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   Senet Bildzeichen (8)
  Autor/in  Thema: Senet Bildzeichen
zett  maennlich
Member



Senet Bildzeichen 
« Datum: 19.02.2023 um 19:43:42 »   

[img width= height=]http://jjjhz[/img]Max Pieper (Das Brettspiel der alten Ägypter, Berlin 1909) zeigt das Senetspiel vor. Mich würde interessieren, was da eingetragen wurde, kann es jemand lesen, bitte? - Nebenher frage ich mich, woher das so ausgestaltete Muster stammt, Pieper sagt nur ein 2 m langer Papyrus aus dem Museum Kairo und ein gleichlautender Papyrus aus Turin, man hätte beide Textfragmente zusammengetan. Vielen Dank vorab.-
Senet wird mit Rechnung übersetzt, Sene mit Jahr. Haben die Ägyptologen eine Übersetzung für Senet?
Lolli2u  maennlich
Member



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #1, Datum: 19.02.2023 um 21:48:19 »   

Meinst du vielleicht dieses Spielbrett ?

https://www.selket.de/leben-im-alten-aegypten/senet-spiele/senet/

Seschen schrieb 2011 im Themenbereich Jenseitsglaube & Totenkult
bezüglich der Göttinnen Maat und Isfet einen Beitrag, in welchem ein sehr schönes Exemplar des Senet-Brettspiels (Louvre 834) gezeigt wird. Am besten oben über die Suchmaschine aufrufen.

Alles weitere zum Senet findest du im Themenbereich Alltag & Freizeit in den Beiträgen von Lacrima (2004), sowie Pharao & Hofstaat, Sobeknefer (2003).

Die Suchmaschine zeigt dir alles erforderliche an, teils auch mit weiterführender Literatur zur Senetforschung.  
« Letzte Änderung: 19.02.2023 um 22:08:40 von Lolli2u »
> Antwort auf Beitrag vom: 19.02.2023 um 19:43:42  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #2, Datum: 21.02.2023 um 23:40:02 »   

Wahrscheinlich ist in der Frage die Abb. 1 aus Max Pieper, Das Brettspiel der alten Ägypter, Berlin, 1909 gemeint. Diese und ähnliche Abbildungen sind alle aus Lepsius, Denkmäler, 2. Abtheilung, Bl. 61a [kurz: LD II, 61a] abgeleitet. Die Szene stammt aus dem Grab des Ra-Spss Raschepses, der vermutlich in der 5. Dyn. lebte.

Die Beischriften

Der rechts sitzenden Mann schaut nach links, wie der Vogel, die Eule, der über ihn angebrachten Inschrift. Diese ist ihm gemäß dem "Prinzip der Übereinstimmung" zuzuordnen. Sie ist auch zuerst zu lesen, da sie als sDm.n=f formuliert ist, eine Zeitform, die meist als Vergangenheit interpretiert wird. Die 1. Person Singular =j wird oft nicht geschrieben.

jr.n(=j) 3 m sn.t
"(Ich) machte 3 im Vorübergehen."

snj "vorbeigehen u.ä." (Wb III, 454); sn.t ist dann als Infinitiv aufzufassen.
sn.t "das Senet-Brettspiel" (Wb III, 453.8), ein Substantiv

Somit könnte man auch übersetzen:
"(Ich) machte 3 im Senet-Spiel."

Der links sitzende Mann schaut nach rechts wie die beiden Inschriftenzeilen, was man an den Vögeln und an dem Mann mit der Schlange auf dem Kopf erkennen kann.

Die obere Inschrift:

fAj(=j) 3 - 2 m sn.t
"(Ich) hebe 3 hoch - 2 im Vorübergehen." oder "... 2 im Senet-Spiel."

fAj "hochheben, tragen" (Wb I, 572)

Hier haben wir die sDm=f-Zeitform vor uns, die meist als Gegenwart oder auch als Zukunft übersetzt wird. Wenn Zukunft, dann:

"(Ich) werde 3 hochheben - 2 im Vorübergehen."

Die Inschrift über dem Spielbrett:

mAA sn.t(=j)
"Blicke auf (mein) Vorübergehen."

Hier ist das erste Verb als Imperativ gesehen. Diese Interpretation spricht dafür, sn.t als "Vorübergehen" zu übersetzen.

Denkbar ist aber auch, das Verb als Infinitiv aufzufassen:

mAA sn.t
"Betrachten des Senet-Spiels."

Es ist dann als eine Art Überschrift für die ganze Szene zu verstehen und gilt damit für beide. Es ist nicht nötig, die 1. Person Singular zu ergänzen. In diesem Falle wäre nur die obere Inschrift dem linken Mann zuzuweisen.

Weil die Beischriften so kurz sind und wir die Regeln des Senet-Spiels nicht genau kennen, ist es schwer, zwischen den verschiedenen Möglichkeiten zu unterscheiden.

Wie schon Adolf Erman in Reden, Rufe und Lieder auf Gräberbildern des Alten Reiches, Berlin, 1919, S. 59 zu diesem Text anmerkte:

Zitat:
Die Reden beim Brettspiel ... bleiben ihrer eigentlichen Bedeutung nach uns unverständlich.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


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> Antwort auf Beitrag vom: 19.02.2023 um 21:48:19  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet Bildzeichen 557.jpg - 457 KB
« Antwort #3, Datum: 22.02.2023 um 16:30:34 »   

Herzlichen Dank für die Mühe!! Gemeint habe ich die Bildzeichen auf dem Senet in Abb. 8 des Pieper. Da zeigt das Senet so viele beschriftete Felder, das habe ich so noch nie gesehen... Ich weiß aber nicht, wo er das her hat und was die bedeuten, wüßte das aber gerne. (All diese Tafeln waren Kalenderbretter, bis hin zu den Schachtafeln, man hat uns das schriftlich hinterlassen.) Auf diesen Senet in Abb. 8 zählte man wohl das achtgeteilte Jahr und das zwölfgeteilte Jahr aus, Monate zu 30 Tagen und welche zu 45 Tagen. Mindestens.

Zu Ihrer Abb. 1: Kann man dieses "(Ich) hebe 3 hoch - 2 im Vorübergehen" im Sinne von "bin im/das 3. Feld, zwei habe ich abgezählt/hinter mir" verstehen?


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 21.02.2023 um 23:40:02  Gehe zu Beitrag
Michael Tilgner  maennlich
Member



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #4, Datum: 23.02.2023 um 23:14:23 »   

Zur Herkunft von Abb. 8 äußert sich Max Pieper in seinem Das Brettspiel der alten Ägypter, Berlin, 1909, S. 6:

Zitat:
Nun haben wir aber noch ziemlich umfangreiche Zeugnisse über das Brettspiel. Das Kairiner Museum besitz einen ca. 2 m langen Papyrus, der eine Beschreibung einer Spielpartie enthält. Den gleichen Text finden wir auf einem Turiner Papyrus, und dieser zweite enthält zugleich zwei Pläne des Spiels, beide leider nur z.T. erhalten. Doch ist es möglich, fast alle Felder zu benennen. Siehe Abb. 8. Eine dritte Kopie des Textes, die den Anfang enthält, findet sich in einem äg. Grabe.

Ziemlich vage: 2 Papyri und eine Grabinschrift! Sonst keine genauen Angaben. Max Pieper kommt etliche Jahre später auf den Papyrus Kairo zurück in einem Artikel "Ein Text über das ägyptische Brettspiel", in: Zeitschrift für ägyptische Sprache und Altertumskunde, Bd. 66, S. 16-33 (1931). Auch hier gibt er die drei Quellen an, ohne sie genau zu identifizieren. Über den Turiner Papyrus schreibt er:

Zitat:
Unter den Papyri ... befand sich auch unser Brettspieltext, in Hieroglyphen geschrieben, leider unvollständig, was um so mehr zu bedauern ist, als auf der anderen Seite des Papyrus sich ein Plan des Spielbretts mit Bezeichnung der einzelnen Felder befindet, wodurch der ganze Text eigentlich erst verständlich wird. Durch die bezeichneten Lücken ist eine vollständige Rekonstruktion des Spieles ausgeschlossen. Soweit es möglich war, habe ich eine Rekonstruktion des Planes in meiner Programmabhandlung "Das Brettspiel der alten Ägypter", Berlin 1909, S. 10. Abb. 8 gegeben.

Damit haben wir die Quelle der Abb. 8 - fast - gefunden. Pieper gibt eine Publikation mit der Veröffentlichung des Papyrus an, nämlich: Gustav Seyffarth, Beitraege zur Kenntniss der Literatur, Kunst, Mythologie und Geschichte des alten Aegypten, Fünftes Heft, Leipzig, 1933, Taf. III. Wie man sieht, hat Pieper Seyffarths Zeichnung mehr oder minder genau übernommen.

Wenn man mit diesen Informationen weiterforscht, findet man heraus, dass es sich um den Papyrus Turin 1775 handelt. Das Turiner Museo Egizio hat zwar inzwischen eine spezielle Webseite mit vielen seiner Papyri - dieser ist leider nicht darunter. Ein Foto findet man aber in: Anna Maria Donadoni Roveri (Hrsg.), Das Alte Ägypten. Das Alltagsleben, Mailand, 1987, S. 266 (siehe Anhang). Der Papyrus Kairo hat die Inventar-Nr. JE 58037, und die Grabinschrift stammt aus TT 359, dem Grab des Inherchau in Deir el-Medineh.

Soweit ich sehe, hat sich zuletzt Peter A. Piccione mit dem Turiner Papyrus beschäftigt, in einem Beitrag "The Egyptian Game of Senet and the Migration of the Soul", in: I. Finkel (Hrsg.), Board Games in Perspective: Proceedings of the Colloquium on Board Games of the Ancient World, London, 2007, S. 54-63. (Diesen Artikel kann man auch herunterladen, wenn man sich bei academia.edu registriert, z.B. als "independent researcher"; wer sich nicht anmelden will, kann ihn zumindest auf der Webseite lesen.) Auf S. 62 ist die moderne Rekonstruktion der Senet-Spielbretter wiedergegeben, die weitaus weniger komplett aussieht als die von Pieper (oder die von Roeder).

Der zugehörige Text wird in die 20. Dyn. datiert und ist damit mehr als 1000 Jahre jünger als die Brettspielszenen aus dem Alten Reich. Da kann sich auch das Verständnis der Alten Ägypter von diesem Spiel geändert haben.

Eine Übersetzung des Papyrus Kairo JE 58037 findet man in Günther Roeder, Der Ausklang der ägyptischen Religion mit Reformation, Zauberei und Jenseitsglauben, Zürich / Stuttgart, 1961, S. 251-261 (siehe Anhang). Das ist vielleicht nicht der neueste Stand bei der Übersetzung dieses schwierigen Textes, gibt aber doch einen ungefähren Eindruck von dem Spiel und seiner Bedeutung.

Viele Grüße,
Michael Tilgner
« Letzte Änderung: 24.02.2023 um 21:00:41 von Michael Tilgner »


- Vollbild -
> Antwort auf Beitrag vom: 22.02.2023 um 16:30:34  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #5, Datum: 26.02.2023 um 09:07:15 »   

Ich danke Ihnen sehr. Haben Sie aber den Eindruck, daß Piccione, Finkel und Pieper ergebnisoffen untersuchen? Ich sehe als Außenstehender nicht, daß die Ägyptologen für diese Bildzeichen auf den Zählmustern eine auch nur annähernd übereinstimmende Erklärung vorlegen können? Alle Ägyptologen scheinen zu behaupten, man habe dort immer nur vom Weg zwischen Leben und Tod geredet, was ja stimmen kann und es habe sich dabei um die menschliche Seele handeln müssen, was nicht stimmen kann. Die “Seele” ist ein Denkprodukt des 18. Jhd. Und der Gilgamesch-Epos sagt klar, der Mensch sei sterblich...
Vor unseren Rechen- und Schriftsystemen gab es Zahlenalphabete. Und die noch früheren Bildzeichen waren in der Bedeutung noch allgemeiner und noch ganz lektionsbezogen. Karl Menninger (Zahlwort und Ziffer) untersucht die Herkunft der Zahl auch linguistisch. (Umgekehrt führen die Schriftverständigen ihre Zeichen so gut wie nie auf Zahlen und Mengen zurück. Kenne ich jedenfalls nicht.) M. sagt, die Sumerer setzen den Mann für die Eins, die Frau für die Zwei. Bis zur Zahl 4 waren zunächst gar keine Zahlbegriffe da, eher nur Fachbegriffe für Sachlagen. Das leuchtet sofort ein. Menniger sagt, es gab “grammatikalische Additive” mit denen das reine Zahlwort anzeigen konnte, ob Tage oder andere Mengen gezählt wurden.(Er redet da von Südamerika, aber das kann und dürfte auch sonst der Fall gewesen sein.) Das ist ja für das Übersetzungsergebnis nicht unwesentlich...Das spiegelt sich aber bei den Schriftgelehrten nicht wieder. Gibt es denn wirklich keinen einzigen Ägyptologen, der je Zählhilfsmittel aufgefunden hätte?
> Antwort auf Beitrag vom: 23.02.2023 um 23:14:23  Gehe zu Beitrag
Chontamenti  maennlich
Member



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #6, Datum: 26.02.2023 um 11:59:49 »   


Zitat:
Die “Seele” ist ein Denkprodukt des 18. Jhd. Und der Gilgamesch-Epos sagt klar, der Mensch sei sterblich.
Ersteres ist falsch. Siehe Wikipedia. https://de.m.wikipedia.org/wiki/Seele
Letzteres: Na und? Es sagt ja nicht, dass die Seele sterblich ist. Außerdem ist das für den ägyptischen Kontext relativ unwichtig.
> Antwort auf Beitrag vom: 26.02.2023 um 09:07:15  Gehe zu Beitrag
zett  maennlich
Member - Themenstarter



Re: Senet Bildzeichen 
« Antwort #7, Datum: 06.04.2023 um 09:39:38 »   

Wer auf „alternatives Wissen“ (Glaubenskonzepte) setzt, der wird kein Lexikon scannen, sondern wikipedia gründen. Der unter #6 genannte wikipedia-Aufsatz erklärt, was sich die Lieschen Müllers dieser Welt unter diesem Begriff Seele (und mit ganz anderen Begriffen) irgendwann einmal so zusammengereimt haben, aber nicht, was die Seele sein soll. Diese Verkehrung der Definition ins Gegenteil wird uns heute oft als „Religionswissenschaft“ oder als „Soziologie“ untergejubelt. Nicht alle Forumsteilnehmer wollen auf solche (inzwischen ja sehr) durchsichtigen Machenschaften einsteigen...
Und auch der Beitrag von Günther Roeder (#4, Anlage 2, „Ein Brettspiel um die Glückseligkeit im Jenseits“) hinterläßt einen mehr als nur schalen Geschmack. Man fragt sich bei jedem Satz: Wo nimmt der Mann das alles her Und das geht ja schon bei der Überschrift los! Er leitet ein, daß die Texte komplett unverständlich sind. Wenn das so ist, dann würde man einfach sauber beschreiben, was vorhanden ist. Dieser Autor macht aus drei „Spiel-Brettern“ - aus drei Quellen - einfach eines. Ich will aber alle drei sauber beschrieben haben, mit ihren Unterschieden und (möglicherweise) eine Entwicklungslinie erkennen (Wenn das schon dem Laien suspekt ist, wieso werden solche Arbeiten von den Fachleuten hier herumgereicht?) Der Autor belegt diese Bildzeichen mit völlig unverständlichen Bezeichnungen, aus denen sich nichts ableiten läßt. Wo er diese Ableitungen her nimmt, sagt er nicht. Wissen das denn wenigstens die Fachleute? Mehr ist zu diesen Zeichen nicht da?
> Antwort auf Beitrag vom: 26.02.2023 um 11:59:49  Gehe zu Beitrag
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