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   Moderne hieroglyphische Texte (24)
  Autor/in  Thema: Moderne hieroglyphische Texte
Michael Tilgner  maennlich
Member



Moderne hieroglyphische Texte 
« Datum: 29.08.2006 um 14:32:23 »   

Liebe Ägyptenfans,

im Thread Ende des Alten Ägypten wurde erwähnt, daß nach wie vor noch hieroglyphische Texte entstehen, z.T. sogar in Mittelägyptisch. Als ein "berüchtigtes Beispiel" wurde die Inschrift genannt, die Lepsius 1842 aus Anlaß des kaiserlichen Geburtstages in die Cheops-Pyramide einmeißeln ließ.

Hier noch einmal die Links, die Seschen nachgetragen hat:
Oberer Eingang der Cheops-Pyramide mit der hieroglyphischen Inschrift
Lepsius Inschrift am Eingang zur Großen Pyramide, Goyon, Voyageurs, Les inscriptions et
graffiti des voyageurs sur la Grande Pyramide, Le Caire, 1954, Tafel CXVII


Wie es dazu gekommen ist, kann man in Richard Lepsius, Briefe aus Aegypten, Aethiopien und der Halbinsel des Sinai, Berlin, 1852, S. 17-22 (Feier) und S. 30-32 (Inschrift und Übersetzung) nachlesen [Vorsicht: pdf-file mit 33 MB!].

Diese legendäre Feier auf der Spitze der Cheops-Pyramide wurde auch in einer Zeichnung festgehalten, die mit einem hieroglyphischen Schriftband umgeben ist, nämlich mit besagter Inschrift.

Solche selbst verfaßten hieroglyphischen Texte verraten auch etwas über die Sprachkenntnisse des Verfassers bzw. seiner Zeit. So resumierte ein gewisser Max Uhlemann, der als Anhänger Seyffarths zwar Champollions Ansätze weitestgehend für verfehlt hielt, aber sich den Spaß nicht verkniff, eben auf dieser Grundlage Lepsius zahlreiche Ungereimtheiten vorzuhalten:

Zitat:
... würde selbst die eben besprochene von Lepsius verfasste Inschrift gewiss anderen Aegyptologen in einzelnen Theilen unklar und unverständlich sein, hätte er nicht in seinen Briefen aus Aegypten die deutsche Uebersetzung danebengestellt, und wer weiss, ob sie nach hundert Jahren, wenn die Aegyptologie neue Resultate gewonnen und die Hieroglyphenentzifferung sich mehr und mehr entwickelt hat, noch für irgend einen Entzifferer verständlich sein wird? (Max Uhlemann, Handbuch der gesammten ägyptischen Alterthumskunde. Erster Theil: Geschichte der Aegyptologie, Leipzig, 1852, S. 120)

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 29.08.2006 um 14:35:24 von Michael Tilgner »


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Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte GEO-Epoche_2000_Editorial-low.jpg - 239 KB
« Antwort #1, Datum: 29.08.2006 um 15:16:28 »   

Hallo, Hieroglyphenfans,

in der Zeitschrift GEO Epoche 3 (April 2000) erschien beigefügtes Editorial:

Zitat:
Das Editorial auf Seite 3 ist der deutsche Text, gesetzt in altägyptischen Einkonsonantenzeichen (von wenigen Ausnahmen abgesehen). Konjunktionen und Artikel sind nicht mit übertragen.

Vielleicht eine gute Übung für die Teilnehmer des Hieroglyphenkurses, die Zeichen zu identifizieren. Der Text beginnt mit: "Liebe Leserin, lieber Leser".

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 29.08.2006 um 14:32:23  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #2, Datum: 30.08.2006 um 11:27:11 »   

Hallo,

bekanntlich hat Jean-François Champollion seine Entzifferung in dieser Schrift 1822 veröffentlicht:
Lettre à M. Dacier,... relative à l'alphabet des hiéroglyphes phonétiques...
In dieser Arbeit sind 4 Falttafeln enthalten, die ich diesem Posting als Anhang beigefügt habe. Auf den Tafeln I - III sind Pharaonennamen, die Champollion untersucht hat. Tafel IV listet die Zeichen auf, für die er eine phonetische Entsprechung gefunden hat.

Interessant ist, daß alle Tafeln am unteren Rand mit dem Namen Champollions in hieroglyphischer oder demotischer Schreibweise versehen sind. Die Version von Tafel I habe ich noch einmal separat angehängt.

Mit Champollion beginnt also die Tradition, moderne Namen mit hieroglyphischen Zeichen, vor allem Einkonsonantenzeichen zu schreiben.

Champollions intellektuelle Spielerei verrät aber noch mehr, denn er verwendet dafür Zeichen, die in seiner Liste gar nicht vorkommen! Er zeigte damit, daß er zum Zeitpunkt, als er den Brief an Monsieur Dacier verfaßte, mit der Entzifferung schon viel weiter fortgeschritten war als er bereit war zu veröffentlichen!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

PS Für die Teilnehmer des Anfängerkurses: Wie heißt der Pharao in der Kartusche?
« Letzte Änderung: 30.08.2006 um 17:59:08 von Apedemak »


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> Antwort auf Beitrag vom: 29.08.2006 um 15:16:28  Gehe zu Beitrag
Haremhab  maennlich
Member



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #3, Datum: 30.08.2006 um 13:28:29 »   

Hallo,
nachdem hier schon so viel von Champollion die Rede ist, nur ein kurzer Hinweis auf ein Buch über ihn:

Lesley & Roy Adkins

Der Code der Pharaonen

Der dramatische Wettlauf um die Entzifferung der ägyptischen Hieroglyphen

Tosa-Verlag, ISBN 3-902478-27-6

Eine Art Biografie von Chapillion. Nicht schlecht und auch nicht teuer. Mir hat es bei den Lektionen geholfen.

Haremhab
> Antwort auf Beitrag vom: 30.08.2006 um 11:27:11  Gehe zu Beitrag
Semenchkare  weiblich
Member



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #4, Datum: 30.08.2006 um 17:21:09 »   

Hallo,

in der Kartusche ist der Name Ptolemaios zu lesen oder?

LG Semenchkare
> Antwort auf Beitrag vom: 30.08.2006 um 11:27:11  Gehe zu Beitrag
KleinerLotus  
Gast

  
Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #5, Datum: 31.08.2006 um 13:49:18 »     

@ Michael Tilgner:
Das verfassen von Texten scheint wohl eins von Lepsius Hobbys gewesen zu sein .. siehe auch die Verzierung des Fremdenbuchs, womit du dich ja bestens auskennst.  
Ich frage mich nur, woher der Mann noch die Zeit für all diese Aktivitäten genommen hat.   Bewundernswert.  

Viele Grüße

PS: Jep, dass ist Ptolemaios.
« Letzte Änderung: 31.08.2006 um 14:07:25 von KleinerLotus »
> Antwort auf Beitrag vom: 30.08.2006 um 17:21:09  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #6, Datum: 31.08.2006 um 23:36:50 »   

Hallo,

ja, der Name in der Kartusche ist der von Ptolemäus!

@KleinerLotus

Die Verzierung des "Fremdenbuches" ist übrigens die gleiche Inschrift wie auf der Zeichnung von der königlichen Geburtstagsfeier und auf der Cheops-Pyramide; "Mehrfachverwertung" würde ich sagen!

Champollion hat sich auch an längeren Texten versucht. So hat er eine Widmungsinschrift für eine Bibliothek in Nantes entworfen (Zeichnung und Übersetzung aus: Hermine Hartleben, Champollion. Sein Leben und sein Werk, Bd. II, Berlin, 1906, S. 503; weiteres dazu auf S. 459-460). Hartleben kommentiert:

Zitat:
Zwar liegt nur der am 1. Januar 1831 mit Blei flüchtig hingeworfene erste Entwurf vor, doch genügt er, um nachzuweisen, bis zu welchem Grade der Entzifferer die Sprache und Schrift der Pharaonen beherrschte. (S. 460)

Ein weiteres Beispiel sei aus Champollions Korrespondenz erwähnt (H. Hartleben, Lettres et journeaux de Champollion, Bd. II, Lettres et journeaux écrits pendant le voyage d'Égypte, Paris, 1909, S. 415-416). Am 29. Oktober 1828 schreibt er an einen Dr. Pariset, er möge nach Alexandria kommen, und schließt ab mit: "Ich bin immer Ihr - mit Herz und Seele - 'Geliebter des Amun'", wobei "Herz" (jb) und "Seele" (bA) mit Hieroglyphen geschrieben werden. Ebenso "Geliebter des Amun" (mrj Jmn).

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 31.08.2006 um 23:38:59 von Michael Tilgner »


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> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2006 um 13:49:18  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #7, Datum: 31.08.2006 um 23:53:47 »   

... Fortsetzung

Übrigens hat sich auch Champollion in Ägypten verewigt, wenn auch deutlich dezenter!

Auf seiner Reise in Ägypten 1828-1829 kam er auch nach Beni Hassan und besuchte das Grab des Cheti (BH 17). Dort fand er eine verblaßte Inschrift des Dritten Dragonerregiments der französischen Expedition nach Ägypten vor. Er fühlte sich moralisch verpflichtet, sie mit einem Pinsel nachzuzeichnen. Er setzte darunter: "J.F.C. RST 1828" (= Jean-François Champollion restituit [= hat wiederhergestellt] 1828).

Während die Inschrift des Dragonerregiments zwar verblaßt, aber immer noch lesbar ist (siehe Foto aus: l'Egypte de Jean-François Champollion. Lettres et journeaux de voyage, 1998, S. 283), ist Champollions Ergänzung praktisch nicht mehr erkennbar (Georges Legrain, Un autographe de Champollion, in: ASAE, Bd. 1, S. 15-16 (1900); aus diesem Artikel stammt auch die Zeichnung).

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2006 um 23:36:50  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte Kircher_Oedipus_Aegyptiacus.jpg - 272 KB
« Antwort #8, Datum: 01.09.2006 um 08:27:35 »   

Hallo,

auch als die Hieroglyphen noch gar nicht entziffert waren - zumindest nach heutiger Auffassung - hat man versucht, einen hieroglyphischen Text zu verfassen. Im 17. Jahrhundert legte Athanasius Kircher (1602-1680) ein groß angelegtes Werk vor: "Oedipvs Aegyptiacvs", Rom 1652-1655, in dem er seine rein symbolische Deutung der Hieroglyphen darlegte. Zu Athanasius Kircher gab es kürzlich in diesem Forum eine ausführliche Diskussion; die brauchen wir nicht noch einmal aufleben zu lassen.

Der Band 1 (1652) beginnt mit einer langen Reihe von Lobreden an den Kaiser Ferdinand III, in 27 Sprachen! Die letzte stellt einen Obelisken mit einer von Kircher selbst verfaßten Inschrift dar; daneben seine Übersetzung in Latein. Die nachzuvollziehen überlasse ich mal Kundigen; mir gefällt aber die Anrede "Osiris Austriacus", die ich als "österreichischen Osiris" auffasse.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 31.08.2006 um 23:53:47  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #9, Datum: 01.09.2006 um 10:31:24 »   

Guiseppe Passalacqua (1797-1865) verkaufte 1827 seine umfangreiche Sammlung ägyptischer Altertümer an das Berliner Ägyptische Museum und wurde schließlich 1828 Direktor dieses Museums, ein Amt, das er bis zu seinem Tode bekleidete. Da die Sammlung immer umfangreicher wurde, bat man Passalacqua, einen Entwurf für einen Museumsneubau vorzulegen, den er in der Schrift "Entwürfe zu einem neuen Gebäude für das Königliche Preussische Museum Aegyptischer Altertümer", Berlin, 1843 veröffentlichte. Auf einer der Tafeln ist der Fassadenentwurf abgebildet, die auch eine von Passalacqua verfaßte Inschrift enthalten sollte (Dietrich Wildung, Preußen am Nil, Berlin, 2002, S. 21; mit vielen weiteren Einzelheiten). Dieser Bauvorschlag wurde nicht verwirklicht.

Hat jemand eine Ahnung, was Passalacqua mit der Inschrift vermitteln wollte?

Viele Grüße,
Michael Tilgner




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> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2006 um 08:27:35  Gehe zu Beitrag
Kemeti  maennlich
Member



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #10, Datum: 01.09.2006 um 13:14:24 »   

In der oberen Zeile steht "Seine Majestät, der König Friedrich Wilhelm, der Kaiser (vielleicht meint das Passalacqua mit dem k..s?), in der zweiten Zeile lese ich "er machte...dieses Denkmal im Jahr 1842" Die letzte Lücke heißt vielleicht kA.t "Arbeit"? Nach dem heutigen Kenntnisstand hätte ich Teile dieser Inschrift wohl ein wenig anders formuliert

Schöne Grüße
Kemeti
> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2006 um 10:31:24  Gehe zu Beitrag
Seschen  weiblich
Member



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #11, Datum: 01.09.2006 um 14:22:10 »   

Hallo,
ich lese Folgendes:

1. Zeile:
Hm=f seine Majestät
nsw König
in der Kartusche: (Fridericus Wilhelmus) Friedrich Wilhelm mH 4 der IV.
2. Zeile:
jrj.n=f er hat gemacht
kA.t Ausführung, Werk, Herstellungsart, Stil u.ä., ich nehme an, auch im Sinne von Entwurf, Plan  
mnw pn dieses Denkmal
m rnp.t ... im Jahr 1842
Übersetzung:
Seine Majestät König Friedrich Wilhelm IV.,
er hat gemacht diese Denkmalausführung (?) im Jahr 1842.

Zitat:
Hat jemand eine Ahnung, was Passalacqua mit der Inschrift vermitteln wollte

Ich rate mal:
Passalacqua wollte vermitteln, dass der König persönlich am Entwurf (zumindest) mitgeplant hat, vielleicht um seinem Bauvorschlag mehr Gewicht zu verleihen (ist reine Spekulation!)  

Gruß, Seschen
« Letzte Änderung: 01.09.2006 um 23:59:31 von Seschen »
> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2006 um 13:14:24  Gehe zu Beitrag
caliburn  weiblich
Member



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #12, Datum: 01.09.2006 um 20:11:09 »   

@ Michael Tilgner
Ja, dieses Heft (GEO Epoche3) hab eich auch und werde mich auch noch damit beschäftigen. Die Worte sind aber auf Deutsch, oder?
> Antwort auf Beitrag vom: 29.08.2006 um 15:16:28  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte 
« Antwort #13, Datum: 02.09.2006 um 22:54:51 »   

Hallo, caliburn,

ja, der zugrundeliegende Text ist in Deutsch; siehe das Zitat im entsprechenden Beitrag.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 01.09.2006 um 20:11:09  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Moderne hieroglyphische Texte Postkarte_Meyer_an_Ebers_1_Okt_1877.jpg - 239 KB
« Antwort #14, Datum: 05.09.2006 um 08:59:38 »   

Hallo,

einer der bedeutendsten Althistoriker Deutschlands Eduard Meyer (1855-1930) schrieb am 1. Oktober 1877 eine Postkarte an Georg Ebers (1837-1898), als er zum Militärdienst eingezogen wurde. Leider habe ich eine Abbildung des Originals nicht gefunden.

Dieses Beispiel ist dem Briefwech
sel von Eduard Meyer
entnommen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 05.09.2006 um 09:02:26 von Michael Tilgner »


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 02.09.2006 um 22:54:51  Gehe zu Beitrag
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