vor einiger Zeit habe ich eine Schreiberpalette erstanden - in einem Museumsshop. Sie ist ganz gut gemacht, wie ich meine.
Es kann sein, dass die eine oder andere Hieroglyphe nicht perfekt gelungen ist - das müsst Ihr in Rechnung stellen, aber ansonsten handelt es sich um eine echte Inschrift, denn ich habe inzwischen die Vorlage gefunden.
Es handelt sich um geläufige Formulierungen, allerdings mit einigen Stellen, die man seltener antrifft. Um welchen Pharao handelt es sich? Vorschlag: Erst die eine, dann die andere Inschrift bearbeiten, z.B. mit der rechten anfangen.
Htp d(j) nswt (n) DHwtj nb mdw nTr d(j)=f rx zS(.w) pr(i){.t} jm=f wbA-Hr m mdw nTr n kA n (j)r(j)-pa(.t) Ha(.tj-a) sr m Ha.t Sps.w nswt jm.j-r' pr wr n nswt(?) mr(y)-ra(.w)
Ein Opfer, was der König gibt¹ (an) Djehuty²(Thot), den Herr der Gottesworte/alten heiligen Schriften/Hieroglyphen³, dass er geben möge⁴, das Wissen der Schrift⁵, das aus ihm hervorgegangen ist⁶, das wahrhaft öffnet das Gesicht (verständig macht) die Gottesworte/das öffnet das Gesicht mit den Gottesworten, für den Ka des ältesten Fürsten, Bürgermeisters/Grafen Vornehmer an der Spitze der Noblen des(/um den) Königs⁷, den Obergutsverwalter des Königs Merire (Der von Re geliebt ist)⁸
1: Neutrale Relativform, zur Einleitung der Opferformel. (WB: III.186.5-187.7)
2: Der Gott Thot (WB V. 606.1-2), der als Erfinder der Schrift und Gott des Mondes gilt, ein mächtiger Magier, Schreiber der Götter und Stellvertreter des Re.
3: Obwohl, wie ich finde die Glyphe wie
aussieht, denke ich eher, dass ein Beiwort des Thot gemeint ist. Also "Herr der Gottesworte". (WB II.181)
4: Subjunktiv (er möge geben)
5: Hier habe ich die beiden Wörter als direkten Genitiv erkannt. Sprich: Wissen¹ der Schrift², also die Kenntnis des Schreibens, oder so ähnlich. (1 WB II.445.12-15 2 WB 476.16-479.9)
6: pr(i).t jm=f¹ (1 WB I.518-525.3)
7: WB III.20 WB IV.449
8: Name der Person, der nach einem passiven neutralen Partizip aussieht. Ehrenvolle Voranstellung und die Verbalform machen daraus dann (der von RE geliebt ist/Geliebter des RE).
rpa.t-HA(.tj-a) sms.w m HA.t Sps.w nswt jm.j-r' pr sms.w n nswt also "Fürst und Graf, Ältester an der Spitze der königlichen Noblen des Königs, ältester Vorsteher des Hauses vom König/des Königshauses"
.
Ich finde im Moment sonst nichts, aber ich schau gerne morgen nochmal nach.
Dann kommt: pr.t jm=f. Hier habe ich ein Problem mit dem .t, da ein feminines Bezugswort fehlt. Es gibt zwei Möglichkeiten:
(a) das .t ist überflüssig, nur ein Füllzeichen, so dass zu lesen ist:
pr{.t} jm=f "das / die aus ihm hervorgegangen ist"
Mit =f ist Thoth gemeint, der bei den Alten Ägyptern als Erfinder der Schrift galt.
(b) das .t ist zu lesen:
pr.t jm=f "das, was aus ihm hervorgegangen ist"
mit pr.t als substantiviertes perfektisches aktives Partizip. Die feminine Form ohne Bezugswort wird verwendet, abstrakte Begriffe auszudrücken, oft mit Pluralstrichen versehen (Alan H. Gardiner, Egyptian Grammar, § 354). Hier sind allerdings keine Pluralstriche.
Dann geht es weiter mit:
wbA Hr m mdw-nTr "Geschick / Erfahrung in (mit) den Gottesworten"
wbA Hr m "geschickt, erfahren in einer Arbeit" (Wb I, 291.3) - hier substantiviert. Es handelt sich um die nfr-Hr-Konstruktion "offen an Gesicht" = "mit offenem Gesicht"
Der Schreiber wünscht sich also nicht nur die "Kenntnis" der Schrift, sondern auch die "Erfahrung" im richtigen Umgang mit ihr. Mir ist nicht klar, ob sS und mdw-nTr Synonyme sind oder ob nicht etwas Verschiedenes gemeint ist.
Der Besitzer der Schreibpalette ist
(j)r(.j)-pa(.t) HAt.j(-a) "Fürst (und) Bürgermeister (o.ä.)" (Wb II, 415.20; III, 25.12) - hier fehlt die übliche Endung mit -a.
Dann folgt der Titel:
sr m-HA.t Spsw.w-nsw "Vornehmer an der Spitze der Königsedlen"
Das Problem stellt das erste Zeichen dar: Hier sieht es aus wie A19 und Du hast daher die Bedeutung smsw "Ältester" angenommen. Es könnte aber auch A21 mit Lesung sr "Beamter" sein. Gardiner schreibt dazu in seiner Zeichenliste: Zitat:
In hieroglyphic A21 is often hard to distinguish from A19 (in the word wr 'chief') and from A20.
Wie kommt man nun weiter? Das Wb verzeichnet diesen Titel weder unter sr, noch unter Sps.w - und auch nicht unter smsw. Ich bin daher in das Digitale Zettelarchiv eingestiegen und zwar über Spsw.w-nsw (Wb IV, 449.4). Schon der erste Beleg (nach der Schreibung) hat mich auf diesen Titel mit einer phonetischen Schreibung geführt (DZA 30.032.680)! Bingo! Ein weiterer Beleg ist DZA 30.032.760. Dann habe ich nicht weiter gesucht.
Der nächste Titel:
jmj-rA pr wr n nsw "Obergutsverwalter des Königs" (Wb I, 514.14)
Hier ist das Zeichen in der Tat A19. Im Wb ist nun wr mit G36 geschrieben. Handelt es sich also wirklich um diesen Titel? Auch hier bin ich ins Zettelarchiv gegangen. Und in der Tat: Die Wb-Redakteure haben die Schreibungen mit A19 und G36 unter diesen Titel einsortiert, z.B. DZA 20.678.620, DZA 20.678.700 ff usw.
Jetzt habe ich aber ein Verständnisproblem, nämlich ist die Schrift doch aus Thot "hervorgegangen" und nicht Thot aus der Schrift. Dann wäre ja die Schrift der Erfinder von Thot.
Ich habe zu a) tendiert, was ich nächtes Mal hinschreiben sollte.
Bei dem nächsten hat mich der WB Eintrag verwirrt.
da habe ich mich wohl ein wenig undeutlich ausgedrückt. Natürlich ist die Schrift von Thoth ausgegangen bzw. von ihm geschaffen worden. Siehe auch Wb I, 522.2: prj m "aus einem Gott hervorgehen".
(1)Htp di nswt (n) Jmn-ra(.w) nb ns.wt tA.wj nTr-wa anx m mAa.t (2) d(j)=f TAw nDm pr(i) xnt=f Hzw.t=f aA.t m pr-nswt (3) n kA n jm.j-r'-pr-wr n nswt mr(j)-ra(.w)
(1) Ein Opfer, was der König gibt¹ (an) Amun-Re², den Herr der Throne der 2 Länder (Ober- und Unterägypten=> Ägypten)³, der einzige Gott⁴, der von Ma'at lebt⁵, (2) dass er geben möge⁶ den süßen/angenehmen Wind-/Lufthauch (des Nordes)⁷, der aus ihm hervorgekommen ist⁸ und seine große Gunst im/aus dem Königshaus⁹ (3) für den Ka des Obergutsverwalters¹⁰ des Königs, Merire (Geliebter/Geliebt von Re).
1: WB III.186.5-187.7 (neutrale Relativform) 2: WB I.85 Synkretismus aus Amun und Re zum Königsgott Amun-RE 3: WB II.322 seit dem MR Beiwort des Amun(-Re) 4: WB II.358 "einzigartiger/einziger Gott" 5: WB II.20 Die Götter Leben von der Ma'at... 6: Subjunktiv (er möge geben) 7: WB II.379 Der süße Nordwind, den man zum Leben braucht 8: neutraler Partizip 9: WB III.157 Ich geh davon aus, dass man es so lesen muss:
... Also dass sich Merire Amuns Gunst vom Königshaus (WB I.513) erhofft. Könnte mich auch irren, aber das ist für mich im Moment das Nachvollziebarste. 10: WB I.514 (mit anderer Glyphe für wr)
nTr wa wird in der Literatur mit "einziger Gott" übersetzt, wie Du ja schon vermutet hast. (Wb II, 358.7; LGG IV, 418-420).
Dazu ein Zitat von Erik Hornung, Der Eine und die Vielen, 6. Auflage, 2005, S. 197: Zitat:
Der scheinbare logische Widerspruch zwischen dem Beinamen "Einziger" und den vielen Gottheiten, die ihn tragen, ist leicht zu lösen. Durch erweiterte und präzisierte Fassungen des Beinamens macht uns der Ägypter deutlich, was gemeint ist: die Einzigartigkeit, die dem Göttlichen zukommt. Jeder ägyptische Gott ist "einzig in seiner Art" und hat neben sich keinen, der ihm gleicht.
Als ein Beleg wird eine Stelle aus dem Amun-Re-Hymnus (pKairo CG 58038) zitiert:
jnD Hr=k Jmn-Ra nb ns.t tA.wj "Sei gegrüßt, Amun-Re, Herr des Thrones Beider Länder (...)"
wa Hr xw=f m-m nTr.w "einzig in seiner Art unter den Göttern"
wa Hr xw=f "einzig in seiner Art" (Wb III, 216.7) m-m "unter" (Wb II, 2.9) - zur Schreibung mit mj: DZA 23.609.720
(Die hieroglyphische Schreibung stammt aus: Maria Michaela Luiselli, Der Amun-Re Hymnus des P. Boulaq 17 (P.Kairo CG 58038), 2004, S. 44 (Vers 14))
Dieser Papyrus wird jetzt in die Zeit von Amenophis II. datiert.
Den Beginn der Zeile 2 übersetze ich so:
dj=f TAw nDm pr Sr.t=f "er möge geben: den süßen Hauch, der aus seiner Nase kommt"
Sr.t "Nase als Sitz des Atems, des Lebens, besonders ... Luft, süße Luft an die Nase, für die Nase, in der Nase u.ä." (Wb IV, 523.12) - siehe auch die entsprechenden Belege ab DZA 30.194.000 dazu.