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   Schrift & Sprache (559)
   Einleitung des großen Amduat Thutmosis III (4)
  Autor/in  Thema: Einleitung des großen Amduat Thutmosis III
thomas  maennlich
Member



Einleitung des großen Amduat Thutmosis III 
« Datum: 24.08.2009 um 16:58:13 »   

Hallo zusammen,

mich beschäftigt zur Zeit (mal wieder) das Amduat. Speziell die einleitenden Zeilen der ersten Stunde aus dem Grab Thutmosis III, die generell mit "Die Schrift des verborgenen Raumes" übersetzt wird.

Ich habe die Übersetzung von Erik Hornung in allen Einzelheiten nachvollzogen. Doch durch "die Tübinger Einführung von Wolfgang Schenkel" bin ich letztlich stutzig geworden. Könnte es sein, dass die nachfolgende Zeile ein abstraktes relatives Perfekt ist (Rang V Erweiterung)?

Wie komme ich darauf? Zum einen sehe ich in jmnt – bedingt durch das "t" im Wort – nicht ein Adjektiv (=verborgen), sondern das Substantiv "Geheimnis; das Verborgene" das im direkten Genitiv zum nachfolgenden "Standort" steht. Zum anderen deutet das Ende des Satzes auf einen unmittelbaren Bezug zum Satzanfang hin.


sXA.w n=i at imnt aHa.w nTr.w Swt.w Ax.w irw

Meine Lesung:

(Im) Raum wurde mir aufgeschrieben: (das) Geheimnis des Standorts der Götter, Bas, Schatten, Achus (und das) was zu tuen ist.


Was sagt ihr dazu?

Gruss
Thomas
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Einleitung des großen Amduat Thutmosis III Thutmosis_III_Amduat_Titel.jpg - 137 KB
« Antwort #1, Datum: 25.08.2009 um 23:10:24 »   

Lieber Thomas,

folgende Argumente lassen mich bei der traditionellen Übersetzung bleiben:

Zitat:
Zum einen sehe ich in jmnt – bedingt durch das "t" im Wort – nicht ein Adjektiv (=verborgen)

Gerade wegen des .t würde ich auf ein Adjektiv tippen, da das vorangehende Bezugswort a.t feminin ist! Es handelt sich also um die klassische Wortfolge Substantiv-Adjektiv a.t jmn.t "verborgener Raum" (Hannig, Ägyptisch-Deutsch, S. 123)
Auch das voranstehende sS n ... "Schrift des ..." ist zwanglos nach der üblichen Grammatik ohne Schwierigkeit zu verstehen, nämlich als Substantiv, dem ein indirekter Genetiv folgt.

sS.w "wurde aufgeschrieben", also als w-Passiv von sS "schreiben" geht m. E. nicht, da das w-Passiv entweder mit dem Wachtelküken G43 oder mit der "u-Schlinge" Z7 geschrieben wird (Gardiner, Egyptian Grammar, § 420 "Writing of the passive cDm=f and forms from the mutable verbs"), nicht aber mit den Pluralstrichen Z2.

Bei n=(j) "mir" ist das =j ergänzt. In der Tat wird das Suffixpronomen 1. Person Singular oft weggelassen, wie wir in diesem Forum schon bemerkt haben. Insofern ist eine solche Annahme prüfenswert. Andererseits ist diese Ergänzung aber nicht notwendig, wie die anderen Argumente zeigen.

a.t "(im) Raum": Hier fehlt die Präposition m "im" bzw. wird ebenfalls ergänzt. Da dieser Titel des Amduats mehrfach belegt ist, müßte mindestens eine Variantenschreibung dieser Art vorliegen; tut sie aber meines Wissens nicht.

In der Umschrift sind die bA.w zu ergänzen, die ja in der Übersetzung ja genannt werden, wenn auch in umgedrehter Reihenfolge. Der Plural von Sw.t "Schatten" wird Sw.wt geschrieben (Gardiner, § 72 "Number of nouns and adjectives"). Im übrigen wird das t oft vorangestellt, wie das auch in anderen Fällen aus Gründen der ästhetischen Anordnung gemacht wird (Gardiner, § 56 "Graphic transpositions"). Wie man auf der Abbildung sieht, kann das in der gleichen Inschrift variieren!

Angehängt ist noch der Titel aus dem Grabe von Thutmosis III. nach: Annamaria Fornari, Mario Tosi, Nella sede della verità. Deir el Medina e l'ipogeo di Thutmosi III, Milano, 1987, Abb. 3. Der Titel erscheint zweimal, in rot und in schwarz. Das eine ist die Normalschreibung, das andere in änigmatischer Schrift (obwohl sich beide Fassungen kaum unterscheiden). Dieses Thema hatten wir hier schon mal früher diskutiert.

Viele Grüße,
Michael Tilgner

> Antwort auf Beitrag vom: 24.08.2009 um 16:58:13  Gehe zu Beitrag
thomas  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Einleitung des großen Amduat Thutmosis III 
« Antwort #2, Datum: 26.08.2009 um 09:50:53 »   

Hallo Michael,

danke für Deine Antwort. Ja genau! Das Adjektiv folgt dem Substantiv. Das haben wir hier im Forum ja nun lang und breit diskutiert. So habe ich denn auch sofort gedacht und war zunächst glücklich. Dann wälzte ich die Tübinger Einführung und suchte im Hannig und im TLA nach den Vokabeln.

Folgendes hat mich dann mehr und mehr aus der Bahn geworfen. Die Schreibweise für das Adjektiv jmn ist:



Die Schreibweise für das Substantiv enthält das "t" aber schon (DZA 20.766.000):



Dann kam ich zu dem Schluss der Passage irw = das zu Tuende. Irgendwie hat sich der Satz: Ich habe das zu Tuende aufgeschrieben in meinem Kopf festgesetzt. Perfekt aktiv (Ja ich weiß – ich habe passiv übersetzt. Das ist mir aber erst durch Deinen Einwand klar geworden!) Also: sXA.n(=j) a.t wäre richtiger gewesen, obwohl diese Lösung nach der fehlenden Präposition "m" verlangt.


Sei's drum. Irgendwann wird sich auch mir die Dunkelheit der Grammatik soweit erhellen, dass die unterschiedlichen Ansätze der Fachwelt kein Durcheinander verursachen…

Gruss
Thomas
> Antwort auf Beitrag vom: 25.08.2009 um 23:10:24  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Einleitung des großen Amduat Thutmosis III 
« Antwort #3, Datum: 26.08.2009 um 22:38:35 »   

Lieber Thomas,

Zitat:
Irgendwann wird sich auch mir die Dunkelheit der Grammatik soweit erhellen, dass die unterschiedlichen Ansätze der Fachwelt kein Durcheinander verursachen…

Aus langjähriger Erfahrung kann ich Dir sagen, daß dieser Zeitpunkt nicht so schnell eintreten wird! Gerade, wenn man versucht, die Übersetzungen der Ägyptologen nachzuvollziehen, stellt man immer wieder fest - und nicht zu selten -, daß manches auch nur "geraten" ist, d.h. aus dem Kontext erschlossen, da das betreffende Wort oder die Wendung nur einmal belegt ist, nämlich an dieser Stelle, oder die Grammatik unterschiedliche Lösungen zuläßt oder die Stelle selbst nur lückenhaft überliefert ist. Es ist daher nur zu empfehlen, die vorhandenen Übersetzungen kritisch zu hinterfragen. Ein Trost: Oft sind sie auch "richtig", soll heißen: Man kann sie mit Hilfe des Wörterbuchs und der Grammatik nachempfinden. Auch das ist für einen Hieroglyphenfan schon ein schöner Erfolg!

Also, Thomas: Nicht lockerlassen! Nur so kommt man nach und nach zu einem besseren Verständnis der altägyptischen Sprache und Schrift! - Das Gesagte gilt natürlich auch für alle anderen Fans!

Viele Grüße,
Michael Tilgner
> Antwort auf Beitrag vom: 26.08.2009 um 09:50:53  Gehe zu Beitrag
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