Urk IV: 42 (erste Ausgabe) enthaelt die Publikation von vier Zeilen aus der Inschrift Berlin 14470, Zeit Amenhotep I.
Die zweite, verbesserte Auflage von 1927 hat diesen Text ausgelassen. Ist es moeglich, die Publikationen von Schiaparelli oder von Borchardt (oder eine neue), auf welche K. Sethe den Hinweis gegeben hat, zu finden?
(mn-xpr-ra) anx(.w) D.t Men-Chepre-ra, er lebe ewiglich
Es folgt Erhart Graefe; Seite 126, §52.4: jn - NN - Partizip (Spaltsatz) Position A: jn - Nomen; hier: jn nA-n wHa.w n Abw Position B: progressives Partizip | perfektives Partizip | prospektives verbales sDm=f; hier: Sdj=sn mr pn Tnw (n) rnp.t In diesem Fall sehe ich an Position B ein prospektives sDm=f, also eine Handlung, die auch in die Zukunft gerichtet ist. Das Pronomen "sn=Sie" bezieht sich somit auf das Nomen von Position A (Sie = die Fischer von Elephantine).
Hannig, Marburger Edition, S. 911; Sdj: graben Hannig, Marburger Edition, S. 1029; Tnw n rnp.t: in jedem Jahr
Die Fischer von Elephantine sind es, die diesen Kanal graben werden in jedem Jahr
Mir bekannt ist nur die zweimalige Verwendung der Aussage Tnw rnpt mit indirekten Genetivverbindung, d.h. Tnw n rnpt. Das sind der Papyrus aus der 20. Dyn (LEM) - pTurin C 1,5vs und eine Stele mit Hymn an Nil (KRI I 81f), Zl.9 - aus der 19. Dyn. Ob es korrekt ist, fuer das Mittelaegyptisch das n zu emendieren? Gibt es dazu die fruehere Belege? Eindeutig niemals ist in der klassischen Literatur vorhanden. Vgl. GG § 101. "Handwoerterbuch" gebrauche ich in meiner Arbeit nicht.
ich habe gestern nochmals versucht, die Sätze (2) - (4) (Urk. IV, 814, 11 - 16) zu analysieren, bin aber bisher noch zu keinem Ergebnis gekommen. Bevor ich da weiter überlege, folgt erstmal hier der Rest 814, 17 - 815, 2:
rn n(.j) mr pn wn tA wA.t m nfr.t Mn-xpr-ra anx(.w) D.t
"Name dieses Kanals: 'Offen ist dieser/der Weg durch (die) Güte (des) Mn-xpr-ra'. Möge er ewig leben."
wortwörtlich: ... durch das Gute des ...
Bemerkungen:
"Name dieses Kanals:" ist als substantivischer Ausdruck dem Satz vorangestellt (Rang IV Erweiterung nach Schenkel?)
wn offen sein - Eigenschaftsverb 2-rad (Hannig, S. 195). Dieses Verb sollte nicht mit wnn (vorhanden sein, existieren) verwechselt werden, welches ein IIgem Verb ist. Hier denke ich, dass der Infinitiv verwendet wird (ähnlich dem Infinitiv in Überschriften). 2-rad Verben bilden den Infinitiv durch die Wurzel ohne Endung (.t).
nfr.t Gutes, gute Sache, m nfr.t in Vollkommenheit (Hannig, S. 409).
Daher könnte auch folgendes gelesen werden: "Offen ist dieser Weg in (der?) Vollkommenheit (des?) Mn-xpr-ra".
Der Infinitiv des 3-rad Verbes "gut sein" wird ohne Endung .t gebildet, kommt also hier m.E. nicht in Frage.
Urk. IV, 815:
(1)
(?)
(2)
jn nA-n wHa.w n Abw Sdj=sn mr pn Tnw rnp.t
"Die Fischer von Elephantine (sind es), sie sollen diesen Kanal alljährlich (aus)graben."
oder auch:
"Die Fischer von Elephantine (sind es), die diesen Kanal alljährlich (aus)graben sollen."
Zur jn-Konstruktion siehe Schenkel, § 8.5.2 (S. 308f)
Zitat:
8.5.2 Das Satzmuster jn-Konstruktion
a) Will man das Subjekt des Verbalsatzes kontrastierend hervorheben, so bedient man sich in der Regel der jn-Konstruktion. Der Satztyp wird üblicherweise als Spaltsatz erklärt ...
b) Das fokusierte, abgespaltene Subjekt steht voran, im Falle eines pronominalen Subjekts als selbständiges Pronomen (jnk etc.) realisiert, im Falle eines anderen Subjekts als die Partikel jn + das betreffende Substantiv; z.B.: jn s.j, pss.j rmj.w m ktw.t
"Der Mann (ist es), der den Fisch im Kessel kocht." "Wer den Fisch im Kessel kocht, ist der Mann."
nA-n dieser, der von (Hannig, S. 390) wHa Fischfänger; Fischer (Hannig, S. 209) Abw (Insel) Elephantine (Wb 1, 7; Hannig S. 1293) Sdj graben, [cf. SAd] (Hannig, S. 843) Tnw rnp.t alljährlich, in jedem Jahr (Hannig, S. 957)
Es ist vielleicht unfair, auf Uraltliteratur zu verweisen, die kaum jemand zur Hand hat, aber Erman 1894, auf den ich verwiesen habe, verrät mit seinen Verweisen auf Grammatik-Paragraphen die Lösung. Erstaunlich, was Erman 1894 schon alles wusste.
Die zweite Hälfte der Inschrift ließ Erman 1894 mutmaßlich deshalb weg, weil er damals mit der jn-Konstruktion noch nicht so ganz zurechtgekommen war. In der zweiten Auflage der Grammatik von 1902 ist die Konstruktion geklärt, er hätte also, denke ich, jetzt die Inschrift vollständig als Übungsstück anbieten können.
Es ist vielleicht unfair, auf Uraltliteratur zu verweisen, die kaum jemand zur Hand hat, aber Erman 1894, auf den ich verwiesen habe, verrät mit seinen Verweisen auf Grammatik-Paragraphen die Lösung. [...] In der zweiten Auflage der Grammatik von 1902 ist die Konstruktion geklärt.
Ein paar Ausgaben gibt es online. Die erste Auflage von 1894 scheint wohl nicht dabei zu sein, aber vielleicht basiert eine der Übersetzungen auf dieser (?) ... :
zur jn-Konstruktion. Was sagen Sie zur Aenderung der Form “jn+nomen+infinitiv” schon im Neuaegyptischen? D.h. die Hinzufuegung der Praeposition Hr vor dem Infinitive.
Siehe: pSallier IV (Tagewaehlerei, Zeit Ramses’ II.), 2,10rt: jn jst Hr aS; pBerlin 3049 (das angebliche Dekret des Thutmosis III., Papyrus aus 20/21. Dyn.), 19,5: jn Hm=f Hr dwA nTr. Vielleicht kann man andere Belege finden.
Diese Konstruktion gibt es auch in Ptolemaeischen (Kurth, Einf. §: 232; noch zu den Belegen in diesem Paragraph – die Statue Puschkin 5351, C3).
rn n mr pn "Der Name dieses Kanals (ist / lautet):"
wn tA wA.t m nfr.t (Mn-xpr-Ra)| anx(.w) D.t " 'Öffner dieses Weges als Gutes / Vollkommenes ist Mencheperre, er möge ewig leben' "
Analysieren wir zunächst den ganzen Satz:
rn NAME "Der Name (ist) NAME"
Es handelt sich um einen nominalen Nominalsatz (Gardiner, Egyptian Grammar, § 125). Das Prädikat (die Kopula "ist") wird nicht ausgedrückt. Bei Gardiner heißt es:
Zitat:
The principle underlying the Egyptian sentence with nominal or pronomial predicate is the principle of direct juxtaposition, the subject preceding the predicate ... When the subject is a noun, direct juxtaposition is practically obsolete, though it was still common in the Pyramid Texts. A few Middle Egyptian examples may be quoted, notwithstanding. ... rn n mw.t=s *wjA the name of her mother is Tjuia
Der erste Bestandteil des Satzes (rn) wird durch n mr pn (angeschlossen durch den indirekten Genetiv) näher bestimmt.
Daß ein Name selbst wieder ein Satz sein kann, ist wohlbekannt. Die Übersetzung geht nun davon aus, daß es sich auch um einen nominalen Nominalsatz handelt, also um den gleichen Satztyp:
wn NAME "Öffner (ist) NAME"
Dabei wird wn als Partizip von wn "öffnen" gesehen. Das perfektische oder imperfektische aktive Partizip zeigt in der Regel keine Endung (Gardiner, §§ 359 und 357). Das Partizip kann auch als Substantiv verwendet werden (§ 353): der "Öffnende", "einer, der öffnet". tA wA.t (angeschlossen durch den direkten Genetiv) bestimmt diesen Bestandteil des Satzes näher.
NAME ist Mencheperre, mit dem Epitheton "er möge ewig leben" als Namensbestandteil.
Es bleibt noch, das m nfr.t zu erklären.
nfr.t "Gutes, gute Sache" (Hannig, S. 409)
Gardiner, § 96 "The emphatic and emphasized adjective":
Zitat:
... the emphasis of the adjective often requires to be brought out in English by a relative clause ('which is', 'that is'). Egyptian occasionally utilizes the m of predication with the same intention; the adjective then ceases to be a mere epithet, and is employed as a noun. Exx. Seek out for me sA=tn m sAA, sn=tn m jqr a son of yours who is (lit. as) wise, a brother of yours who is (lit. as) excellent.
Was ist zur Übersetzung "Der Weg ist offen durch die Güte des Mencheperre" zu sagen? Hier wird wn als "offen sein" bzw. genau genommen als Passiv "wird geöffnet" betrachtet. Zwar gibt es m "durch, mit, mittelst" (Hannig, S. 311, Bedeutung (4) [instrumental]), aber eigentlich wird das "semantische" (logische) Subjekt im Mittelägyptischen durch jn "durch, seitens" eingeführt (Gardiner, § 297, 2).
Ich bin sicher, dass m hier fuer jn "seitens, durch" steht. Wir treffen hier m deswegen, das mit das Wort nfrw-nfrt das jn nie verbindet wurde, alle sprachliche Normen zeigen nur auf m. Z.B.: Liebeslied HD tA m nfrw=s oder anX=sn m nfrw Hm=f (pChB IV 3,11rt), sowie CT 47 (I 210e): saH tw dHwtj m nfrw=f.
Bei der Übersetzung steht am Anfang ein direkter Genitiv von wn und wA.t. Zwischen den beiden Worten des direkten Genitivs darf sich NICHTS befinden. Doch bei unserer Stelle steht tA.
Gardiner schreibt in § 85:
Zitat:
The direct genitive follows the noun that governs it, immediately and without connecting link. ... Examples where the direct genitiv is separated from its noun are of extreme rarity.
Im Neuägyptischen ist es unter bestimmten Voraussetzungen möglich, zwischen beiden Substantiven einen bestimmenden Artikel zu schreiben. (siehe Friedrich Junge, Neuägyptisch, 3. Aufl. 2008, S. 64; determiniertes Rektum)
Bsp: tA jn.t pA aS "das Tal der Tanne" (nicht "das Tal der Tannen")
Ich gehe davon aus, dass in der Zeit von TIII für eine Inschrift kein neuägyptisch verwendet wurde.
Sofern wn tA wA.t kein Genitiv ist, hätten wir 3 Substantive:
(1)wn (2)tA wA.t m nfr.t (3)(Mn-xpr-Ra)|
Ein substantivischer Satz beinhaltet nur maximal 2 Substantive (Formen: A B, A pw, A pw B).
Ich kann eine Lesung mit m [instrumental] nicht ausschließen. Die von Ihnen angegebenen Beispiele sprechen eher dafür. Noch bin ich unschlüssig.
@RamsesXII
tA ist ein Demonstrativpronomen, also tA wA.t "dieser Weg", es steht vor dem Sustantiv (Gardiner, Egyptian Grammar, § 111). Aus diesem wird später der bestimmte Artikel. Dieser übliche Gebrauch im Neuägyptischen ist jedoch schon vor der 18. Dyn. in mittelägyptischen Texten nachzuweisen (§ 112, am Ende). Dann ist zu lesen "der Weg". Von daher ist eine Lesung wn tA wA.t "Öffner des Weges" durchaus möglich.
das tA ein Demonstrativpronomen ist, welches im Laufe der Zeit immer mehr als Artikel verwendet wurde, war mir klar.
Aber ich habe Probleme mit dem tA zwischen den beiden Substantiven in der XVIII. Dynastie. Gardiner schreibt im weiter oben zitierten § 85, dass es äußerst selten ist, dass das zweite Substantiv nicht direkt hinter dem ersten steht.
Zitat Schenkel, 2005, S. 133:
Zitat:
5.2.3e) In Verbindungen, in denen standardmäßig der direkte Genitiv steht, wird dieser in der Regel durch den indirekten Genitiv ersetzt, wenn die Verbindung des Nukleus und des Satelliten durch ein Attribut aufgesprengt wird; ...
Gibt es irgendwelche Belege, dass im direkten Genitiv zwischen beiden Substantiven Demonstrativpronomen/Artikel der "A-Reihe" verwendet wurden (18. Dyn)?
ein Genitiv wird nur durch zwei Substantive gebildet (nicht verwechseln mit Subject). "wn" ist aber kein Substantiv, sondern in unserer Übung ein Partizip – also ein Verb, dessen Stamm "umgebildet" wurde und "substantivisch" gebraucht wird. Hier greift die Genitivregel nicht.