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  Autor/in  Thema: Stelen
Koersch  weiblich
Member



Stelen 
« Datum: 18.09.2003 um 15:30:49 »   

Hallo,

Wie datiert man Stelen?
Steht immer ein Datum darauf?

Gruß Koersch
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Stelen 
« Antwort #1, Datum: 18.09.2003 um 15:42:30 »   

Hi,

mal ganz von stilistischen Mitteln kann man einen Teil der Frage beantworten, in dem man sich überlegt, wer zu welchem Zweck eine Stele aufstellt.

Folgende Möglichkeiten fallen mir spontan ein:

1- kgl. Stele, um historische relevante Ereignisse festzuhalten, z.B. "König XY schlägt die Hurriter im Jahr, Monat, Tag zum wiederholten Male auf´s Haupt".
In diesen Fällen hast Du die notwendigen Daten und mußt sie nur noch mit dem Rest der Chronologie in Einklang bringen. Derartige Stelen könnten prinzipiell auch von Beamten im Auftrag aufgestellt werden.

2. Privatperson stellt eine Stele auf z.B. in seiner Grabanlage. Dann wird er sicherlich seine Verdienste und Titel, verliehen vom König XY, aufführen. Hier wird die Sache sicherlich komplizierter, es sei denn, bestimmte persönliche Teilnahmen, z.B. an Kriegszügen des Königs, werden mit Datum angegeben. Wenn keine drauf sind, muß man wohl versuchen, das Aufstellungsdatum der Stele durch andere Informationen (z.B. aus anderen Stellen im Grab oder durch andere Quellen) einzugrenzen.

Iufaa

p.s. war das jetzt der 5. Post  
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:30:49  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Stelen 
« Antwort #2, Datum: 18.09.2003 um 15:54:12 »     

Bei Opferstelen ist es meist relativ einfach, weil im Text fast immer die berühmte Opferformel dj htp njswt, also ungefähr "ein Opfer, das der König gibt" für den Siegelträger oder was auch immer im Palast des Königs Sowieso, bestehend aus Tausenden von Brot, Bier, Geflügel usw. Daraus ergibt sich dann schon mal der König und damit ist die Datierung klar.

Auch bei Gedenkstelen ist fast immer ein Königsname erwähnt, spätestens dann, wenn der Stifter seinen eigenen Titel nennt.

Und im Hieroglyphenunterricht haben wir kürzlich einen Stelentext übersetzt, in dem es darum ging, das Ichnofret von Sesostris (ich weiß im Moment nicht von welchem) nach Abydos geschickt wurde, um dort ein Kultbild aus Elektrum im Auftrage seiner Majestät zu errichten. Diese große Aufgabe hat Ichnofret auf einer Stele festgehalten.

Man kann also sagen, dass Stelentexte fast immer den Namen eines Königs beinhalten. Und damit ist die Datierung eigentlich schon gewährleistet.

Gitta

PS: Ich hoffe, mit dieser Schlußfolgerung habe ich mich
nicht zu weit aus dem Fenster gehängt
« Letzte Änderung: 18.09.2003 um 15:58:24 von Gitta »
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:42:30  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Stelen 
« Antwort #3, Datum: 18.09.2003 um 16:07:29 »   

Hallo Koersch,

es steht schon oft ein Datum auf der Stele.
Leider nicht immer erhalten  

Stelen entstanden als selbständige Kunstform im Mittleren Reich.
Ihr Aussehen wird oft auch von der lokalen Tradition des Aufstellungsortes bestimmt.

Waagrechte Stelen, auf der Bild und Text im Quadrat nebeneinander  stehen werden 10. - 11. Dynastie datiert. Nicht später.
Ab der zweiten Hälfte der 11. Dynastie werden die Stelen von der Form her senkrecht. Der Text wandert über das Bild.
Im Neuen Reich ist dies umgekehrt. Hier befindet sich das Bild über dem Text.
Stelen des Neuen Reiches (wenn mehr wie 1-2 Personen darauf abgebildet sind) gibt es auch mit waagrechte Form und Registern oben Text und unten Bild (bis Amenophis II).

Die verwendeten (Opfer-)formeln dienen auch zur Datierung. So fällt mir dazu die n k3 nFormel ein. Weiß aber nicht mehr ab welcher Dynastie sie verwendet wird. Muß ich noch suchen.


Gruß
naunakhte

Quelle: Ewers, Staat aus dem Stein
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:30:49  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Stelen 
« Antwort #4, Datum: 18.09.2003 um 16:08:18 »   

Hi Gitta,


Zitat:
Und damit ist die Datierung eigentlich schon gewährleistet


d. h. natürlich, der Datierungszeitraum, denn wenn da nicht mehr steht, weiß man auch nicht, ob am Anfang der Herrschaft des Königs XY oder wann danach. U. Umständen braucht man dann noch weitere Information.

Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:54:12  Gehe zu Beitrag
Gitta  
Gast

  
Re: Stelen 
« Antwort #5, Datum: 18.09.2003 um 16:15:11 »     

Stimmt. Aufs Jahr genau geht das natürlich so nicht, es sei denn, es steht drauf.

Und wenn das Ganze dann noch von einem "Zeitraffer" oder Neu-Chronisten datiert wird, ist sowieso alles zu spät

Gitta
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 16:08:18  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member



Re: Stelen kudurru.jpg - 76 KB
« Antwort #6, Datum: 19.09.2003 um 17:47:39 »   

Hallo!

Die Datierung von Stelen ist vielfach schwierig. Im Bereich Mesopotamien kann man Stelen oft anhand des Schriftduktus der Beischriften erkennen. Die Keilschrift sah auch nicht immer gleich aus.
In neuassyrischer Zeit findet man häufig ein Datum auf den Stelen. Die Jahreszählung erfolgt nach dem sog. Limmu-System. Ein limmu ist ein Jahr, das bspw. nach einem hohen Beamten benannt wurde. Solche Eponyme kann man dann mit Eponymenlisten vergleichen und so eine Datierung versuchen. Leider sind diese Listen nur zeitweise vollständig.
Datieren kann man Stelen - falls man keinen Text hat - auch nach den stilistischen Merkmalen.

NebTauiAmunRe
« Letzte Änderung: 19.09.2003 um 17:48:44 von NebTauiAmunRe »

> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:30:49  Gehe zu Beitrag
Gast  
Gast

  
Stelen 
« Antwort #7, Datum: 22.09.2003 um 03:07:46 »     

Hallo!

@ Naunakhte:

Zitat:
Stelen entstanden als selbständige Kunstform im Mittleren Reich


Bereits seit der 1. Dyn. wurden an Gräbern von hohen Beamten und Königen Stelen aufgestellt (Abydos). Vor den Pyramiden dürften zumindest bis Chefren zwei Stelen die Opferstelle des Pyramidentempel markiert haben (hier stellen sich ja die meisten irrtümlich eine kgl. Statue o.ä. vor).
Eine ägyptische „selbständige Kunstform“ - also l’art pour l’art ? - gab es nicht. Stelen waren immer funktionierende Glieder in einer Gesamtkomposition aus Kultstelle, Bilddekor/Statuenensemble, Kulthandlung und Anrufung bzw. Rezitation beim täglichen Opfer bzw. den Dekaden- und Monatsfesten. Sie aus diesem Kontext herauszureissen hiesse, ihre Funktion und ihren Inhalt falsch zu interpretieren.

@Gitta:

Zitat:
Man kann also sagen, dass Stelentexte fast immer den Namen eines Königs beinhalten. Und damit ist die Datierung eigentlich schon gewährleistet


So einfach machen es einem die Ägypter leider nicht! Zwar sind eine ganze Menge privater und kgl. Stelen erhalten geblieben (Vgl. Klug Andrea, Königliche Stelen in der Zeit von Ahmose bis Amenophis III, Brepols 2002, die allein 126 kgl. Stelen/Fragmente aus diesem „kurzen“ Zeitraum aufführt), die durch Kartuschen eindeutig bestimmten Königen zuzuordnen sind. Aber ein Blick in...

Simpson W.K. , The Terrace of the Great God at Abydos: The Offering Chapels of Dynasties 12 and 13, New Haven 1974
Munro, P. , Ed. Die spätägyptischen Totenstelen, Ägyptologische Forschungen 25, Glückstadt 1973.
Budge, E. A. W. , Hieroglyphic texts from Egyptian stelae etc. in the British Museum III, London 1912
Lange, H.O. und Schäfer, H. , Grab- und Denksteine des Mittleren Reiches im Museum von Kairo Theil I-III, Catalogue Général des Antiquités Égyptiennes du Musée du Caire, Berlin 1902-8

...zeigt, dass wir es in den allermeisten Fällen mit unspezifizierten Htp-dj-njswt/Wsjr/Jnpw usw. Formeln bei den Opferstelen oder mit sonstigen königsnamenlosen Denksteinen zu tun haben.

Eine Grobdatierung ist dann möglich über:

- das verwendete Material . Peter Munro (s.o.) schreibt hierzu zB. dass Holz das charakteristische Material spätzeitlicher Stelen war (nun gut! Nur ein grober Datierungshinweis, schliesslich ist Stein davor ja "recht häufig" benutzt worden).

- die Stelenform : Der "klassische" Stelentyp mit dem ausgeprägten bogenförmigem oberen Abschluss begegnet zB. erst ab der 11. Dyn., währen die Dreiecks-Giebelform nur selten und fast ausschliesslich im NR verbreitet war. Im MR findet sich häufig die besonders in Abydos beliebte rechteckige Stelenform (mit Hohlkehle im oberen Stelenbereich). Vgl. Hölzl, R., Round-Topped Stelae from the Middle Kingdom to the Late Period. Some Remarks on the Decoration of the Lunettes, in: Atti del VI Congresso Internazionale di Egittologia. Volume I 1 (1993), S. 285-289.

- Bild- und Textkomposition der Stele: Bei farbigen Stelen (v.a. die der ersten Zwischenzeit und des frühen MR) ist zB. die Farbabfolge des Schmuckbandes [Farbleiter], das die Stele einrahmt ein grobes Datierungskriterium). Für die spätzeilichen Stelen sind zB. selbst so kleine Details wie die scheinbar stereotype Darstellung der zwei Schakale und der zentralen Sonnenscheibe im Giebelfeld als Datierungskriterien geeignet. Hier lassen sich nicht nur chronologische Schlüsse ziehen, sondern auch regionale Unterschiede herausarbeiten (so zB. der Edfu-Stil, oder der thebanische Stil etc.). Dies nennt sich dann Provinz- oder Lokalstile.
Die Komposition des Bildfeldes ist generell ein wichtigeres Datierungskriterium als der Aufbau des Textfeldes (So ist zB. die erste symmetrisch-zentripedal aufgebaute Szene im Giebelfeld unter Sesostris III. belegt).

- stilistische und ikonographische Merkmale der Bildfelder (zB. Perücken, Kleidung oder Amtsinsignien der abgebildeten Personen etc.; klassisches Beispiel ist hier etwa der "Voramarna- und Nachamarna-Stil). Ein Beispiel: Die fast durchsichtigen Frauengewänder der späten Ramessiden-Stelen und der III. Zwischenzeit werden werden später zu weissen Flächen.

- Titel-Sequenzen . Bestimmte Titel kommen nur oder bevorzugt in bestimmten Epochen vor (vgl. hierzu Helck, W., Zur Verwaltung des Mittleren und Neuen Reiches, Leiden 1957 und Helck, W., Untersuchungen zu den Beamtentiteln des ägyptischen Alten Reiches, Glücksstadt - Hamburg - New York 1954). Auch der Amtsbereich eines Stelenstifters ist eine Datierungshilfe. Wenn ein Hwt-nTr sbk-htp (Tempel des Sobekhotep, 13. Dyn.) genannt ist, wird das Stück nicht in das AR zu datieren sein.

...
> Antwort auf Beitrag vom: 19.09.2003 um 17:47:39  Gehe zu Beitrag
Gast  
Gast

  
Stelen 
« Antwort #8, Datum: 22.09.2003 um 03:13:15 »     

...

- Prosopographische Kriterien . Also die Namen der Personen. Wenn jemand "Amenemhet" heisst, ist es sehr wahrscheinlich, dass er nicht VOR Amenmhet I. gelebt haben wird, da sich die Beamten ja i.d.R. mit dem Namen des Königs schmückten unter dem sie geboren bzw. "verbeamtet" wurden. Für einen Privatmann Ramses bietet sich daher als terminus ante quem non der Regierungsbeginn Ramses' I. etc. pp. (Bei Frauen ist dieses Kriterium natürlich hinfällig, da sie kein feminines königliches Namenspendant aufweisen können).

- Genealogische Kriterien : eng mit den prosopographischen verknüpft. Es lassen sich über Filiationsangaben (also PN, Sohn des PN oder PN, Tochter der PN) Stammbäume erstellen, die es ermöglichen mehrere Generationen zurückzuverfolgen und verschiedene Stelenbesitzer einer Familie zuzuordnen. Wenn dann einer oder mehrere dieser Familienmitglieder der Regierungszeit eines bestimmten Königs zuzuordnen ist, hat man die Möglichkeit die anderen Familienmitglieder in diese relative Chronologie einzuhängen.

- Der Text :  Hier sind zB. der Aufbau der Opferformel (Lapp, G., Die Opferformel des Alten Reiches, unter Berücksichtigung einiger späterer Formen, Mainz 1986 und Freed, R. E., Stela Workshops of Early Dynasty 12, in: Studies in Honor of William Kelly Simpson. Volumes I (1996), S. 297-336.) oder die Schreibung bestimmter Worte eine Datierungshilfe. Auch Begriffe, die klar erst ab einer bestimmten Phase in Ägypten begegnen können hier helfen (wenn wrry.t, also „Streitwagen“, vorkommt wird der Text frühestens ab dem beginnenden NR zu datieren sein, da das Pferd als Reit- und Zugtier und der leichte zweirädrige Streitwagen erst ab der Hyksos-Periode in Ägypten Einzug fand). Inhaltliche Datierungskriterien zB. bei Müller, H. W., Die Totendenksteine des Mittleren Reiches, ihre Genesism ihre Darstellungen und ihre Komposition, in: MDAIK 4 (1933), S. 165-206.


Ein Problem bei der ikonographischen Analyse von Stelen ist vor allem das Fehlen entsprechender Untersuchungen. Bislang gibt es zwar unendlich viele Monographien zu den Stelentexten und Museumskataloge, aber an eine intensive Stilkunde zu Stelen hat sich bislang ausser Munro für die Spätzeit niemand gewagt.

Auch sind alle stilistischen und ikonographischen Datierungskriterein als "heikel" einzustufen, da sie ja nur aus dem erhaltenen Datenmaterial erstellt werden können. Wir kennen wieder mal nur einen Bruchteil des gesamten Datenspektrums und können daher nie etwas "mit Sicherheit" sagen, da das fehlende Material ein völlig anderes Bild entstehen lassen könnte (dies ist besonders für die Datierungsfrage ein Hindernis).

Gruss A.
> Antwort auf Beitrag vom: 22.09.2003 um 03:07:46  Gehe zu Beitrag
naunakhte  weiblich
Moderatorin



Re: Stelen 
« Antwort #9, Datum: 22.09.2003 um 09:24:44 »   

Hallo Gast,
vielen Dank für deine ausführliche Antwort.

Könntest du an anderen Stellen nicht auch noch so ausführlich antworten  

Du hast mir gezeigt das ich auch meine eigenen Notizen nicht einfach später übernehmen, sondern von Zeit zu Zeit kritisch betrachten und überarbeiten sollte      
Man, bin ich doof, natürlich gibt es schon ab der Frühzeit Stelen.    

Jetzt wäre es schön wenn sich jemand erbarmt und eine schöne, recht unbekannte Stele hier ins Forum setzt an der wir die ausführlichen Datierungskriterien ausprobieren können.
Denn erst etwas Übung weist uns den richtigen Weg. Und Leute die Überetzen haben wir doch im Forum genug.

Vielleicht findet sich ja etwas passendes

Danke

Naunakhte
> Antwort auf Beitrag vom: 22.09.2003 um 03:13:15  Gehe zu Beitrag
Koersch  weiblich
Member - Themenstarter



Re: Stelen 
« Antwort #10, Datum: 22.09.2003 um 15:26:08 »   

Hallo,

Georges Posener unterscheidet in seinem "Lexikon der Ägyptischen Kultur" zwischen Grabstelen und Totenstelen.

Wie kann man diese Unterscheidung begründen, bzw.wie kann man Stelen dem Einen oder Anderen zuordnen?

Gruß Koersch
> Antwort auf Beitrag vom: 18.09.2003 um 15:30:49  Gehe zu Beitrag
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