ist eine schöne Übung. Danach können wir mit Hunifer vergleichen. Jedes Totenbuch ist etwas anders.
Viele unserer bisherigen Übungen waren auch bereits übersetzt, wenn auch nicht in diesem Forum. Ich denke da an unsere Kühe, da gab es eine Übersetzung von Sethe.
Zitat:
Tafel 3 und 4 stellen das Totengericht dar. Die Wägung des Herzens und das Ergebnis ist auf Tafel 3 dargestellt und beschrieben. Nach erfolgreichem Ergebnis wird Ani zu Osiris geführt: Das ist der Inhalt der Tafel 4. Insofern ist es etwas unglücklich, mit dieser Tafel zu beginnen.
Ich überlege nur, ob wir auf Michaels Vorschlag hin mit Tafel 3 beginnen sollten.
Bildnachweis: Tafel 3 aus Budge, genaue Angaben siehe oben
@Michael
Kannst du eventuell von Tafel 4 einen besseren Scan aus deinem Bildband von den Horussöhnen ertsellen? Die Hieroglyphen über den Köpfen lassen sich kaum lesen.
Bildnachweis: Ausschnitt Tafel 4 aus Budge, genaue Angaben siehe oben
@Michael: Vielen Dank für den Scan. Bei dem zweiten Sohn von rechts ist jetzt zu erkennen, dass es sich um zwei Winkel handelt. Bisher hatte ich in der Zeichenliste nach einem kleinen "Männchen" gesucht. Der Unterschied in der Qualität ist beeindruckend. Aber zu diesen Göttern kommen wir ja als letztes.
@Thomas: Hier noch ein Nachtrag zu meine Bemerkungen von gestern. Um mit einem Bild oder einer Szene "eins zu werden", sollte man den Text selbst übersetzt haben. So entsteht eine feste Bindung. Ich nenne das immer "Einheit von Schrift und Bild". Dir ging es ja im letzten Jahr mit dem Amduat ähnlich. Auch da gab es schon "hunderte" Übersetzungen. Und das Totengericht zählt zu den bekanntesten Themen der altägyptischen Mythologie. Daher liegt mir viel daran, hier selbst Hand anzulegen. Man lernt nur aus den Fehlern, die man selbst macht. Und für unseren verehrten Freund Michael ist die Arbeit zur Korrektur nicht ganz so anstrengend
Beginnen wir mit Tafel 3, oberes Register (Liste der Götter).
zuerst möchte ich anmerken, dass (für mich) kursive Hieroglyphen noch schwerer zu erkennen sind als normale. Weiterhin merkt man, wie "schwer" es sein kann, ein paar Götter zu identifizieren. Das Wb war dabei ergiebiger als der Hannig. Durch die "Beschäftigung" mit diesen Göttern habe ich viel hinzugelernt.
Ra-@r-Axtj nTr aA Hr.j-jb wjA=f "Ra-Harachte, der große Gott, inmitten seiner Barke"
Ra-@r-Axtj Hannig, S. 1219: "Ra-Harachte" nTr aA Hannig, S. 444: "der große Gott" Hr.j-jb wjA=f Hannig, S. 549: "inmitten seiner Barke"
2:
Jtm "Atum"
War nicht so einfach zu finden, wenn man diese Schreibung nicht kennt. Im Hannig und im Wb steht unter tm kein Verweis auf Jtm. Die Doppelkrone hat mich dann auf Atum gebracht. Belege: Wb 1, 144; DZA 22.428.830
3:
Sw-sA-Ra "Schu, Sohn des Ra"
Beleg: Wb 4, 429
Neu für mich ist, dass H8 auch für sA und damit für Sohn steht. Weiterhin finde ich bemerkenswert, dass hier Schu als "Sohn des Ra" bezeichnet wird. In der Heliopotanischen Mythologie ist Schu der Sohn, Tefnut die Tochter von Atum. Auch hier sitzt Schu direkt hinter Atum.
4:
&fnw.t nb pt "Tefnut, Herr(in) des Himmels"
Beleg: Wb 5, 299 I12 ist als Det. ab NR belegt (siehe Wb)
5:
Gbb "Geb"
Beleg: Wb 5, 164; Hannig, S. 1246
Hier ist anzumerken, dass das hier nicht die "Sohn"-Ente, sondern eine G38-Gans ist, daher nicht sA, sondern gb.
6:
Nw.t nb pt "Nut, Herr(in) des Himmels"
Beleg: Wb 1, 214
7v: (vorne)
As.t "Isis"
7h: (hinten)
Nb.t-Hw.t "Nephthys"
Belege: Wb 2, 233; Hannig S. 1214
Beide Göttinnen sind schon an ihrem "Kopfschmuck" zu erkennen.
8:
@r nTr aA "Horus, der große Gott"
9:
@w.t-@r nb.t jnm.t "Hathor, Herrin des Westens"
Bemerkung: Ich gehe davon aus, dass es sich hierbei eigentlich um Amentet (Göttin des Westens) handelt. Im NR wird Amentet zu einer Erscheinungsform von Isis oder Hathor (siehe LÄ).
Hans Bonnet; "Lexikon der Ägyptischen Religionsgeschichte":
Zitat:
Seit dem späten NR wird sie (Amentet) überdies mehr und mehr von Hathor, die dann das Beiwort "Herrin des schönen Westens" führt, verdrängt.
ich brauche noch ein wenig Zeit, um nachziehen zu können. Vielleicht macht es auch Sinn, dass ich erst beim Text mit einsteige, da ich beruflich wieder mal auf eine Messe muss…
Bei Tefnut und Nut sollte man das .t in der Umschrift ergänzen:
nb(.t) p.t "Herrin des Himmels"
"With the adjective nb the plural ending is usually, the fem. ending often, omitted in writing, exx. nTr.w nb(.w) 'all gods'; x.t nb(.t) 'everything'" (Gardiner, Egyptian Grammar, § 48)
Bei Hathor ist das Wort nb.t ausgeschrieben; im gleichen Text werden also beide Varianten verwendet.
Beim Richterkollegium handelt es sich um die Götterneunheit. Sie ist wechselnd zusammengesetzt, mal mit weniger, oft aber auch mit mehr als 9 Göttern. Siehe die abweichende Götterliste beim Totengericht des Hunefer.
Amentet gehört zu keiner dieser Listen (siehe die Aufzählung bei Winfried Barta, Untersuchungen zum Götterkreis der Neunheit, München / Berlin, 1973, S. 65-73; hier werden 84 unterschiedliche Aufzählungen zur Götterneunheit aufgeführt!). Es ist Hathor selbst gemeint.
ra Hr-3xtj nTr-a3 Hr.y-jb wj3=f Re-Herachte, großer Gott (iz??), der in seiner Barke ist.
(2)
jtmw Atum
(3)
die Zeile ist sicher falsch, der Gott hier kommt mir aber bekannt vor...vielleicht ist es Schu
(4)
tfn.t nb.t(w)-pt Tefnut, Herrin des Himmels
(5)
gbb Geb
(6)
nwt nb(.t) pt Nut, Herrin des Himmels
(7)
///
3st // nb.t-hwt Isis (und) Nephtys
(8)
Hr nTr-aA Horus, großer Gott (9)
hwt-Hr nb.t imntt Hathor, Herrin des Westens
(10)
Hw sjA EDIT: Hu und Sia.
Ich dachte vorher an Hapi,dann an an Ihi. Die passen aber beide nicht sehr gut zu den Hieroglyphen, ganz zu schweigen dass da noch ein zweiter Gott sitzt....
Ich weiß schon jetzt, dass es nicht komplett richtig ist, also nicht böse sein, wenn ich für euch "einfache" Stellen falsch übersetzt habe. Liebe Grüße, Aramesis.
das finde ich super, daß Du Dich unserer kleinen Schar Schriftbegeisterter auch öffentlich anschließt! Im Großen und Ganzen liegst Du schon ganz richtig; im Einzelnen:
Anfänglich ist die Umschrift etwas gewöhnungsbedürftig. Überprüfe sie doch noch einmal genau, insbesondere die verschiedenen h- und t-Laute! In der geschriebenen Umschrift läßt man auch die "üblicherweise" eingeschobenen "e" weg. Sie sind nur moderne Aussprache"krücken", die mit dem alten Vokalbestand nichts zu tun haben.
Bei den Hieroglyphen hast Du ein Zeichen durchgehend fehlidentifiziert, nämlich das, was Du mit Aa2 geschrieben hast, auch als "schlechtes Paket" bezeichnet. Das paßt hier nicht!
Bei (3) liegst Du nicht ganz falsch. Der Gott (5) wird Gbb, also mit zwei b transkribiert (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1246). Bei (10) mußt Du noch mal weiterforschen. Es handelt sich um sog. Personifikationen abstrakter Begriffe.
Also, weitermachen! Hier wird niemandem der Kopf abgerissen - oder nur höchst selten!