Hallo CaRa, Nauna und Udimu! Auch beim Koptischen hättest Du dasselbe Problem wie es uns bei „dem“ Ägyptischen entgegentritt: Welchen Dialekt hätten Sie denn gern? Beim Koptischen ist die Verwendung von Dialekten in der Schrift sogar noch ausgeprägter, da ja eine staatliche und damit bindende Kanzleischrift nicht existierte. Die Dialekte führen zu starken Lautverschiebungen im Koptischen, so dass auch in den Wörterbüchern zwischen Achmimisch, Subachmimisch, Bohairisch, Saidisch, Faijumisch und diversen weiteren Subgruppen unterschieden wird. Einige Phasen sind zwar von einer Dominanz bestimmter Dialekte gekennzeichnet (wenn etwa das Saidische oder das Bohairische die „offizielle“ Kirchen- und Bibelsprache wird) doch ist dies nicht mit dem Vulgärkoptischen zu verwechseln, das „auf der Strasse“ gesprochen wurde. Wenn Du wissen willst wie die Leute damals mündlich und ausserhalb kultischer oder offizieller Sprachkonventionen kommuniziert haben, hilft die offizielle Schriftsprache i.d.R. wenig. Was Du bräuchtest wäre eine Grammatik und ein Lexikon des „Vulgärägyptischen“. Allerdings müsstest Du dich selbst dann wieder entscheiden aus welcher Phase Du diese gerne hättest. Das Mittelägyptische, das ja viele Aussenstehende generell für DIE Sprache der Alten Ägypter halten, ist im Grunde nichts anderes als ein zeitlich begrenzter, lokaler (oberägyptischer) Dialekt, der im Zuge politischer Entwicklungen zur Literatursprache wurde. Das Alt- und Neuägyptische scheinen zwar einer regionalen Dialektbasis entsprungen zu sein (memphitisch?), sind dennoch völlig unterschiedlich strukturiert (synthetische vs. analythische Sprache). Dass diese „Hofsprachen“ (wohl reine Kanzlei- und Literatursprachen) jenseits der Elite verbreitet waren, ist sehr zu bezweifeln (auch wenn der beredte Bauer aus gleichnamigem Werk perfektes Mittelägyptisch spricht; vgl. G. Moers, "Bei mir wird es Dir gut ergehen, denn Du wirst die Sprache Ägyptens hören!" Verschieden und doch gleich: Sprache als identitätsrelevanter Faktor im pharaonischen Ägypten. Muster und Funktionen kultureller Selbst- und Fremdwahrnehmung: Beiträge zur internationalen Geschichte der sprachlichen und literarischen Emanzipation, Wallstein 2000, S. 45–99 ). Da alle Populärgrammatiken allein auf der mittelägyptischen Sprachstufe basieren, solltest Du dir zum besseren Überblick einmal die folgenden Werke anschauen: E. Edel, Altägyptische Grammatik. Roma 1955 und F. Junge, Einfuhrung in die Grammatik des Neuägyptisch. Wiesbaden, 1996 H. Junker, Grammatik der Denderatexte, Leipzig 1906 (Ptolemäisch) J. H. Johnson, Thus Wrote 'Onkhsheshonqy: An Introductory Grammar of Demotic. Chicago 1991 (Demotisch) sowie W.C. Till, Koptische Dialektgrammatik, München 1961. Du wirst ernsthafte Probleme bekommen dich dann für DIE Sprache zu entscheiden, die Du gerne sprechen möchtest. Ausser der Grammatik von Till vermitteln die genannten Werke auch nur die überlieferte Schriftsprache – also die offizielle, am Hof geschriebene Kanzleischrift (und das auch nur in vokalloser Form). Da sich die Vulgärsprache des Altägyptischen und Mittelägyptischen nicht rekonstruieren läßt, hättest Du generell keine Chance jemals so zu sprechen wie etwa ein Bauer auf einem Feld des Cheops oder ein Ruderer auf einem Boot unter Sesostris III. Gruss A.
> Antwort auf Beitrag vom: 07.07.2004 um 12:29:26
|