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Ägyptologie Forum >> Schrift & Sprache


1) Der Spatz
Asetana am 15.08.2003 um 09:56:25

Hallöchen alle miteinander,
ich hoffe es geht euch gut und leidet nicht zu sehr bei dem Wetter.

Hier in Hamburg hat es heute nacht endlich mal wieder geregnet und es weht eine  frische Brise  .

Zu meiner Frage:
Ich habe gelernt, dass der Spatz als Glyphe einer Aussage als negative Form angehängt wird.
Ist das, weil er als Körnerfresser in seinem damals zahlreichen Vorkommen eine Plage für die Kornkammer Ägyptens war .. oder hatte es noch einen anderen Grund?

Danke im voraus
liebe Grüße
Asetana


2) Re: Der Spatz
 Iufaa am 15.08.2003 um 10:37:11

Hi,

die Frage nach der "Entwicklung" läßt sich nicht beantworten, da uns natürlich keine Zeugnisse (i.e. Begründung für die Zuordnung bestimmter Zeichen und ihrer "Lesung") aus der Phase vorliegen.

In Anlehnung z.B. an die Heraldik im europ. Mittelalter kann man natürlich vermuten, daß man einen so kleinen und wenig eindrucksvollen Vogel nicht zum Symbol von etwas Großem oder Mächtigem (ge)macht (hat). Unter den Vögeln ist er eher so etwas, wie der "einfache" Bürger, den es in großer Zahl gibt. Aus der der Menge der Vögel ragen dann andere hervor (Adler, Falken, ect.).
Ich würde daher die Bedeutung nicht nur als "negativ", sondern eben auch al Kennzeichnung von "unbedeutend". Dahinter dürfte die "typische" Identifikation der Menschen mit den eindrucksvollen und mächtigen, d.h. den "edlen" Tieren ihre Umwelt stehen (s. Löwe, Bär, Hirsch, Greif, usw.).

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 09:56:25


3) Re: Der Spatz
Gitta am 15.08.2003 um 11:06:04

Ich bin mir zwar jetzt nicht ganz sicher (buchlos im Büro), aber ich glaube man kann den wr-Vogel, auch schlechter Vogel genannt, als Spatz betrachten, der gern als Determinativ verwendet wurde für negativ besetzte Worte.

Die Idee, hier eine Verbindung der Spatzen mit schlechten Ernteerträgen herzustellen, ist finde ich gar nicht so verkehrt.

Auf der anderen Seite sind auch Mäuse der Feind der Getreidesilos, weshalb ja wahrscheinlich auch die Katzen u.a. so hoch verehrt wurden. Dem gegenüber steht nun wieder die Verehrung der Spitzmaus bis hin zur Mumifizierung.

Die Gedankengänge der alten Ägypter sind manchmal wirklich nur schwer zu verstehen....

Gitta


> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 10:37:11


4) Re: Der Spatz
 Iufaa am 15.08.2003 um 12:19:24

Da muß ich doch jetzt noch eins draufsetzen  

umgekehrt schreibt man die Dame "hmt-nsw wr.t"

auch mit dem Spatz, allerdings nicht an der Position des Determinativs, sondern mitten im Wort. So negativ oder unbedeutend kann die Bedeutung des Spatzes nicht sein oder sie gilt nur bei der Verwendung als Determinativ.

Iufaa


> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 11:06:04


5) Re: Der Spatz
Gitta am 15.08.2003 um 12:41:42

Hi Iufaa,


Zitat:
oder sie gilt nur bei der Verwendung als Determinativ


Das könnte sein. Innerhalb eines Wortes ist es vielleicht nur ein Zeichen wie jedes andere auch. Oder die Schreibweise soll die Schwäche der Dame andeuten, im Verhältnis zu "männlichen" Schreibweisen mit wsr oder naHt (ich hoffe, das ist das richtige A), die auf Stärke zielen.

Gitta


> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 12:19:24


6) Re: Der Spatz
neTer mer am 15.08.2003 um 12:55:28

Hallo miteinander,

verwechselt nicht die Schwalbe mit dem Sperling  
Die Schwalbe G 36 hat die phonetische Lautung wr = gross, der Spatz G 37 ist das Determinativ für bjn = schlecht oder  nDs = klein.

Gruß
neTer mer

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 12:42:43


7) Re: Der Spatz
 Iufaa am 15.08.2003 um 13:00:39

Stimmt,

die Schwanzform ist ganz anders  .

Alles zurück an den Start.

Iufaa

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 12:55:28


8) Re: Der Spatz
Gitta am 15.08.2003 um 13:04:00

Die Schwanzform vom "schlechten Vogel" ist glaub ich rund. Oder bin ich schon wieder auf dem falschen Ornithologendampfer?



> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 13:00:39


9) Re: Der Spatz
 Iufaa am 15.08.2003 um 13:11:29

G36 = Schwalbe hat einen andeutungsweise gegabelten Schwanz,
G37 = sieht sonst gleich aus, aber dem Schwanz fehlt die Gabelandeutung, also eher rund.

Iufaa

p.s. wie kann man hier eigentlich Hieros einfügen, das geht doch?

mal schauen, ob´s geht (lt. Hilfe)



> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 13:04:00


10) Re: Der Spatz
neTer mer am 15.08.2003 um 13:16:26

Hallo,

ihr braucht euch wegen der "Vögel" keine grauen Haare wachsen zu lassen  
Damit hatten schon im alten Ägypten die Schreiber und Handwerker ihre Probleme, oft genug wurde statt dem Spatz die Schwalbe herausgemeißelt oder zu Papyrus gebracht.  

Gruß
neTer mer

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 13:04:00


11) Re: Der Spatz
Thutmosis_III am 15.08.2003 um 14:26:19

Hallo zusammen,

stimmt schon - die Unterscheidungsmöglichkeiten sind sehr gering ... wir dürfen nun nicht vergessen, das bei vielen Inschriften Farben eine wichtige Rolle gespielt haben (selbst wenn sie heute nicht mehr zu erkennen sind).

Hierzu ein kleiner Auszug aus "eGlyphica"



Der "schlechte" Vogel erhielt die Farbe Rot - während der "grosse" Vogel grün oder gelb dargestellt wurde.

Natürlich sind das jetzt keine "Gesetze" - aber sicher ein häufig vorkommendes Unterscheidungsmerkmal

Gruss

Tuthmosis III.

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 13:23:01


12) Re: Der Spatz
Gitta am 16.08.2003 um 11:01:48

Nun nicht mehr "buchlos" , habe ich bei Hannig Folgendes herausgefunden:

Der "schlechte Vogel" scheint nicht unbedingt ein Spatz zu sein, sonder ein knmt = böser Vogel (Hannig 2, Seite 216)



Für Spatz oder Sperling gibt es eine eigene Bezeichnung, TT, jeweils determiniert mit der Gans (Hannig 3, Seite 1198)





Ausserdem noch eine scheinbar abfällige Bezeichnung der Feinde als "Spatzen" (Hannig 3, Seite 1198)



Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 15.08.2003 um 14:26:19


13) Re: Der Spatz
 Michael Tilgner am 16.08.2003 um 11:50:16

Hallo,

dem Sperling als "schlechtem Vogel" wurde inzwischen eine eigene Studie gewidmet, die der Frage nachgegangen ist, warum so ein kleiner, süßer Vogel dieses Negativimage gefunden hat. Für Französischfans:

Arlette David, De l'infériorité à la perturbation1, L'oiseau du »mal« et la catégorisation en Egypte ancienne, Harrassowitz Verlag, Wiesbaden, 2000

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 16.08.2003 um 11:01:48


1: http://www.harrassowitz.de/verlag/egypt/4316.htm


14) Re: Der Spatz
Gitta am 16.08.2003 um 12:08:02

Hallo Michael,

dann ist der Sperling also doch der "schlechte Vogel". In Hannigs Zeichenliste der Determinative wird er zwar auch als solcher bezeichnet, in den Begriffen für diese Vogelart (s.o.) taucht er aber nicht auf, auch nicht als Determinativ.

Wie muss man das verstehen?

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.08.2003 um 11:50:16


15) Re: Der Spatz
 Michael Tilgner am 16.08.2003 um 14:31:39

Liebe Gitta,

leider habe ich das erwähnte Buch noch nicht selbst in der Hand gehabt, so daß ich nicht weiß, zu welchen Schlüssen die Studie kommt. Deswegen kann ich Dir keine weiteren Hinweise geben.

Viele Grüße,
Michael Tilgner


> Antwort auf Beitrag vom: 16.08.2003 um 12:08:02


16) Re: Der Spatz
Gitta am 16.08.2003 um 16:17:08

Ach schade. Und ich könnte das Buch, selbst wenn ich es hätte, nicht lesen, weil französisch. Die englische Zusammenfassung lässt auf Spatzen schließen und deutet auch auf die gleiche Erklärung, die Asetana schon in ihrem ersten Beitrag vermutete "Scharen von kleinen hungrigen Piepmätzen fallen über die Saat her", was in sehr früher Zeit scheinbar Katastrophencharakter hatte.

Nach einigem Überlegen kann ich mir auf die so gar nicht negativ besetzten Begriffe für Spatz/Sperling nur den Reim machen, dass es sich dabei um die Bezeichnung nur eines Vogels dieser Art handelt (darauf weist Hannig auch ausdrücklich hin), von dem keine "Gefahr" ausgeht.

Gitta

> Antwort auf Beitrag vom: 16.08.2003 um 14:31:39


17) Re: Der Spatz
Asetana am 17.08.2003 um 12:12:48

Hallöchen miteinander und Danke  
so wird dann der Spatz für mich ein gutes Beispiel für die Aussage, dass die Glyphen eine figurative, symbolische und phonetische Schrift ist.
Was es ja nicht einfacher macht ...  

Und warum gerade der kleine, süße Spatz kann man dann wohl nur vermuten.
Heute steht er jedenfalls auf der Liste der bedrohten Tierarten .

Aber er steht ja nicht alleine, denn wenn ich das richtig verstanden habe, ist es in Verbindung mit einer Tat die Glyphe liegendes, regloses Kalb UND der Spatz.

Was den Lauten i+u entsprechen soll - auch bedeutend "ohne Barke sein".
Das beinhaltet dann schon die Erklärung, denn ohne Barke sein war keine gute Angelegenheit ..

Denke, dieser kleine Vogel wird mich noch eine Weile beschäftigen  
liebe Grüße und noch ein schönes Rest-Wochenende
wünscht Asetana

> Antwort auf Beitrag vom: 16.08.2003 um 16:26:55