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   Hieroglyphen aus der Zeit Aha (4)
  Autor/in  Thema: Hieroglyphen aus der Zeit Aha
thomas  maennlich
Member



Hieroglyphen aus der Zeit Aha 
« Datum: 03.06.2009 um 20:35:01 »   

Hallo zusammen,

auf der Suche nach dem "königlichen Wort" bin ich auf folgenden Aufsatz gestoßen:

"The Conception and Development of Hieroglyphic Writing through the Reign of Aha; Elise V. MacArthur; THE UNIVERSITY OF CHICAGO; July 15, 2008"

Das angehängte Bild stammt daraus, dessen Übersetzung ich gerne mit Euch diskutieren möchte:


Zitat:
Kahl Quelle Nr: 25-28, 30-34, 36, 38-48 (Plate 1)
Ruler: Ka
Provenience: Abydos, Umm el-Qa’ab, Tomb B7
Medium: cylindrical jar and jar sherds
Publication: W. M. Flinders Petrie, Abydos I (London: Kegan Paul, Trench, Trubner & Co., 1902), Plates I.1-I.13 and II.14-II.26
Transliteration: [kA] ip.w SmA.w
Discussion: The noun ip.wt, meaning “(ac)counting”, is here an infinitive, connected to SmA.w genitivally. The composition can be translated as “the (ac)counting of Upper Egypt,” with “(ac)counting” understood as taxes or tribute.49


Gelesen wird von rechts nach links. Zu den Zeichen, die ich sehe:



Mit dem ersten Zeichen kann ich nichts anfangen. Es scheint aber ein Zeichen zu sein, mit dem gezählt wird?
Dann folgt: Sma spA.t Oberägypten Gaubezirk.

Zum Horusnamen habe ich das zweite Bild angefügt, wo ich in Möllers Paläographie gestöbert habe. Ich habe die beiden Zeichen zusammengefügt. Demnach wSA-ra (ra steht aus bekannten Gründen vorne).

In Anbetracht des Fundes, als eine Art von Topf würde ich folgendes sagen: 3 Töpfe für Oberägyptens Gau, Hr-wSA-ra?

Ich hoffe, es hat noch jemand Lust mitzumachen, denn die offizielle Übersetzung kann ich leider nicht nachvollziehen…

Gruss
Thomas


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Michael Tilgner  maennlich
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Re: Hieroglyphen aus der Zeit Aha 
« Antwort #1, Datum: 04.06.2009 um 23:25:47 »   

Lieber Thomas,

Du verstehst es immer wieder, Diskussionen anzuzetteln; das muß man Dir lassen!

Die Inschriften der ägyptischen Frühzeit sind ein Kapitel für sich. Es gibt Zeichen und Zeichenformen, die sich später nicht mehr finden lassen. Auch die "Rechtschreibung" ist noch so fest gefügt wie in der Zeit danach.

Nach einiger Beschäftigung mit Deinem Beispiel kann ich MacArthurs Lesung nachvollziehen. Zu diesem Zweck habe ich die ganze Tafel I aus W. M. Flinders Petrie, Abydos, Part I, London, 1902 hier angehängt. Man erkennt sehr gut, daß die Gefäßinschriften aus den gleichen Zeichen aufgebaut sind.

Die Leserichtung ist von rechts nach links, wie Du schon geschrieben hast. Das erste Zeichen in I.6 ist das Schilfblatt M17 mit Lesung j. Zum Vergleich gebe ich einen Ausschnitt aus Tafel 19 von Hilda Petrie, Egyptian Hieroglyphs of the First and Second Dynasties, London, 1927 an, der die Varianten dieses Zeichens enthält. Es folgt ein Zeichen, das in den verschiedenen Aufschriften wie M23 "Binse" (Lesung sw) aussieht, speziell in I.6 liegt auch M26 "Riedgras" nahe mit Lesung Smaw für Oberägypten. Darunter schließt sich ein Kreuzmuster an, das Du als N24 "Land mit Bewässerungskanälen" (Lesung spA.t "Gau") gedeutet hast. Es handelt sich aber um Q3 "Untersatz" mit Lesung p. Als Vergleich dient der Ausschnitt aus Hilda Petries Tafel 38.

...



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> Antwort auf Beitrag vom: 03.06.2009 um 20:35:01  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Hieroglyphen aus der Zeit Aha 
« Antwort #2, Datum: 05.06.2009 um 00:08:12 »   

...

Schaut man sich diese drei Zeichen näher an, so sieht man, daß sie unterschiedlich angeordnet sind. In Jochem Kahl, Markus Bretschneider, Barbara Kneißler, Frühägyptisches Wörterbuch, Erste Lieferung: A - f, Wiesbaden, 2002, S. 24-25 sind die Wörter jp "zählen, achten" und jpw.t "Zählung, Abrechnung" verzeichnet; mit Beispielen für die unterschiedliche Reihenfolge der Zeichen. Dort ist auch jpw.t Smaw als "Bezeichnung für (Kult?)Gaben" angegeben.

Dem schließt sich der Name des Königs in einem Serech an; darunter drei Striche. Das Zeichen, das den Namen angibt,  ist in den anderen Beispielen auf Tafel I besser zu erkennen. Dazu Wolfgang Helck, Untersuchungen zur Thiniten-zeit, Wiesbaden, 1987, S. 91-92:

Zitat:
Die in Abydos nach "Süden" folgende Doppelanlage B7.9 gehörte einem König, der seinen Namen mit einem unklaren Zeichen innerhalb der Palastfassade schreibt, das verschieden gedeutet worden ist. Petrie sah in dem Zeichen geöffnete Arme und las "Ka"; Kaplony las sxn "Umarmer", da auffallenderweise das Zeichen nach oben oder nach unten geöffnet geschrieben werden kann, je nachdem wo innerhalb des Rechtecks die Palastfassade angebracht ist: entweder steht sie wie sonst später immer unten oder - was nur bei diesem König vorkommt - oben unmittelbar unter dem Horus; die angeblichen "Arme" öffnen sich immer zur Palastfassade hin.

In seinem ausführlichen Kapitel "Verwaltungsangaben" nennt Helck diesen König nur "Horus 'Ausgebreitete Arme'" und liest diese Abgabenaufschrift "Abrechnung (jp) von O.Äg." (S. 177).

Deinem Vorschlag, Möllers Hieratische Paläographie heranzuziehen, kann ich nicht folgen. Hier haben wir es mit sehr frühen Schreibungen zu tun, die zwar als Tintenaufschriften auch etwas "abgeschliffen" sind, aber als Hieratisch würde ich das auf keinen Fall bezeichnen!

In dem Grundlagenwerk Peter Kaplony, Die Inschriften der ägyptischen Frühzeit, Bd. I-III, Wiesbaden, 1963 wird im Bd. II in der Fußnote 1600 (S. 1000-1001) folgendes ausgeführt:

Zitat:
Die Bedeutung der wagrechten Striche ist unklar ... Können wohl nach der ausführlichen Variante ... die "Gaue" Ober- und Unterägyptens gemeint sein?
Zxn: Alle Belege haben entweder [drei Striche] oder [einen Strich], was nicht mit der Trennung zwischen ober- und unterägyptischen Abgaben zusammenfällt ... Ein Oelname wird nie genannt.

Sicher hat sich auch Helck dazu geäußert, aber ich habe die Stelle noch nicht gefunden; sie wird ggf. nachgereicht.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 04.06.2009 um 23:25:47  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Hieroglyphen aus der Zeit Aha 
« Antwort #3, Datum: 05.06.2009 um 10:43:27 »   

Hallo Michael,

vielen Dank für Deine Antwort. Wie immer ausführlich!


Zitat:
Du verstehst es immer wieder, Diskussionen anzuzetteln; das muß man Dir lassen!


Ja, ja – anzetteln, Zettelarchiv, verzetteln! Meist in dieser Reihenfolge. Wenn man jetzt noch weiß, dass "anzetteln" auch gleichbedeutend mit dem gemeinsprachlichen Verb "anstiften" ist, dann gelte ich auch als "Anstifter".

Dabei will ich doch nur "Gutes" bewirken

Gruss
Thomas
> Antwort auf Beitrag vom: 05.06.2009 um 00:08:12  Gehe zu Beitrag
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