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   Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv (4)
  Autor/in  Thema: Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv
NebTauiAmunRe  maennlich
Member



Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv 
« Datum: 30.12.2005 um 12:57:39 »   

Ich beschäftige mich nun wieder ein wenig mit Ägyptisch und nun habe ich eine Frage zum direkten Genetiv:

Bei dieser Form des Genetivs werden zwei Nomina direkt nebeneinander gestellt ohne weitere Pronomina, die diese verbinden. Dadurch entsteht doch eine sehr enge Genetivverbindung. Ähnliches gibt es auch in anderen semitischen Sprachen. Dort wird diese Konstruktion Status-constructus-Verbindung genannt. Der Status-constructus eines Nomens ist oftmals anders vokalisiert. zB. Akkadisch "Fundament des Hauses": ishid biiti(m), während man auch einen "indirekten" Genetiv konstruieren kann: ishdu(m) sha biiti(m). Die Vokaländerung/-kürzung sieht man noch besser im Hebräischen: daabaar "Wort" und in der Genetivkonstruktion "Wort Gottes": debar 'elohîm.

Gibt es dazu irgendwelche Theorien für das Ägyptische? Ich weiß schon, dass es keine Vokale gibt, aber vielleicht hat sich jemand mal Gedanken darüber gemacht.

Ist die Frage so ungewöhnlich?

NebTauiAmunRe
« Letzte Änderung: 30.12.2005 um 12:57:57 von NebTauiAmunRe »
Gast_A.  maennlich
Member



Re: Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv 
« Antwort #1, Datum: 01.01.2006 um 14:25:04 »   

„ungewöhnlich“ sicherlich nicht, aber eben sehr grammatisch... sowas beantwortet man am besten mit Kater
So gute Rekonstruktionmöglichkeiten wie in der Keilschriftforschung bietet das Ägyptische natürlich nicht. Allerdings unterscheidet man auch im Koptischen durchaus die drei von Dir genannten Statusformen:
1. status absolutus ohne Nomenanschluss
2. status constructus/nominalis mit Nomenanschluss
3. status pronominalis mit direktem Anschluss eines [Suffix-]Pronomens).

Die Statusformen werden in der Koptologie mittels morphematischer Strukturzeichen markiert:
a. ohne Markierung = st.abs. (z.B. kwsØ  „bestatten“; gesprochen: /ko-s/);
b. mit Bindestrich = st.constr. (kes- +Nomen; gespr. /kes/-)
c. mit Gleichheitszeichen = st.pron. (kos= +Suffix; gespr. /kos/=).
was ja den allgemeinen philologischen Gepflogenheiten entspricht.

Greifbar sind die Statusformen in erster Linie beim intransitivcn Verbum. Bei den Nomen sind es v.a. die Bezeichnungen der Körperteile, die ausnahmsweise einen st.pron. besitzen (ro „Mund“ mit kurzem /o/ aber rw=f „sein Mund“ mit langem /o/; u.ä.).
Häufiges statusvariables Beispiel ist das koptische ran „Name“ (vgl. äg. rn „Name“) vs. rin=f „sein Name“ (in äg. Transkription ja nur als rn=f geschrieben). Natürlich begegnet eine solche Statusänderung auch bei Präpositionen: xn-- „in (+Nomen)“ (= St. nom.) vs. “ N-xht=f „in ihm“ (= st.pron. „in ihm“).
Unterschieden werden die Statusformen wie man am Beispiel sieht durch die Qualität und Quantität der Vokale und Konsonanten..

Deinem eigenen Beispiel am nächsten kommt vielleicht die spezielle Möglichkeit der koptischen Kompositabildungen bzw. die Art der Nisba-artigen Qualifikation durch direkte Nomenverknüpfung. Teilweise ist diese koptische Form aus dem direkten Genitiv entstanden (also Regens/erstes Nomen im st.nom., Rectum/zweites direkt angeschlossenes Nomen im st.abs.), der selbst wiederum im Koptischen kaum noch zu finden ist und fast vollständig durch den indirekten Genitiv verdrängt wurde. Problematisch ist insofern auch die Frage, ob z.B. der direkte Genitiv des neuägyptischen Schriftbildes tatsächlich gesprochen wurde, oder ob er nicht dem Koptischen entsprechend überwiegend als indirekter Genitiv realisiert wurde:

Beispiel zur Stammveränderung bei Kompositabildungen:
„Mann/Mensch“ heißt im Koptischen rwme (< ägyptisch rmT)
„Stadtbewohner“ dagegen lautet rM-(N)-+me (wörtl. „Mann von der Stadt“ vgl. äg. dmj „Ort/Stadt“) (ähnlich z.B. „Ägypter“ rm-(N)-khme; wörtl. „Mann aus Ägypten“ vgl. äg. km.t „Ägypten“).
Während z.B. das koptische Verbum für „lieben/mögen“ im st.abs. me, im st.nom. mere- und im st.pron. merit= lautet, kann durch das daraus abgeleitete Präfix mai- ein Kompositum mit der Bedeutung „der/die/das XY liebt“ gebildet werden. Bsp.:
mai--sbw „wissbegierig“ (wörtl. „der die Lehre liebt“ < äg. sbA „die Lehre“)
mai-noute „fromm“ (wörtl. „der Gott liebt“ < äg. nTr „Gott“)

Das Phänomen der Veränderung der Vokal-/Konsonantenstruktur der Stämme bei unterschiedlichen grammatischen Funktionen lässt sich im Koptischen ja generell gut beobachten (etwa bei Pluralbildungen von einigen Nomen: äg. qAs „Knochen“ lautet koptisch kas ([s] wird /s/ gesprochen); der Plural qAs.w wird koptisch dagegen kees (/ke’es/) realisiert; das koptische son „Bruder“ lautet im Plural snhu). Im Ägyptischen fehlt hierzu zwar generell die Vokalisation, doch ist auch hier dasselbe Phänomen angesichts paralleler grammatikalischer Strukturen (Suffixpronomen usw.) vorauszusetzen.

Gruß A.
« Letzte Änderung: 01.01.2006 um 19:47:42 von Gast_A. »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.12.2005 um 12:57:39  Gehe zu Beitrag
NebTauiAmunRe  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv 
« Antwort #2, Datum: 02.01.2006 um 02:43:54 »   

Gibt es eigentlich eine gute und moderne koptische Grammatik; deutsch, englisch, französisch ist ok.

Neb
> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2006 um 02:41:52  Gehe zu Beitrag
Sobeknefer  weiblich
Member



Re: Frage bzw. Anmerkung zum direkten Genetiv 
« Antwort #3, Datum: 24.10.2006 um 22:18:21 »   

auch wenn die Antwort sehr spät kommt...

meine Dozentin, Andrea Eberle, hat eine Koptische Grammatik geschrieben, mit der wir auch arbeiten.
Sie hat sich dabei auf das wesentliche beschränkt, und verweist dann auf Till-Steindorff-shisha Harley und Plish.

Kann ich für den Anfang empfehlen!
> Antwort auf Beitrag vom: 02.01.2006 um 02:43:54  Gehe zu Beitrag
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