Hallo, Freunde und Freundinnen der ägyptischen Sprache,
vor einiger Zeit kam diese interessante Kartonnagehülle mir zu Gesicht und dann auf meinen Schreibtisch. Ich denke, das ist etwas für Euch! - Es ist ja inzwischen gar nicht mehr so leicht, einen Text zu finden, der nicht irgendwo im Internet übersetzt worden ist
Diese Hülle hat eine Inschriftenzeile, die ich der besseren Lesbarkeit wegen in zwei Teilen anhänge. Dabei überschneidet sich das Ende des einen Teils mit dem Anfang des zweiten Teils; also nicht doppelt übersetzen!
Zunächst heißt es, die Hieroglyphen zu identifizieren, dann Umschrift und Übersetzung zu erarbeiten. An einigen Stellen gibt es zwar ein paar Stolpersteine - aber die machen die Sache ja erst spannend!
Zunächst heißt es, die Hieroglyphen zu identifizieren, dann Umschrift und Übersetzung zu erarbeiten. An einigen Stellen gibt es zwar ein paar Stolpersteine - aber die machen die Sache ja erst spannend!
Ich stolpere über zu viele Stolpersteine "Hieroglyphen", insbesondere in Teil 2. Hast du die Kolumnen in größerer / besserer Ansicht, so wie den Fußteil? Das wäre sehr hilfreich!
ich habe den zweiten Teil noch einmal in höherer Auflösung gescannt; es ist ein Teil der Kartonnagehülle in Gesamtansicht, die ich zuvor gepostet habe. Eine andere Abbildung habe ich nicht.
dieser Teil ist schon schwer, zugegeben! Zwei Zeichen lassen sich noch gut erkennen: Zum einen oben: G47 "Küken", zum anderen nach dem n links: Aa56 (extended library), ein in der Spätzeit häufig verwendetes Zeichen. Die anderen Zeichen kann man tatsächlich nicht gut erkennen, ich habe sie aufgrund der vorliegenden Informationen entsprechend ergänzt. Einzelheiten kommen später
Zitat:
Den ganzen Rest der Inschrift habe ich schon entziffert!
Ich bin schon gespannt!
Wer sich sonst noch an dieser Inschrift versucht hat, sollte sich auch melden (mit der hidden-Funktion), auch wenn er/sie nur Teile identifizieren konnte.
nun haben wir den Namen der Besitzerin - fast! Denn ich meine, zwischen G47 "Küken" und D40 "schlagender Arm" ist noch ein Zeichen, das ich aufgrund der Schreibungen für TAj (Wb V, 346) mit dem "waagerechten Finger" D51 identifiziere, obwohl das Zeichen nicht ganz so waagerecht aussieht. Als Determinativ habe ich B19 (extended library) gewählt, da der Wedel offensichtlich nicht auf dem Knie ist, sondern mit der Hand gehalten wird.
=w in jm=w ist im Neuägyptischen Suffixpronomen 3. Person Plural (Objektsuffix, Wb I, 243.14); Beispiele für diese Schreibung finden sich auch in mittelägyptischen Texten ab der 18. Dynastie (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 34).
Zu erklären bleibt noch, wo das n im Namen herkommt bzw. bleibt. Die Präposition m mit Suffixpronomen wird bekanntlich jm geschrieben.
Im Neuägyptischen gibt es auch die Variante
(Wb II, 1), die sich ebenfalls schon in mittelägyptischen Texten nachweisen lässt.
Diese Schreibung verrät, dass sich die Aussprache im Laufe der Zeit geändert hat. In der Umschrift bleibt man aber in der mittelägyptischen Norm.
Solche und andere "Neuägyptizismen" findet man häufiger in Texten des Neuen Reiches und der Spätzeit. Friedrich Junge im Stichwort "Sprache" (Lexikon der Ägyptologie, Bd. V, Sp. 1176-1211) bezeichnet diese Sprachstufe als "Spätmittelägyptisch" (Sp. 1190): Zitat:
mittelägyptische Satzstruktur und mittelägyptische Orthographie; gelegentliche Verwendung "neuägyptischer" Formen, Wörter und Schreibungen
Htp-Dj-nswt n Wsjr-zkr Hr(.j)-jb ST(j.t)=f nTr aA nb p.t HqA.t D.t m Jwn.w Dj=f mw n bA=T Htp.t n XA.t mnx.t (n) saH=T Hz(y.t) m Xn n Jmn(?) NN zA.t n pA-xA-rw (?) mAa-xrw r nHH
Ein Opfer, was der König gibt an Soker-Osiris/Osiris-Soker, der "im Herzen" (/in der Mitte) seines Grabes/Heiligtums (WB 4 S. 559) ist, der große Gott, dem Herr des Himmels, (mit) ewiger Herrschaft in Heliopolis, dass er Wasser geben möge deinem (WB 5 337) Ba (WB 1 S. 411), Opfergaben (WB 3 S. 183) für/an den Leichnahm (WB 3 S.359) und Kleider (für/an) die Vornehme, die Gelobte, nicht(?) beim Herantreten an Amun, NN, Tochter des Pacharu (?), für immer wahr an Stimme. (selig)
schön, dass Du dabei bist! Im Großen und Ganzen geht Deine Übersetzung in eine Richtung, die man nachvollziehen kann. Es gibt aber ein paar Stellen, wo ich Dir nicht folgen kann. Im Einzelnen:
Du hast ein "bleibendes Grab/Heiligtum" gefunden, wohl weil Du ein Zeichen als Y5 identifiziert hast. Dieses Zeichen taucht tatsächlich ein wenig weiter auf - und sieht dort ganz anders aus! Ich meine daher, dass es hier nicht Y5 ist.
Auch habe ich Schwierigkeiten mit dem "(weiblichen) Ba", denn laut Wb ist es nur als Bezeichnung der Hathor und auch nur in griechischen Texten belegt. Letzteres muss kein Ausschlussgrund sein, aber die Hathor ergibt hier keinen rechten Sinn.
Mit der Passage vor dem Namen kann ich mich nicht anfreunden. Man würde hier einen Titel erwarten. Auch die Stelle nach dem Namen solltest Du noch einmal prüfen.
Obwohl es sich um eine Standardformel handelt, so sind doch ein paar Einzelheiten knifflig!
Als ob. Daran habe ich schon gedacht, aber das Zeichen sah mir so anders aus. Dann ist es klar. Ich such zwar noch, aber ich denke nicht, dass ich etwas finde.
Htp-dj-nsw n Wsjr-Zkr Hr.y-jb STy.t=f n jwn nTr-aA nb p.t HqA-D.t
Ein Opfer, das der König gibt an Osiris-Sokar, der sich in seinem Schetit-Heiligtum (/Krypta) in Heliopolis befindet, großer Gott, Herr des Himmels (und) Herrscher der Ewigkeit,
dj=f mw n bA{.t} Htp n XA.t mnx.t nHH n sAH.t Hz.yt m Xn n Jmn
er möge geben Wasser für die Ba-Seele, Opfergaben für den Leichnam (und) ewigliche Vortrefflichkeit für die Edle (und) Gelobte beim Herantreten (/Annähern) an Amun
TAj-As.t-jm=w sA.t n pA-xr(.j) mAa-xrw r nHH
Tai-Aset-imu, Tochter des Pa-cheri, selig bis in Ewigkeit
Wsjr-Zkr - Osiris-Sokar, LGG II, 563 Zkr Hr.y-jb STy.t=f - Epitheton des Sokar, ähnlich LGG VI, 674 bA – Ba-Seele; das t ist fehlerhaft (In Inschriften der Spätzeit “schwirren” manchmal unerklärlich t herum)* TAj-As.t-jm=w – Personenname fem.; Variante zu Ranke, 387.12 pA-xr(.j) – Personenname mask.; Ranke, 116.17
* Ich habe mich an die Kopftafel erinnert, an bA gefolgt von einem .t. Da fragte nauna: Zitat:
und das t ? Ist es auf dieser Kopftafel lediglich als Zierde angebracht? Es fällt wohl ziemlich häufig unter den Tisch
Michael, du hast "zum scheinbar überflüssigen t" geantwortet: Zitat:
Andererseits wurde es auch an Stellen geschrieben, wo man es eigentlich nicht erwartet. Mit den Besonderheiten dieser Sprachstufe hat sich Karl Jansen-Winkeln in seiner Spätmittelägyptischen Grammatik der Texte der 3. Zwischenzeit, Wiesbaden, 1996 befasst. Im § 32 "X1 [t] als 'Determinativ' oder Füllzeichen" heißt es:
"Nach klassischem Maßstab überflüssiges X1 ist ziemlich häufig: - Bei Ortsnamenbezeichnungen ... - Z.T. könnte es sich um ein Füllzeichen oder wieder um die Übernahme eines graphischen Schemas handeln, wenn es ein feminines Wort von der derselben Wurzel gibt ... - Wenn der Stamm auf einen Dental auslautet ... - Beim Stamm rdj ... - Oft gibt es auch keine solche Motivation …"