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   Schrift & Sprache (559)
   Königstitulatur (13)
  Autor/in  Thema: Königstitulatur
thomas  maennlich
Member



Königstitulatur 
« Datum: 19.05.2009 um 10:18:04 »   

Liebe Gemeinde,

die Bezeichnung "König von Ober- und Unterägypten" ist in der Übersetzungshistorie ein Begriff, den die "moderne" Welt ihrem Sprachgebrauch angepasst hat. Auf der Suche nach den Ursprüngen hat sich mir folgende Fragen aufgedrängt:



sw.t = die Binse (Pflanze); die auch als Wappen von Oberägypten gilt – also Synonym für das Land. Daraus ergab sich die Schreibung:



Oft wird das so umschrieben: n.j-sw.t = gehörig zur Binse.

Nun zu meiner Frage: n.j ist ein Adjektiv auf j zu der Präposition n. Adjektive folgen dem Subjekt, deshalb wird es nachgestellt. Die Binse ist weiblich, deshalb n.t. Warum also heißt es dann nicht sw n.t – oder n.t-sw.t??

Gruss
Thomas

P.S. Als einzigen Beleg, der eine Schreibweise
dokumentiert, kann ich "Jochem Kahlem, Zweite Lieferung, Seite 252, Inschriften D3/Sa/30" anführen…
« Letzte Änderung: 19.05.2009 um 18:30:46 von thomas »
Kemeti  maennlich
Member



Re: Königstitulatur 
« Antwort #1, Datum: 23.05.2009 um 15:43:10 »   

Hallo thomas,


Zitat:
Adjektive folgen dem Subjekt, deshalb wird es nachgestellt.


Das ist richtig, aber Adjektive folgen immer dem Substantiv, das sie modifizieren, deshalb heißt X n.j sw.t "der X von der Binse". In n.j-sw.t ist n.j substantiviert und steht deshalb am Anfang. sw.t n.t X hieße dagegen "die Binse von X", was ja offensichtlich nicht gemeint sein kann.

Ich hoffe, das hilft Dir weiter.
> Antwort auf Beitrag vom: 19.05.2009 um 10:18:04  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Königstitulatur 
« Antwort #2, Datum: 24.05.2009 um 13:04:25 »   

Hallo Kemeti,
danke für Deine Antwort. Ich hätte das noch ausführlicher beschreiben sollen, denn so ganz trifft Deine Erklärung nicht mein Problem (oder ich verstehe es noch nicht).


Zitat:
In n.j-sw.t ist n.j substantiviert und steht deshalb am Anfang.


Genau hier liegt meine Blockade. n.j-sw.t ist für mich Präposition + Noun und aufgrund des "weiblichen" Substantives dürfte es nicht n.j sondern müsste n.t geschrieben werden = n.t-sw.t = gehörig zur Binse.

Das "n" steht aber nach "sw.t". Eine Umstellung des "n" erschließt sich mir nicht. Auch nicht, wenn ich die Grammatiken durchwälze.

Mittlerweile tendiere ich deshalb sogar dazu, dass es im Ursprung so geschrieben worden sein mag:



Also als duale Form des Suffix-Pronoms: sw.t=nj (Gardiner §34) = unsere Binse (sozusagen "unser" Land). Setzt man "sw.t" als volksgebräuchliche Synonyme für König ein, so kommt man auf "unser König".

Gruss
Thomas

P.S. Um noch etwas erweiterndes einzufügen:
+C185 (das Zeichen gibt es hier nicht) = bj.tj = Nisbe vom Substantiv "Biene" = bienenhaft; bienenartig??

P.S. II Ich habe in meiner Recherche folgendes gefunden:
Die Schreibung
wurde anfänglich als swtn gelesen. Kurt Sethe deutete diese Schreibung als nj-swt, in der Übersetzung dann als zur swt-Pflanze gehörig. Es handelt sich demnach um ein Synonym zur älteren Form swtj (Der der swt-Pflanze). Hat dazu jemand mehr Infomaterial
« Letzte Änderung: 24.05.2009 um 20:11:01 von thomas »
> Antwort auf Beitrag vom: 23.05.2009 um 15:43:10  Gehe zu Beitrag
RamsesXII  maennlich
Member



Re: Königstitulatur 
« Antwort #3, Datum: 27.05.2009 um 05:50:43 »   

Hallo Thomas,

n ist, wie du schreibst, eine Präposition. Diese wird nun adjektiviert, in dem die Endung .y angehängt wird. Dies ist dann eine Nisbe. Die Endung wird oft nicht geschrieben. (s.a. Gardiner §79 und §80)

adjektivisch: n(.y) u.a. "zugehörig zu"

Ein Adjektiv kann auch als Substantiv eingesetzt werden. (s.a. Gardiner §81, da speziell zu Nisben als Substantiv)

substantiviert: n(.y) u.a. "der Zugehörige"

Jetzt bilden wir noch den direkten Genitiv

n(.y)-sw.t "der Zugehörige der Binse"

Zur Schreibung


(und nicht)


möchte ich auf Gardiner §56 verweisen. Hier handelt es sich m.E. um eine grafische Umstellung. Eventuell ist dies auch eine ehrenvolle Umstellung (Gardiner §57), da sw alleine als König verwendet wird.

Viele Grüße
RamsesXII
> Antwort auf Beitrag vom: 24.05.2009 um 13:04:25  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Königstitulatur sw.t.jpg - 14 KB
« Antwort #4, Datum: 27.05.2009 um 09:51:22 »   

Hallo RamasesXII,

schön, dass Du Dich diesem Thema annimmst. Aber auch mit Deiner Mithilfe klärt sich meine Dunkelheit leider nicht auf. Ich habe Gardiner und auch andere Grammatiken durchwälzt. Klar ist, dass die "Besitzverhältnisse" durch n.j (Nisbe) beschrieben werden. n.j = männlich | n.t = weiblich.
Frage 1: sw.t = weiblich. Warum also n.j-sw.t? Müsste es nicht n.t-sw.t heißen? (Siehe Anhang)
Frage 2: Ein Umstellung der Schreibweise, sei es nun aus ehrenvollen Gründen oder denen der Esthetik, erschließt sich mir nicht. Müsste es da nicht wenigstens einen Beleg geben, wo das "n" vor sw.t steht?

Nun ja. Kurt Sethe hat sich dazu ausgelassen. Ich bin auf der Suche nach seinen Ausfürhungen zu diesem Thema. Ist leider nicht so einfach…

Gruss
Thomas


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2009 um 05:50:43  Gehe zu Beitrag
snormi  weiblich
Member



Re: Königstitulatur Kahl.pdf - 551 KB
« Antwort #5, Datum: 27.05.2009 um 10:22:35 »   

Hallo Thomas,

eventuell helfen dir die Arbeiten von Jochem Kahl weiter. Einen Ausschnitt habe ich dir hier als pdf angehängt.

Gruß
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2009 um 09:51:22  Gehe zu Beitrag
Michael_H.  
Gast

  
Re: Königstitulatur 
« Antwort #6, Datum: 27.05.2009 um 21:27:14 »     

Hallo

Zu Frage 1
RamsesXII hat Recht

du hast hier einen Denkfehler

das substantivierte n(.y)  "der Zugehörige" (=männlich) wird ja im Geschlecht nicht mit dem Genetivobjekt (sw.t = weibl.) übereingestimmt.

So sagt man ja auch zB: pr (nj) Hm.t (das Haus der Frau) und nicht pr.t (nj.t) hm.t

n.t sw.t wäre somit "Die zur Binse gehörige" und der König war ja in der Regel männlich


(muss ja auch so sein, sonst könntest du Phrasen wie mein blödes Beispiel hier  "der Bruder der Schwester" gar nicht bilden, wäre ja sonst sn.t (nj.t) sn.t und als die Schwester der Schwester zu übersetzen)


Zu Frage 2

laut Hannig (Marburger Edition) S. 455 unter nsw scheinbar auch noch die Schreibung     n + ´s + w + Det. (Wasserlinie+Türriegel+Det.) belegt

dürfte ich schon um eine Respekts-Voransetzung handeln - immerhin das Symbol eines Landesteiles

man müsste sich aber die frühesten inschriftl. Belege des Titels ansehen,
bist bei Kahl also sicher richtig

LG Michael
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2009 um 10:22:35  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Königstitulatur 
« Antwort #7, Datum: 28.05.2009 um 09:42:25 »   

Hallo Michael_H,

danke für Deine Hilfe. Ja - Denkfehler. Ich habe mich von der Beschreibung "n.j ist ein Adjektiv auf j zu der Präposition n" verleiten lassen. Adjektive stimmen in Zahl und Geschlecht mit dem Substantiv überein und stehen hinter dem Substantiv.

Aber dafür habe ich ja dieses Forum

Die drei Lieferungen von Jochem Kahlem, Frühägyptisches Wörterbuch, habe ich vorliegen. Liefern aber nur (was heißt nur) Belege zur bekannten Schreibweise. Die Schriftentwicklung wird dort nicht berührt. Macht aber nix. Durch Snormis PDF Datei bin ich auch da schon einen Schritt weiter. (Vielen Dank dafür).

Gruss
Thomas
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2009 um 21:27:14  Gehe zu Beitrag
Wolfgang Schenkel  
Gast

  
Re: Königstitulatur 
« Antwort #8, Datum: 30.05.2009 um 22:32:50 »     

Der Verweis auf Hannig bietet die richtige Lösung. Das Wort für "König von Oberägypten" ist immer nsw zu lesen, auch wenn die Standard-Graphien eine andere Lesung suggerieren und traditionell andere Transkriptionen immer noch verbreitet sind. Wie die Standard-Graphien zu erklären sind, lässt sich nicht mit einem Wort sagen. Es lässt sich aber eine Erklärumg nachlesen: W. Schenkel, Das Wort für "König (von Oberägypten)", in: Göttinger Miszellen 94 (1986), S. 57-73. Derzeit scheint der einzige noch nicht abschließend konsensfähige Punkt der genaue Lautwert des s zu sein.

Wolfgang Schenkel
> Antwort auf Beitrag vom: 27.05.2009 um 21:27:14  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Königstitulatur 
« Antwort #9, Datum: 31.05.2009 um 21:18:30 »   

Sehr geehrter Herr Schenkel,

vielen Dank für den Hinweis, dem ich natürlich gerne nachgehen möchte. Leider gehöre ich nicht zum erlauchten Kreis, der die "Göttinger Miszellen" ganz einfach bekommen könnte – jedenfalls nicht über das Internet.

Ich muss mal schauen, ob mir jemand aus dem "inneren Kreis" der studierenden Bevölkerung die ich kenne oder vielleicht sogar dieses Forums helfen kann.

Bitte, bitte: Wer immer diese Ausgabe hat, oder einfacher als ich "dran" kommt, dem soll mein (vielleicht sogar ewiger) Dank gebühren. Es reicht der Auszug des benannten Artikels.

Lieben Gruss
Thomas
> Antwort auf Beitrag vom: 30.05.2009 um 22:32:50  Gehe zu Beitrag
Iufaa  maennlich
Moderator



Re: Königstitulatur 
« Antwort #10, Datum: 01.06.2009 um 10:22:12 »   

Hi Thomas,

Du kannst natürlich auch kostenpflichtig Artikel bei subito-doc bestellen.
Anmeldung ist kostenlos, Zeitschriftenartikel oder Bücher werden gegen Gebühr geliefert, Zeitschriftenartikel inzwischen wieder auch per email.
Preisgünstiger als subito, allerdings auch deutlich langsamer, ist eine Fernleihe über die heimische Stadtbücherei.

Gruss, Iufaa
> Antwort auf Beitrag vom: 31.05.2009 um 21:18:30  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Königstitulatur Anhang_1.jpg - 85 KB
« Antwort #11, Datum: 02.06.2009 um 16:04:14 »   

Hallo Gemeinde,

mit Hilfe von subito.doc bin ich nun stolzer Besitzer einer Kopie des besagten Artikels von Wolfgang Schenkel. Alle anderen seien bedankt für die angebotene Unterstützung, die ich gerne in Anspruch genommen hätte.

@Sehr geehrter Herr Schenkel
Das ist in der Tat ein sehr aufschlussreicher Aufsatz, der meine Eingangsfrage nach dem Ursprung der Lesung des Wortes als durchaus berechtigt einstuft. Ich will hier versuchen, den Inhalt für andere Interessierte in wenigen Worten wiederzugeben, verbunden mit einer eigenen Ergänzung.



Das Wort wird (n) + t + sw gelesen, als eine altmodische Schreibvariante der selten belegten Schreibweise für "König von Oberägypten", die sowohl bei Rainer Hannig als auch im TLA zu finden ist:



(Siehe hierzu Anhang 1)

Warum (n)tsw?

Im Artikel stehen einige Schlussfolgerungen, die hier den Rahmen sprengen würden, aber sieht man auf



liegt die Begründung 1 in der Lesung vergleichbarer Zeichen, wie z. B.



das auch tj – also von unten nach oben gelesen wird. (Ein anderes Beispiel M6 = rj und M25 = rs)

Begründung 2 fusst auf die historische Entwicklung des gesamten Schreibsystems, verbunden mit deren frühen Schreibungen und späteren Veränderungen. ntsw = nzw also: ts = z. Betrachtet man die Aussprache von beidem, mag eine Annäherung für uns Europäer durchaus denkbar sein, aber auch für Wolfgang Helck, der das eine "Näherungsschreibung" nennt.


Begründung 3, die meine eigene ist. Betrachtet man das Wachstum einer Pflanze, die vornehmlich im Wasser gedeiht, so wird das Auge erst das nasse Element sehen, gefolgt von einem lehmigen Hügel, der eine Pflanze nährt.

ntsw in der Lesung! Aufgrund der Schreibästhetik rutschte die Pflanze später nach links. Das kann ich nicht belegen, aber da alles im Schriftsystem aus der Natur kam, liegt es der Vorstellungskraft nahe.

Was bleibt ist die Erkenntnis, dass Wolfgang Schenkel unabhängig von der sichtbaren Schreibweise tatsächlich nur ein Wort für König (von Oberägypten) sieht und das mit einer einzigen Lautgestalt = nzw. Daraus leitet er alle grammatikalischen Gegebenheiten ab, was in sich eine weitere Begründung liefert.

Die urtümlichen Schriftgruppen sw:t und sw+t+n sind nach seiner Meinung in späteren Zeiten nicht mehr durchschaubar gewesen. Schriftsystematisch sind sie, genauso wie Abkürzungen, symbolische Semogramme.

Ich denke, ich habe nichts wichtiges vergessen…

Gruss
Thomas

P.S. Wie ist denn eigentlich das Wörterbuch von Ernest Alfried Wallis Budge zu bewerten? Ist das tauglich, oder eher veraltet. Ich habe irgendwie in Erinnerung, dass Ausführungen von Wallis Budge nicht immer den Kern treffen…
« Letzte Änderung: 02.06.2009 um 18:29:54 von thomas »


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 01.06.2009 um 10:22:12  Gehe zu Beitrag
Wolfgang Schenkel  
Gast

  
Re: Königstitulatur 
« Antwort #12, Datum: 07.06.2009 um 17:05:00 »     

Budge war ein Vielschreiber und daher sehr bekannt. Viele seiner Arbeiten werden unverdientermaßen immer noch benutzt und zu viel nachgedruckt. Man sollte auf ihn nur dann zurückgreifen, wenn es wirklich nichts Neueres gibt - oder natürlich bei wissenschaftsgeschichtlichen Fragestellungen.

Wolfgang Schenkel
> Antwort auf Beitrag vom: 02.06.2009 um 16:04:14  Gehe zu Beitrag
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