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   Gardinerzeichen F10 (21)
  Autor/in  Thema: Gardinerzeichen F10
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Gardinerzeichen F10 pEbers_40_Einfuegung.JPG - 124 KB
« Antwort #15, Datum: 25.09.2008 um 13:38:04 »   

Hallo,

zu meiner Vermutung, daß ein Wort in der (verlorenen) Vorlage nachträglich eingefügt wurde, habe ich das folgende schöne Beispiel gefunden: Im Hieratisch geschriebenen Papyrus Ebers hatte der Verfasser in Spalte 40 eine Passage vergessen, sie oben neben der Spaltennumerierung nachgetragen und die Stelle im Text, wo sie einzufügen ist, mit einem roten Kreuz markiert. So etwas ist also zumindest vorgekommen.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 24.09.2008 um 09:40:16  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Gardinerzeichen F10 
« Antwort #16, Datum: 26.09.2008 um 08:47:08 »   

Hallo,

die zweite Gottheit wurde als @kn.t "Hekenit" transkribiert. Während sie im Text ausführlich so geschrieben wird, steht bei der Abbildung nur ein Zeichen, ähnlich wie A26 "Mann mit erhobenem Arm, der etwas sagt". In Hannigs Zeichenliste steht u.a., daß dieses Zeichen auch als Abkürzung für aS verwendet wird (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 1027).

Die vorgeschlagene Lesung @kn.t läßt sich aber eindeutig sichern, da diese Göttin mehrfach im Amduat genannt wird.

  • 1. Std., unteres Register, in einer Liste von 12 Gottheiten, menschengestaltig
  • 4. Std., unteres Register, schlangengestaltig, zusätzlichem mit einem Menschenkopf
  • 7. Std., oberes Register, mit Löwenkopf

In den ersten beiden Fällen steht neben dem A26 die ausführliche Schreibung in roter Farbe. Im Thread Kryptografie von Daniel Werning wurde bereits auf die änigmatische / kryptographische Schreibung im Amduat eingegangen. Auch hier haben wir einen solchen Fall kryptographischer Schreibung.

Die Abbildungen stammen aus dem Grab Thutmosis' III. (Annamaria Fornari, Mario Tosi, Nella sede della verità. Deir el Medina e l'ipogeo di Thutmosi III, Milano, 1987, Abb. 4, 9 , 11).

Ich hatte gegen die Identifizierung von Hetyt und der "Lebendigen" eingewandt:

Zitat:
Dafür gibt es keinen Beleg. Im Gegenteil, in der ersten Stunde, in der Hetyt ja dargestellt wird, ist sie menschen- und nicht schlangengestaltig!

Dieses Argument ist aber nicht stichhaltig, wie man an diesem Beispiel nun sieht. Ich hatte stillschweigend unterstellt, daß Götter mit gleichem Namen auch immer gleichartig dargestellt sind. Man kann bei Interpretationen altägyptischer Texte nicht zurückhaltend genug sein! Trotzdem bleibt es dabei, daß es für eine solche Identifizierung keinen Beleg gibt.

Viele Grüße,
Michael Tilgner



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> Antwort auf Beitrag vom: 25.09.2008 um 13:38:04  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Gardinerzeichen F10 
« Antwort #17, Datum: 26.09.2008 um 15:02:55 »   

Hallo Michael,
bei meiner (vergeblichen) Suche zu einer Verbindung zwischen Htyt und anxwj.t habe ich folgendes gefunden:

Wb. III, Seite 182, Htj.t: die Atmerin (Königsgräber) (als Lunge des Sonnengottes)

Wb. I, Seite 183-184, am: verschlucken; erweiternde Bedeutung verschlingen; in Götterbezeichnungen "der Verschlinger"

Selbst die optionale Annahme, das man "den Atem" zum "Leben" braucht, ließ sich nicht zusammenfügen.

Während die unterschiedlichen Schreibweisen von spS.w vs. Spss und aS.t vs. Hkn.yt immer eine vergleichbare Übersetzung ergaben, ist das bei Htyt  vs. anxwj.t nicht erreichbar.

Ich werte das als Beweis, das diese Herleitung von mir falsch war!

Gruss
Thosch40
> Antwort auf Beitrag vom: 26.09.2008 um 08:47:08  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Gardinerzeichen F10 Thutmosis_III_7_Std_1_und_2_Szene-low.jpg - 362 KB
« Antwort #18, Datum: 27.09.2008 um 09:15:19 »   

Hallo,

der Text dieser Szene schließt mit den folgenden Worten:


jj.n=j sHD=j xntj-kkw
"ich bin gekommen, (damit) ich erleuchte 'den, der der Finsternis vorsteht'"

Der Strich Z1 wird gelegentlich für die 1. Person Singular verwendet (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 21, 1099)
sHD "erleuchten, erhellen, beleuchten" (Hannig, S. 738) - dieses Wort ist ein  sogenannter "Kausativ" von HD "weiß sein, leuchten" (S. 573), also etwa: "verursachen, daß etwas weiß ist oder leuchtet" o.ä.
ntj ist das Relativpronomen, das auch selbständig verwendet werden kann (Gardiner, Egyptian Grammar, § 199: "Nty may be used either as epithet or as noun, i. e. without separately expressed antecedent.)"
xntj-kkw "'der der Finsternis vorsteht' (Beiname)" (Hannig, S. 609), abgeleitet von xnty "vorn befindlich" (S. 607) und kkw "Finsternis (S. 889)



dj=j sxn n ntj m MHn
"(und damit) ich eine Ruhestätte gebe 'dem, der in der Mehen-Schlange ist'"

sxn "Ruhestätte (für Schatten des Toten), Rastplatz" (Hannig, S. 747)
mHn "Mehen-Schlange" (S. 356) - Man beachte die unterschiedlichen Schlangen-Determinative in den verschiedenen Versionen
ntj m mHn "'der in der Mehen-Schlange ist' (Beiname)" (S. 356) - Hiermit ist Osiris gemeint, wie in der anschließenden Szene dargestellt und im Text auch so bezeichnet (nach der Version im Grab Thutmosis' III.; Quelle wie früher angegeben, Abb. 11)

Die drei übereinanderstehenden n dürfen nicht mit N35a "drei Wasserlinien (als Monogramm)" für Wasser verwechselt werden: Das erste n gehört noch zu sxn, das zweite ist die Präposition n und schließlich beginnt mit dem letzten n das Wort ntj.

Zur Grammatik: Dieser Satz beginnt mit einem sDm.n=f "ich bin gekommen ...", an dem sich zwei sDm=f-Sätze anschließen "ich erleuchte ..." und "ich gebe". Die Verwendung eines sDm=f, um einen Zweck auszudrücken ("damit ..."), wird z.B. bei Gardiner, Egyptian Grammar, § 40, 1 angesprochen: "The cDm=f form is often used without any introductory particle in rendering the equivalent of an English clause of purpose ...".

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 27.09.2008 um 09:54:29 von Michael Tilgner »


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> Antwort auf Beitrag vom: 26.09.2008 um 15:02:55  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Gardinerzeichen F10 
« Antwort #19, Datum: 29.09.2008 um 10:35:11 »   

Hallo Michael,
erlaube mir noch eine Frage und eine Anmerkung:

Deine Umschrift der ersten Zeile lautet: jj.n=j sHD=j xntj-kkw. Die dazu passenden Hieroglyphen weisen aber für kkw ein Plural aus. Müsste es da nicht kkw.w heißen?

Für die gleiche Passage fällt mir dann auf, das im Grab Thutmosis die beiden Zeilen wie folgt lauten:
jj.n=j sHD=j xntj-kk tw dj=j sxn n ntj m mHn

Ich möchte das nicht unbedingt als falsch ansehen. Das "w" von kkw könnte durchaus absichtlich weggelassen worden sein. (Wb V, Seite 142)

Ich bin gekommen, (um) den Ersten der Finsternis zu erleuchten. Diesem gebe ich eine Ruhestätte, einer, die (für die (Ruhestätte), welche ist) in der Mehen-Schlange ist.

(Ich bin mir nicht sicher, ob ich jetzt die richtige Grammatikform gefunden habe.)

Wie dem auch sei: Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass ich die Texte des Amduat von Erik Hornung nicht mit alleiniger Sicht auf Thutmosis III auflösen kann. Vor allem muss ich mir noch mehr Mühe damit geben, die Hieroglyphen richtig einzuordnen. (Vielleicht wäre es doch besser gewesen, wenn die Alten Ägypter Wortzwischenräume und Satzzeichen eingeführt hätten)

Gruss
Thosch40
> Antwort auf Beitrag vom: 27.09.2008 um 09:15:19  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Gardinerzeichen F10 30616830.jpg - 124 KB
« Antwort #20, Datum: 29.09.2008 um 19:40:39 »   

Hallo, Thosch40,

im Zettelarchiv sind die Schreibungen zu kkw speziell im Amduat der Königsgräber zusammengestellt worden (DZA30616830); einige Schreibungen sind mit Pluralstrichen, einige ohne. Es trifft sicherlich zu, was Gardiner, Egyptian Grammar, § 77 ("apparent duals and plurals") geschrieben hat: "Certain words ending in -w, mostly abstracts, are by a false analogy written like plurals ....; exx. nfrw 'beauty'; mnw 'memorial', 'monument'; hAw 'neighbourhood', 'time'." Zu solchen Wörtern würde ich auch kkw zählen.

Das Zeichen, das im Grab von Thutmosis III. wie in t aussieht, würde ich nicht "überbewerten" Die anderen Varianten haben ja eindeutig ein kkw, sogar mit Pluralstrichen!, stehen. Abgesehen davon geht m.W. die von Dir vorgeschlagene Form nicht; ein "ich gebe dir" bzw. "ich gebe ihm" würde so lauten, wie es tausendmal auf den Tempelwänden geschrieben steht: dj.n=j n=k oder dj.n=j n=f, also mit Präposition n. Daher paßt das dj=j n ntj ... "ich gebe dem ..." ganz zwanglos dazu.

Bei dieser Gelegenheit eine Anmerkung: Normalerweise bezeichnet die sDm.n=f-Form etwas in der Vergangenheit Liegendes. Wenn jedoch diese Form in Szenen auf Tempel- oder Grabwänden verwendet wird, muß man wohl davon ausgehen, daß ihre Rezitation eine gegenwärtige Handlung meint. (Gardiner, Egyptian Grammar, § 414, 5: "On a different footing is the common use of the cDm.n=f form in ritual texts and scenes to express an action simultaneously spoken and performed.")


Zitat:
Das ist wieder ein Beispiel dafür, dass ich die Texte des Amduat von Erik Hornung nicht mit alleiniger Sicht auf Thutmosis III auflösen kann.

Da ist sicher etwas dran! Hinzu kommt, daß bei der Bearbeitung ägyptischer Texte immer ein Rest Unsicherheit bleibt, auch nach vielen Jahren Beschäftigung mit ihnen. Das macht dieses Thema aber auch so faszinierend!

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 29.09.2008 um 10:35:11  Gehe zu Beitrag
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